VwGH vom 20.05.2010, 2008/15/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des L P in W, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2262-W/02, betreffend unter anderem Umsatz- und Einkommensteuer 1998, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Einkommensteuer 1998 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen, somit hinsichtlich Umsatzsteuer 1998 wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die belangte Behörde nahm im angefochtenen Bescheid als erwiesen an, dass der Vater des Beschwerdeführers mit Mietvertrag vom zu einem frei vereinbarten Mietzins Büroräumlichkeiten, das Abbruchobjekt einer ehemaligen, bereits Jahre davor stillgelegten Molkerei und den Hof (zur Vermietung von Autoabstellplätzen) gemietet habe. Er habe auf eigene Kosten das Gebäude der ehemaligen Molkerei neu adaptiert, neu eingedeckt und in einen ordnungsmäßigen Zustand zum Betrieb einer Schlosserei versetzt und vom Jahr 1980 bis zum als Einzelunternehmer dort eine Schlosserei betrieben.
Mit Leibrentenvertrag habe der Beschwerdeführer den Metallbau- und Schlossereibetrieb von seinem Vater einschließlich des im Betriebsvermögen befindlichen Anlagevermögens, des good will und der Bestandrechte erworben. Vom Beschwerdeführer sei der Betrieb ursprünglich in unveränderter Form als Einzelunternehmen weitergeführt worden. Seinen Gewinn habe er gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelt.
Mit Räumungsvereinbarung vom habe sich der Mehrheitseigentümer (gemeint wohl der Liegenschaft) verpflichtet, an den Beschwerdeführer für die Aufgabe der Mietrechte einen Betrag von 2,5 Mio Schilling (brutto) zu zahlen. Die vom Mietrecht umfasste Fläche sei wie folgt genutzt worden:
Schlosserei: 505,72 m2, Vermietung: 566,96 m2, ungenutzt: 404,75 m2 (davon seien 60,20 m2 laut Beschreibung des Steuerberaters "nass und sauer und somit unbenützbar"; 99,55 m2 seien "seinerzeit" an den Vater vermietet gewesen). Der erste Stock des Gebäudes sei "ursprünglich" für die Aluminiumproduktion genutzt worden. Die Miete sei in den Streitjahren (1996 bis 1998) als Betriebsausgabe behandelt, die vereinnahmten Mieterlöse als Betriebseinnahmen erklärt worden.
In der Folge wird im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebracht, dass die strittige Frage, ob das Mietrecht als bewegliches Wirtschaftsgut vom Beschwerdeführer überwiegend betrieblich oder privat genutzt worden sei, dahin zu beantworten sei, dass es sich beim streitgegenständlichen Mietrecht um Betriebsvermögen handle.
Die belangte Behörde begründet diese Beurteilung ausgehend davon, dass notwendiges Betriebsvermögen jene Wirtschaftsgüter umfasse, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt seien und ihm tatsächlich dienten, zunächst damit, die 505,72 m2, die für Zwecke der Schlosserei genutzt worden seien, hätten unzweifelhaft dem Betrieb gedient.
Auch vermietete Wirtschaftsgüter könnten zum notwendigen Betriebsvermögen gehören, dies aber nur, wenn die Vermietung dem Betriebszweck unmittelbar dienlich sei. Im vorliegenden Fall seien "Teile des vom Beschwerdeführer gemieteten Gebäudes (Dachgeschoss) und Teile des Hofes für Parkzwecke vermietet" gewesen. Dass die Vermietung über die Erzielung von Mieteinnahmen hinaus den Hauptzweck des Betriebes des Beschwerdeführers gefördert hätte, sei weder den Feststellungen des Prüfers noch den sonstigen, der Behörde vorliegenden Unterlagen zu entnehmen. Dies bedeute, dass die vermieteten Teile im Ausmaß von 566,95 m2 nicht betrieblich genutzt worden seien.
