VwGH vom 15.12.2014, 2013/04/0108

VwGH vom 15.12.2014, 2013/04/0108

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der T GmbH in I, vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in 1220 Wien, ARES Tower, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid der Regulierungskommission der Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control) vom , Zl. R REM G 03/12, betreffend Feststellung der Kosten nach § 69 Abs. 1 GWG 2011 (weitere Partei: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde durch die Regulierungskommission der Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control; im Folgenden: belangte Behörde) auf Grundlage des § 9 Abs. 2 Energie-Control-Gesetz, BGBl. I Nr. 110/2010 idF BGBl. I Nr. 107/2011 (E-ControlG), iVm §§ 69 und 79 Gaswirtschaftsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 107 idF BGBl. II Nr. 474/2012 (GWG 2011), über Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Vorstands der E-Control vom im Instanzenzug Folgendes festgestellt:

Als Zielvorgabe gemäß § 69 Abs. 1 iVm § 79 Abs. 2 und 3 GWG 2011 wurde ein Einsparungspotenzial von jeweils 5,06 % pro Jahr bis festgestellt (Spruchpunkt I.1.).

Die den Entgelten zugrunde liegenden Kosten wurden gemäß § 69 Abs. 1 iVm § 79 Abs. 1 GWG 2011 wie folgt festgestellt (Spruchpunkt I.2.):


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i.
Netzebene 1:
TEUR
0,0
ii.
Netzebene 2:
TEUR
9.073,8
iii.
Netzebene 3:
TEUR
29.881,9

Weiters wurde das der Entgeltermittlung für die Netznutzung zu Grunde zu legende Mengengerüst in Form einer Tabelle näher festgestellt (Spruchpunkt I. iVm Spruchpunkt I.3. des erstinstanzlichen Bescheides).

Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurden die über diese Feststellungen hinausgehenden Anträge der Beschwerdeführerin abgewiesen.

2. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe gegen den Bescheid des Vorstands der E-Control vom fristgerecht Beschwerde bei der belangten Behörde erhoben.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Beschwerde (unter anderem) den Antrag gestellt, die den Entgelten zugrundeliegenden Kosten (Summe der Netzkosten 2013 - Basistarifierung) abzuändern. So seien die Kosten für den Bauabschnitt 2 der "Bleitung" bzw. des "Interconnect T"("Interconnect") in Form der Absetzung für Abnutzung (AfA) und eines näher bezeichneten Buchwertes nicht anerkannt worden. Die Beschwerdeführerin beantrage, die Kosten der Bleitung in ihrer tatsächlich angefallenen Höhe uneingeschränkt anzuerkennen. Auch wären nach Auffassung der Beschwerdeführerin die Investitionskosten im Zusammenhang mit der Nachrüstung der Fernmeldeanlage jedenfalls als Investition in "Rohrleitungen" anzuerkennen gewesen.

Zur Anerkennung der Kosten für die Bleitung führte die belangte Behörde zunächst aus, die Bleitung sei als Transitleitung geplant, dimensioniert und teilweise bereits gebaut worden. Sie sei jedoch weder als Transport-/Fernleitung beantragt noch als solche betrieben worden, sondern werde vielmehr als Verteilerleitung betrieben. Die Europäische Kommission habe das Projekt "Interconnect" in das TEN-Förderungsprogramm aufgenommen. Diese Aufnahme sei jedoch als Nachweis der Wirtschaftlichkeit nicht geeignet, weil detaillierte Informationen betreffend Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit des Projektes erst nach Beantragung der Förderung vorgelegen seien.

Sodann hielt die belangte Behörde zur Anerkennung der Kosten für die Bleitung zusammenfassend fest:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
"Die Bleitung wurde als Transitleitung geplant, dimensioniert und teilweise bereits gebaut.
-
Da die Wirtschaftlichkeit einer rein regionalen Stichleitung nicht gegeben ist, ist deren Errichtung nur in Verbindung mit einer Transitleitung zu rechtfertigen. Das auslösende Moment der Errichtung stellt vordergründig nicht die Versorgung dar, sondern der Transit. Unter dieser Prämisse ist auch die anteilige Zurechnung von Kosten der Transitleitung im Versorgungsnetz gerechtfertigt und ist der Anerkennung von Opportunitätskosten für eine regionale Stichleitung eine Absage zu erteilen.
-
Bei einer beabsichtigten gemeinsamen Nutzung der Leitung für Transit und Versorgung - wobei die Kapazitäten für eine regionale Versorgung nur einen marginalen Anteil an der Gesamtkapazität darstellen - sind darüber hinaus die Kosten möglichst verursachungsgerecht auf die österreichischen Endkunden als auch den Transit zu verteilen. Dabei sind nur die anteiligen Kosten einer regionalen Versorgung den regionalen Nutzern zuzurechnen.
-
Die Anerkennung von Kosten basiert in der Folge - auch um einer etwaigen unternehmerischen, langfristigen Betrachtung Rechnung zu tragen - auf dem Anteil der Kapazitäten an der Gesamtkapazität der Bleitung (laut Beschwerdeführerin beträgt die maximale Transportkapazität der Bleitung 140.000 m3/h), die potentiell für eine regionale Versorgung benötigt werden (basierend auf der maximalen Transportkapazität, die von der Beschwerdeführerin für eine regionale Stichleitung angegeben wurde (10.000 m3/h)).
-
Daraus ergibt sich eine Anerkennung von 7,1 % des Buchwertes des Bauabschnitts 2 der Bleitung und in der Folge auch der Absetzung für Abnutzung (10.000 m3/h in Bezug auf 140.000 m3/h ergeben dabei 7,1 %). Die zweitinstanzliche Behörde teilt somit die Kostenberücksichtigung der erstinstanzlichen Behörde.
-
Etwaigen Beschwerdepunkten der Beschwerdeführerin hinsichtlich mangelnder Planungssicherheit und Investitionsrisiken kann die zweitinstanzliche Behörde aus den im voranstehenden Kapitel dargelegten Ausführungen nicht folgen, insbesondere auch vor folgendem Hintergrund:
? Bereits vor Erstellung bzw. Fertigstellung einer Machbarkeitsstudie (sowie etwaiger Bedarfserhebungen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen), für welche auch eine Förderung der Europäischen Kommission beantragt und bewilligt wurden, wurden Investitionen getätigt
? Es wurde keine vertragliche Vereinbarung mit beiden Partnern über die verpflichtende Durchführung und den Bau des Projektes, auf deren Notwendigkeit im Durchführungsbericht hingewiesen wurde, geschlossen
Allenfalls
positive Effekte einer fertig gestellten B-Transitleitung auf die Versorgungssicherheit werden durch diese Vorgehensweise nicht in Abrede gestellt."
Sodann führte die belangte Behörde soweit vorliegend wesentlich aus, die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Investitionskosten im Zusammenhang mit der Nachrüstung der Fernmeldeanlage würden nicht bei der Ermittlung des Investitionsfaktors berücksichtigt, da es sich dabei weder um eine Rohrleitung, eine Gasdruckregelanlage noch Messgeräte handle. Eine Einschränkung von Investitionen, die für die Ermittlung des Investitionsfaktors anerkannt würden, sei sachlich gerechtfertigt, weil es sich beim Investitionsfaktor um eine einheitliche für alle Gasnetzbetreiber angewendete, zusätzliche Förderung von Investitionen handle, bei der ein Gleichgewicht zwischen der Förderung unternehmerischer Investitionen und Kostenbelastung der Kunden angestrebt werde und das sogenannte "golden plating" vermieden werden solle. Bei der Anerkennung von Investitionskosten als Ausbauinvestitionen bei der Ermittlung des Investitionsfaktors sehe die belangte Behörde eine Begrenzung vor, insbesondere weil durch die Anreizregulierung bereits Investitionen berücksichtigt würden. Dabei solle verhindert werden, dass eine mehrfache Abgeltung der Investitionskosten durch die Netzkunden erfolge.
3.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Die Beschwerdeführerin erstattete hiezu eine Replik.
Das Bundesverwaltungsgericht (das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getreten ist) übermittelte eine Duplik.
II.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.
Vorbringen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten

