zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 21.01.2015, 2013/04/0127

VwGH vom 21.01.2015, 2013/04/0127

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2013/04/0128

2013/04/0131

2013/04/0130

2013/04/0129

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde der L GmbH in G, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Steiermark jeweils vom , 1. GZ ABT12-WT-GE.02-102/2013-16 (protokolliert zur hg. Zl. 2013/04/0127), 2. GZ ABT12-WT-GE.02-103/2013-15 (protokolliert zur hg. Zl. 2013/04/0128), 3. GZ ABT12-WT-GE.02- 104/2013-15 (protokolliert zur hg. Zl. 2013/04/0129), 4. GZ ABT12- WT-GE.02-105/2013-15 (protokolliert zur hg. Zl. 2013/04/0130) und

5. GZ ABT12-WT-GE.02-106/2013-15 (protokolliert zur hg. Zl. 2013/04/0131), jeweils betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 6.732,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit mehreren "Entfernungsaufträgen" der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (im Folgenden: BH) vom 2. bzw. wurde die Beschwerdeführerin als Inhaberin der Gewerbe "Vermietung von Tretbooten", "Gastgewerbe, in der Betriebsart 'Gasthaus'", "Gastgewerbe, in der Betriebsart 'Bar'", "Gastgewerbe, in der Betriebsart 'Buffet'" sowie "Garagierungsgewerbe" aufgefordert, den handelsrechtlichen Geschäftsführer L binnen zwei Monaten aus ihrem maßgeblichen Einflussbereich zu entfernen, widrigenfalls ein Gewerbeentziehungsverfahren eingeleitet werde. Diese auf § 91 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) gestützten Aufforderungen begründete die BH damit, dass gegen L "Verwaltungsstrafen (Glücksspielgesetz, ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Ausländerbeschäftigungsgesetz, Veranstaltungsgesetz, Gewerbeordnung)" aufschienen.

Seitens der Wirtschaftskammer Steiermark sowie der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark wurde dazu jeweils eine Stellungnahme abgegeben. Auch die Beschwerdeführerin erstattete eine Stellungnahme (in der sie den Widerruf der Entfernungsaufträge beantragte), kam den Aufträgen aber nicht nach. Im April 2012 wurde die Beschwerdeführerin von der Einleitung der Gewerbeentziehungsverfahren informiert, worauf diese neuerlich eine Stellungnahme erstattete.

2. Mit (im Wesentlichen inhaltsgleichen) Bescheiden der BH vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 jeweils die Berechtigung zur Ausübung der oben genannten Gewerbe entzogen. Die BH verwies auf acht - gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ergangene - Straferkenntnisse bzw. Strafverfügungen aus dem Zeitraum November 2007 bis Jänner 2012. Da der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin - insbesondere auf Grund der Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) - den Tatbestand des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 (schwerwiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen) erfülle und die Beschwerdeführerin der Aufforderung zur Entfernung des L aus ihrem maßgeblichen Einflussbereich nicht nachgekommen sei, lägen die Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigungen vor.

3. Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Mit Schreiben vom forderte der Landeshauptmann von Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde) die Beschwerdeführerin auf, L binnen vier Wochen aus der Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu entfernen. In diesem Schreiben verwies die belangte Behörde auf insgesamt 16 gegen L ergangene Straferkenntnisse bzw. Strafverfügungen (davon 15 rechtskräftig) aus dem Zeitraum Juli 2008 bis Mai 2013. Die zugrunde liegenden (jeweils näher dargestellten) Verwaltungsübertretungen betrafen Verstöße gegen das Kraftfahrgesetz (KFG), das Steiermärkische Landes-Sicherheitsgesetz, das AuslBG, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), das ASVG, das Steiermärkische Veranstaltungsgesetz sowie die GewO 1994.

Die Beschwerdeführerin erstattete dazu eine Stellungnahme, in der sie zum einen das unklare Verhältnis dieser Aufforderung zu den erstinstanzlichen Entziehungsbescheiden ansprach und zum anderen darauf hinwies, dass diese Aufforderung auf Verwaltungsübertretungen Bezug nehmen würde, die bislang nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen seien. Weiters beantragte die Beschwerdeführerin Akteneinsicht sowie Fristerstreckung.

