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VwGH vom 29.04.2014, 2013/04/0171

VwGH vom 29.04.2014, 2013/04/0171

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die gemäß § 4 Abs. 1 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz als Revision geltende Beschwerde der G GmbH in G, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. WST1-BA-9/001-2012, betreffend Antrag auf Bescheiderlassung nach § 6 AVG in einer Angelegenheit der Genehmigung eines Abschlussbetriebsplanes nach § 114 MinroG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nachdem ihr Antrag auf Errichtung und Genehmigung einer Bodenaushubdeponie auf den Grundstücken Nr. X und Y der KG P nach Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen worden war, stellte die Revisionswerberin beim Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten (gemeint: der Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten) mit Schriftsatz vom einen Antrag auf Genehmigung eines Abschlussbetriebsplanes gemäß § 114 MinroG für das Abbaufeld "H", betreffend die Grundstücke X und Y der KG P.

Mit Schriftsatz vom trat der Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten (Erstbehörde) diesen Antrag gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber unter Hinweis auf den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom (nach der Aktenlage an den Landeshauptmann von Niederösterreich als Behörde nach AWG) ab.

Darauf stellte die Revisionswerberin an die Erstbehörde mit Schriftsatz vom einen (so bezeichneten) "Antrag auf Bescheiderlassung gemäß § 6 AVG" und beantragte, dass die Erstbehörde über seine Zuständigkeit in Bezug auf den Antrag auf Genehmigung des Abschlussbetriebsplanes vom bescheidmäßig abspreche.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (belangte Behörde) wurde dieser "Antrag auf Bescheiderlassung gemäß § 6 AVG" im Instanzenzug gemäß § 6 AVG zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des obigen Verfahrensganges auf das Wesentliche zusammengefasst aus, § 6 AVG biete der Behörde keine Handhabe dafür, mit einem Bescheid ihre Unzuständigkeit auszusprechen. Ein "§ 6 AVG-Antrag" sei daher unzulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Da nach den Angaben der Beschwerde zur Zustellung des angefochtenen Bescheides die Beschwerdefrist am noch offen war, gilt die vorliegende Beschwerde gemäß § 4 Abs. 1 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013 als Revision. Für die Behandlung dieser Revision gelten gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung (abgesehen von der gegenständlich ohnedies nicht in Betracht kommenden Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG) sinngemäß.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getreten ist) legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Revision erwogen:

1. Im vorliegenden Fall geht es alleine darum, ob die Erstbehörde nach Weiterleitung des Antrages der Revisionswerberin auf Grund des Beharrens der Revisionswerberin nach § 6 AVG verpflichtet war, bescheidmäßig über ihre Zuständigkeit abzusprechen.

2. Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

3. Die Weiterleitung eines Anbringens gemäß § 6 AVG bewirkt nach ständiger hg. Rechtsprechung das Erlöschen der Entscheidungspflicht der weiterleitenden Behörde. Eine Verpflichtung zur Fällung einer Zuständigkeitsentscheidung - in Form der Zurückweisung des Antrags, wenn die angerufene Behörde bei ihrer Auffassung bleibt - löst die Partei jedoch durch ein Beharren auf der Entscheidung durch jene Behörde aus, an die sie sich (ursprünglich) gewendet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/17/0279, mwN).

4. Im vorliegenden Fall hat die Erstbehörde den Antrag der Revisionswerberin zunächst gemäß § 6 AVG an die (ihrer Auffassung nach) zuständige Behörde weitergeleitet.

Der nach Weiterleitung von der Revisionswerberin eingebrachte Schriftsatz vom kann ausgehend von der oben angeführten hg. Rechtsprechung nur dahin verstanden werden, dass sie in einem nächsten Schritt (nach Weiterleitung ihres Antrages durch die Erstbehörde) auf die bescheidmäßige Zurückweisung ihres ursprünglichen Antrages auf Genehmigung des Abschlussbetriebsplanes durch die Erstbehörde und somit durch jene Behörde beharrt hat, an die sie sich (ursprünglich) gewendet hat.

Dagegen hat die belangte Behörde den Schriftsatz vom als gesonderten "Antrag auf Bescheiderlassung gemäß § 6 AVG" gewertet und solcherart über einen von der Revisionswerberin so nicht gestellten Antrag entschieden. Vielmehr wäre die belangte Behörde auf Grund des Beharrens der Revisionswerberin (im Schriftsatz vom ) verpflichtet gewesen, sich mit der Zuständigkeit der Erstbehörde für die Entscheidung über den Antrag der Revisionswerberin auf Genehmigung des Abschlussbetriebsplanes (vom ) auseinanderzusetzen. Falls sie die Erstbehörde als unzuständig erachtete, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, den Genehmigungsantrag zurückzuweisen und dies entsprechend zu begründen.

5. Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht (gemäß § 4 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014) auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am