"auf Entscheidung durch eine nationale Regulierungsbehörde, welche den Anforderungen des Art 39 Abs 4 ErdgasbinnenmarktRL 2009/73/EG entspricht, dh gemäß Art 39 Abs 4 lit a ErdgasbinnenmarktRL 2009/73/EG rechtlich getrennt und funktional unabhängig von anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen ist und gemäß Art 39 Abs 4 lit b sublit i RL 2009/73/EG unabhängig von Marktinteressen handelt,

auf Feststellung der Kosten des Verteilernetzes entsprechend den Vorgaben des GWG 2011, sodass im Sinne des § 79 Abs 2 GWG 2011 alle dem Grund und der Höhe nach angemessenen Kosten unter Berücksichtigung der Netzsicherheit, der Versorgungssicherheit sowie insbesondere der Marktintegration zu berücksichtigen sind,"

verletzt.

1.2. Sie bringt dazu zunächst im Wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid sei mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet, weil diese unionsrechtswidrig zusammengesetzt gewesen sei. So verlange Art. 39 Abs. 4 lit. a der Richtlinie 2009/73, dass die Regulierungsbehörde rechtlich getrennt und funktionell unabhängig von anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen sein müsse. Dies bedeute, dass die Regulierungsbehörde insbesondere auch von der übrigen staatlichen Verwaltung unabhängig sein müsse. Nach Art. 39 Abs. 4 lit. b sublit. i der Richtlinie 2009/73 müsse zudem sichergestellt sein, dass das Personal und Management der Regulierungsbehörde unabhängig von Marktinteressen handle. Somit sei im Gegensatz zur "alten" Erdgasbinnenmarktrichtlinie 2003/55/EG (Verweis auf deren Art. 25 Abs. 1) nunmehr die Unabhängigkeit auch von der Marktgegenseite geboten.

Funktionelle Unabhängigkeit bedeute nach Unionsrecht insbesondere, dass Organwalter nicht gleichzeitig Doppelfunktionen in Organisationen, die voneinander unabhängig sein müssen, einnehmen dürften. Dies ergebe sich aus dem gemeinsamen Standpunkt zu Art. 5a der früheren ONP-Rahmenrichtlinie, ABl. 1996 C 315, 41, sowie auch aus Art. 26 der Richtlinie 2009/73, der im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit der Gas-Verteilernetzbetreiber in Bezug auf die Organisation und Entscheidungsgewalt in Abs. 2 lit. a unter anderem ein Verbot der Doppelfunktion von Leitungsorganen vorsehe.

Diesen Vorgaben entspreche die belangte Behörde jedoch nicht, weil einige Mitglieder und Ersatzmitglieder in ihren Hauptberufen Tätigkeiten ausübten, die mit Art. 39 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73/EG unvereinbar seien:

So sei Dipl. Ing. A E gleichzeitig auch Leiter des Referats für strategische Energieangelegenheiten im Magistrat der Stadt Wien, sodass insoweit das Kriterium der funktionalen Unabhängigkeit der belangten Behörde von anderen öffentlichen Einrichtungen nicht erfüllt sei.

Mag. D H sei gleichzeitig als Energieexpertin in der Arbeiterkammer Wien tätig. Da den Arbeiterkammern nach § 1 Arbeiterkammergesetz die Wahrnehmung unter anderem der wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer aufgetragen sei und diese gleichzeitig Energieendverbraucher seien, liege insoweit keine Unabhängigkeit der belangten Behörde von den Marktinteressen vor. Umsomehr gelte dies, da § 69 Abs. 3 GWG 2011 der Bundesarbeiterkammer die Parteistellung im gegenständlichen Verfahren einräume und die Arbeiterkammer Wien nach § 90 Arbeiterkammergesetz als Büro der Bundesarbeitskammer fungiere.

