VwGH vom 23.05.2012, 2010/17/0057
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler, die Hofrätin Dr. Zehetner sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der P Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Klagenfurt, vom , Zl. ZRV/0187-Z3K/06, betreffend Altlastenbeitrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Gemäß den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde erhielt das zuständige Zollamt aufgrund einer telefonischen Mitteilung der Beschwerdeführerin Kenntnis von einer beabsichtigten Verfüllung einer Fläche von 4200 m2 mit Baurestmassen im Zuge der Erweiterung eines Lagerplatzes auf den Grundstücken Nr. x und y. Am erfolgte eine gemeinsame Besichtigung des gegenständlichen Geländes durch ein Organ des Zollamtes und einen Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin, wobei festgestellt wurde, dass auf einem kleinen Teil bereits mit der Befestigung begonnen wurde. Es wurde daraufhin vereinbart, die Schüttungen einzustellen und mit der Befestigung bis zur Erteilung der Bewilligungen nach dem Bau-, Wasser- und Gewerberecht zuzuwarten.
Anlässlich von Außendiensten am , und stellte das Organ des Zollamtes in der Folge jedoch fest, dass immer wieder Anschüttungen vorgenommen wurden. Am war das Erweiterungsgelände am Grundstück Nr. y zur Gänze verfüllt.
1.2. Am stellte die Beschwerdeführerin den Antrag an die zuständige Bezirkshauptmannschaft auf Erteilung einer gewerberechtlichen und wasserrechtlichen Bewilligung einer Bauschuttaufbereitungsanlage bestehend aus einer Brechanlage, einem Abstell-, Lager- und Waschplatz sowie Büro- und Sanitäreinrichtungen auf dem Standort Grundstücke Nr. x und y.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom wurde die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Bauschuttaufbereitungsanlage und der Verbringung der anfallenden Oberflächenwässer auf den Grundstücken Nr. x und y nach Maßgabe der Plan- und Beschreibungsunterlagen erteilt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom wurde die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Bauschuttaufbereitungsanlage auf dem Standort Grundstücke Nr. x und y nach Maßgabe der Plan- und Beschreibungsunterlagen erteilt.
1.3. Mit Schreiben vom forderte das Zollamt die Beschwerdeführerin auf, sämtliche Ansuchen und Bewilligungen für die Baumaßnahme und die für die Befestigung der Erweiterungsflächen erforderlichen Materialmengen bekannt zu geben.
Mit Eingabe vom teilte die Beschwerdeführerin mit, dass das Grundstück Nr. y auf einer Fläche von 4400 m2 und einer Höhe von 70 cm, bestehend aus einer 50 cm starken Schicht aus Ziegelrecycling und darüber einer 20 cm starken Schicht aus Betonrecycling, aufgeschüttet worden sei, um ein Bauschuttzwischenlager zu errichten.
1.4. Über Ansuchen vom wurde mit Bescheid der zuständigen Gemeinde vom eine Baubewilligung für die Errichtung einer Bauschuttaufbereitungsanlage auf dem Grundstück Nr. x gemäß § 29 Stmk BauG nach Maßgabe der vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen unter anderem mit der Auflage, die befestigten Flächen bis zur Endbeschau staubfrei auszubauen, erteilt.
Die dem Bescheid zugrunde liegende Plan- und Baubeschreibung umfasst die Bauschuttaufbereitungsanlage auf den Grundstücken Nr. x und y: Demnach soll die zu errichtende Betriebsanlage aus einer Brechanlage, einem Lagerplatz, einem Abstellplatz, einem Waschplatz sowie einem Containerdorf bestehen und der Aufbereitung und Zwischenlagerung von Abbruchmaterial (Ziegelschutt und Betonschutt) dienen. Auf dem Grundstück Nr. x soll die Einfahrt zur Betriebsanlage, eine Fahrbahn für LKW, eine Rangierbahn für Brecher, das Containerdorf bestehend aus Büro-, Sozial- und Sanitärbereich, eine überdachte Stellfläche für LKW und Bagger, der Lagerplatz für Kräne und Schalung sowie ein Zwischenlagerplatz für den unbehandelten Ziegel-, Beton- und Asphaltschutt errichtet werden. Auf dem angrenzenden Grundstück Nr. y soll sich die Betriebsausfahrt, eine Fahrbahn für LKW, und die Lagerflächen für das aufbereitete Ziegel-, Asphalt- und Betonmaterial befinden. Der Einfahrtsbereich soll auf einer Länge von ca. 35 m mit Recyclingasphalt befestigt werden, um Staubemissionen möglichst gering zu halten Die Abgrenzung des Grundstücks im Einfahrtsbereich (Südseite) ist mit Plakatwänden beabsichtigt. Die Fahrbahnen für die LKW sollen sich zwischen den verschiedenen Schutthaufen befinden und die Verbringung des aufbereiteten Materials zu den verschiedenen Lagerplätzen mittels Radlader erfolgen.
