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VwGH vom 24.02.2011, 2008/15/0112

VwGH vom 24.02.2011, 2008/15/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der T GmbH in G, vertreten durch die Jonasch-Platzer-Grant Thornton Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH, 1130 Wien, Auhofstraße 1/2/10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0048- G/06, betreffend Körperschaftsteuer 2000, 2001 und 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer Außenprüfung stellte der Prüfer u.a. fest, dass die Beschwerdeführerin bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Verzinsung des Eigenkapitalzuwachses nach § 11 EStG 1988 die Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen sowie die Körperschaftsteuer-Nachforderungen auf Grund der Veranlagung nicht als Entnahmen berücksichtigt habe. Der Prüfer nahm daher eine Neuberechnung der Eigenkapitalzuwachsverzinsung vor. Dies führte in den Jahren 2000 und 2001 zu einer niedrigeren und im Jahr 2003 zum gänzlichen Wegfall des mit dem Steuersatz von 25 % zu versteuernden Sondergewinnes sowie zu einer Erhöhung des dem Körperschaftsteuersatz von 34 % unterliegenden Gewinnes.

In den Körperschaftsteuerbescheiden 2000, 2001 und 2003 entsprach das Finanzamt diesen Feststellungen des Prüfers.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung wird vorgebracht, § 11 Abs. 2 KStG 1988 verweise hinsichtlich der Ermittlung der als Betriebsausgaben abzugsfähigen Eigenkapitalzuwachsverzinsung auf die Vorschriften des § 11 EStG 1988. Die Bestimmung des § 11 Abs. 4 lit. a EStG 1988 verweise bezüglich Kapitalgesellschaften auf die Einlagenvorschriften des § 8 Abs. 1 KStG 1988. Auch der Begriff der Abgänge werde auf diese Weise definiert, und zwar durch Anknüpfung an die Einkommensverwendungsvorschriften des § 8 Abs. 2 KStG 1988.

Das Finanzamt behandle die Körperschaftsteuerzahlungen als Entnahmen. Gemeint seien wohl Entnahmen iSd § 4 Abs. 1 EStG 1988. Diese Bestimmung gelte grundsätzlich aber nur für die Einkommensteuer, und zwar für die Abgrenzung zwischen der betrieblichen und der privaten Sphäre eines Steuerpflichtigen. Auch wenn man bei Kapitalgesellschaften in bestimmten Fällen Privatvermögen für denkbar halte, könne in einer Körperschaftsteuerzahlung keinesfalls ein Abgang von Werten in das Privatvermögen der Kapitalgesellschaft erblickt werden. Die Ausgaben für Körperschaftsteuer seien unzweifelhaft auch keine Einkommensverwendung im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988.

Die Körperschaftsteuer sei gemäß § 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 eine nichtabzugsfähige Ausgabe. Diese Bestimmung habe nach herrschender Auffassung konstitutiven Charakter. Die Körperschaftsteuer könne nur deswegen nicht als Betriebsausgabe abgesetzt werden, weil diese Vorschrift den Abzug als Betriebsausgabe ausschließe. Sei aber eine Ausgabe eine Betriebsausgabe, könne sie sachlogisch keine Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG 1988 sein. Ebenso wenig könne sie eine Einkommensverteilung im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 darstellen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Gemäß § 11 Abs. 2 KStG 1988 idF BGBl. I Nr. 106/1999 könnten Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften die angemessene Verzinsung des Eigenkapitalzuwachses gemäß § 11 des EStG 1988 als Betriebsausgabe abziehen. Der abgezogene Betrag sei als Sondergewinn anzusetzen. Der Sondergewinn sei bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 22 Abs. 2 Z 2 KStG betrage die Körperschaftsteuer 25 % für nach § 11 Abs. 2 zu versteuernde Sondergewinne auf Grund einer Verzinsung des Eigenkapitalzuwachses. Die Körperschaftsteuer gelte durch diese Besteuerung als abgegolten.