Herr Dr. E F sei im Zeitpunkt seiner Bestellung als Mitglied der belangten Behörde Leiter der Abteilung Industrie- und Wirtschaftspolitik der Industriellenvereinigung gewesen. Da die Industriellenvereinigung die Interessen der österreichischen Industrieunternehmen vertrete und diese gleichzeitig Energieendverbraucher seien, liege auch insoweit keine Unabhängigkeit der belangten Behörde von den Marktinteressen vor.

Überdies sei angemerkt, dass Frau Mag. C F, die Ersatzmitglied der belangten Behörde sei, an der Erlassung des angefochtenen Bescheides aber nicht mitgewirkt habe, in der Industriellenvereinigung für Energiepolitik zuständig sei und dort Geschäftsführerin des Ausschusses Energiepolitik sei. Da die Industriellenvereinigung die Interessen der österreichischen Industrieunternehmen vertrete und diese gleichzeitig Energieendverbraucher seien, liege auch insoweit keine Unabhängigkeit der belangten Behörde von den Marktinteressen vor.

Da die belangte Behörde somit unionsrechtswidrig zusammengesetzt sei, sei der angefochtene Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet.

1.3. Zur Nichtanerkennung der Kosten der Bleitung bringt die Beschwerdeführerin als Verletzung im Recht auf eine den Vorgaben des GWG 2011 entsprechende Feststellung der Kosten des Verteilernetzes vor, die belangte Behörde habe die vollständige Anerkennung der Kosten der Bleitung im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass deren Wirtschaftlichkeit nicht gegeben sei. Dieser Begriff der Wirtschaftlichkeit in Form einer insolierten Betrachtung der betriebswirtschaftlichen Rentabilität des einzelnen Leitungsbauvorhabens entspreche nicht dem GWG 2011, wie sodann mit näher dargestellten Argumenten behauptet wird.

Auch habe die belangte Behörde die Angaben des Unionsrechts betreffend die Marktintegration und deren Umsetzung in österreichisches Recht ignoriert. So sei in § 79 Abs. 1 GWG 2011 vorgesehen, dass bei der Kostenermittlung der Marktintegration Rechnung zu tragen sei. Genau dem Zweck, die Marktintegration zu fördern und die grenzüberschreitenden Kapazitäten auszubauen, diene die Bleitung. Diese diene nämlich der Verbindung der Erdgasnetze Tirols und Südtirols und damit der Herstellung einer Netzverbindung zwischen Österreich (und Deutschland) einerseits sowie Italien andererseits und solle dadurch insbesondere auch den Erdgastransit ermöglichen. Soweit die belangte Behörde ausführe, die Beschwerdeführerin habe es verabsäumt, sich gegen Verzögerungen der Fertigstellung vertraglich adäquat abzusichern, übersehe sie, dass keine einzige Bestimmung des österreichischen und europäischen Energierechts eine derartige vertragliche Absicherung gebiete.

Zudem habe die belangte Behörde den Charakter der Bleitung als Teil der transeuropäischen Netze (TEN-Projekt) in mehrfacher Hinsicht ignoriert. So habe die belangte Behörde ignoriert, dass die Mitgliedstaaten als Rechtswirkung der Aufnahme des Vorhabens in die TEN-Leitlinien - insbesondere auf Grund von Art. 4 Abs. 3 EUV - die Verpflichtung treffe, TEN-Projekte zu fördern und deren Umsetzung nicht zu vereiteln. Diesen unionsrechtlichen Vorgaben entsprechend sei auch das GWG 2011 auszulegen, wenn es im § 79 Abs. 1 GWG 2011 die Berücksichtigung der angemessenen Kosten unter Berücksichtigung der Marktintegration vorsehe.

Auch habe die belangte Behörde es rechtswidrigerweise abgelehnt, für die Bleitung die sogenannten "Opportunitätskosten" (jene Kosten, die angefallen wären, wenn die Bleitung bloß als regionale Stichleitung errichtet worden wäre) anzuerkennen. So lasse der angefochtene Bescheid eine über allgemeine Ausführungen hinausgehende, auf konkrete Feststellungen fußende nähere Begründung vermissen. Insbesondere habe es die belangte Behörde abgelehnt, sich mit den konkreten Angaben der Beschwerdeführerin zu den Kundenzahlen und zum Verbrauch der im Wtal bereits angeschlossenen Kunden inhaltlich auseinanderzusetzen.

Sodann kritisiert die Beschwerde die Ausführungen des angefochtenen Bescheides zum verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz.

1.4. Zu der darüber hinaus erfolgten Nichtanerkennung der Kosten der Fernmeldeanlage als Investitionskosten der Beschwerdeführerin bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde habe den Begriff der Rohrleitung nach § 7 Abs. 1 Z 15 GWG 2011 nicht gesetzeskonform ausgelegt. So erfasse der Begriff der Erdgasanlage neben dem eigentlichen Rohr auch zum Betrieb der Rohrleitung erforderliches Zubehör. Im vorliegenden Fall sei die Nachrüstung der Fernmeldeanlage kausal durch die Errichtung von Rohrleitungen verursacht und sei ausschließlich für den Zweck der Steuerung des Rohrleitungsnetzes durchgeführt worden.

