VwGH vom 05.04.2011, 2010/16/0282

VwGH vom 05.04.2011, 2010/16/0282

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der V Gesellschaft mbH in L, vertreten durch die Anwaltssocietät Sattlegger Dorninger Steiner Partner, 4020 Linz, Harrachstraße 6, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom , Zlen. Jv 2670/09f-33, Jv 2671/09b-33, Jv 2672/09z-33, Jv 2732/09y- 33, Rev 109/09-111/09 u. 114/09, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom sicherte die Oberösterreichische Landesregierung der Beschwerdeführerin für die Errichtung von 14 Reihenhäusern und 14 Garagen ein Förderungsdarlehen in der Höhe von EUR 1.333.500,-- bei insgesamt geförderten Baukosten von EUR 2.439.000,-- zu. Dabei wurde von einer förderbaren tatsächlichen Nutzfläche für alle Reihenhäuser von insgesamt 1.359,55 m2 ausgegangen. In die Berechnung der Nutzflächen wurden jeweils das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss der Reihenhäuser einbezogen, was Werte zwischen 93,34 und 103,07 m2 ergab.

Im Zusammenhang mit diesem Bauvorhaben langte am beim Bezirksgericht Linz-Land (nunmehr Bezirksgericht Traun) ein Antrag der Bank X auf Einverleibung eines Pfandrechtes auf einer näher genannten Liegenschaft der Beschwerdeführerin für eine Darlehensforderung in der Höhe von EUR 983.100,-- samt Zinsen und Nebengebühren von insgesamt EUR 245.800,-- ein. Angemerkt wurde im Antrag, dass die Eintragung des Pfandrechtes gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 von den Gerichtsgebühren befreit sei.

Datiert mit übermittelte die Beschwerdeführerin an das Stadtamt L eine Anzeige der Baufertigstellung gemäß § 42 OÖ BauO, in der es unter anderem heißt:

"Mit da Bescheid vom ... wurde die Baubewilligung

für die Errichtung einer Wohnanlage, bestehend aus

14 Reihenhäusern mit Terrassen, und für die Errichtung von

Hauskanalanlagen ... erteilt.

Mit Mitteilungen

a) vom ... wurden Abweichungen bei den

14 Reihenhäusern mit Terrassen sowie die Errichtung von Garagen

(früher Carports) und

b) vom ... wurde die Vornahme baulicher Änderungen

bei den Reihenhäusern (Dachraumausbau: 'N-straße 74, 78, 80, 82, 84, 86, 88, 90, 94, 98'; Stiegenaufgang: 'N-straße 72, 76, 92') sowie ...

zur Kenntnis genommen.

Diese Baumaßnahmen sind inzwischen fertiggestellt."

Anlässlich einer "Beanstandung bei der Nachprüfung der Gebühren und Kosten" trug die Revisorin beim Landesgericht Linz am auf, für das genannte Pfandrecht die Einhebung der Eintragungsgebühr TP 9b Z 4 GGG in der Höhe von EUR 17.603,-- sowie eine Eingabegebühr gemäß TP 9b Z 1 GGG in der Höhe von EUR 39,--, somit insgesamt EUR 17.642,-- der Beschwerdeführerin zur Zahlung vorzuschreiben. Als Beisatz für den Zahlungspflichtigen sollte zusammengefasst angefügt werden, dass die jeweiligen Wohnnutzflächen der Reihenhäuser laut Einreichplan zwischen 141 und 175 m2 (Erdgeschoss, Obergeschoss, Dachgeschoss) betrügen, somit die Nutzflächengrenze für eine Gebührenbefreiung von 130 m2 überschritten worden sei.

Der genannte Betrag wurde der Beschwerdeführerin mit Zahlungsaufforderung vom vorgeschrieben.

In zwei Schreiben vom und vom an das Bezirksgericht Traun verwies die Beschwerdeführerin auf die ursprüngliche Planung aus dem Jahre 2001, nach der der Dachgeschossausbau nicht ausgeführt worden sei. Grundlage für die Wohnbauförderungseinreichung und die Nutzflächenberechnung sei die Ausführungsänderung aus dem Jahre 2003 gewesen. Es werde daher ersucht, das Dachgeschoss und den Keller nicht als Wohnnutzfläche zu werten.

