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VwGH 12.03.2010, 2010/17/0031

VwGH 12.03.2010, 2010/17/0031

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BWG 1993 §70 Abs4 Z1;
BWG 1993 §70 Abs4 Z2;
RS 1
Die in § 70 Abs. 4 Z 2 BWG (alternativ) vorgesehenen Maßnahmen, aus denen die belangte Behörde (im hier vorliegenden Fall) die mildere (zweiter Fall leg. cit.) gewählt hat, dienen der Umsetzung eines rechtskräftigen nach § 70 Abs. 4 Z 1 BWG erteilten bankenaufsichtsbehördlichen Auftrages. Dies gilt nicht nur für den Vollzug der ursprünglich angedrohten Zwangsstrafe, sondern auch für die Wiederholung des Auftrages unter Androhung einer höheren Zwangsstrafe, weil allein der Vollzug der zunächst angedrohten Zwangsstrafe keinesfalls dazu geeignet wäre, die Einhaltung des rechtskräftig erteilten aufsichtsbehördlichen Auftrages zu erzwingen. Der dargelegte Zweck derartiger Umsetzungsmaßnahmen verbietet es aber, im Verfahren zu deren Erlassung die Rechtmäßigkeit des in Rechtskraft erwachsenen umzusetzenden Auftrages gemäß § 70 Abs. 4 Z 1 BWG zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund liegt ein "Wiederholungs- oder Fortsetzungsfall" im Sinne des § 70 Abs. 4 Z 2 BWG immer dann vor, wenn das Kreditinstitut einem rechtskräftigen und wirksamen Auftrag gemäß § 70 Abs. 4 Z 1 BWG nicht nachkommt, ohne dass es darauf ankäme, ob dieser rechtskräftige Auftrag seinerseits zu Recht erteilt wurde. Wollte man die Auffassung vertreten, dass im Zuge der Setzung einer Maßnahme gemäß § 70 Abs. 4 Z 2 erster oder zweiter Fall BWG neuerlich die Rechtmäßigkeit des Auftrages nach der Z 1 dieser Gesetzesbestimmung zu prüfen wäre, wäre der erstgenannte Auftrag ohne jede normative Wirkung, weil er sich diesfalls auf die für sich genommen völlig sanktionslose Androhung einer Zwangsstrafe beschränkte, ohne dass damit eine inhaltlich verbindliche Entscheidung darüber getroffen würde, ob dem Auftrag eigentlich nachgekommen werden müsse, wobei diese Frage verbindlich erst bei Setzung einer Maßnahme nach § 70 Abs. 4 Z 2 BWG zu entscheiden wäre.
Normen
AVG §69 Abs1 Z2;
BWG 1993 §70 Abs4 Z1;
BWG 1993 §70 Abs4 Z2;
VwGG §42 Abs3;
RS 2
Im Fall einer Aufhebung des Bescheides nach § 70 Abs. 4 Z 1 BWG durch den Verwaltungsgerichtshof fällt der die Maßnahme nach Z 2 leg. cit. verfügende Bescheid zwar nicht automatisch weg (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0179), wohl aber bildet der durch § 42 Abs. 3 VwGG dann rückwirkend erfolgende Wegfall des ersten bankenaufsichtsbehördlichen Auftrages einen Grund für die Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens über den Bescheid gemäß § 70 Abs. 4 Z 2 BWG (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/19/0100).

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2010/17/0033

2010/17/0032

2010/17/0035

2010/17/0034

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2010/17/0027 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerden

1.

der R R reg. Gen.m.b.H. in R (Zl. 2010/17/0031),

2.

der R O reg. Gen.m.b.H. in W (Zl. 2010/17/0032),

3.

der R E reg. Gen.m.b.H. in E (Zl. 2010/17/0033),

4.

der R L reg. Gen.m.b.H. in L (Zl. 2010/17/0034), und

5.

der R K reg. Gen.m.b.H. in K (Zl. 2010/17/0035),

sämtliche vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen die Bescheide jeweils der Finanzmarktaufsichtsbehörde

1.)

vom , Zl. FMA-KI29 1534/0013-DEZ/2009,

2.)

vom , Zl. FMA-KI29 2043/0008-DEZ/2009,

3.)

vom , Zl. FMA-KI29 0785/0007-DEZ/2009,

4.)

vom , Zl. FMA-KI29 1197/0006-DEZ/2009, und

5.)

