VwGH vom 20.05.2010, 2008/15/0105

VwGH vom 20.05.2010, 2008/15/0105

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Mag. Heinzl sowie den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des P K in L, vertreten durch die Sattlegger, Dorninger, Steiner Partner Anwaltssocietät in 4020 Linz, Harrachstraße 6, Atrium City Center, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, Außenstelle Linz, vom , Zl. FSRV/0017-L/05, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom leitete das Finanzamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG das Finanzstrafverfahren ein, weil "der

Verdacht besteht, dass ... er vorsätzlich im Bereich des

Finanzamtes Linz als Abgabepflichtiger durch Abgabe von unrichtigen Steuererklärungen, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung an Einkommensteuer für 1999 und 2000 in Höhe von 26.670,58 EUR (1999: 11.061,03 EUR; 2000: 15.609,55 EUR) dadurch bewirkt hat, dass er seine Einnahmen beim Verein (F) nicht erklärt und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen hat."

In der Begründung verweist das Finanzamt auf die Feststellungen "der Veranlagung" und die Erhebungen der Prüfungsabteilung Strafsachen (PASt) sowie darauf, dass das vorsätzliche Handeln durch das "Nichterklären von Umsätzen" schon durch die Tat selbst indiziert sei. Der Beschuldigte sei auch schon länger als Unternehmer tätig, ihm seien die steuerlichen Pflichten daher bekannt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde einer dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Administrativbeschwerde insofern teilweise Folge, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahin abgeändert wurde, dass "der Verdacht besteht, dass er als Abgabepflichtiger im Bereich des Finanzamtes Linz vorsätzlich durch die Abgabe von unrichtigen Einkommensteuererklärungen für 1999 und 2000 im Juli 2001 und 2002, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, eine Verkürzung an Einkommensteuer in betragsmäßig noch zu bestimmender Höhe dadurch bewirkt hat, dass er seine Einnahmen beim Verein (F) nicht erklärt und damit das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen hat."

In ihrer Begründung ging die belangte Behörde sachverhaltsbezogen im Wesentlichen davon aus, dass der Verein, dessen Tätigkeit hauptsächlich darauf abgezielt habe, größere Finanzdienstleister und Versicherungsunternehmen dazu zu bringen, ihre Mitarbeiter in Aus- und Fortbildungsveranstaltungen schulen zu lassen, teilweise in Zusammenarbeit mit anderen Bildungsinstitutionen diese Veranstaltungen angeboten bzw. durchgeführt habe. Neben Mag. Sch. seien im Rahmen der einzelnen Veranstaltungen auch einzelne Vorstandsmitglieder des Vereines wie der Beschwerdeführer, Dr. St. und Dr. S als Vortragende und Mitglieder der Prüfungskommissionen in Erscheinung getreten. Die Abrechnung der so tätigen Vorstandsmitglieder sei, soweit nicht der jeweilige Kooperationspartner die Kosten direkt übernommen bzw. an den jeweiligen Vortragenden/Prüfer ausbezahlt habe - im gegebenen Zusammenhang verweist die belangte Behörde ausdrücklich auf einen "(nsA )Bezug" des Beschwerdeführers von der Donauuniversität Krems - üblicherweise mittels Honorarnoten bzw. Spesenabrechnungen erfolgt. Als sich im Laufe des Jahre 1999 infolge eines kontinuierlichen Anstieges der Nachfrage nach den entsprechenden Veranstaltungen ein zunehmender finanzieller bzw. wirtschaftlicher Erfolg der Tätigkeiten des Vereins abgezeichnet habe, seien über Vorschlag des von der Staatsanwaltschaft Wels im Zusammenhang mit den Vorgängen beim Verein wegen der gerichtlich strafbaren Verbrechen der Untreue, des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs und des Vergehens der Urkundenfälschung angeklagten Mag. Sch. die anfallenden Vortrags- bzw. sonstigen Honorare mittels fingierter Rechnungen "steuerschonend" abzurechnen, die Vorstandsmitglieder Dr. St, Dr. S, Mag. Sch. und der Beschwerdeführer überein gekommen, dass zumindest ein Teil ihrer Honorarforderungen aus dem Vereinsvermögen "schwarz" beglichen werden sollten. Die belangte Behörde bezog sich diesbezüglich auf Aussagen des Dr. St, Dr. S, und des Mag. Sch. vor der Bundespolizeidirektion Linz, dem Landesgericht Wels bzw. der PASt.

