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VwGH vom 15.03.2010, 2006/01/0316

VwGH vom 15.03.2010, 2006/01/0316

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des R O in Salzburg, geboren am , vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 212.960/3-XI/34/05, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages wegen entschiedener Sache (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein aus dem Kosovo stammender und der albanischen Volksgruppe angehörender Staatsangehöriger von (bei Erlassung des angefochtenen Bescheides) Serbien und Montenegro, gelangte im November 1998 erstmals in das Bundesgebiet und beantragte am Asyl. Er habe den Kosovo verlassen, weil die serbische Polizei mit Tanks in sein Heimatdorf gekommen sei.

Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG für zulässig. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Ein weiterer, im Jahr 1999 gestellter Asylantrag wurde im Instanzenzug mit Bescheid der belangten Behörde vom wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer erneut Asyl. Bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am gab der Beschwerdeführer dazu im Wesentlichen an, er sei im April 2002 in den Kosovo abgeschoben worden und im Sommer 2003 wieder nach Österreich zurückgekehrt. Er habe im Kosovo nach seiner Abschiebung Probleme mit Dorfbewohnern gehabt, er sei attackiert und mit einer Flasche verletzt worden. Davon habe er noch heute sichtbare Narben. Grund dafür sei der Umstand gewesen, dass man ihn des Verrates beschuldigt habe, weil er während des Kosovokrieges die albanische Seite nicht unterstützt habe. Er habe gegen die ihm teils namentlich bekannten Täter Anzeige erstattet, ein Täter sei kurzzeitig inhaftiert, dann aber wieder freigelassen worden. Da er nachfolgend von diesem mit dem Umbringen bedroht worden sei, habe er den Kosovo verlassen.

Das Bundesasylamt wies den neuerlichen Antrag mit Bescheid vom gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

Eine dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG ab. Es liege zwar eine Sachverhaltsänderung vor, diese lasse aber keine andere rechtliche Beurteilung zu, zumal es sich bei der nunmehr geltend gemachten Verfolgungsgefahr um keine im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention handle. Unabhängig davon sei das Vorbringen des Beschwerdeführers - aus näher dargestellten Gründen - unglaubwürdig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die belangte Behörde hat als Vergleichsbescheid, an dem Sachverhaltsänderungen zu messen sind, den (über den ersten Asylantrag ergangenen) Bescheid des Bundesasylamtes vom herangezogen. Dies entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung, wonach als Vergleichsbescheid derjenige Bescheid heranzuziehen ist, mit dem zuletzt materiell in der Sache entschieden wurde (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/23/0684, vom , Zl. 2004/20/0100, und vom , Zl. 2005/20/0226, mwN).

Davon ausgehend hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass sich nach dem Zeitpunkt der Erlassung des Vergleichsbescheides vom November 1998 durch Ereignisse im März 1999 in Bezug auf die Situation der albanischen Volksgruppe zugehöriger Personen aus dem Kosovo eine asylrelevante Sachverhaltsänderung ergeben hatte, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von den Asylbehörden von Amts wegen zu berücksichtigen war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/01/0329). Die daraus resultierende Frage nach der Bedeutung der abermaligen Lageänderung im Juni 1999 (vgl. zu dieser das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/01/0359) für die Zulässigkeit von Folgeanträgen zu Erstanträgen, deren Erledigung vor den Ereignissen im März 1999 erfolgt war, wurde im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/01/0440, dahingehend beantwortet, dass ein Wiederaufleben der Rechtskraft der Erledigung des Erstantrages durch die zweite Lageänderung mit der Folge der Unzulässigkeit des Zweitantrages in einem solchen Fall nicht anzunehmen sei. Aus den Gründen dieses zuletzt erwähnten Erkenntnisses, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ist der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsansicht - trotz des im vorliegenden Fall späteren, nämlich nach der neuerlichen Lageänderung liegenden Zeitpunktes der neuerlichen Antragstellung -

nicht zu folgen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
FAAAE-79231