vom , Zl. FMA-KI29 1138/0018-DEZ/2009,

jeweils betreffend Maßnahmen gemäß § 70 Abs. 4 Z 2 zweiter Fall BWG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus den Beschwerden und den damit vorgelegten Beilagen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheiden der belangten Behörde vom 24., 25. und war den beschwerdeführenden Parteien gemäß § 70 Abs. 4 Z 1 des Bankwesengesetzes, BGBl. Nr. 532/1993 (im Folgenden: BWG), aufgetragen worden, bis längstens zum vertraglich oder statutarisch eine Regelung im Sinne des § 25 Abs. 13 BWG über ihre Liquiditätsreserven mit der R-Landesbank Kärnten - Rechenzentrum und Revisionsverband reg. Gen.m.b.H. herbeizuführen. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde die Verhängung einer Zwangsstrafe von EUR 20.000,-- angedroht.

Gegen diese Bescheide erhoben die beschwerdeführenden Parteien die zu den hg. Zlen. 2009/17/0205 bis 0209 protokollierten Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof, welche mit den Anträgen verbunden wurden, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit dem hg. Beschluss vom , Zlen. AW 2009/17/0032 bis 0036, wurde diesen Anträgen gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattgegeben.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde wurden die angedrohten Zwangsstrafen vollzogen (Spruchpunkte I.) und gegenüber den beschwerdeführenden Parteien die mit den Vorbescheiden erteilten Aufträge, nunmehr unter Androhung einer Zwangsstrafe von EUR 25.000,-- und unter Fristsetzung bis wiederholt (Spruchpunkte II.).

Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden zusammengefasst und im Wesentlichen gleich lautend aus, die beschwerdeführenden Parteien seien den mit den Vorbescheiden erteilten Aufträgen nicht nachgekommen. Die Setzung der in § 70 Abs. 4 Z 2 erster Fall BWG umschriebenen Maßnahme sei freilich nicht erforderlich gewesen, sodass nach dem zweiten Fall dieser Gesetzesbestimmung vorzugehen gewesen sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die beschwerdeführenden Parteien machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

In den Beschwerden wird nicht behauptet, dass die beschwerdeführenden Parteien den mit den Vorbescheiden vom 24., 25. und erteilten Aufträgen nachgekommen wären. Das Vorbringen in den Beschwerden beschränkt sich - wie die beschwerdeführenden Parteien dort eingangs selbst ausführen - darauf - wie schon in den Beschwerden gegen die Vorbescheide -, das Vorliegen der Eingangsvoraussetzung des § 70 Abs. 4 BWG, nämlich eine Verletzung eben dieses Bundesgesetzes, zu bestreiten, wobei ergänzend auf die Ausführungen der belangten Behörde in ihrer in den Beschwerdeverfahren gegen die Vorbescheide erstatteten Gegenschriften Bezug genommen wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres rechtlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

§ 70 Abs. 4 BWG idF BGBl. I Nr. 66/2009 lautet:

"(4) Liegt eine Konzessionsvoraussetzung gemäß § 5 Abs. 1 Z 1

bis 14 oder gemäß § 5 Abs. 4 nach Erteilung der Konzession nicht

mehr vor oder verletzt ein Kreditinstitut Bestimmungen dieses

Bundesgesetzes, des Sparkassengesetzes, des Bausparkassengesetzes,

der Einführungsverordnung zum Hypothekenbank- und zum

Pfandbriefgesetz, des Hypothekenbankgesetzes, des

Pfandbriefgesetzes, des Bankschuldverschreibungsgesetzes, des

Investmentfondsgesetzes, des Depotgesetzes, des

Beteiligungsfondsgesetzes, des E-Geldgesetzes, des BMSVG, des

Immobilien-Investmentfondsgesetzes, des

Finanzkonglomerategesetzes, einer auf Grund dieser Bundesgesetze

erlassenen Verordnung oder eines Bescheides, so hat die FMA

1. dem Kreditinstitut unter Androhung einer

Zwangsstrafe aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand binnen jener

Frist herzustellen, die im Hinblick auf die Umstände des Falles

angemessen ist;

2. im Wiederholungs- oder Fortsetzungsfall den

Geschäftsleitern des Kreditinstitutes die Geschäftsführung ganz oder teilweise zu untersagen, es sei denn, dass dies nach Art und Schwere des Verstoßes unangemessen wäre, und die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes durch nochmaliges Vorgehen gemäß Z 1 erwartet werden kann; in diesem Fall ist die erstverhängte Zwangsstrafe zu vollziehen und der Auftrag unter Androhung einer höheren Zwangsstrafe zu wiederholen;

3. die Konzession zurückzunehmen, wenn andere

Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz die Funktionsfähigkeit des Kreditinstitutes nicht sicherstellen können."