1.5. Dem Vorbringen zur Unabhängigkeit der belangten Behörde entgegnet die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift, Art. 39 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73 verlange, dass die Regulierungsbehörde als separate rechtliche Einheit eingerichtet werde und vom Ministerium oder der Regierung unabhängig sein müsse (Verweis auf ein näher bezeichnetes Arbeitspapier der Europäischen Kommission). In diesem Sinn sei die Regulierungsbehörde gemäß § 10 E-ControlG rechtlich getrennt und funktionell unabhängig von anderen Einrichtungen. Der Vergleich mit Art. 26 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2009/73 gehe ins Leere, weil dieser für Verteilernetzbetreiber explizit ein Verbot von Doppelfunktionen vorsehe, während Art. 39 der Richtlinie nur verlange, dass die Regulierungsbehörde als separate rechtliche Einheit eingerichtet werden müsse.

Darüber hinaus führt die belangte Behörde aus, Mag. D H weise zwar in der Arbeiterkammer Wien Expertise im Energierecht auf. Ihr könne aber mangelnde Unabhängigkeit von Marktinteressen nicht unterstellt werden, weil sie keinen Weisungen von in Art. 39 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73 angeführten Einrichtungen unterliege. Dasselbe gelte für Dr. E F, der darüber hinaus der von der Beschwerdeführerin angeführten Einrichtung (Industriellenvereinigung) seit Bestellung zum Mitglied der belangten Behörde gar nicht mehr angehöre. Dipl. Ing. A E sei zwar beim Magistrat der Stadt Wien angestellt, handle jedoch ebenso nicht im Auftrag oder auf Weisung dieser Einrichtung, der er auch angehöre. Der Magistrat der Stadt Wien sei als separate rechtliche Einheit eingerichtet, es gebe keinen Konnex zur Regulierungskommission. Auf Mag. C F sei nicht näher einzugehen, da sie an der Entscheidung der belangten Behörde nicht mitgewirkt habe.

2. Rechtslage:

2.1. Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

2.2. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des GWG 2011 lauten:

" Anwendungsbereich

§ 3. (1) Dieses Bundesgesetz hat

...

2. die Regelung des Systemnutzungsentgelts sowie Vorschriften über die Rechnungslegung, die innere Organisation, Entflechtung und Transparenz der Buchführung von Erdgasunternehmen;

...

zum Gegenstand, sofern sich aus Abs. 2 nichts anderes ergibt.

...

Begriffsbestimmungen

§ 7. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck

...

15. "Erdgasleitungsanlage" eine Anlage, die zum Zwecke der Fernleitung, der Verteilung von Erdgas durch Rohrleitungen oder Rohrleitungsnetze oder als Direktleitungen errichtet oder betrieben wird, sofern es sich nicht um eine vorgelagerte Rohrleitungsanlage (Z 77) handelt; zu Erdgasleitungen zählen insbesondere auch Verdichterstationen, Molchschleusen, Schieberstationen, Messstationen und Gasdruckregeleinrichtungen;

...

39. "Netz" alle Fernleitungs- oder Verteilernetze, die einem Erdgasunternehmen gehören oder/und von ihm betrieben werden, einschließlich seiner Anlagen, die zu Hilfsdiensten eingesetzt werden (zB Regel- und Messeinrichtungen), und der Anlagen verbundener Unternehmen, die für den Zugang zur Fernleitung und Verteilung erforderlich sind;

...

62. "Systemnutzungsentgelt" das für die Einspeisung von Erdgas in ein Netz oder die Ausspeisung oder Entnahme von Erdgas aus dem Netz zu entrichtende Entgelt;

...

72. "Verteilernetzbetreiber" eine natürliche oder juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, die die Funktion der Verteilung wahrnimmt und verantwortlich ist für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Verteilernetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen sowie für die Sicherstellung der langfristigen Fähigkeit des Netzes, eine angemessene Nachfrage nach Verteilung von Gas zu befriedigen;

...

5. Teil

Systemnutzungsentgelt

1. Hauptstück

Verfahren zur Festsetzung der Systemnutzungsentgelte Feststellung der Kostenbasis

§ 69. (1) Die Regulierungsbehörde hat die Kosten, die Zielvorgaben und das Mengengerüst von Verteilernetzbetreibern von Amts wegen periodisch mit Bescheid festzustellen.

...

(3) Der Wirtschaftskammer Österreich, der Landwirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund ist vor Abschluss des Ermittlungsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Regulierungsbehörde hat deren Vertretern Auskünfte zu geben und Einsicht in den Verfahrensakt zu gewähren. Wirtschaftlich sensible Informationen, von denen die Vertreter bei der Ausübung ihrer Einsichtsrechte Kenntnis erlangen, sind vertraulich zu behandeln. Die Wirtschaftskammer Österreich sowie die Bundesarbeitskammer können gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde gemäß Abs. 1 und 2 wegen Verletzung der in § 73 bis § 82 geregelten Vorgaben Beschwerde gemäß § 9 Abs. 2 E-ControlG sowie in weiterer Folge an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 B-VG erheben. Systemnutzungsentgelte und Ausgleichszahlungen

§ 70. (1) Die Systemnutzungsentgelte im Verteilernetz werden unter Berücksichtigung einer Kostenwälzung gemäß § 83 auf Basis der gemäß §§ 79 ff festgestellten Kosten und des Mengengerüsts mit Verordnung der Regulierungsbehörde bestimmt. ...

...

2. Hauptstück

Entgeltkomponenten

Bestimmung der Systemnutzungsentgelte

§ 72. (1) Zur Erbringung aller Leistungen, die von den Netzbetreibern in Erfüllung der ihnen auferlegten Verpflichtungen erbracht werden, haben die Netzbenutzer ein Systemnutzungsentgelt zu entrichten. ...

(2) Das Systemnutzungsentgelt bestimmt sich aus dem

1. Netznutzungsentgelt;

...

Netznutzungsentgelt im Verteilernetz

§ 73. (1) Durch das Netznutzungsentgelt werden dem Netzbetreiber die Kosten insbesondere für die Errichtung, den Ausbau, die Instandhaltung und den Betrieb des Netzsystems einschließlich der Kosten, die mit der Errichtung und dem Betrieb von Zähleinrichtungen einschließlich der Eichung und Datenauslesung an Ein- und Ausspeisepunkten, mit Ausnahme von Kundenanlagen, verbunden sind, sowie die anteiligen Kosten für den Verteilergebietsmanager gemäß § 24 abgegolten.