Die vom Beschwerdeführer als ungenutzt angegebenen Räumlichkeiten im Ausmaß von 404,75 m2 setzten sich aus 245 m2, die seinerzeit betrieblich genutzt, jetzt aber ungenutzt seien, 60,20 m2, die unbenutzbar seien und 99,55 m2, die seinerzeit an den Vater vermietet, jetzt ungenutzt seien, zusammen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehörten auch jene Wirtschaftsgüter, deren ursprüngliche betriebliche Nutzung vorübergehend oder auf Dauer eingestellt worden sei, zum Betriebsvermögen, wobei entscheidend sei, dass sie bis zu ihrem körperlichen Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen keiner privaten Nutzung zugeführt würden. Im Hinblick darauf, dass der Vater des Beschwerdeführers die vom Mietrecht umfassten Räumlichkeiten und Flächen (mit Ausnahme der als "nass und sauer" bezeichneten Räumlichkeiten im Ausmaß von 60 m2) ausschließlich betrieblich genutzt habe und der Betrieb vom Beschwerdeführer ursprünglich in unveränderter Form weitergeführt worden sei, habe die spätere Einstellung der Aluminiumproduktion und die damit unterbliebene Nutzung von einzelnen Räumlichkeiten kein Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen bewirkt. Eine Privatnutzung dieser Teile sei nicht behauptet worden. Das Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung, der gesamte erste Stock sei unbenutzbar gewesen, stehe im Widerspruch zum früheren Vorbringen, wonach lediglich zwei Räume im Ausmaß von 60,20 m2 "nass und sauer" und damit unbenutzbar seien. Es seien daher nur diese - unbenutzbaren -
Räumlichkeiten nicht in die Beurteilung einzubeziehen, ob Betriebs- oder Privatvermögen vorliege.
Selbst bei Berücksichtigung der seinerzeit an den Vater des Beschwerdeführers vermieteten und nunmehr ungenutzten Fläche von 99,55 m2 überwiege die betriebliche Nutzung (750,72 m2) die private (666,50 m2).
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung richtet sich die Betriebsvermögenszugehörigkeit von gemischt genutzten (dh. betrieblich und privat genutzten) Wirtschaftsgütern bei Grundstücken (Gebäuden) einerseits und bei allen anderen Wirtschaftsgütern andererseits nach unterschiedlichen Regeln. Ein bewegliches Wirtschaftsgut kann nur zur Gänze Betriebsvermögen oder Privatvermögen sein. Wenn es sowohl betrieblichen als auch privaten Zwecken dient, ist es nach seiner überwiegenden Nutzung zur Gänze entweder Betriebsvermögen oder Privatvermögen. Bei gemischt genutzten Liegenschaften bzw. Gebäuden kann hingegen eine anteilsmäßige Zurechnung zum Betriebs- bzw. Privatvermögen Platz greifen, es sei denn der betrieblich oder privat genutzte Teil wäre von untergeordneter Bedeutung (vgl. Hofstätter/Reichel, § 4 Abs. 1 EStG 1988, Tz 45 und etwa das hg. Erkenntnis vom , 96/15/0051).
Die anteilsmäßige Zurechnung bei Gebäuden (Liegenschaften) findet ihre Begründung vor allem darin, dass sie zeitgleich in einem räumlich abgrenzbaren Teil betrieblich und in einem anderen räumlich abgrenzbaren Teil privat genutzt werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/15/0124).
Für ein Mietrecht an einer Liegenschaft gilt aber nun das gleiche wie für die Liegenschaft selbst: Es ist zeitgleich für bestimmte räumliche Teile eine betriebliche und für andere räumliche Teile eine private Nutzung möglich.
Es ist daher sachgerecht, Mietrechte an nur zum Teil für einen Betrieb genutzten Gebäuden entsprechend anteilig zum Betriebs- und Privatvermögen zuzuordnen.
Die belangte Behörde hat insofern die Rechtslage verkannt. Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich Einkommensteuer 1998 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Nicht zu beanstanden war der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Nutzungsrechte an Gebäudeteilen, die nicht (mehr) vom Beschwerdeführer betrieblich verwendet wurden. Diesbezüglich hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, dass auch jene Wirtschaftsgüter deren ursprüngliche betriebliche Nutzung vorübergehend oder auf Dauer eingestellt wurde, zum Betriebsvermögen gehören, wenn sie bis zu ihrem körperlichen Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen keiner privaten Nutzung zugeführt worden sind (vgl. das bereits im angefochtenen Bescheid zitierte hg. Erkenntnis vom , 96/14/0150). Eine solche ist im Beschwerdefall hinsichtlich der nicht (mehr) betrieblich verwendeten Räumlichkeiten nicht zu erkennen.
Auch in Bezug auf die Umsatzsteuer zeigt die Beschwerde nicht auf, dass das Wirtschaftsgut "Mietrecht" außerhalb eines Unternehmens genutzt worden wäre. Die Beschwerde war daher hinsichtlich Umsatzsteuer 1998 gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am