Aus § 11 Abs. 1 EStG 1988 ergebe sich, dass für die Ermittlung des Eigenkapitalzuwachses am Beginn des Wirtschaftsjahres der steuerpflichtige Vorjahresgewinn anzusetzen sei. Der Eigenkapitalstand werde während des Jahres gemäß Z 4 lit. b EStG 1988 durch alle Entnahmen im einkommensteuerrechtlichen Sinn sowie durch alle Vermögensminderungen iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 vermindert.

Strittig sei, ob es sich bei den Körperschaftsteuerzahlungen um Vermögensminderungen im körperschaftsteuerrechtlichen Sinn handle.

Die Körperschaftsteuer sei die Einkommensteuer der juristischen Personen und damit unbestritten eine Personensteuer. Als Personensteuer dürfe die Körperschaftsteuer ihre Besteuerungsgrundlage selbst nicht mindern, weshalb in § 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 die Steuern vom Einkommen als nicht abzugsfähige Aufwendungen angeführt seien.

§ 8 Abs. 2 KStG 1988 umfasse die Einkommensverteilung durch offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen (1. Teilstrich), Entnahmen (2. Teilstrich) und jede andere Art der Einkommensverwendung (3. Teilstrich).

Die steuerliche Unbeachtlichkeit der Einkommensverwendung "in anderer Weise" sei als Auffangtatbestand des bewusst weit gezogenen Bereiches der Einkommensverwendung bei Körperschaften anzusehen. Darunter fielen etwa Aufwendungen für Spenden, Personensteuern, Wirtschaftsgüter mit Repräsentationskomponente (Hinweis auf Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly , Die Körperschaftsteuer, § 8, Anm. 87).

Zahlungen von Körperschaftsteuer seien ebenso wie die anderen in § 12 KStG 1988 aufgezählten Aufwendungen als Einkommensverwendung iSd dritten Teilstrichs des § 8 Abs. 2 KStG 1988 anzusehen.

Bei der Entrichtung von Einkommensteuer vom betrieblichen Konto einer natürlichen Person handle es sich unzweifelhaft um eine Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG 1988, die nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers in § 11 Abs. 1 Z 4 lit. b EStG 1988 bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Eigenkapitalzuwachsverzinsung außer Ansatz zu bleiben habe. Nach Ansicht der belangten Behörde sei auf Grund des ausdrücklichen Verweises auf alle Vermögensminderungen iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 auf die Absicht des Gesetzgebers zu schließen, im Fall der Entrichtung von Körperschaftsteuer durch juristische Personen dieselben Rechtsfolgen eintreten zu lassen. Zahlungen von Körperschaftsteuer verminderten den Eigenkapitalstand und somit die Bemessungsgrundlage für die Steuerbegünstigung der Eigenkapitalzuwachsverzinsung.

Für die Rechtsansicht spreche auch der ausdrückliche Verweis auf die seinerzeitige Vorgangsweise bei der Steuerbegünstigung des nicht entnommenen Gewinnes nach § 11 EStG 1972 in den Gesetzesmaterialien. Bei dieser Steuerbegünstigung seien die aus Betriebsmitteln gezahlten Personensteuern als Entnahmen behandelt worden.

Buchungstechnische Einlagen und Entnahmen sollten nach den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien bei der Eigenkapitalzuwachsverzinsung ebenso wie im Geltungsbereich des seinerzeitigen § 11 EStG 1972 unberücksichtigt bleiben. Aus den Gesetzesmaterialien lasse sich somit ableiten, dass nur "echte", nicht aber nur buchungstechnische Einkommensverwendungen als Abzugsposten zu berücksichtigen seien. Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen bzw. -nachzahlungen stellten aber nicht nur "buchungstechnische" Entnahmen, sondern eine reale Einkommensverwendung dar und seien als Abgang am Eigenkapital-Evidenzkonto zu verbuchen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Mit der Regelung des § 11 EStG 1988 idF StRefG 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, wurde der Eigenkapitalzuwachs steuerlich in der Form begünstigt, dass in dem Ausmaß, in dem sich das Eigenkapital erhöht, eine (einmalige) Minderung des normalen Betriebsgewinnes in Höhe fiktiver Eigenkapitalzinsen erfolgt. Die Begünstigung stand gemäß Abs. 1 leg. cit. Einzelunternehmern (natürlichen Personen), die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, und gemäß Abs. 2 Mitunternehmern von bilanzierenden Mitunternehmerschaften zu. Gemäß § 11 Abs. 2 KStG 1988 idF StRefG 2000 stand die Begünstigung auch Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften zu.

