VwGH vom 28.10.2009, 2008/15/0058
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des M T in O, vertreten durch Mag. Johannes Kruckenhauser, Rechtsanwalt in 6300 Wörgl, Peter-Anich-Straße 28, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. RV/0042-L/04, betreffend Einkommensteuer 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer, der von März bis Dezember 2001 bei der V GmbH & Co KG als Vertreter im Außendienst tätig war, wurde die Möglichkeit eingeräumt, ein firmeneigenes Kraftfahrzeug für privat veranlasste Fahrten zu benützen. Für die Privatnutzung des Fahrzeuges wurde im angeführten Zeitraum ein Betrag von 38.550 S als Sachbezug in Ansatz gebracht.
In der Einkommensteuererklärung 2001 machte der Beschwerdeführer Werbungskosten in Form eines Vertreterpauschales von 20.000 S geltend und ersuchte, den für die private Nutzung des Kraftfahrzeuges in Ansatz gebrachten Sachbezug um die Hälfte zu vermindern, weil er von März bis Dezember 2001 weniger als 5000 km privat gefahren sei.
Im vorläufig ergangenen und in weiterer Folge für endgültig erklärten Einkommensteuerbescheid 2001 wurde das Vertreterpauschale erklärungsgemäß berücksichtigt. Eine Halbierung des Sachbezuges erfolgte mit der Begründung nicht, dass die Privatfahrten (als solche würden auch Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Familienheimfahrten gelten) monatlich mehr als 500 km betragen hätten.
In der Berufung gegen den endgültigen Einkommensteuerbescheid führte der Beschwerdeführer aus, dass das Vertreterpauschale tatsächlich 24.952 S und nicht - wie in der Einkommensteuererklärung 2001 angegeben - 20.000 S betrage. Laut Bestätigung der V GmbH & Co KG sei für den Zeitraum März bis Dezember 2001 der Betrag von 38.550 S als Sachbezug für die Privatnutzung des firmeneigenen Kraftfahrzeuges in Ansatz gebracht worden. Dies entspreche 1,5% der Anschaffungskosten dieses Fahrzeuges. Da die private Nutzung des Fahrzeuges im Durchschnitt weniger als 500 km im Monat betragen habe, werde die Berücksichtigung von 19.275 S 0,75% der Anschaffungskosten) als Werbungskosten beantragt. Der Berufung war die Kopie eines Fahrtenbuches betreffend den Zeitraum März bis Dezember 2001 beigelegt.
Das Finanzamt gab der Berufung hinsichtlich des Vertreterpauschales mit Berufungsvorentscheidung statt und wies die Berufung im übrigen als unbegründet ab.
Der Beschwerdeführer habe anlässlich einer Vorsprache die Auskunft erteilt, dass seine Dienstreiseersätze von der Wohnung aus berechnet würden und er sich regelmäßig nach der Dienstverrichtung oder zwischendurch zur Verrichtung von Innendienst an die Arbeitsstätte begebe und am selben Tag zu seiner Wohnung zurückkehre (Ausnahmen seien Reisen mit Übernachtung). Würden Dienstreiseersätze von der Wohnung aus berechnet, zählten von der Wohnung aus angetretene Dienstreisen mit einem firmeneigenen Kraftfahrzeug bei der Berechnung des Sachbezuges nicht mit, es sei denn, der Arbeitnehmer begebe sich nach der "Dienstverrechnung" oder zwischendurch zur Verrichtung von Innendienst an die Arbeitsstätte und kehre am selben Tag zu seiner Wohnung zurück. In diesem Fall sei bei der Ermittlung des Sachbezuges jedenfalls einmal die Wegstrecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung anzusetzen. Bei Berücksichtigung der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte habe die private Nutzung des firmeneigenen Kraftfahrzeuges im Jahresdurchschnitt mehr als 500 km monatlich betragen.
Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrte der Beschwerdeführer u.a. die Zuerkennung des großen Pendlerpauschales für zehn Monate. Das Finanzamt führte in der Berufungsvorentscheidung aus, dass sich der Beschwerdeführer regelmäßig nach der Dienstverrichtung oder zwischendurch zur Verrichtung von Innendienst an die Arbeitsstätte begebe und am selben Tag zu seiner Wohnung zurückkehre. Für die Berücksichtigung des Pendlerpauschales seien Tage auszuscheiden, an denen die Dienstreise unmittelbar von der Wohnung aus angetreten werde, außer, wenn an diesen Tagen die Arbeitsstätte zur Verrichtung von Innendienst aufgesucht werde. Daher seien im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für das Pendlerpauschale gegeben. Es werde die Berücksichtigung des großen Pendlerpauschales für mehr als 60 km beantragt, da die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei. Dem Vorlageantrag war das Formular L 34 (Erklärung zur Berücksichtigung des Pendler-Pauschales) beigelegt, in dem die kürzeste Strecke zwischen Arbeitsstätte und Wohnung mit 130 km angegeben wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung hinsichtlich des Vertreterpauschales stattgegeben. Im übrigen wurde die Berufung wiederum als unbegründet abgewiesen.