...

3. Hauptstück

Grundsätze der Kosten- und Mengenermittlung Kostenermittlung für Verteilernetzbetreiber

§ 79. (1) Die den Entgelten zugrunde liegenden Kosten haben dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen und sind differenziert nach Netzebenen zu ermitteln. Dem Grunde und der Höhe nach angemessene Kosten sind zu berücksichtigen. Der Netzsicherheit, der Versorgungssicherheit unter Berücksichtigung von Qualitätskriterien, der Marktintegration sowie der Energieeffizienz ist Rechnung zu tragen. Die Bestimmung der Kosten unter Zugrundelegung einer Durchschnittsbetrachtung, die von einem rationell geführten, vergleichbaren Unternehmen ausgeht, ist zulässig. Investitionen sind in angemessener Weise ausgehend von den historischen Anschaffungskosten sowie den Finanzierungskosten zu berücksichtigen. Außerordentliche Aufwendungen oder Erträge können über einen mehrjährigen Zeitraum anteilig verteilt werden. Die bei einer effizienten Implementierung neuer Technologien entstehenden Kosten sind in den Entgelten unter Berücksichtigung der beschriebenen Grundsätze und der Nutzung von Synergieeffekten angemessen zu berücksichtigen. Die Kosten des Verteilernetzbetreibers für das Netznutzungsentgelt im Fernleitungsnetz gemäß § 74 sind als Kosten der Netzebene 1 zu berücksichtigen.

(2) Für die Ermittlung der Kosten sind Zielvorgaben zugrunde zu legen, die sich am Einsparungspotential der Unternehmen, der strukturellen Entwicklung der Versorgungsaufgabe und des Marktanteils im jeweiligen Netzgebiet orientieren. Dabei sind die festgestellten Kosten sowohl um generelle Zielvorgaben, die sich an Produktivitätsentwicklungen orientieren, als auch um die netzbetreiberspezifische Teuerungsrate anzupassen. Individuelle Zielvorgaben können aufgrund der Effizienz der Netzbetreiber berücksichtigt werden. Die dabei anzuwendenden Methoden haben dem Stand der Wissenschaft zu entsprechen. Bei der Ermittlung der individuellen Zielvorgaben können neben einer Gesamtunternehmensbetrachtung bei sachlicher Vergleichbarkeit auch einzelne Teilprozesse herangezogen werden. Dabei ist sicher zu stellen, dass für die Verteilernetzbetreiber Anreize bestehen, die Effizienz zu steigern und notwendige Investitionen angemessen durchführen zu können.

(3) Der Zeitraum zur Realisierung der Zielvorgaben (Zielerreichungszeitraum) kann durch die Regulierungsbehörde im jeweiligen Kostenbescheid in ein- oder mehrjährige Regulierungsperioden unterteilt werden. Zum Ende einer Regulierungsperiode können die unternehmensindividuellen Effizienzfortschritte einer Evaluierung unterzogen werden. Nach einer Regulierungsperiode kann neuerlich ein Effizienzvergleich oder ein alternatives dem Stand der Wissenschaft entsprechendes Regulierungssystem zur Ermittlung der Netznutzungsentgelte umgesetzt werden.

(4) Beeinflusst das vertikal integrierte Erdgasunternehmen die Kosten des Netzbetreibers durch Verrechnungen, muss der Netzbetreiber diese Kosten ausreichend belegen. Auf Verlangen der Regulierungsbehörde hat das vertikal integrierte Erdgasunternehmen die Kalkulationsgrundlage für die Verrechnungen vorzulegen.

(5) Zur Abdeckung der netzbetreiberspezifischen Teuerungsrate ist ein Netzbetreiberpreisindex zu berücksichtigen. Dieser setzt sich aus veröffentlichten Teilindices zusammen, die die durchschnittliche Kostenstruktur der Netzbetreiber repräsentieren.

(6) Zielvorgaben gemäß Abs. 2 sowie die netzbetreiberspezifische Teuerungsrate gemäß Abs. 5 wirken ausschließlich auf die vom Unternehmen beeinflussbaren Kosten.

Nicht beeinflussbare Kosten sind insbesondere Kosten:

1. für die Nutzung funktional verbundener Netze im Inland sowie für den Verteilergebietsmanager;

2. für Landesabgaben zur Nutzung öffentlichen Grundes (Gebrauchsabgabe);

3. zur Deckung von Netzverlusten auf Basis transparenter und diskriminierungsfreier Beschaffung;

4. aufgrund gesetzlicher Vorschriften im Zuge von Ausgliederungen, welche dem Grunde nach zum Zeitpunkt der Vollliberalisierung des Erdgasmarktes mit bestanden haben. Die näheren Kostenarten sind spätestens nach Ablauf von 3 Monaten ab Inkrafttreten dieses Gesetzes durch eine Verordnung der Regulierungskommission festzulegen.

(7) Die Kosten für die Bestimmung der Netznutzungsentgelte gemäß § 73 sind bezogen auf die jeweiligen Netzebenen auf Basis der festgestellten Gesamtkosten abzüglich vereinnahmter Messentgelte, Entgelte für sonstige Leistungen sowie der anteiligen Auflösung von passivierten Netzbereitstellungs- und Netzzutrittsentgelten zu ermitteln. Die festgestellten Gesamtkosten sind um vereinnahmte Förderungen und Beihilfen zu reduzieren."

2.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des E-ControlG lauteten:

" Verfassungsbestimmung

§ 1. (1) (Verfassungsbestimmung) ...