Auf den Beschwerdeführer bezogen vertrat die belangte Behörde die Auffassung, wenngleich die Aussagen des Mag. Sch. möglicherweise so gesehen werden könnten, dass sie auf eine Minimierung der eigenen (strafrechtlichen) Verantwortung durch Aufteilung der diversen Zahlungsflüsse seitens des Vereines auf weitere Personen abzielten, reichten "sie doch im Zusammenhang mit den bisher an Hand der Aktenlage zu treffenden übrigen behördlichen Feststellungen dennoch insgesamt" aus, um im gegenwärtigen Verfahrensstadium davon ausgehen zu können, dass auch der Beschwerdeführer sowohl 1999 als auch 2000 als Vortragender Leistungen für den Verein erbracht und dafür schwarze Honorarzahlungen erhalten habe. Die Beschwerdeverantwortung, die behobenen Beträge seien an Mag. Sch. zur Weiterleitung an Dritte bzw. direkt an Dritte weitergeben worden, sei im Lichte der erwiesenen Vortrags- und Prüfertätigkeit des Beschwerdeführers unglaubwürdig. Im Übrigen erschiene es höchst unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer als einziger der für den Verein operativ tätigen Vorstandmitglieder "von der getroffenen Vereinbarung nichts gewusst haben bzw. auf eine Auszahlung der ihm zustehenden Honorare großteils verzichtet haben will".

Hinsichtlich der Höhe der von der Erstbehörde im Wege einer Schätzung gemäß § 184 BAO ermittelten Einnahmen räumte die belangte Behörde in Bezug auf den Spruch des angefochtenen Bescheides begründend ein, dass - abgesehen davon, dass die Angaben der dem Grunde nach geständigen Personen sowohl hinsichtlich Anzahl der Auszahlungen als auch hinsichtlich der zur Auszahlung gelangten bzw. erhaltenen Beträge zum Teil erheblich voneinander abgewichen seien - unbeschadet einer hier mangels geeigneter Unterlagen wohl auch für den Bereich des Finanzstrafverfahrens gegebenen Berechtigung zur Schätzung die bisherigen Erhebungsergebnisse insgesamt nicht ausreichend erschienen, um bereits einen bestimmten Verkürzungsbetrag im Sinne des § 33 Abs. 1 FinStrG einer gegen den Beschwerdeführer gerichteten Maßnahme im Sinne des § 83 Abs. 1 FinStrG zu Grunde legen zu können.

Insbesondere hinsichtlich einer vom Tatvorwurf der Erstbehörde ebenfalls erfassten, näher umschriebenen Barbehebung lasse sich mangels Vorliegens zusätzlicher Anhaltpunkte noch kein entsprechender Verdacht, sondern allenfalls "lediglich eine nicht näher begründbare Vermutung auf schwarze Honorarzahlungen" an den Beschwerdeführer ableiten.

Aber auch hinsichtlich der übrigen im angefochtenen Bescheid "offenbar an Hand der Feststellungen bzw. Schlussfolgerungen der PASt getroffenen Aufteilung" falle auf, dass "wenngleich eine formelle Bindung nicht bestehe" die bei den anderen steuerpflichtigen Zahlungsempfängern jeweils angesetzten Teilbeträge zumindest teilweise nicht mit den ergangenen Abgabenbescheiden in Einklang stünden.

Da somit die bisherige Erhebungssituation lediglich dem Grunde, aber nicht der Höhe nach mit der im derzeitigen Verfahrensstadium erforderlichen Bestimmtheit den Schluss einer tatbestandsmäßigen Handlungsweise des Beschwerdeführers im Sinne des § 33 Abs. 1 FinStrG zulasse, sei spruchgemäß unter teilweiser Stattgabe der Beschwerde "(Reduzierung des Verdachtsausspruches um zwei Teilfakten)" zu entscheiden gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Im Spruch der Einleitungsverfügung muss das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen umschrieben werden; die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", das heißt in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung der Einleitungsverfügung ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Der Verdacht muss sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken (vgl. für viele beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , 98/15/0060).

