VwGH vom 19.03.2008, 2008/15/0074
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und den Senatspräsidenten Mag. Heinzl, sowie die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Innsbruck, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , Zl. RV/0337-I/03 (mitbeteiligte Partei: L in I), betreffend Einkommensteuer 2001 (Arbeitnehmerveranlagung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag des beschwerdeführenden Finanzamtes auf Zuerkennung des Schriftsatzaufwandes wird abgewiesen.
Begründung
In einer Berufung gegen den im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung erlassenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 machte die mitbeteiligte Partei, eine AHS-Lehrerin, unter anderem Aufwendungen für eine Snowboardausrüstung (Board, Bindung, Schuhe) als Werbungskosten geltend. Sie betonte, dass sie sich ausdrücklich und nur auf Wunsch der Schule dazu bereit erklärt habe, die Snowboardausbildung zu absolvieren, da Snowboardlehrer für die Wintersportwoche dringend gebraucht worden seien und immer noch gebraucht würden. Die private Nutzung der Ausrüstung sei im Jahr 2001/2002 bei 0 % gelegen, inzwischen liege sie bei maximal 20 %. Trotzdem veranschlage sie nur 60 % für die "betriebliche" Nutzung.
In einer der Berufung beiliegenden Bestätigung des Schuldirektors wird ausgeführt, dass die mitbeteiligte Partei infolge dringenden Bedarfes an "SnowboardlehrerInnen" gebeten worden sei, die "SnowboardlehrerInnenausbildung" zu absolvieren. Sie habe sich dazu bereit erklärt und sei dann auch sofort im selben Schuljahr bei zwei Wintersportwochen als Snowboardlehrerin eingesetzt worden. Sie habe sich die gesamte Ausrüstung kaufen müssen und sei diesbezüglich von der Schule finanziell nicht unterstützt worden.
In einer Berufungsvorentscheidung verweigerte das Finanzamt die Anerkennung der diesbezüglichen Aufwendungen als Werbungskosten.
In dem als Berufung bezeichneten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Mitbeteiligte unter anderem aus, dass sie als Junglehrerin momentan nur Jahresverträge bekomme, weshalb sie in den letzten Jahren nicht nur die Schule, sondern auch den Arbeitsort habe wechseln müssen und dies wohl auch in einigen der folgenden Jahre der Fall sein werde. Da "SnowboardlehrerInnen" immer noch sehr selten an den Schulen seien, stelle diese Ausbildung für sie eine Zusatzqualifikation dar, die sehr wohl dafür entscheidend sein könne, ob sie in einer Schule eine Anstellung bekomme oder nicht.
Über Vorhalt der belangten Behörde legte die mitbeteiligte Partei dar, dass sie am 12. und sowie vom 16. bis Snowboardkurse besucht habe. Sie habe ihr Lehramtsstudium 1995 beendet. Zu dieser Zeit sei Snowboarden zwar schon "in" gewesen, eine entsprechende Ausbildung sei aber im Rahmen des Sportstudiums noch nicht angeboten worden. 1997, zur Zeit ihres Unterrichtspraktikums, seien Snowboardlehrer und Snowboardlehrerinnen schon sehr gefragt, aber selten gewesen. Da ihre Schule keine andere Möglichkeit gesehen habe, habe sie (mit Alpinski) in der damaligen Wintersportwoche die Snowboardgruppe übernehmen müssen. Dies sei zwischenzeitig nicht mehr erlaubt, es dürften nur mehr ausgebildete Snowboardlehrer oder Snowboardlehrerinnen Snowboardgruppen unterrichten. Wenn sie privat Interesse am Snowboarden gehabt hätte, wäre sie schon früher "eingestiegen", da sie es auch beruflich dringend hätte brauchen können. Privat bevorzuge sie aber Skifahren bzw. Tourengehen, weshalb sie gehofft habe, sie "käme ums Snowboardlernen" herum. Im Schuljahr 2001/02 hätten sich die Dinge insofern geändert, als der Direktor und ihre Kollegen dermaßen vehement an sie herangetreten seien, einen Snowboardkurs zu belegen, dass sie erkannt habe, dass sie um einen Kurs nicht herumkommen werde. Wie dringend sie als Snowboardlehrerin gebraucht worden sei, sei schon daran zu erkennen, dass sie (praktisch als Anfängerin) sofort nach der Ausbildung in zwei Wintersportwochen als Snowboardlehrerin eingesetzt worden sei. Sie betonte, dass sie keine Belege dafür habe, dass sie die Ausrüstung privat nicht nutze, sie hoffe aber, dass sie durch ihre Ausführungen habe glaubhaft machen können, dass sie nie ein privates Interesse am Snowboarden gehabt habe und auch weiterhin nicht habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge. Sie nahm unter Berücksichtigung einer Vorhaltsbeantwortung als erwiesen an, dass die mitbeteiligte Partei eine komplette Snowboardausrüstung neu erworben und gleich im Anschluss daran am pädagogischen Institut einen Snowboardkurs für Anfänger (vom "bis" ) sowie einen Akademielehrgang für Snowboardbegleiterinnen für Wintersportwochen (vom 16. Dezember bis absolviert habe. "Völlig nachvollziehbar und glaubwürdig" verweise die mitbeteiligte Partei darauf, dass sie diesen Sport bisher nie erlernt bzw. ausgeübt habe. Privat sei sie bisher nur Touren gegangen bzw. Alpinski gefahren. Die Notwendigkeit des Erlernens dieser neuen Sportart habe sich vielmehr auf Grund ihrer beruflichen Situation ergeben.