4. Mit den nunmehr angefochtenen - wiederum im Wesentlichen inhaltsgleichen - Bescheiden vom gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte die erstinstanzlichen Bescheide vollinhaltlich.

Die belangte Behörde gab zunächst den jeweiligen Spruch des erstinstanzlichen Bescheides und den Inhalt der dagegen erhobenen Berufung wieder. Anschließend stellte sie die gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin verhängten Verwaltungsstrafen bzw. die jeweils zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen dar und verwies auf ihr "Aufforderungsschreiben" vom .

Im Zusammenhang mit dem Entziehungstatbestand nach § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 hielt die belangte Behörde fest, es sei nicht relevant, ob L die Tathandlungen (teilweise) bei Ausübung anderer Gewerbe begangen habe, weil die übertretenen Rechtsvorschriften auch bei Ausübung der hier gegenständlichen Gewerbe zu beachten seien. Insbesondere im Hinblick auf die dargestellten Übertretungen nach dem ASchG, dem ASVG und dem AuslBG erachtete die belangte Behörde das Vorliegen schwerwiegender Verstöße (iSd § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994) als gegeben. Da die Beschwerdeführerin dem gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 erteilten Auftrag, L als handelsrechtlichen Geschäftsführer zu entfernen, nicht nachgekommen sei, seien die genannten Gewerbeberechtigungen zu entziehen gewesen.

5. Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass die mit Schreiben der belangten Behörde vom ergangene Aufforderung als "gänzlich neuer Entfernungsauftrag" zu werten und somit ein neues Entfernungsverfahren in Gang gesetzt worden sei. Aus diesem Umstand leitet die Beschwerdeführerin ab, auch die belangte Behörde sei davon ausgegangen, dass die von der erstinstanzlichen BH ins Treffen geführten Verwaltungsübertretungen eine Gewerbeentziehung nicht hätten rechtfertigen können. Die von der belangten Behörde vorgeschriebene Frist von "nur" vier Wochen sei aber erheblich zu kurz bemessen, zumal innerhalb von vier Wochen eine Auswechslung eines Geschäftsführers nicht erfolgen könne. Zudem moniert die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe über ihren Antrag auf Fristerstreckung und Akteneinsicht nicht abgesprochen. Hätte die belangte Behörde eine längere (bzw. verlängerte) Frist eingeräumt, dann hätte die Beschwerdeführerin die gegenständlichen Gewerbe (vor Fristablauf) abmelden bzw. inhaltlich auf die (mit Schreiben vom ) erstmalig angeführten Verwaltungsstrafen eingehen können.

Weiters rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe es verabsäumt darzulegen, welche der Übertretungen einen schwerwiegenden Verstoß darstellen würden. So sei bei den im Jahr 2012 vorgehaltenen Verwaltungsübertretungen jeweils mit der Mindeststrafe (oder einer darunter liegenden Strafe) das Auslangen gefunden worden, weshalb es sich nicht um schwerwiegende Verstöße handle. Da keine schwerwiegenden Verstöße im Zusammenhang mit den betreffenden Gewerben gegeben seien, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, ein Persönlichkeitsbild des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin zu erstellen.

6. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Darin führt sie aus, dass sie - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - auch die im Vorhalt der BH aufgezählten Verstöße als ausreichend für eine Gewerbeentziehung angesehen habe. Zudem bestehe im Berufungsverfahren nach dem AVG kein Neuerungsverbot. Zum Antrag der Beschwerdeführerin auf Akteneinsicht und Fristerstreckung hält die belangte Behörde fest, dass der Vertreter der Beschwerdeführerin (am ) bei der belangten Behörde persönlich vorstellig geworden sei, aber weder Einsicht in die Akten genommen noch eine neuerliche Fristerstreckung beantragt habe. Im Hinblick auf die Bescheiderlassung am könne nicht von einer unangemessenen Frist gesprochen werden. Die belangte Behörde führt erneut aus, dass die vom handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin begangenen Verwaltungsübertretungen geeignet seien, Zweifel an seiner Zuverlässigkeit zu begründen.

