VwGH vom 22.03.2010, 2008/15/0091

VwGH vom 22.03.2010, 2008/15/0091

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr in 4400 Steyr, Handel-Mazzetti-Promenade 14, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/1583-L/02, betreffend unter anderem Umsatzsteuer 1997 und Einkommensteuer 1997 bis 1999 (mitbeteiligte Partei: R in S, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner und Mag. Georg Wageneder, Rechtsanwälte in 4490 St. Florian, Marktplatz 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Umsatzsteuer 1997 und Einkommensteuer 1997 bis 1999 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Anlässlich einer beim Mitbeteiligten, einem Arzt, durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde unter anderem festgestellt, der Mitbeteiligte habe im Prüfungszeitraum keine laufenden Aufzeichnungen der Bareinnahmen geführt. Hinsichtlich der ärztlichen Tätigkeit habe der Mitbeteiligte keine Bareinnahmen erklärt. Hinsichtlich der Tätigkeit als Vortragender seien Einnahmen nicht vollständig erfasst worden. Da daher nicht davon auszugehen sei, dass sämtliche Einnahmen erklärt worden seien, sei hinsichtlich 1997 ausgehend von den erklärten Umsätzen aus "Kassen 20 %" in Höhe von S 86.000,- ,"Privat 20 %" in Höhe von S 214.000,- und " Vorträge 20 %" in Höhe von S 130.000,--, gesamt somit S 430.000,-- ein Sicherheitszuschlag von 10 % "zu verhängen".

Ertragsteuerlich hielt der Prüfer unter dem Titel "Tz 24 Kurshonorare Grenada" in seinem über die abgabenbehördliche Prüfung erstatteten Bericht fest, der Mitbeteiligte habe Einnahmen aus der Tätigkeit als Vortragender für Taiji- und Qigongkurse nicht vollständig erfasst. Es seien daher im Jahr 1998 Zurechnungen in Höhe von S 18.000,-- ("Einnnahmen lt. Bp. 33.000, Ausgaben lt. Bp. 15.000") und im Jahr 1999 Zurechnungen in Höhe von S 27.000,-- ("Einnnahmen lt. Bp. 47.000, Ausgaben lt. Bp. 20.000") zu berücksichtigen.

Unter dem Titel "Tz 25 Reisekosten Grenada 1998 und 1999" hielt der Prüfer fest, dass der Mitbeteiligte von den Seminarteilnehmern auch die Kosten für deren Unterbringung und Flug vereinnahmt habe. An Stelle der Zurechnung dieser Einnahmen seien die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Betriebsausgaben ausgeschieden und wie Durchlaufposten behandelt worden. Darüber hinaus seien vom Mitbeteiligten, der von seinen Kindern begleitet worden sei, auch eigene Reisekosten für sich und seine Ehefrau geltend gemacht worden. Ein detailliertes Reiseprogramm hätte nicht vorgelegt werden können, eine Darstellung des Reiseverlaufes habe ergeben, dass täglich sieben Stunden für Freizeitaktivitäten zur Verfügung gestanden seien. Der Prüfer vertrat die Ansicht, die Reisekosten seien als privat veranlasst nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen. Insgesamt sei als Ergebnis dieser Feststellungen hinsichtlich 1998 S 11.435,-- und hinsichtlich 1999 S 136.217,-- zuzurechnen.

Vor dem Hintergrund von bereits in Zusammenhang mit der Umsatzsteuer erwähnten Aufzeichnungsmängel hielt der Prüfer unter "Tz. 27 Sicherheitszuschlag" fest, dass - ertragsteuerlich - für die Jahre 1997 bis 1999 (bei Kassenhonoraren von durchschnittlich S 300.000,--, Privathonoraren von durchschnittlich S 1,200.000,-- und Vortragshonoraren von durchschnittlich S 160.000,--) Sicherheitszuschläge von S 199.000,-- (1997) S 167.000,-- (1998) und S 161.000,-- (1999) zu verhängen seien.

Auch hinsichtlich eines Autounfalles, bei welchem das betriebliche Fahrzeug von der Ehefrau des Mitbeteiligten gelenkt worden wäre, habe eine Zurechnung (S 25.652,--) zu erfolgen, weil der Nachweis für eine betriebliche Fahrt nicht hätte erbracht werden können.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers unter anderem hinsichtlich dieser Punkte und erließ einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für 1997 und entsprechende Einkommensteuerbescheide für 1997 bis 1999.

Der Mitbeteiligte erhob unter anderem gegen diese Bescheide Berufung, welcher mit dem angefochtenen Bescheid (im Wesentlichen in den angeführten Punkten) "teilweise stattgegeben" wurde.

Hinsichtlich der "Gesundheitswochen in Grenada (Tz 24 und 25)" führte die belangte Behörde begründend aus, Auslandsreisen in Begleitung der Familie seien der privaten Sphäre zuzurechnen, teilweise stattfindende berufliche Veranstaltungen änderten daran nichts. Die "Gesundheitswochen" seien daher zur Gänze der privaten Sphäre zuzuordnen, was bedeute, dass weder die Kurshonorare als Betriebseinnahmen noch die Kosten für Flug, Unterbringung und Verpflegung als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien. Rechnerisch zog die belangte Behörde in der Folge die vom Prüfer aus den oben angeführten Gründen veranlassten Zurechnungen vom "Gewinn laut Betriebsprüfung" ab.