Nachdem "somit feststehe", dass die mitbeteiligte Partei "zumindest im Anschaffungsjahr - und nur dieses sei im Berufungsverfahren zu beurteilen -" die Snowboardausrüstung ausschließlich im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit, nämlich zur Absolvierung zweier berufsbedingter Kurse angeschafft und genutzt habe, sei der auf das Jahr 2001 entfallene Abschreibungsbetrag jedenfalls als Werbungskosten anzuerkennen. Selbst wenn die Beschwerdeführerin in den letzten Tagen des Jahres 2001 diese Ausrüstung noch privat genutzt haben sollte, könne davon ausgegangen werden, dass dies zur Vertiefung des bisher Erlernten gedient habe, sodass das Aufteilungsverbot nicht Platz greife bzw. schon allein auf Grund der berufsbedingten Kurse die nahezu ausschließliche berufliche Nutzung gegeben sei. Vor dem Hintergrund einer Nutzungsdauer von vier Jahren sei eine Halbjahres-AfA anzuerkennen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen vom Finanzamt gemäß § 292 BAO in der Fassung des Abgabenrechtsmittelreformgesetzes erhobene Beschwerde erwogen:
Es entspricht ständiger hg Rechtsprechung, dass Aufwendungen für die Freizeitgestaltung, wie zB für Sportgeräte, die sowohl beruflich als auch privat genutzt werden können, unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit a EStG 1988 fallen. Ein diesem Grundsatz allenfalls entgegenstehender Nachweis, dass ein Sportgerät (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt wird, ist vom Abgabepflichtigen zu erbringen, weil derjenige, der typische Aufwendungen der privaten Lebensführung als Werbungskosten geltend macht, von sich aus nachzuweisen hat, dass diese Aufwendungen entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung (nahezu) ausschließlich die berufliche Sphäre betreffen (vgl. das hg Erkenntnis vom , 94/15/0196).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde in Bezug auf die von der mitbeteiligten Partei erworbene Sportausrüstung als erwiesen angenommen, dass die mitbeteiligte Partei diese im Dezember 2001 ausschließlich im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit, nämlich zur Absolvierung zweier berufsbedingter Kurse angeschafft und genutzt habe. Die der (beruflich notwendigen) Erlernung der Sportart dienenden Kurse seien zeitnah zur Anschaffung der Ausrüstung absolviert worden und es könne davon ausgegangen werden, dass selbst für den Fall, dass die Ausrüstung "in den letzten Tagen des Jahres 2001 noch privat" genutzt worden sein sollte, dies der "Vertiefung des Erlernten" gedient habe.
Nun hat die mitbeteiligte Partei in ihrer Berufung eine private Nutzung der Ausrüstung durchaus zugestanden ("die private Nutzung der Ausrüstung lag im Jahr 2001/02 bei 0 %, inzwischen bei maximal 20 %. Trotzdem veranschlage ich nur 60 % für die betriebliche Nutzung.") Hinweise dafür, dass eine Widmung für diese Verwendungen nicht von vornherein bestanden hätte, liegen nicht vor. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes muss aber die Anschaffung der Ausrüstung auch schon im Streitjahr als entsprechend privat mitveranlasst gelten, weil die im Streitjahr absolvierten Kurse zur Erlernung der insoweit auch privat ausgeübten Sportart von der privaten Veranlassung mitbetroffen sind.
Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob die mitbeteiligte Partei die Ausrüstung "in den letzten Tagen des Jahres 2001" noch privat oder beruflich (oder auch gar nicht) genutzt hat.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die beantragten Kosten waren gemäß § 47 Abs. 4 VwGG nicht zuzusprechen.
Wien, am