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VwGH vom 11.09.2013, 2013/04/0110

VwGH vom 11.09.2013, 2013/04/0110

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Zirm, über die Beschwerde des DI Dr. X in Wien, vertreten durch Dr. Engelhart Partner Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Esteplatz 4, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. 386639-2013, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach den Angaben in der Beschwerde, die mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid übereinstimmen, brachte der Beschwerdeführer mit einem an den Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7. Bezirk, als Gewerbebehörde gerichteten Schreiben vom vor, er wohne seit dem Jahr 2000 in unmittelbarer Nähe des Wiener Naschmarktes, sei jedoch in den Genehmigungsverfahren der zahlreich neu errichteten Gastronomiebetriebe nie als Nachbar gehört worden. Die bereits vorhandenen Belästigungen durch die bestehenden Betriebe würden sich durch die absehbare Errichtung weiterer Betriebe sicher verstärken, weshalb er darauf Wert lege, im Genehmigungsverfahren die Projektunterlagen einzusehen und allfällige Einwendungen erheben zu können. Da er nunmehr seine Betroffenheit als Nachbar bekannt gegeben habe, sei die in § 356 Abs. 1 bzw. § 359 Abs. 1 GewO 1994 genannte Zweckmäßigkeit seiner persönlichen Verständigung offensichtlich. Er ersuche daher, die vorliegende Bekanntgabe in Evidenz zu nehmen.

Nach einem (telefonisch hergestellten) Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer wurde diese Eingabe an die Magistratsabteilung 59 - Marktamt zur Behandlung weitergeleitet.

Am richtete der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 59, an den Beschwerdeführer folgendes Schreiben:

"Sehr geehrter Herr Arch. DI Dr. X!

Die Errichtung oder der Umbau eines Marktstandes auf einem der Wiener Märkte bedarf einer sogenannten 'marktbehördlichen Bewilligung'. Dieses Verfahren entspricht einem vereinfachten Betriebsanlagenverfahren und ist in der Wiener Marktordnung geregelt. Anrainer haben hierbei keine Parteistellung. Im Rahmen eines eventuell notwendigen Lokalaugenscheines wird die örtlich zuständige Bezirksvertretung eingeladen, welche die Bedürfnisse der Bürger des Bezirkes einbringt.

Sollten Belästigungen durch Marktparteien auftreten, ersuche ich Sie mit der Marktamtsabteilung für den 4.-6. Bezirk Kontakt aufzunehmen (6., Naschmarkt, Amtsgebäude ggü. U4-Station 'Kettenbrückengasse', Tel. 4000/05430).

Mit freundlichen Grüßen

…"

Die gegen diese Erledigung erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde zunächst zu ihrer Zuständigkeit aus, das marktbezogene Anlagenrecht sei gemäß § 337 Abs. 1 GewO 1994 im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehen. Für Berufungen gegen Erledigungen des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 59, als Marktbehörde sei daher der Berufungssenat der Stadt Wien zuständig.