Mit Zahlungsauftrag vom wurde - unter anderem - der Beschwerdeführerin aufgetragen, die Eintragungsgebühren in der Höhe von EUR 14.747,--, Eingabengebühren von EUR 39,--, einen Mehrbetrag gemäß § 31 GGG von EUR 19,50 und eine Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG von EUR 8,--, somit insgesamt EUR 14.813,50 zu bezahlen. Die Begründung für die Zahlungspflicht entsprach jener in der genannten Zahlungsaufforderung.

In dem dagegen eingebrachten Berichtigungsantrag verwies die Beschwerdeführerin auf die der Bewilligung der Wohnbauförderung zu Grunde liegenden Einreichunterlagen und darauf, dass das Dachgeschoss laut Einreichplan nicht für Wohnzwecke geeignet sei.

Mit Schreiben vom - unter anderem - an die Beschwerdeführerin teilte die Revisorin beim Landesgericht Linz zum Zahlungsauftrag vom mit, dass bei einer Nachprüfung festgestellt worden sei, dass bei sämtlichen in der Nstraße errichteten Reihenhäusern die Nutzflächengrenze von 130 m2 überschritten worden sei. Die jeweiligen Wohnnutzflächen laut Einreichplan lägen zwischen 141 und 175 m2. Es seien bei allen 14 Häusern die Dachgeschosse ausgebaut worden, wobei die Wohnnutzflächen nunmehr zwischen 141,07 und 175,47 m2 lägen. Diese Nutzflächen ergäben sich aus dem am bewilligten Änderungsplan. Die Anzeige der Baufertigstellung inklusive Dachraumausbauten vom sei am beim Stadtamt L eingelangt. Da somit innerhalb von fünf Jahren eine der ursprünglich vorgelegenen Befreiungsvoraussetzungen im Nachhinein weggefallen sei, seien die Gebühren nachzuerheben gewesen. Zur Feststellung der tatsächlichen Ausstattung der Dachbodenausbauten werde eine Frist von vier Wochen gesetzt, damit die Beschwerdeführerin Fotos der Dachgeschosse vorlegen könne, die die tatsächliche Ausstattung der Räumlichkeiten zeige. Bei Unterlassung der Vorlage der Unterlagen werde auf Grund der Aktenlage entschieden.

Eine Stellungnahme durch die Beschwerdeführerin erfolgte nicht.

Im Justizverwaltungsakt der belangten Behörde findet sich ein Aktenvermerk vom über ein Telefonat mit einem Mitarbeiter der Beschwerdeführerin, der mitteilte, "dass beim Haus Nr 13 (N-straße 96, L) das Dachgeschoss nicht ausgebaut wurde und fragt, ob die Möglichkeit eines 'Splittings' bestehe und die Eintragungsgebühr betreffend dieses Haus nicht anfallen würde."

Dies wurde seitens der belangten Behörde verneint.

Mit Schreiben vom teilte die Revisorin beim Landesgericht Linz unter anderem der Beschwerdeführerin mit, dass keine Fotos eingelangt seien und daher beabsichtigt sei, auf Grund der Aktenlage zu entscheiden und den Berichtigungsanträgen nicht stattzugeben. Eine Äußerung (die nicht erfolgte) könne binnen 5 Tagen eingebracht werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde unter anderem dem Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin nicht Folge gegeben.

In der Begründung gab die belangte Behörde das oben dargestellte Verwaltungsverfahren wieder und verwies auf die innerhalb der Fünfjahresfrist geänderten Verhältnisse, die zu einem Wegfall der Gebührenbefreiung führten. Trotz zweimal gegebener Möglichkeit habe sich die Beschwerdeführerin zur Frage der tatsächlichen Ausstattung der Dachbodenausbauten nicht geäußert, weshalb auf Grund der Aktenlage zu entscheiden gewesen sei.

Gegen den sie betreffenden Teil des Bescheides der belangten Behörde erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde; sie erachtet sich in ihrem Recht auf Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 WFG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verfahrensakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 53 Abs. 3 und 4 WFG haben folgenden Wortlaut:

"(3) Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, sind von den Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt.

(4) Für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach Abs. 3 ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem gemäß § 2 des Gerichtsgebührengesetzes die Gebührenpflicht begründet würde. Fällt aber eine dieser Voraussetzungen innerhalb von fünf Jahren ab diesem Zeitpunkt weg, so entfällt damit auch die Gebührenbefreiung nach Abs. 3."

Nach der Rechtsprechung sind unter anderem Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen. E contrario ergibt sich daraus, dass Keller- und Dachbodenräume, die für Wohn- oder Geschäftszwecke ihrer Ausstattung nach geeignet sind, in die Nutzflächenberechnung einzubeziehen sind (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2002/16/0085).