1.5. Mit Bescheid des Zollamtes vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 3 Abs. 1 Z 2, 4 Z 3, 6 Abs. 1 Z 1a und 7 Abs. 1 Z 2 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) ein Altlastenbeitrag für das 3. und 4. Quartal 2004 und das
1. Quartal 2005 für 4.928 Tonnen in der Höhe von EUR 35.481,60 sowie gemäß § 217 BAO ein Säumniszuschlag in der Höhe von EUR 709,63 und gemäß § 135 BAO ein Verspätungszuschlag in der Höhe von EUR 709,63 vorgeschrieben.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zwischen August 2004 und März 2005 immer wieder Anschüttungen auf dem Grundstück Nr. y vorgenommen worden seien. Die Befestigung der Erweiterungsfläche sei am abgeschlossen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe erst am ein Ansuchen zur Errichtung der baulichen Anlagen an die Marktgemeinde gestellt. Die gegenständliche Verfüllung stehe daher mit dem Stmk BauG nicht in Einklang, weshalb die Voraussetzungen für eine Beitragsbefreiung nicht vorlägen. Die errechnete Masse gründe auf den Mengenangaben der Beschwerdeführerin von 4400 m2 Schüttfläche in einer Höhe von 0,7 m. Der Umrechnungsschlüssel m3 in Tonnen von 1:1,6 entstamme den Tarifempfehlungen des Fachverbandes des Güterbeförderungsgewerbes.
1.6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom Berufung. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass im Laufe des Jahres 2004 auf den gegenständlichen Grundflächen eine mobile Bauschuttsortieranlage für einen temporären Einsatz außerhalb ihrer Betriebsanlage in der A-Straße errichtet worden sei. Dabei handle es sich um keine Betriebsanlage in Form einer ständig gebundenen örtlichen Einrichtung, weshalb weder eine Betriebsanlagenbewilligung noch sonstige behördliche Bewilligungen erforderlich seien. Zur Durchführung dieser gewerblichen Arbeiten außerhalb der Betriebsanlage sei die entsprechende Befestigung der Manipulations- und Lagerflächen erforderlich gewesen, weshalb der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG anzuwenden sei. Das Zollamt habe es in diesem Zusammenhang unterlassen abzuklären, welche Maßnahme bewilligungsfrei hätte durchgeführt werden können. Erst zu einem späteren Zeitpunkt habe sich aufgrund von betrieblichen Notwendigkeiten die Überlegung ergeben, eine Bauschuttaufbereitungsanlage in Form einer ständig gebundenen örtlichen Einrichtung herzustellen. Selbst wenn man aber zur Annahme käme, die relevanten übergeordneten Baumaßnahmen seien nur die in den Bewilligungen genannten ständig gebundenen örtlichen Einrichtungen, müsse der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG zur Anwendung gelangen, weil bewilligungsfreie Vorarbeiten für eine behördlich zu genehmigende Anlage auch vor rechtskräftiger Genehmigung durch die zuständigen Behörden zulässig und damit rechtens seien.
1.7. Mit Berufungsvorentscheidung des Zollamtes vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Geländeverfüllung bzw. -anpassung des Grundstücks Nr. y nur dann keine Beitragspflicht auslöse, wenn die für die übergeordnete Baumaßnahme erforderlichen Bewilligungen zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld vorlägen. Die Verfüllung/Anpassung sei Ende des Jahres 2004 und Anfang des Jahres 2005 erfolgt. Die Baubewilligung vom umfasse einerseits lediglich die Errichtung einer Bauschuttaufbereitungsanlage auf dem Grundstück Nr. x, andererseits hätte die behördliche Bewilligung bereits im Zeitpunkt der Beitragsschuldentstehung vorliegen müssen.