(2) Durch dieses Bundesgesetz werden umgesetzt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
...
2.
die Richtlinie 2009/73/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG, ABl. Nr. L 211 vom S. 94.
Errichtung der Regulierungsbehörde

§ 2. (1) Zur Besorgung der Regulierungsaufgaben im Bereich der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft wird unter der Bezeichnung 'Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control)' eine Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet.

...

Organe

§ 5. (1) Organe der E-Control sind:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
der Vorstand,
2.
die Regulierungskommission,
3.
der Aufsichtsrat.

(2) Die Organe der E-Control und ihre Mitglieder sind mit Ausnahme der Angelegenheiten des Abs. 4 in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden und handeln unabhängig von Marktinteressen. Insbesondere dürfen sie keine Funktionen ausüben, die ihre Unabhängigkeit gefährden. Den Organen der E-Control dürfen Mitglieder der Bundesregierung, einer Landesregierung, eines allgemeinen Vertretungskörpers oder des Europäischen Parlaments nicht angehören.

(3) Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat das Recht, sich jederzeit über alle Gegenstände der Geschäftsführung und Aufgabenerfüllung zu unterrichten. Alle Organe der E-Control haben dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend unverzüglich und auf Verlangen schriftlich alle diesbezüglichen Anfragen zu beantworten.

...

Rechtsschutz

§ 9. ...

(2) Über Beschwerden gegen Entscheidungen des Vorstands der E-Control in Angelegenheiten der Feststellung der Kostenbasis gemäß § 48 Abs. 1 ElWOG 2010 und § 69 Abs. 1 GWG 2011 sowie Entscheidungen über die Methode gemäß § 69 Abs. 2 GWG 2011 entscheidet die Regulierungskommission der E-Control.

...

Regulierungskommission

§ 10. (1) Die Regulierungskommission der E-Control besteht aus fünf von der Bundesregierung ernannten Mitgliedern. Ein Mitglied der Kommission hat dem Richterstand anzugehören. Bei seiner Bestellung hat die Bundesregierung auf einen Dreiervorschlag des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Bedacht zu nehmen. Die Bestellung der anderen Mitglieder erfolgt auf Vorschlag des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass mindestens ein Mitglied über technische, die anderen Mitglieder über juristische und/oder ökonomische Kenntnisse verfügen. Die Funktionsperiode der Mitglieder der Regulierungskommission beträgt fünf Jahre. Eine einmalige Wiederbestellung ist zulässig.

(2) Für jedes Mitglied bestellt die Bundesregierung ein Ersatzmitglied. Das Ersatzmitglied tritt bei Verhinderung des Mitglieds an dessen Stelle.

(3) Zum Mitglied der Regulierungskommission der E-Control darf nur bestellt werden, wer das Wahlrecht zum Nationalrat besitzt.

(4) Ein Mitglied der Regulierungskommission darf für die Dauer seiner Funktion keine weitere Tätigkeit ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner Aufgaben behindert oder geeignet ist, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, oder sonstige wesentliche Interessen seiner Funktion gefährdet; dies gilt insbesondere für die in § 4 Unvereinbarkeitsgesetz 1983, BGBl. Nr. 330/1983, umschriebenen Tätigkeiten."

2.4. Die Erwägungsgründe 29 und 30 sowie Art. 39 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG, ABl. L 211 vom , S. 94-136 ( Richtlinie 2009/73 ), lauten:

"(29) Die Richtlinie 2003/55/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einrichtung von Regulierungsbehörden mit spezifischen Zuständigkeiten. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die Effektivität der Regulierung vielfach aufgrund mangelnder Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden von der Regierung sowie unzureichender Befugnisse und Ermessensfreiheit eingeschränkt wird. Daher forderte der Europäische Rat die Kommission auf seiner Tagung vom 8. und auf, Legislativvorschläge auszuarbeiten, die eine weitere Harmonisierung der Befugnisse und eine Stärkung der Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsstellen für den Energiebereich vorsehen. Diese nationalen Regulierungsbehörden sollten sowohl den Elektrizitätsals auch den Gassektor abdecken können.

(30) Damit der Erdgasbinnenmarkt ordnungsgemäß funktionieren kann, müssen die Energieregulierungsbehörden Entscheidungen in allen relevanten Regulierungsangelegenheiten treffen können und völlig unabhängig von anderen öffentlichen oder privaten Interessen sein. Dies steht weder einer gerichtlichen Überprüfung, noch einer parlamentarischen Kontrolle nach dem Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten entgegen. Außerdem sollte die Zustimmung des nationalen Gesetzgebers zum Haushaltsplan der Regulierungsbehörde die Haushaltsautonomie nicht beeinträchtigen. Die Bestimmungen bezüglich der Autonomie bei der Ausführung des der Regulierungsbehörde zugewiesenen Haushalts sollten in den Rechtsrahmen der einzelstaatlichen Haushaltsvorschriften und - regeln aufgenommen werden. Die Bestimmungen über die Autonomie bei der Durchführung des der Regulierungsbehörde zugewiesenen Haushalts sollten in den Rechtsrahmen der einzelstaatlichen Haushaltsvorschriften und -regeln aufgenommen werden. Die Mitgliedstaaten tragen zur Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde von jeglicher Einflussnahme aus Politik oder Wirtschaft durch ein geeignetes Rotationsverfahren bei, sollten aber die Möglichkeit haben, der Verfügbarkeit personeller Ressourcen und der Größe des Gremiums gebührend Rechnung zu tragen.

...

Artikel 39

Benennung und Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden

(1) Jeder Mitgliedstaat benennt auf nationaler Ebene eine einzige nationale Regulierungsbehörde.

(2) Absatz 1 des vorliegenden Artikels lässt die Benennung anderer Regulierungsbehörden auf regionaler Ebene in den Mitgliedstaaten unberührt, sofern es für Vertretungszwecke und als Ansprechpartner auf Gemeinschaftsebene innerhalb des Regulierungsrates der Agentur gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 713/2009 einen einzigen ranghohen Vertreter gibt.