Die Ausmessung des zu verzinsenden Eigenkapitalzuwachses erfolgt an Hand der Eigenkapitalstände. Für die Berechnung des Eigenkapitalstandes normiert § 11 Abs. 1 Z 4 EStG 1988:

"Der Eigenkapitalstand im Sinne der Z 3 wird erhöht durch Zugänge und vermindert durch Abgänge:

a) Als Zugänge gelten alle Einlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 sowie alle Vermögensmehrungen im Sinne des § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 und zum Beginn des Wirtschaftsjahres der steuerpflichtige Gewinn des vorangegangenen Wirtschaftsjahres.

b) Als Abgänge gelten alle Entnahmen im Sinne des § 4 Abs. 1 sowie alle Vermögensminderungen im Sinne des § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 und zum Beginn des Wirtschaftsjahres der steuerlich zu berücksichtigende Verlust des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. (…)"

§ 8 Abs. 2 KStG 1988 lautet:

"Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob

das Einkommen


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-
im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder
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entnommen oder
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in anderer Weise verwendet wird."
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die belangte Behörde Körperschaftsteuerzahlungen der beschwerdeführenden GmbH zu Recht als Vermögensminderungen iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 in Ansatz gebracht hat.
Die im dritten Teilstrich des § 8 Abs. 2 KStG 1988 genannte Einkommensverwendung "in anderer Weise" erfasst als Auffangtatbestand die Arten der Einkommensverwendung, die nicht bereits durch die beiden vorangehenden Teilstriche erfasst sind. Nach einhelliger Literaturmeinung, der sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt, werden mit dem dritten Teilstrich auch Ausgaben und Aufwendungen erfasst, die nach § 12 KStG 1988 nicht abziehbar sind (vgl.
Ressler/Stürzlinger , in Lang/Schuch/Staringer, KStG,§ 8 Tz 176;
Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler
, KStG,§ 8 Tz 28;
Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger
, KStG12, § 8 Tz 87).
Daraus ergibt sich bereits, dass die gemäß § 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 nicht abziehbare Körperschaftsteuer als Abgang iSd § 11 Abs. 1 Z 4 lit. b EStG 1988 anzusetzen ist (vgl.
Hofstätter/Reichel , EStG 1988,§ 11 Tz 15). Dieses Ergebnis stimmt mit dem Zweck der Regelung der Verzinsung des Eigenkapitalzuwachses nach § 11 EStG 1988 überein, führt doch die Körperschaftsteuer zu einer Minderung des Eigenkapitalstands.
Die Beschwerdeführerin wurde sohin durch den Ansatz der Körperschaftsteuer als Abgang nicht in ihren Rechten verletzt.
Daran ändert nichts, dass, wie die Beschwerde vorbringt, die Körperschaftsteuer durch die Einkünfte aus Gewerbebetrieb "ausgelöst" wird und die Körperschaftsteuerzahlung keine Entnahme iSd § 4 Abs. 1 EStG 1988 darstellt.
Soweit die Beschwerde vorbringt, in den ErlRV zum StRefG 2000 und in einem Beitrag von
Wiesner , Eigenkapitalzuwachsverzinsung, RWZ 1999, 161ff, werde ausdrücklich auf nicht abzugsfähige Aufwendungen nach § 12 KStG Bezug genommen, ist ihr entgegen zu halten, dass die genannten Quellen § 12 KStG nur in Zusammenhang mit der Umschreibung des steuerlichen Vorjahresgewinnes zitieren, nicht hingegen in Zusammenhang mit den Abgängen nach § 11 Abs. 1 Z 4 lit. b EStG 1988.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008 Wien, am