1.8. Gegen diese Berufungsvorentscheidung hat die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom (Administrativ )Beschwerde (§ 85c ZollR-DG) vor der belangten Behörde erhoben.
Begründend wiederholte sie im Wesentlichen die Ausführungen der Berufung. Die später erlassenen Bewilligungsbescheide seien kein Beweis dafür, dass nicht schon zuvor übergeordnete Baumaßnahmen für eine temporäre Tätigkeit vorgelegen seien. Weitere dahingehende Ermittlungen habe das Zollamt unterlassen. Im Übrigen habe das Zollamt Graz bei der Beurteilung der Rechtslage betreffend Erteilung von Bewilligungen im Bau-, Wasser oder Betriebsanlagenrecht ohne Einbindung der zuständigen Behörden seine Kompetenzen überschritten.
In einer ergänzenden Mitteilung an die belangte Behörde vom führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Aufschüttungen mit Baurestmassen lediglich die für die Aufstellung bzw. die Transportwege der mobilen Betriebseinrichtungen erforderlichen Bereiche betroffen hätten. Dabei sei der nicht tragfähige Boden für den Zeitraum der geplanten Arbeiten abgehoben und mit Baurestmassen vorläufig tragfähig ausgeführt worden. Vorgesehen sei gewesen, nach Abschluss der Arbeiten diese Bereiche wieder von den Baurestmassen zu befreien.
1.9. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Administrativbeschwerde keine Folge.
Begründend führte die belangte Behörde aus, das Zollamt sei zutreffend davon ausgegangen, dass bereits seit August 2004 die Errichtung einer Bauschuttaufbereitungsanlage als ständige örtliche Einrichtung und nicht bloß zum temporären Einsatz beabsichtigt gewesen sei, denn der diesbezügliche Antrag der Beschwerdeführerin an die Bezirkshauptmannschaft auf Erteilung einer gewerberechtlichen und wasserrechtlichen Bewilligung einer Bauschuttaufbereitungsanlage auf den Standort der Grundstücke Nr. x und y stamme vom und erfordere entsprechende planerische Vorarbeiten. Zudem würden die bereits im August 2004 genannten Größen für eine Verfüllung mit Baurestmassen hinsichtlich der Schütthöhe exakt und hinsichtlich der Fläche weitgehend der für die Errichtung der ständig gebundenen örtlichen Einrichtung erforderlichen Schüttung entsprechen. Gemäß § 167 Abs. 2 BAO habe die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genüge es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich habe und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließe oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lasse. Die belangte Behörde gehe mit einer weit größeren Wahrscheinlichkeit davon aus, dass bereits seit August 2004 die Errichtung einer Bauschuttaufbereitungsanlage als ständige örtliche Einrichtung und nicht bloß zum temporären Einsatz beabsichtigt gewesen sei. Im Übrigen würde an der allfälligen Verwirklichung des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG auch der Umstand eines bloß vorübergehenden Charakters nichts ändern, weil der zitierte Abgabentatbestand auf einen dauerhaften oder vorübergehenden Charakter der Maßnahme nicht abstelle und die Verfüllung der Geländeunebenheiten bzw. die Geländeanpassungen durch die Beschwerdeführerin zwischen August 2004 und erfolgt sei.