Ein Verdacht kann aber immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom vermuteten eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Es ist die Kenntnis von Tatsachen erforderlich, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Ein hinreichender Verdacht ist bereits dann anzunehmen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Straftat unter bestimmten Umständen rechtfertigen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2006/14/0097).

Dem verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren ist ebenso wie dem Abgabenverfahren ein Grundsatz der Unmittelbarkeit fremd (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/13/0279). Die Finanzstrafbehörde kann daher auch Aussagen vor Gericht oder anderen Behörden als Beweismittel heranziehen und nach eigener freier Beweiswürdigung werten, sie muss aber diese den Parteien vorhalten und die Parteien haben die Möglichkeit, den Beweis dafür anzutreten, dass die Ergebnisse des anderen Verfahrens unzutreffend sind.

Die belangte Behörde konnte demnach die einschlägigen Aussagen der Vorstandsmitglieder vor den Behörden und dem Gericht sowie auch die Aussagen des Beschwerdeführers vor den Behörden verwerten und der freien Beweiswürdigung unterziehen. Einer unmittelbaren Vernehmung dieser Personen durch die Finanzstrafbehörde bedurfte es bei der Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht.

Im Zuge dieser Vernehmungen gab Dr. St. unter anderem an,

dass er sich an zwei Barauszahlungen von offenen Honoraren im

Beisein von vier namentlich genannten Vorstandsmitgliedern,

einschließlich des Beschwerdeführers, gegen Jahresende 1999 und

April 2000 in der Höhe von jeweils ca. S 70.000,-- erinnern könne

("... waren bei diesen Geldübergaben jeweils vier Personen

anwesend, die das Geld unter sich teilten...es handelt sich um

(den Beschwerdeführer)... und mich") sowie an den Erhalt eines

Viertelanteiles anlässlich der Vereinsliquidierung am .

Dr. S. habe gegenüber den Erhebungsbeamten der PASt Selbstanzeige erstattet und anlässlich seiner Vernehmung am angegeben: "...Ich gehe mit Sicherheit davon aus, dass für (den Beschwerdeführer) von dem Geld etwas übrig geblieben ist..." bzw. "...Ich kann dazu angeben, dass (der Beschwerdeführer) für die (F) Seminare und Veranstaltungen abgehalten hat...und daher jedenfalls Geld zu erhalten hatte...".

Wenn der Beschwerdeführer dazu in der Beschwerde behauptet, er sei nur zweimal als Vortragender tätig geworden und habe von ihm bei der Bank bar abgehobenes Geld an den damaligen Finanzreferenten weitergegeben und das vorhandene Geld des gemeinnützigen Verein sei bei der Auflösung satzungsgemäß weitergegeben und nicht aufgeteilt worden, dann kann er damit den durch die konkreten Aussagen der übrigen Vorstandsmitglieder entstandenen Verdacht, "schwarze" Honorarzahlungen erhalten und dem Finanzamt nicht erklärt zu haben, bei der Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht entkräften.

Da es der Bekanntgabe der Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages im Einleitungsbescheid nicht bedarf, erweist sich auch die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde könne auf Grund von Vermutungen die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages nicht angeben, als unbegründet. Die in der Beschwerde behaupteten stark widersprüchlichen Aussagen der genannten Personen betreffen nur die Höhe der vom Beschwerdeführer übernommenen Beträge nicht aber die Übernahme selbst.

Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Verdächtige das Finanzstrafverfahren begangen hat, bleibt dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens vorbehalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0142). In der das Strafverfahren abschließenden Entscheidung wird dabei, wenn der Beschwerdeführer schuldig erkannt werden sollte, auch auf alle Erschwerungs- und Milderungsgründe einzugehen sein, die bei der Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht berücksichtigt werden können.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am