VwGH vom 25.03.2014, 2013/04/0178
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, den Hofrat Dr. Kleiser und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der O GmbH in L, vertreten durch die Hämmerle Hämmerle Rechtsanwälte GmbH in 8786 Rottenmann, Hauptplatz 111, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom , Zl. ABT12-WT-GE.02-88/2013-19, ABT12-WT-GE.02-87/2013-18, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Der handelsrechtliche und alleinige Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und Gewerbeinhaber wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes L vom wegen des Vergehens des schweren Betruges gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB), wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht gemäß § 288 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der Beitragstäterschaft zur Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 12, 223 Abs. 2, 224 StGB und wegen des Vergehens der Untreue gemäß § 153 Abs. 1 und 2 StGB zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 10 Monaten und einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen, sowie mit weiterem rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes L vom wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten (davon 11 Monate bedingt) verurteilt. Diese Verurteilungen sind nicht getilgt.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft L vom wurde die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf diese strafgerichtlichen Verurteilungen gemäß § 91 Abs. 2 GewO aufgefordert, den Verurteilten aus seiner Position als handelsrechtlicher Geschäftsführer und Hauptgesellschafter aus dem Unternehmen zu entfernen. Dieser Aufforderung wurde nicht entsprochen.
2. Mit erstinstanzlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom wurden der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigungen lautend auf "Handel mit Waren aller Art" und "Vermieten von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers" an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 Z 1 und § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) entzogen.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, die Verurteilungen des Gewerbeinhabers hätten strafbare Handlungen zum Gegenstand gehabt, die die Befürchtung der Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat im Zusammenhang mit den von der Beschwerdeführerin ausgeübten Gewerben rechtfertigen würden. Auch gäben das Persönlichkeitsbild und die ausgeübten Gewerbe Anlass zur Befürchtung, der Gewerbeinhaber werde bei entsprechendem Anlass ein ähnliches Delikt begehen. Die in § 13 Abs. 1 GewO 1994 genannte Grenze von drei Monaten sei mit den verhängten Freiheitsstrafen überschritten und dem Auftrag nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 nicht nachgekommen worden. Die Entziehung der Gewerbeberechtigung sei aus diesen Gründen zu Recht erfolgt.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4.1. Vorauszuschicken ist, dass auf mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdefälle gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden sind. Dies trifft auf den vorliegenden Beschwerdefall zu.
4.2. Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 GewO 1994 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlungen und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie (Z. 1) von einem Gericht (lit. b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind und (Z. 2) die Verurteilung nicht getilgt ist.
Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde dem Gewerbetreibenden die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft ist, sich die im § 87 GewO 1994 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person beziehen, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, und der Gewerbetreibende dem behördlichen Auftrag nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommt, diese Person zu entfernen.
4.3. Unstrittig ist, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zweimal zu einer jeweils drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurde und beide Verurteilungen noch nicht getilgt sind. Damit ist der Ausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b iVm Z 2 GewO 1994 erfüllt.
4.4. Die Beschwerde führt im Zusammenhang mit der gerügten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aus, die weiteren Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 für den Entzug der Gewerbeberechtigung lägen aufgrund eines vorgelegten psychologischen Sachverständigengutachtens nicht vor, aus welchem hervorgehe, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Hinweise dafür gegeben seien, der Gewerbeinhaber werde gleiche oder ähnliche Straftaten bei Ausübung seines Gewerbes begehen.
4.4.1. Sofern die Beschwerde ihr Vorbringen im Sinne einer Rüge der vorgenommenen Prognose im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist, verstanden wissen will, so ist dem zu entgegnen, dass es für den Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 zwar erforderlich ist, dass die Gewerbebehörde - auf Grundlage des Verhaltens in der Vergangenheit - eine nachvollziehbar begründete, selbständige Prognose über das zukünftige Verhalten einer Person anzustellen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/04/0134, mwN). Gegen diese von der belangten Behörde vorgenommenen Prognose betreffend das Vorliegen der Befürchtung der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des Gewerbes führt die Beschwerde jedoch nichts Stichhaltiges ins Treffen. Vielmehr ist die Begründung, es sei von der Befürchtung ausgehen, der Gewerbeinhaber werde ähnliche Straftaten begehen, bereits angesichts des relativ raschen Rückfalls nach der Verurteilung im Jahr 2004 wegen vergleichbarer Delikte unbedenklich. Aber nicht nur die Rückfälligkeit innerhalb eines Zeitraumes von nur vier Jahren aufgrund der gleichen schädlichen Neigung, sondern auch die Gewerbsmäßigkeit der Begehung im Zusammenhang mit der zweiten Verurteilung untermauern die angenommene Prognose. Überdies ist nicht zu übersehen, dass der Gewerbeinhaber die Straftaten in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Autohändler beging und ist die Beschwerdeführerin als Autohändlerin und -vermieterin tätig ist, sodass auch eine Nähe zu der ursprünglichen gewerblichen Tätigkeit erhalten bleibt, die aufgrund der begangenen Straftaten die von der belangten Behörde angenommene Prognose nahelegt.
Soweit sich die Beschwerde auf das eingeholte Gutachten beruft, ist darauf zu verweisen, dass die Behörde nach ständiger hg. Rechtsprechung ohne Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen für den Entzug der Gewerbeberechtigung mit der Entziehung vorgehen darf, wenn sich ihre tatbestandsmäßige Befürchtung bereits in der Art der der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten manifestiert. (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/04/0014, mwN und vom , Zl. 2013/04/0036).
Es ist daher insgesamt nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf ein Persönlichkeitsbild des Verurteilten schloss, das die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des Gewerbes befürchten lässt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/04/0097, mwN).
5. Als Verfahrensfehler rügt die Beschwerde, die belangte Behörde habe sich nicht mit den Verurteilungen des Gewerbeinhabers auseinandergesetzt, da diese "deliktsspezifisch mit der Abwicklung von Versicherungscausen" zusammenhängen würden. Der Gewerbeinhaber würde "keine Reparaturen bzw. keine Versicherungsabwicklungen infolge von Unfallschäden" mehr durchführen und könne deshalb ähnliche Straftaten nicht mehr begehen. Die Gewerbeberechtigung sei deshalb nicht zu entziehen gewesen.
5.1. Dem ist zu erwidern, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass die zum Tatbild des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 gehörenden Verurteilungen nicht Delikte betreffen müssen, die bei der Ausübung oder in Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes begangen wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0288, mwN). Ebensowenig ist davon auszugehen, dass eine allfällige Änderung der ausgeübten gewerblichen Tätigkeit per se dazu geeignet ist, die Befürchtung der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten auszuschließen.
6. Das Vorbringen, die belangte Behörde hätte ein weiteres Gutachten zur Überprüfung der Persönlichkeitsstruktur einholen können , ist nicht geeignet, einen relevanten Verfahrensmangel darzutun (vgl. auch hiezu das bereits oben erwähnte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/04/0036).
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am