Zu prüfen bleibe, ob die Verfüllung/Anpassung unter den Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG zu subsumieren sei. Dieser Ausnahmetatbestand (Erfüllen einer konkreten bautechnischen Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme) könne nur dann zum Tragen kommen, wenn es sich dabei um eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen handle. Dies setze nicht nur voraus, dass die Materialien für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet werden könnten, sondern auch, dass die für diese Verwendung oder Verwertung allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen, Anzeigen, Nichtuntersagungen etc. vorlägen. Dem Gesetzgeber des ALSAG könne nämlich nicht unterstellt werden, er habe eine Verwendung oder Verwertung von Abfällen, die der Rechtsordnung widerspricht, privilegieren wollen, indem er sie von der Beitragspflicht ausgenommen hat (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2003/07/0173). Das Erfordernis der Übereinstimmung der errichteten Bauschuttaufbereitungsanlage mit der Rechtsordnung setze daher das Vorliegen einer allenfalls erforderlichen Bewilligung, einer Anzeige oder Nichtuntersagung nach dem Stmk BauG voraus. Gemäß § 116 Abs. 1 BAO seien, sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, die Abgabenbehörden berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Die Herstellung eines Einvernehmens oder die Einbindung der für die Entscheidung der Vorfrage zuständigen Behörden sei somit nicht erforderlich. Die Errichtung der Betriebsausfahrt der Bauschuttaufbereitungsanlage, die Fahrbahn für LKW und die Lagerflächen für das aufbereitete Ziegel-, Asphalt- und Betonmaterial in Form von 2 Schichten (50 cm Ziegelrecyclingmaterial, 20 cm Betonrecyclingmaterial) auf dem Grundstück Nr. y erfordere zweifelsfrei bautechnische Kenntnisse und handle es sich dabei um eine bauliche Anlage gemäß § 4 Z 12 Stmk BauG. Mangels gegenteiliger Anordnung in §§ 20 und 21 Stmk BauG sei der Neu-, Zu- oder Umbau einer solchen baulichen Anlage nach § 19 Z 1 Stmk BauG bewilligungspflichtig.
Für die Zuerkennung einer abgabenrechtlichen Begünstigung seien die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgeblich. Die Verfüllung/Anpassung sei im 3. und
4. Quartal 2004 sowie im 1. Quartal 2005 erfolgt. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 ALSAG entstehe die Beitragsschuld im Falle des Verfüllens von Geländeunebenheiten oder des Vornehmens von Geländeanpassungen nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen worden sei, wenn zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Beitragsbefreiung nicht vorgelegen seien. Die für die übergeordnete Baumaßnahme erforderliche Baubewilligung sei zu dem jeweils maßgeblichen Zeitpunkt der Beitragsschuldentstehung, insbesondere mit Ablauf des , nicht vorgelegen.
Erst mit Eingabe vom habe die Beschwerdeführerin um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Bauschuttaufbereitungsanlage bei der örtlichen Marktgemeinde angesucht. Obwohl der vorgelegten Baubeschreibung und den Plänen zu entnehmen sei, dass die Bauschuttaufbereitungsanlage auf den Grundstücken Nr. x und y errichtet werde, sei von der Marktgemeinde mit Bescheid vom nur die Bauschuttaufbereitungsanlage auf dem Grundstück Nr. x gemäß § 29 Stmk BauG nach Maßgabe der vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen bewilligt worden. Da jedoch auch die spätere nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung nichts an der bereits entstandenen Altlastenbeitragsschuld ändern würde, könne es dahingestellt bleiben, ob die Bewilligung der Bauschuttaufbereitungsanlage auf dem Grundstück Nr. y nur irrtümlich unterblieben sei.
Die Festsetzung der Selbstberechnungsabgabe nach § 201 BAO sei aufgrund des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben und dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung erfolgt. Billigkeitsgründe stünden dem nicht entgegen. Die Vorschreibung des Säumniszuschlages gründe sich auf § 217 BAO, die Vorschreibung des Verspätungszuschlages in Höhe von nur 2 % entspreche den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit (öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgaben, Gleichmäßigkeit der Besteuerung) und Billigkeit (Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei), weil die Beschwerdeführerin die Verfüllung/Anpassung selbst dem Zollamt Graz angezeigt hat.
1.10. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, mit der sie Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machte.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Das Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989 (ALSAG), regelt in seinem II. Abschnitt den Altlastenbeitrag, gegen dessen Vorschreibung sich die vorliegende Beschwerde wendet.
