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VwGH vom 23.09.2009, 2006/01/0855

VwGH vom 23.09.2009, 2006/01/0855

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2008/01/0267 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des S A (geboren 1971) in G, vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner und Mag. Dr. Michael Mayer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Steyrergasse 103/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 268.632/0-XIX/62/06, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers) wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist (ausgehend vom angefochtenen Bescheid) ein Staatsangehöriger von Serbien, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er reiste am in das Bundesgebiet ein und stellte am einen Asylantrag.

Am hat der Beschwerdeführer in Deutschland eine deutsche Staatsbürgerin geehelicht. Die Ehegattin des Beschwerdeführers ist seit in Österreich an einer näher bezeichneten Anschrift in Graz gemeldet; auch der Beschwerdeführer ist seit an dieser Anschrift gemeldet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom - mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden war, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach "Serbien/Montenegro, Provinz Kosovo" als zulässig festgestellt und der Beschwerdeführer aus Österreich nach "Serbien/Montenegro, Provinz Kosovo" ausgewiesen worden war - gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003) ab (Spruchpunkt I.), stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien, Provinz Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien, Provinz Kosovo aus (Spruchpunkt III.).

Zum Ausspruch über die Ausweisung führte die belangte Behörde (zusammengefasst) aus, die Ehegattin des Beschwerdeführers genieße als deutsche Staatsbürgerin Niederlassungsfreiheit in Österreich. Dass ein gemeinsames Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner deutschen Ehegattin in Österreich bestehe, sei nach der Aktenlage nicht zu bezweifeln. Die Beziehung weise jedenfalls die nach der Judikatur zu Art. 8 EMRK geforderte Intensität auf.

Die Ausweisung des Beschwerdeführers stelle einen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers dar. Dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin stünde aber (auch) offen, sowohl im Kosovo als auch in Deutschland ein gemeinsames Familienleben zu führen. Der Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers sei auf Grund der (im angefochtenen Bescheid) näher dargestellten Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den schützenswerten Interessen des Beschwerdeführers zulässig und zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele erforderlich. Die Ausweisung des Beschwerdeführers stelle auch einen Eingriff in sein Privatleben dar; die Intensität dieses Eingriffes werde aber durch seinen sehr kurzen Aufenthalt in Österreich relativiert. Dem Beschwerdeführer habe bei Antragstellung klar sein müssen, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung seines Asylantrages nur ein vorübergehender sein werde.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zu I.:

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) ist Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ABl. L 158 vom , 77, (im Folgenden: Richtlinie 2004/38) dahin gehend auszulegen, dass sich der mit einem Unionsbürger, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, verheiratete Drittstaatsangehörige, der diesen Unionsbürger begleitet oder ihm nachzieht, auf die Bestimmungen der Richtlinie berufen kann, unabhängig davon, wo und wann ihre Ehe geschlossen wurde oder wie der betreffende Drittstaatangehörige in den Aufnahmemitgliedstaat eingereist ist (vgl. das , Metock und andere gegen Minister for Justice, Equality and Law Reform). Weiters sind die Art. 3 Abs. 1, 6 Abs. 2 sowie 7 Abs. 1 Buchstabe d und Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 so auszulegen, dass sie auch die Familienangehörigen erfassen, die unabhängig vom Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat gelangt sind und erst dort die Angehörigeneigenschaft erworben oder das Familienleben mit diesem Unionsbürger begründet haben. Hierbei spielt es keine Rolle, dass sich der Familienangehörige zum Zeitpunkt des Erwerbs dieser Eigenschaft oder der Begründung des Familienlebens nach den asylgesetzlichen Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats vorläufig in diesem Staat aufhält (vgl. den , Sahin gegen Bundesminister für Inneres).

Für den Beschwerdefall bedeutet das, dass der Beschwerdeführer - ein Drittstaatangehöriger, Ehegatte einer in Österreich aufhältigen deutschen Staatsbürgerin und somit Angehöriger nach Art. 2 Z 2 lit. a der Richtlinie 2004/38 - sich auf ein Aufenthaltsrecht nach der genannten Richtlinie berufen kann, was die belangte Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht bedenken konnte, nach den zeitlichen Wirkungen von Vorabentscheidungen des EuGH (vgl. hiezu etwa das C- 2/06, Kemptner KG gegen Hauptzollamt Hanburg-Jonas, Slg. 2008, I- 00411, Randnummern 35 und 36, mwN) aber aufzugreifen war.

Der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerde wirft im Übrigen - soweit sie sich auf die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung in diesem Umfang sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde im oben angeführten Umfang abzulehnen.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-79339