7. Die Beschwerdeführerin erstattete dazu eine Replik, in der sie - erneut - die Angemessenheit der Fristsetzung durch die belangte Behörde bestritt und die lange Zeitspanne seit der Begehung der Verwaltungsübertretungen durch L ins Treffen führte. Zudem wies sie darauf hin, dass das gegen L wegen Verstoß gegen das AuslBG im Jahr 2013 geführte Verwaltungsstrafverfahren, das von der belangten Behörde als noch nicht rechtskräftige Bestrafung zur Begründung herangezogen worden war, nunmehr gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt worden sei.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Da es sich vorliegend nicht um einen Übergangsfall nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, handelt, sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

2. Die relevanten Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 125/2013, lauten auszugsweise wie folgt:

" § 87. (1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn

...

3. der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße

gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt oder

...

Schutzinteressen gemäß Z 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art. III Abs. 1 Z 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 - EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008)."

" § 91. (1) Beziehen sich die im § 87 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 oder im § 88 Abs. 1 genannten Entziehungsgründe auf die Person des Geschäftsführers oder Filialgeschäftsführers, so hat die Behörde (§ 361) die Bestellung des Geschäftsführers oder Filialgeschäftsführers für die Ausübung des Gewerbes zu widerrufen. In diesen Fällen gilt § 9 Abs. 2 nicht.

(2) Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft und beziehen sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde (§ 361) dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen."

" k) Verfahren bei Entziehung der Gewerbeberechtigung

§ 361. (1) Zur Entziehung der Gewerbeberechtigung (§§ 87 und 88), zu Feststellungen gemäß § 90 und zu Maßnahmen gemäß § 91 Abs. 1, soweit sich die Entziehungsgründe auf die Person des Geschäftsführers beziehen, und gemäß § 91 Abs. 2 ist die Bezirksverwaltungsbehörde berufen. Zu Maßnahmen gemäß § 91 Abs. 1, soweit sich die Entziehungsgründe auf die Person des Filialgeschäftsführers beziehen, ist die für die weitere Betriebsstätte jeweils zuständige Behörde berufen.

(2) Vor der Entziehung der Gewerbeberechtigung oder von Maßnahmen gemäß § 91 ist die zuständige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft und, wenn Arbeitnehmer im Betriebe beschäftigt sind, auch die zuständige Kammer zu hören. Dies gilt nicht im Fall einer Maßnahme gemäß § 91 Abs. 2 wegen rechtskräftiger Nichteröffnung oder Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens.

..."

3. Die Beschwerdeführerin führt u.a. ins Treffen, dass das Schreiben der belangten Behörde vom als "gänzlich neuer Entfernungsauftrag" zu werten und damit ein neues "Entfernungsverfahren" in Gang gesetzt worden sei. Dazu ist Folgendes auszuführen.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in einer Vielzahl von Erkenntnissen mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 auseinandergesetzt und dabei Folgendes festgehalten:

Die in § 91 Abs. 2 GewO 1994 geregelte Entziehung der Gewerbeberechtigung stellt eine Sanktion für die Nichtentfernung dar; Änderungen im maßgebenden Sachverhalt nach Ablauf der dem Gewerbetreibenden gesetzten behördlichen Frist sind unbeachtlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/04/0197, mwN). Die Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat der Gewerbeentziehung nach dieser Gesetzesstelle voranzugehen und stellt insofern eine Voraussetzung für diese dar. Diese Aufforderung ist mangels eines rechtserzeugenden oder rechtsfeststellenden Inhalts kein Bescheid. Dem Rechtsschutzbedürfnis dessen, dem bei nicht fristgerechter Befolgung der Aufforderung die Gewerbeberechtigung entzogen wird, ist jedoch Rechnung getragen, wenn er die Rechtmäßigkeit der Aufforderung, also auch die dafür bestimmenden Gründe, im sodann folgenden Entziehungsverfahren geltend machen sowie den (allenfalls) ergangenen Entziehungsbescheid (auch) aus diesen Gründen im Rechtsmittelweg bekämpfen kann. Aus dem akzessorischen Charakter einer Entziehung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 folgt aber auch, dass diese nicht auf einen Entziehungstatbestand gegründet werden darf, der nicht Gegenstand der vorausgegangenen Aufforderung war (siehe das hg. Erkenntnis vom , 2008/04/0213, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , 94/04/0221).