Nach § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG gelten zwar die einer Wiederverwendung dienenden Abfälle nicht als Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes, allerdings mit der Ausnahme der Verfüllung von Geländeunebenheiten bzw. des Vornehmens von Geländeanpassungen. Unter Geländeverfüllungen oder -anpassungen im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG sind, wie sich aus § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG ergibt, auch Unterbauten für Straßen oder Fundamente zu verstehen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/07/0025 u.a.). Die vom angefochtenen Bescheid erfassten Materialien haben ihre Eigenschaft als Abfälle somit durch ihre Verwendung zur Verfüllung/Anpassung nicht verloren (vgl. in diesem Sinne bereits das hg. Erkenntnis vom , 2003/07/0173). Die Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass es sich bei den aufgebrachten Materialien um Abfall handelt, erfolgte daher zu Recht.
2.2. Möglich wäre aber eine Befreiung vom Altlastenbeitrag, wenn der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 zweiter Halbsatz ALSAG erfüllt wäre. § 3 Abs. 1 ALSAG, BGBl. Nr. 299/1989, lautet in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des BGBl. I Nr. 71/2003, (der bezüglich des Abs. 1 auch durch das Budgetbegleitgesetz 2005, BGBl. I Nr. 136/2004, keine Änderung erfahren hat):
"§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen:
1. das langfristige Ablagern von Abfällen einschließlich des Einbringens von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind;
2. das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (zB Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen);
Tabelle in neuem Fenster öffnen
3. | das Lagern von Abfällen; |
4. | das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes." |
Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis vom , 2003/07/0173 ausgesprochen hat, kommt der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG nur dann zum Tragen, wenn es sich dabei um eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen handelt. Eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen setzt aber nicht nur voraus, dass die Materialien für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet werden können, sondern auch, dass die für diese Verwendung oder Verwertung allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen (etwa Bewilligungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 oder nach den jeweiligen Bauvorschriften), Anzeigen, Nichtuntersagungen etc. vorliegen. | |
Als hierfür relevanten Beurteilungszeitpunkt hat der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich den Zeitpunkt angenommen, zu dem die Steuerschuld entsteht, denn für die Zuerkennung einer abgabenrechtlichen Begünstigung sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgeblich. |
2.3. Soweit die Beschwerde die Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt und meint, dass die Schüttungen zunächst lediglich dem bewilligungsfreien kurzfristigen Einsatz einer mobilen Bauschuttsortier- bzw. Brecheranlage gedient hätten und erst das spätere ortsfeste Projekt bewilligungspflichtig gewesen sei, zieht sie die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde in Zweifel.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde unterliegt allerdings nur insoweit der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes, als zu beurteilen ist, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist oder ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, dass sie also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut bzw. den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter diesen Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt, ihr mit der Begründung entgegenzutreten, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 2006/13/0119).
Die belangte Behörde hat sich mit dem schon in der Berufung enthaltenen Vorbringen der Beschwerdeführerin, auf den gegenständlichen Grundflächen sei zunächst eine mobile Bauschuttsortieranlage für einen temporären Einsatz außerhalb der Betriebsanlage bewilligungsfrei errichtet worden, und den ihr vorliegenden Beweismitteln im angefochtenen Bescheid auseinandergesetzt und nachvollziehbar begründet, warum sie es für erwiesen erachtet, dass bereits seit August 2004 die Errichtung einer bewilligungspflichtigen Bauschuttaufbereitungsanlage als ständige örtliche Einrichtung und nicht bloß zum temporären Einsatz beabsichtigt gewesen sei.
Die diesbezüglichen Feststellungen der belangten Behörde gehen dabei unter Hinweis auf das Verhalten der Beschwerdeführerin in nachvollziehbarer Art und Weise von einer von vornherein geplanten Errichtung einer bewilligungspflichtigen Bauschuttaufbereitungsanlage aus. Mit dem Vorbringen in der Beschwerde, vermag die Beschwerdeführerin an der Richtigkeit der behördlichen Feststellung keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Zweifel zu erwecken.
Wenn die Beschwerdeführerin erstmals in ihrer Beschwerde angibt, dass hinsichtlich des Einsatzes einer mobilen Bauschuttsortieranlage eine Anzeige gemäß § 84 GewO an die zuständige Bezirkshauptmannschaft erfolgt sei so unterliegt dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dem Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG.
2.4. In rechtlicher Hinsicht bringt die Beschwerdeführerin zudem vor, die Schüttungen könnten auch deshalb auf den Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG gestützt werden, weil sie zumindest bewilligungsfreie Vorarbeiten für die behördlich zu genehmigende und letztlich genehmigte ortsfeste Bauschuttaufbereitungsanlage darstellten.