Hinsichtlich der Reparaturkosten betreffend den Autounfall verwies die belangte Behörde darauf, dass der Mitbeteiligte die betriebliche Veranlassung der Fahrt hätte dartun können. Es sei glaubwürdig, dass das Räumen des Ordinationsabfalldepots nicht während der Ordinationszeiten durchgeführt werden könne. Während der Mitbeteiligte die notwendige Nachkontrolle, inwieweit die Abfälle der normalen Entsorgung zugeführt werden könnten oder ob Sonderabfälle vorlägen, durchgeführt habe, habe seine Ehefrau das Wegbringen des bereits sortierten Abfalls übernommen. "Während einer solchen Fahrt sei der Unfall passiert."

Hinsichtlich der Sicherheitszuschläge verwies die belangte Behörde darauf, dass die Anwendung eines Sicherheitszuschlages zu den Elementen einer Schätzung gehöre. Diese Schätzungsmethode gehe davon aus, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich sei, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet worden seien. Sicherheitszuschläge dürften jedoch keine "Straf"zuschläge sein. Nach Ansicht der belangten Behörde habe der Mitbeteiligte "glaubhaft dartun können, dass "Unregelmäßigkeiten bei den Aufzeichnungen lediglich im Rahmen der Vortragstätigkeit und nicht auch im Rahmen der ärztlichen Praxis aufgetreten" seien. Es sei daher von Sicherheitszuschlägen im Ausmaß von jeweils 10 % der Einnahmen aus Vortragstätigkeit auszugehen.

Gegen diese Entscheidung betreffend Umsatzsteuer 1997 und Einkommenssteuer 1997 bis 1999 wendet sich die vom Finanzamt gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung von Gegenschriften sowohl der belangten Behörde als auch der mitbeteiligten Partei erwogen:

Zutreffend weist das beschwerdeführende Finanzamt darauf hin, dass die "Gesundheitswochen Grenada" in den Rechenwerken des Mitbeteiligten für die Jahre 1998 und 1999 ursprünglich jeweils mit einem "Verlust" (darin enthalten unter anderem Reisekosten für den Mitbeteiligten und seine Ehefrau) erfasst waren. Der Prüfer anerkannte diese "Verluste" nicht, sondern erfasste statt dessen eine aus Einnahmen und geschätzten Ausgaben entstandene "Zurechnung". Die belangte Behörde folgte aber weder der Ansicht des Prüfers noch der in den Rechenwerken der Jahre 1998 und 1999 zum Ausdruck gebrachten Ansicht des Mitbeteiligten, es liege (einschließlich der Aufwendungen u.a. für die Ehefrau) eine betrieblich veranlasste Reise vor, sondern meinte, die entsprechenden Reisen seien zur Gänze der privaten Sphäre zuzuordnen, es seien daher weder Kurshonorare als Einnahmen noch Kosten für Flug, Unterbringung etc als Ausgaben zu erfassen. Die rechnerischen Konsequenzen dieser Ansicht zog die belangte Behörde aber damit, dass sie die Zurechnungen des Prüfers stornierte, nicht. Zutreffend erkennt das beschwerdeführende Finanzamt, dass damit jedenfalls auch wieder die Reisekosten des Mitbeteiligten und seiner Ehefrau, welche nach der zum Ausdruck gebrachten Ansicht der belangten Behörde der privaten Sphäre zuzurechnen seien, als "Betriebsausgabe" anerkannt wurden. Der angefochtene Bescheid erweist sich insoweit schon deshalb als rechtswidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch die in der Beschwerde des Finanzamtes zum Ausdruck gebrachte Ansicht, es sei nicht erkennbar, warum die in Grenada unbestritten erzielten Einnahmen des Mitbeteiligten nicht der Besteuerung unterliegen sollten.

Im Übrigen muss die nach § 288 Abs. 1 lit. d BAO gebotene Begründung einer Berufungsentscheidung erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0200).

Diesen Erfordernissen genügt der angefochtene Bescheid weder in Bezug auf die strittigen Aufwendungen hinsichtlich des Autounfalles noch hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Sicherheitszuschläge. Zutreffend verweist das Finanzamt darauf, dass dem Mitbeteiligten eine Stellungnahme des Prüfers übermittelt worden war, wonach sich der Unfall nicht auf der Fahrtstrecke zwischen Ordination und Altstoffsammelstelle ereignet hat, sondern auf einer ganz anderen Strecke, nämlich zwischen dem Wohnhaus des Mitbeteiligten und seiner Ehefrau und der Innenstadt S. Dazu habe der Mitbeteiligte nicht Stellung genommen. Aus welchen Gründen die belangte Behörde diesem Umstand entgegen der Ansicht des Prüfers und des Finanzamtes keine Bedeutung beigemessen hat, wird im angefochtenen Bescheid nicht zum Ausdruck gebracht, obwohl es auf der Hand liegt, dass die Behauptung einer betrieblichen Fahrt zwischen Ordination und Abfallentsorgungsstelle Zweifel aufwirft, wenn sich der Unfall unbestritten auf einer völlig anderen Wegstrecke ereignete. Aus welchem Grund die belangte Behörde als erwiesen angenommen hat, dass der Unfall dennoch "während einer solchen Fahrt passiert" sei, bleibt offen.

Auch hinsichtlich der Sicherheitszuschläge ist der Denkprozess der belangten Behörde nicht nachvollziehbar, wenn sie - vor dem unbestrittenen Hintergrund von in den Jahren 1997 und 1998 völlig fehlender Aufzeichnungen der Bareinnahmen - lediglich meint, der Mitbeteiligte hätte glaubhaft dargetan, es seien "Unregelmäßigkeiten bei den Aufzeichnungen" lediglich im Rahmen der Vortragstätigkeit aufgetreten. Worin das glaubhafte Vorbringen bestanden hat, welches die belangte Behörde zu dieser Annahme veranlasste, bleibt im Dunkeln.

Da sich der angefochtene Bescheid aus diesen Gründen als inhaltlich rechtswidrig erweist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am