Unstrittig betrugen im Beschwerdefall die Wohnnutzflächen der Reihenhäuser zum Zeitpunkt der Begründung der Gebührenpflicht, also bei Vornahme der Eintragung des Pfandrechtes (§ 2 Z 4 GGG), jeweils unter 130 m2. Damit lagen damals die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Eintragungsgebühr vor. Der Berechnung lagen die Nutzflächen von Erdgeschoss und erstem Obergeschoss pro Haus zu Grunde.

Die belangte Behörde stützte die Gebührenvorschreibung auf einen nachträglichen Wegfall der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 4 WFG, weil sie davon ausging, dass innerhalb der Fünfjahresfrist auch die Dachgeschosse ausgebaut worden und den Wohnnutzflächen, die damit jeweils über 130 m2 betrügen, hinzuzuzählen seien. Läge die festgestellte Vergrößerung der Nutzflächen vor, träfe die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Gebühren seien nachzuerheben, zu.

Die Beschwerdeführerin rügt nun in der Beschwerde, dass die belangte Behörde keine Feststellungen über die tatsächliche Ausstattung der Dachbodenausbauten getroffen hat, weil nur diese und nicht die Baupläne für die Nutzflächenberechnung maßgeblich seien. Im Übrigen stünden die Häuser nicht mehr im Eigentum der Beschwerdeführerin, sodass die von der belangten Behörde geforderte Mitwirkung im Berichtigungsverfahren nicht möglich gewesen sei. Die Behörde treffe eine Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsfindung.

Nach ständiger Judikatur obliegt es der Partei, die eine Gebührenbefreiung geltend macht, die für das Vorliegen der Befreiung sprechenden Umstände selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels darzulegen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2008/16/0050). Die Behörde ist, wenn die Partei die erforderlichen Sachbehauptungen aufgestellt und damit entsprechende Beweise oder Bescheinigungsmittel angeboten bzw. geführt hat, von ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nicht völlig entbunden. Insbesondere in Fällen, in denen der Abgabepflichtige Behauptungen aufstellt, die durchaus der Wirklichkeit entsprechen können, bei denen aber die Abgabenbehörde die Auffassung vertritt, dass sie zu beweisen oder zumindest glaubhaft zu machen sind, ist es erforderlich, dass der Abgabepflichtig zur Beweisführung bzw. zur Glaubhaftmachung aufgefordert wird (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 98/16/0321).

Die belangte Behörde ist dieser Verpflichtung nachgekommen, indem sie die Beschwerdeführerin mit den Schreiben vom und vom aufgefordert hat, den - von der Beschwerdeführerin nicht einmal konkret vorgebrachten - Ausstattungszustand der Dachgeschosse zu dokumentieren. Die Beschwerdeführerin dagegen hat ihrer Verpflichtung, die für das Vorliegen der Befreiung sprechenden Umstände selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels darzulegen, nicht entsprochen.

Bleibt die Frage zu beantworten, ob die belangte Behörde auf Grund der ihr vorliegenden Tatsachengrundlagen von einer Nutzflächenerweiterung ausgehen durfte. Die Frage ist zu bejahen, weil ihr die Anzeige der Beschwerdeführerin über die Fertigstellung des Ausbaus der Dachgeschosse vorlag sowie die im Aktenvermerk vom festgehaltene Angabe des Mitarbeiters der Beschwerdeführerin, dass bei einem Haus das Dachgeschoss nicht ausgebaut worden sei und allenfalls Eintragungsgebühr - nur - für dieses Haus nicht anfalle würde. Auf dieser Grundlage und angesichts des Umstandes, dass nach dem genannten Aktenvermerk seitens der Beschwerdeführerin auch keine gegenteiligen Behauptungen aufgestellt wurden, konnte die belangte Behörde feststellen, dass nunmehr auch die Dachausbauten ihrer Ausstattung nach für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet, somit den Wohnnutzflächen zuzurechnen seien. Nach der dargestellten Rechtsprechung wäre es nämlich an der Beschwerdeführerin gelegen, die ihr konkret vorgehaltene begründete Annahme der belangten Behörde zu widerlegen. Mangels Beteiligung der Beschwerdeführerin am Berichtigungsverfahren und wegen des Fehlens gegenteiliger Anhaltspunkte für die Annahme, die Dachgeschosse seien nicht für Wohnzwecke geeignet, durfte die belangte Behörde davon ausgehen, dass sich die Dachbodenausbauten für Wohnzwecke eignen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am