Diesbezüglich ist allerdings zunächst auf das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0173, zu verweisen, wonach der Verwaltungsgerichtshof als relevanten Beurteilungszeitpunkt für die "übergeordnete Baumaßnahme" den Zeitpunkt angenommen hat, zu dem die Steuerschuld entsteht. In diesem Zeitpunkt der potentiellen Abgabenschuldentstehung muss die Abgabenbehörde beurteilen können, ob der Abgabentatbestand verwirklicht oder allenfalls durch einen Ausnahmetatbestand zurückgedrängt worden ist. Dabei kann es nicht ausreichen, auf mögliche künftige Entwicklungen (hier: erst zu erteilende erforderliche Bewilligungen) hinzuweisen, um einen Ausnahme- oder Befreiungstatbestand nachzuweisen, der die Abgabenbehörde von einer gesetzlich gebotenen Abgabenfestsetzung entbinden könnte.
Als "übergeordnete Baumaßnahme" im Sinne des Ausnahmetatbestandes gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG kommt auch lediglich die Baumaßnahme für das beabsichtigte (Bau )Vorhaben selbst und nicht eine Vorarbeit für eine allenfalls künftig zu genehmigende Baumaßnahme in Frage. Für eine Aufsplitterung der "übergeordneten Baumaßnahme" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG in die eigentliche Baumaßnahme und in "Vorarbeiten" gibt es keinerlei gesetzliche Anhaltspunkte. Vorarbeiten erfüllen nämlich - losgelöst von der ihnen zu Grunde liegenden Baumaßnahme - selbst auch keine bautechnischen Funktionen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG. Wird die bewilligungspflichtige Baumaßnahme letztlich nicht bewilligt, haben auch die Vorarbeiten keine bautechnische Funktion, die eine Abgabenbefreiung rechtfertigen würde. Sinn des Ausnahmetatbestandes ist es nämlich, allein solche Verfüllungen von der Abgabenpflicht zu befreien, die - erlaubterweise - konkrete bautechnische Funktionen erfüllen und daher nicht mehr bloße Abfallablagerungsfunktion haben.
Ist daher im Zeitpunkt der potentiellen Abgabenschuldentstehung der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG nicht erfüllt, ist die Abgabenfestsetzung dem Grundtatbestand entsprechend vorzunehmen.
2.5. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2.6. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die nachfolgende Baubewilligung der zuständigen Gemeinde vom für die Bauschuttaufbereitungsanlage abgabenrechtlich nicht völlig unbeachtlich ist. Sie berechtigt die Beschwerdeführerin dazu, gemäß § 295a BAO einen Antrag auf Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses durch Abänderung des Abgabenbescheides zu stellen. Voraussetzung eines solchen Antrages ist nämlich, dass "ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat". Ein solches Ereignis stellt die nachfolgende Baubewilligung für die "übergeordnete Baumaßnahme" dar, weil sie Bestandteil eines Tatbestandselements des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG ist (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz , BAO3 § 295a Anm. 13). Die Rückwirkung im Sinne des § 295a BAO ergibt sich daraus, dass die nachfolgende Baubewilligung die nach der Abgabenschuldentstehung gesetzten Baumaßnahmen konstitutiv bewilligt und damit die entstandene Abgabenschuld an ihrer Wurzel berührt. Da der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 zweiter Halbsatz ALSAG keine zeitlichen Beschränkungen hinsichtlich der Bedeutsamkeit rechtskonformer übergeordneter Baumaßnahmen enthält und von seiner Regelungszielsetzung erkennbar baurechtlich zulässige Baumaßnahmen abgabenrechtlich privilegieren möchte, ermöglicht er auch die Geltendmachung nachfolgender Baubewilligung im Wege des § 295a BAO. Durch die Ermessensgebundenheit des § 295a BAO wird sichergestellt, dass die Abgabenbehörde dabei die Umstände der zunächst konsenswidrigen Durchführung der Baumaßnahme für die Frage der tatsächlichen Abänderung des Abgabenbescheides angemessen berücksichtigen kann.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am