Voraussetzung für die Zuerkennung des Pendlerpauschales sei u. a., dass der Steuerpflichtige im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung zurücklege. Für einen vollen Kalendermonat könnten im Durchschnitt 20 Arbeitstage angenommen werden, sodass ein Pendlerpauschale im betreffenden Ausmaß nur zustehe, wenn im Kalendermonat an mehr als 10 Tagen die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung zurückgelegt werde. Aus dem vorgelegten Fahrtenbuch sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer den Ort/Bereich, an dem sich die Arbeitsstätte befinde, in keinem Monat mehr als zehnmal als Zielgebiet aufgezeichnet habe (März neunmal, April sechsmal, Mai achtmal, Juni einmal, Juli fünfmal, August zweimal, September zweimal, November dreimal, Dezember sechsmal). Daraus folge, dass die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung im Lohnzahlungszeitraum nicht überwiegend zurückgelegt worden sei, weshalb dem Beschwerdeführer kein Pendlerpauschale zustehe.
Bestehe für einen Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann sei ein Sachbezug von 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges anzusetzen. Betrage die monatliche Fahrtstrecke für Privatfahrten im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, sei ein Sachbezugswert im halben Betrag (0,75% der tatsächlichen Anschaffungskosten) anzusetzen. Der Beschwerdeführer gebe die Anzahl der privat gefahrenen Kilometer im Fahrtenbuch mit 4.413 km an. Dabei seien Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht mitgerechnet. Berücksichtige man nur jene Fahrten, bei denen der Beschwerdeführer im Fahrtenbuch das Ziel "Firma" angegeben habe, würden sich für den Zeitraum März bis Dezember 2001 5.063 km ergeben; also mehr als 500 km im Monat. Bei Berücksichtigung jener Fahrten, in denen der Ort/Bereich, an dem sich die Arbeitsstätte des Beschwerdeführers befinde, als Zielgebiet angegeben werde, würden sich für zehn Monate rund 12.000 km ergeben. Daher komme eine Halbierung des Sachbezuges nicht in Betracht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:
§ 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"6. Werbungskosten sind auch Ausgaben des
Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
a) diese Ausgaben sind bei einer einfachen
Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km
grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5)
abgegolten.
b) Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzlich als Pauschalbeträge berücksichtigt:
Bei einer Fahrtstrecke von
20 km bis 40 km ... Euro jährlich
40 km bis 60 km ... Euro jährlich
über 60 km ... Euro jährlich.
c) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum
überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt:
Bei einer einfachen Fahrtstrecke von
2 km bis 20 km ... Euro jährlich
20 km bis 40 km ... Euro jährlich
40 bis 60 km ... Euro jährlich
über 60 km ... Euro jährlich.
Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach lit. b und c sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten ..."
Das Finanzamt führt in der Berufungsvorentscheidung u.a. aus, der Beschwerdeführer habe anlässlich einer persönlichen Vorsprache die Auskunft erteilt, dass er sich regelmäßig nach der Dienstverrichtung oder zwischendurch zur Verrichtung von Innendienst an die Arbeitsstätte begebe. Abweichend dazu geht die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer in den Lohnzahlungszeiträumen März bis Dezember 2001 die Fahrtstrecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung nicht überwiegend zurückgelegt habe, und begründet dies im Wesentlichen damit, dass der Ort/Bereich, an dem sich die Arbeitsstätte des Beschwerdeführers befinde, im vorgelegten Fahrtenbuch in keinem Monat mehr als zehnmal als Zielgebiet aufscheine.
In der Beschwerde wird unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügt, die belangte Behörde hätte nicht ohne zusätzliche Erhebungen von den Feststellungen des Finanzamtes abgehen dürfen, und ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung des Pendlerpauschales auch dann vorlägen, wenn als Zielgebiet im Fahrtenbuch nicht direkt die Arbeitsstätte aufscheine, "da der Beschwerdeführer auch bei anderen (eingetragenen) Endzielen seiner im Fahrtenbuch dokumentierten Fahrten die nahe an der A1 gelegene Arbeitsstätte (...) regelmäßig angefahren ist bzw. im Rahmen seiner Dienstverrichtung auch notwendigerweise anzufahren hatte". Die "Argumentation" der belangten Behörde sei daher weder zwingend noch nachvollziehbar. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer die Relevanz des von ihm gerügten Verfahrensmangels auf, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung der vom Beschwerdeführer vermissten zusätzlichen Erhebungen zu einem im Spruche anders lautenden Bescheid hätte gelangen können.
Im fortzusetzenden Verfahren wird der Beschwerdeführer anhand seines Fahrtenbuches oder anhand anderer Beweismittel im Detail darzulegen haben, an welchen Tagen er die Arbeitsstätte tatsächlich angefahren ist.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am