(3) Abweichend von Absatz 1 des vorliegenden Artikels kann ein Mitgliedstaat Regulierungsbehörden für kleine Netze in einer geografisch eigenständigen Region benennen, deren Verbrauch im Jahr 2008 weniger als 3 % des gesamten Verbrauchs des Mitgliedstaats, zu dem sie gehört, betragen hat. Diese Ausnahmeregelung lässt die Benennung eines einzigen ranghohen Vertreters für Vertretungszwecke und als Ansprechpartner auf Gemeinschaftsebene innerhalb des Regulierungsrates der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden gemäß

Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 713/2009 unberührt.

(4) Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde und sorgen dafür, dass diese ihre Befugnisse unparteiisch und transparent ausübt. Hierzu stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Regulierungsbehörde bei der Wahrnehmung der ihr durch diese Richtlinie und zugehörige Rechtsvorschriften übertragenen Regulierungsaufgaben

a) rechtlich getrennt und funktional unabhängig von anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen ist,


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b)
und sicherstellt, dass ihr Personal und ihr Management
i)
unabhängig von Marktinteressen handelt und
ii)
bei der Wahrnehmung der Regulierungsaufgaben keine direkten Weisungen von Regierungsstellen oder anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen einholt oder entgegennimmt. Eine etwaige enge Zusammenarbeit mit anderen zuständigen nationalen Behörden oder allgemeine politische Leitlinien der Regierung, die nicht mit den Regulierungsaufgaben und -befugnissen nach
Artikel 41 zusammenhängen, bleiben hiervon unberührt.

(5) Zur Wahrung der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde stellen die Mitgliedstaaten insbesondere sicher,

a) dass die Regulierungsbehörde unabhängig von allen politischen Stellen selbständige Entscheidungen treffen kann und ihr jedes Jahr separate Haushaltsmittel zugewiesen werden, damit sie den zugewiesenen Haushalt eigenverantwortlich ausführen kann und über eine für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben angemessene personelle und finanzielle Ressourcenausstattung verfügt; und

b) dass die Mitglieder des Leitungsgremiums der Regulierungsbehörde oder, falls kein solches Gremium vorhanden ist, die Mitglieder des leitenden Managements der Regulierungsbehörde für eine Amtszeit von fünf bis sieben Jahren ernannt werden, die einmal verlängert werden kann.

Was Buchstabe b Unterabsatz 1 betrifft, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass für das Leitungsgremium oder das leitende Management ein geeignetes Rotationsverfahren besteht. Die Mitglieder des Leitungsgremiums der Regulierungsbehörde oder, falls kein solches vorhanden ist, die Mitglieder des leitenden Managements können während ihrer Amtszeit nur dann des Amtes enthoben werden, wenn sie nicht mehr die in diesem Artikel genannten Bedingungen erfüllen oder wenn sie sich eines Fehlverhaltens nach einzelstaatlichem Recht schuldig gemacht haben."

3. Zur Unabhängigkeit der belangten Behörde nach Art. 39 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73:

3.1. Die Beschwerdeführerin wendet gegen die Zuständigkeit der belangten Behörde im Wesentlichen ein, deren Mitglieder Dipl. Ing. A E, Mag. D H, Dr. E F sowie Mag. C F seien nicht im Sinne des Art. 39 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73 unabhängig von anderen öffentlichen Einrichtungen bzw. den Marktinteressen.

Dem hält die belangte Behörde im Wesentlichen entgegen, die Regulierungsbehörde sei gemäß § 10 E-ControlG rechtlich getrennt und funktionell unabhängig von anderen Einrichtungen eingerichtet.

3.2. Damit spricht die belangte Behörde die Anforderung des Art. 39 Abs. 4 lit. a der Richtlinie 2009/73 an, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Regulierungsbehörde rechtlich getrennt und funktionell unabhängig von anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen ist.

Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil vom in der Rechtssache C-614/10, Kommission gegen Österreich, (zu Art. 28 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 95/46, welcher den Mitgliedstaaten vorschreibt, eine oder mehrere Kontrollstellen für den Schutz personenbezogener Daten einzurichten, die die ihnen zugewiesenen Aufgaben in völliger Unabhängigkeit wahrnehmen - vgl. Randnr. 36 dieses Urteils) festgehalten hat, reicht eine funktionelle Unabhängigkeit, die darin besteht, dass die Mitglieder der Kontrollstelle (dort gemäß § 37 Abs. 1 DSG 2000) "in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden" sind "für sich allein nicht aus, um diese Kontrollstelle vor jeder äußeren Einflussnahme zu bewahren" (Randnr. 42). In seiner Rechtsprechung zum Ausdruck "in völliger Unabhängigkeit" in Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 95/46 hat der EuGH klargestellt, "dass diese Kontrollstellen jeder äußeren Einflussnahme, sei sie unmittelbar oder mittelbar, entzogen sein müssen, die ihre Entscheidungen steuern könnte" (vgl. Randnr. 41 des Urteils Kommission/Österreich mwN auf Rechtsprechung der EuGH). Damit muss auch "jede Form der mittelbaren Einflussnahme, die zur Steuerung der Entscheidungen der Kontrollstelle geeignet wäre" ausgeschlossen werden (vgl. Randnr. 43 dieses Urteiles mwN auf Rechtsprechung des EuGH).

Die Richtlinie 2009/73 sieht zusätzlich zur rechtlich Trennung und funktionellen Unabhängigkeit nach Art. 39 Abs. 4 lit. a in lit. b dieser Bestimmung vor, dass die Regulierungsbehörde bei Wahrnehmung der ihr durch diese Richtlinie und zugehörige Rechtsvorschriften übertragenen Regulierungsaufgaben sicherstellt, dass ihr Personal und ihr Management unabhängig von Marktinteressen handelt (sublit. i) und bei der Wahrnehmung der Regulierungsaufgaben keine direkten Weisungen von Regierungsstellen oder anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen einholt oder entgegennimmt (sublit. ii).