Durch die Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 wird die Sache des Entziehungsverfahrens festgelegt, welche auch die in dieser Aufforderung angeführten für die Entfernung der genannten natürlichen Person bestimmenden Gründe umfasst (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/04/0013, mwN).

Es steht der Berufungsbehörde daher nicht zu, nach der Aufforderung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 die Gründe, aus denen die Entfernung einer Person mit maßgebendem Einfluss für erforderlich erachtet wurde, auszutauschen. Dies würde nämlich, weil nur die im Entziehungsbescheid genannten Gründe überprüfbar sind, dazu führen, dass die nicht gesondert anfechtbare Aufforderung und vor allem die dafür bestimmend gewesenen Gründe keiner rechtlichen Kontrolle unterlägen, was dem Rechtsschutzbedürfnis des Gewerbetreibenden zuwider liefe (vgl. wiederum das bereits zitierte Erkenntnis 2008/04/0213).

5. Im vorliegenden Fall hat die erstinstanzliche Behörde die Beschwerdeführerin unter Verweis auf mehrere (nicht näher spezifizierte) Verwaltungsstrafen mit Schreiben vom Februar 2012 aufgefordert, den handelsrechtlichen Geschäftsführer L aus ihrem maßgeblichen Einflussbereich zu entfernen und - gestützt auf die Nichterfüllung dieses Auftrags - der Beschwerdeführerin die besagten fünf Gewerbeberechtigungen entzogen. Damit ist die Sache des gegenständlichen Verfahrens festgelegt. Die belangte Behörde hat der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben, begründete dies aber mit der Nichterfüllung eines von ihr - nach Erhebung der Berufung - erteilten, neuerlichen (inhaltlich abweichenden) Auftrags zur Entfernung des L. Auch für das Vorliegen des Entziehungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 stützte sich die belangte Behörde auf die von ihr der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom vorgehaltenen Verwaltungsübertretungen des L und nicht erkennbar nur auf die von der erstinstanzlichen Behörde zugrunde gelegten Verwaltungsstrafen. Die mit Aufforderungsschreiben der BH vom Februar 2012 als Grundlage für die erstinstanzliche Entziehung der Gewerbeberechtigungen festgelegten Verwaltungsübertretungen des L wurden auch nicht gesondert dargestellt.

Mit diesem Vorgehen hat die belangte Behörde die Sache des bei ihr anhängigen Berufungsverfahrens überschritten. Auch wenn sie die Entziehung der Gewerbeberechtigungen (anders als etwa im dem Erkenntnis vom , 96/04/0083, zugrunde liegenden Fall) nicht auf einen von der erstinstanzlichen Entscheidung abweichenden Entziehungstatbestand gestützt hat, so hat sie ihrer Entscheidung nicht den von der erstinstanzlichen Behörde erteilten Auftrag zur Entfernung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 zugrunde gelegt, sondern eine davon abweichende (von ihr selbst erlassene) Aufforderung. Da die Sache des Entziehungsverfahrens aber - wie oben dargestellt - durch die der erstinstanzlichen Entscheidung vorausgegangene Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 und die darin angeführten, für die Entfernung der genannten natürlichen Person bestimmenden Gründe festgelegt wird, wurden dadurch die Grenzen der Sache nicht beachtet.

Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vorbringt, im Berufungsverfahren nach dem AVG bestehe kein Neuerungsverbot, verkennt sie, dass die reformatorische Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ihre Grenze durch die "Sache" findet.

6. Da die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastete, waren die Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG (insbesondere § 52 Abs. 1 VwGG) in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am