Auszugehen ist zunächst davon, dass die mit den Vorbescheiden erteilten Aufträge gemäß § 70 Abs. 4 Z 1 BWG - anders als die beschwerdeführenden Parteien meinen - sehr wohl in materielle Rechtskraft erwachsen sind, zumal gegen diese Bescheide gemäß § 22 Abs. 2 FMABG keine administrative Berufung zulässig war und die Erhebung von Beschwerden vor dem Verfassungs- bzw. vor dem Verwaltungsgerichtshof (denen aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde) den Eintritt der materiellen Rechtskraft und Vollstreckbarkeit dieser Vorbescheide nicht hindert.

Das Beschwerdevorbringen, welches darauf abzielt, dass schon die mit den Vorbescheiden gemäß § 70 Abs. 4 Z 1 BWG erteilten Aufträge rechtswidrig gewesen seien, geht an dem Umstand vorbei, dass die in § 70 Abs. 4 Z 2 BWG (alternativ) vorgesehenen Maßnahmen, aus denen die belangte Behörde die mildere (zweiter Fall leg. cit.) gewählt hat, der Umsetzung eines rechtskräftigen nach § 70 Abs. 4 Z 1 BWG erteilten bankenaufsichtsbehördlichen Auftrages dienen. Dies gilt nicht nur für den Vollzug der ursprünglich angedrohten Zwangsstrafe sondern auch für die Wiederholung des Auftrages unter Androhung einer höheren Zwangsstrafe, weil allein der Vollzug der zunächst angedrohten Zwangsstrafe keinesfalls dazu geeignet wäre, die Einhaltung des rechtskräftig erteilten aufsichtsbehördlichen Auftrages zu erzwingen.

Der dargelegte Zweck derartiger Umsetzungsmaßnahmen verbietet es aber, im Verfahren zu deren Erlassung die Rechtmäßigkeit des in Rechtskraft erwachsenen umzusetzenden Auftrages gemäß § 70 Abs. 4 Z 1 BWG zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund liegt ein "Wiederholungs- oder Fortsetzungsfall" im Sinne des § 70 Abs. 4 Z 2 BWG immer dann vor, wenn das Kreditinstitut einem rechtskräftigen und wirksamen Auftrag gemäß § 70 Abs. 4 Z 1 BWG nicht nachkommt, ohne dass es darauf ankäme, ob dieser rechtskräftige Auftrag seinerseits zu Recht erteilt wurde. Wollte man die Auffassung vertreten, dass im Zuge der Setzung einer Maßnahme gemäß § 70 Abs. 4 Z 2 erster oder zweiter Fall BWG neuerlich die Rechtmäßigkeit des Auftrages nach der Z 1 dieser Gesetzesbestimmung zu prüfen wäre, wäre der erstgenannte Auftrag ohne jede normative Wirkung, weil er sich diesfalls auf die für sich genommen völlig sanktionslose Androhung einer Zwangsstrafe beschränkte, ohne dass damit eine inhaltlich verbindliche Entscheidung darüber getroffen würde, ob dem Auftrag eigentlich nachgekommen werden müsse, wobei diese Frage verbindlich erst bei Setzung einer Maßnahme nach § 70 Abs. 4 Z 2 BWG zu entscheiden wäre.

Angemerkt wird in diesem Zusammenhang freilich, dass im Fall einer Aufhebung des Bescheides nach § 70 Abs. 4 Z 1 BWG durch den Verwaltungsgerichtshof der die Maßnahme nach Z 2 leg. cit. verfügende Bescheid zwar nicht automatisch wegfällt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0179), wohl aber der durch § 42 Abs. 3 VwGG dann rückwirkend erfolgende Wegfall des ersten bankenaufsichtsbehördlichen Auftrages einen Grund für die Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens über den Bescheid gemäß § 70 Abs. 4 Z 2 BWG bildete (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/19/0100).

Da somit schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerden erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am

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Normen
AVG §69 Abs1 Z2;
BWG 1993 §70 Abs4 Z1;
BWG 1993 §70 Abs4 Z2;
VwGG §42 Abs3;
Schlagworte
Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta
nova producta
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2010:2010170031.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAE-79297