Im Folgenden verneinte die belangte Behörde die Zulässigkeit der erhobenen Berufung, weil sie sich gegen eine behördliche Mitteilung ohne Bescheidcharakter richte. Die gegenständliche Erledigung umfasse eine Information über die fehlende Parteistellung von Anrainern im Bewilligungsverfahren nach der Wiener Marktordnung und über die Art der hier möglichen Berücksichtigung von Bürgerinteressen sowie die Bekanntgabe einer Anlaufstelle für den Fall des Auftretens von Belästigungen. Dass diese Ausführungen keinen normativen Abspruch über ein Rechtsverhältnis darstellen oder beinhalten können, ergebe sich bereits daraus, dass sie - ebenso wie das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Ansuchen - auf kein konkretes Verfahren Bezug nehmen würden. Sowohl im Wortlaut der Formulierung "Anrainer haben hierbei keine Parteistellung" als auch in ihrem Zusammenhang mit dem übrigen Text der Erledigung und dem vorangehenden Ansuchen komme klar zum Ausdruck, dass die Behörde keine bindende Feststellung über eine individuelle, konkrete Rechtsposition des Beschwerdeführers getroffen habe, sondern diesem lediglich eine - auf Anrainer und marktbehördliche Bewilligungen schlechthin bezogene - grundsätzliche Rechtsauskunft erteilt worden sei. Zusammenfassend sei das angefochtene Schreiben sowohl aufgrund seines formalen Erscheinungsbildes als auch aufgrund seines Inhaltes eindeutig nicht als Bescheid zu qualifizieren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass das Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom über eine beliebige Behördeninformation hinausgehe. Es werde damit "unausgesprochen … auch die Intention (seines) Anbringens abgelehnt, als künftig persönlich zu verständigender Nachbar in Evidenz genommen zu werden". Im Übrigen sei die belangte Behörde unzuständig gewesen, weil Entscheidungen erster Instanz in Verfahren betreffend Betriebsanlagen unmittelbar beim unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden könnten. Ein solches Verfahren liege auch der Berufung des Beschwerdeführers zugrunde. Sowohl im Anbringen vom als auch in der Berufung habe der Beschwerdeführer sich um die Wahrung seiner Rechtsstellung als Nachbar in Angelegenheiten von Betriebsanlagen bemüht. Das Berufungsverfahren sei somit eines "betreffend Betriebsanlagen" iSd § 359b GewO 1994 gewesen.

2. Der Beschwerdeführer gesteht zu, dass seine Eingabe vom mit seinem Einverständnis dem Marktamt des Magistrates der Stadt Wien zur Erledigung übermittelt worden ist. Das Marktamt verfasste und übersandte dem Beschwerdeführer auch das in Berufung gezogene Schreiben vom . Ausgehend davon richtet sich der Instanzenzug gegen diese Erledigung - ungeachtet des gegenteiligen Rechtsstandpunktes des Beschwerdeführers - nach den marktrechtlichen Vorschriften, die im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde vollzogen werden (vgl. § 337 Abs. 1 iVm § 286 GewO 1994), sodass die belangte Behörde dafür zuständig war, über die vorliegende Berufung zu entscheiden (vgl. § 48a der Wiener Stadtverfassung).

3. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung, ob eine behördliche Erledigung einen Bescheid darstellt, auf die objektiven Merkmale eines Bescheides an. Das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung einer behördlichen Erledigung als Bescheid allein schließt noch nicht das Vorliegen eines rechtsverbindlichen Abspruches mit Bescheidcharakter aus. An eine nicht als Bescheid bezeichnete behördliche Erledigung muss aber hinsichtlich ihrer Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden. Die Annahme des Bescheidcharakters einer solchen Erledigung erfordert, dass nach ihrem Inhalt der normative Charakter und die Absicht der Behörde, in der Sache verbindlich abzusprechen, eindeutig und für jedermann erkennbar sind. Bringt die sprachliche Gestaltung einen normativen Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, liegt kein Bescheid vor. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/08/0299, mwN).

Im vorliegenden Fall bezog sich der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom auf kein bestimmtes Genehmigungsverfahren und stellte keinen konkreten Antrag, sondern ersuchte in allgemeiner Art und Weise, in künftigen Genehmigungsverfahren als Partei beigezogen zu werden. Schon deshalb konnte er bei objektiver Betrachtung gar nicht davon ausgehen, von der Behörde einen Bescheid zu erhalten, mit dem über ein von ihm gestelltes Ansuchen normativ abgesprochen werden würde.

Weder die äußere Form des behördlichen Schreibens vom noch dessen Inhalt lassen im Übrigen den Schluss zu, das Marktamt hätte damit bescheidmäßig über das Anliegen des Beschwerdeführers (künftig als Partei beigezogen zu werden) entschieden. Es handelt sich vielmehr um eine - auf kein konkretes Verfahren bezogene - behördliche Rechtsauskunft, der es an einem normativen Inhalt mangelt.

Da sich die Berufung des Beschwerdeführers somit gegen eine Erledigung richtete, die nicht als Bescheid anzusehen war, wurde das Rechtsmittel von der belangten Behörde zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am