Im Erwägungsgrund 30 zur Richtlinie 2009/73 wird diese Anforderung näher erläutert, indem es dort heißt, dass die Energieregulierungsbehörden "völlig unabhängig von anderen öffentlichen oder privaten Interessen" bzw. unabhängig "von jeglicher Einflussnahme aus Politik oder Wirtschaft" sein müssen.

Angesichts dieser unionsrechtlichen Vorgabe ist daher zu prüfen, ob die belangte Behörde, diese in klarer Weise durch die Richtlinie 2009/73 aufgestellten Voraussetzungen für ihre Unabhängigkeit erfüllt (vgl. in diesem Sinne das betreffend die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde nach den Richtlinien 2002/21/EG und 2002/22/EG, Randnr. 31).

5.3. Zunächst ist betreffend das von der Beschwerdeführerin angesprochene Ersatzmitglied der belangten Behörde Mag. C F festzuhalten, dass diese der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage zufolge nicht an der Erlassung des angefochtenen Bescheides mitgewirkt hat.

Betreffend das Mitglied Dr. E F ergibt sich sowohl aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin als auch der belangten Behörde, dass dieser im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr in der Industriellenvereinigung tätig war.

Was nun das Mitglied der belangten Behörde, Mag. D H anlangt, bestätigt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift, dass diese als Energieexpertin in der Arbeiterkammer Wien tätig sei. Nun verweist die Beschwerde zu Recht auf § 1 des Arbeiterkammergesetzes 1992 (AKG), wonach die Kammern für Arbeiter und Angestellte und die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte berufen sind, "die sozialen, wirtschaftlichen, beruflichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu vertreten und zu fördern". Nach § 4 Abs. 1 AKG sind die Arbeiterkammern berufen, "alle zur Interessenvertretung der Arbeitnehmer einschließlich der zuvor als Arbeitnehmer beschäftigten Arbeitslosen und Pensionisten erforderlichen und zweckmäßigen Maßnahmen zu treffen". Dazu zählt § 4 Abs. 2 Z 6 AKG auch die Mitwirkung an "Maßnahmen der Wirtschaftsverwaltung, insbesondere an der Festsetzung von Preisen für Erzeugnisse oder Dienstleistungen jeder Art und an Wettbewerbsregelungen".

Im Hinblick auf das vorliegende Verfahren der Feststellung der Kosten von Verteilernetzbetreibern normiert § 69 Abs. 3 GWG 2011, dass (unter anderem) der Bundesarbeitskammer vor Abschluss des Ermittlungsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Die Regulierungsbehörde hat zudem deren Vertretung Auskünfte zu geben und Einsicht in den Verfahrensakt zu gewähren. Die Bundesarbeitskammer kann (neben der Wirtschaftskammer Österreich) gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde Beschwerde gemäß § 9 Abs. 2 E-ControlG sowie in weiterer Folge Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Gemäß § 90 Abs. 1 AKG werden die Bürogeschäfte der Bundesarbeitskammer durch das Kammerbüro der Arbeiterkammer für Wien, welcher Mag. D H angehört, als Büro der Bundesarbeitskammer besorgt.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage gelingt es der Beschwerdeführerin fallbezogen aufzuzeigen, dass betreffend das vorliegende Verfahren der Feststellung der Kosten der Beschwerdeführerin nach § 69 Abs. 1 und § 79 GWG 2011 eine Unabhängigkeit der belangten Behörde nach Art. 39 Abs. 4 lit. b der Richtlinie 2009/73 in Form einer Unabhängigkeit von Marktinteressen bzw. von anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen nicht sichergestellt ist.

Daher erübrigt es sich darauf einzugehen, ob das weitere von der Beschwerde angeführte Mitglied Dipl. Ing. A E auf Grund seiner Tätigkeit als Leiter des Referats für strategische Energieangelegenheiten im Magistrat der Stadt Wien ebenso ausreichend unabhängig von Marktinteressen bzw. anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen nach Art. 39 Abs. 4 lit. b der Richtlinie 2009/73 ist.

Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob das in § 5 Abs. 3 des E-ControlG vorgesehene Unterrichtungsrecht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft der in Art. 39 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73 geforderten Unabhängigkeit entgegen gestanden ist (vgl. so zum Unterrichtungsrecht des Bundeskanzlers gegenüber der Datenschutzkommission das zitierte , Kommission/Österreich, Randnr. 63).

3.4. Da die belangte Behörde daher im vorliegenden Zusammenhang nicht den Vorgaben des Art. 39 Abs. 4 lit. b der Richtlinie 2009/73 entspricht, ist sie als unzuständig anzusehen (vgl. im Zusammenhang mit dem bereits angeführten Urteil des EuGH in der Rechtssache C-614/10 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0156; vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 2477/95 = VfSlg. 14.499, zur gesetzwidrigen Zusammensetzung einer Kollegialbehörde wegen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht).

Hervorzuheben ist, dass dieser Widerspruch zur Richtlinie 2009/73 zwischenzeitlich durch den Bundesgesetzgeber mit der Novelle zum GWG 2011, BGBl. I Nr. 174/2013, beseitigt wurde. Mit dieser Novelle wurde § 9 Abs. 2 E-ControlG vor dem Hintergrund der Verwaltungsgerichtsbarkeit-Novelle 2012 dahingehend geändert, als die Regulierungskommission (belangte Behörde) durch das Verwaltungsgericht des Bundes ersetzt wurde (vgl. so ausdrücklich die Materialien in AB 2389 BlgNR 24. GP, 2 und 3).

4. Aus den zuvor dargestellten Umständen erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet.

Er war daher aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht (gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014) auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455

Wien, am