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VwGH vom 27.09.2012, 2010/16/0216

VwGH vom 27.09.2012, 2010/16/0216

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2010/16/0217

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der Y GmbH in W, vertreten durch Dr. Alice Hoch, Rechtsanwältin in 2361 Laxenburg, Schlossplatz 12, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates

1.) vom , GZ. ZRV/0114-Z1W/08, (hg. Zl. 2010/16/0216) und

2.) vom , GZ. ZRV/0113-Z1W/08, (hg. Zl. 2010/16/0217),

jeweils betreffend Einfuhrumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 668,-- EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom teilte das Zollamt Wien der Beschwerdeführerin mit, dass für die in 35 näher bezeichneten Zollanmeldungen an näher angeführten Tagen im Zeitraum zwischen dem 12. September und dem in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren die Einfuhrumsatzsteuer für die Beschwerdeführerin gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a), Abs. 2 und Abs. 3 Zollkodex (ZK) iVm § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) in näher angeführter Höhe entstanden sei. Diese Einfuhrumsatzsteuer sei gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK nachträglich buchmäßig erfasst worden und dies werde gemäß Art. 221 Abs. 1 ZK mitgeteilt.

Vom Zollamt Wien durchgeführte Ermittlungen hätten ergeben - so das Zollamt in der Begründung -, dass der Name und die UID-Nummer der als Empfänger bezeichneten T. GesmbH in W zu Unrecht in den "Importabfertigungen" als Warenempfänger angeführt worden sei. Die T. GesmbH sei nachweislich nicht die Empfängerin der in Rede stehenden Waren gewesen und sei somit auch nicht Schuldnerin der bei den 35 Abfertigungen angefallenen Einfuhrumsatzsteuer. Im Zuge der durchgeführten Ermittlungen sei festgestellt worden, dass sämtliche zur Verzollung vorgelegten Unterlagen samt Verzollungsvollmacht der T. GesmbH gefälscht gewesen seien. Die von einer I. Kft mit der Verzollung betraute Beschwerdeführerin, die bei den genannten Einfuhren als Anmelder aufgetreten sei, habe sämtliche gefälschten Unterlagen von der I. Kft erhalten. Die Beschwerdeführerin habe zwar in den in Rede stehenden Zollanmeldungen "EV direkt/indirekt" kodiert, da jedoch die als Empfänger angeführte T. GesmbH die Beschwerdeführerin nicht bevollmächtigt habe, habe die Beschwerdeführerin ohne Vertretungsmacht gehandelt und gelte deshalb als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd.

Mit Bescheid vom teilte das Zollamt Wien der Beschwerdeführerin mit, dass für die in drei näher bezeichnete Anmeldungen angeführten am 30. und in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren die Einfuhrumsatzsteuerschuld gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a, Abs. 2 und Abs. 3 Zollkodex (ZK) iVm § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) für die Beschwerdeführerin entstanden sei. Diese Einfuhrumsatzsteuer sei gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK nachträglich buchmäßig erfasst worden und dies werde gemäß Art. 221 Abs. 1 ZK mitgeteilt.

Vom Zollamt Wien durchgeführte Ermittlungen hätten ergeben - so das Zollamt in der Begründung -, dass der Name und die UID-Nummer der als Empfänger bezeichneten K. GesmbH in W zu Unrecht in den "Importabfertigungen" als Warenempfänger angeführt worden sei. Die K. GesmbH sei nachweislich nicht die Empfängerin der in Rede stehenden Waren gewesen und sei somit auch nicht Schuldnerin der bei den drei Abfertigungen angefallenen Einfuhrumsatzsteuer. Im Zuge der durchgeführten Ermittlungen sei festgestellt worden, dass sämtliche zur Verzollung vorgelegten Unterlagen samt Verzollungsvollmacht der K. GesmbH gefälscht gewesen seien. Die von einer I. Kft mit der Verzollung betraute Beschwerdeführerin, die bei den genannten Einfuhren als Anmelder aufgetreten sei, habe sämtliche gefälschten Unterlagen von der I. Kft erhalten. Die Beschwerdeführerin habe zwar in den in Rede stehenden Zollanmeldungen "EV direkt/indirekt" kodiert, da jedoch die als Empfänger angeführte K. GesmbH die Beschwerdeführerin nicht bevollmächtigt habe, habe die Beschwerdeführerin ohne Vertretungsmacht gehandelt und gelte deshalb als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd.

Mit Schriftsatz vom berief die Beschwerdeführerin gegen beide Bescheide mit der Begründung, sie sei von der K. GesmbH und der T. GesmbH jeweils schriftlich zur Zollanmeldung bevollmächtigt worden, sodass eine ordnungsgemäße Vertretung vorliege. Selbst wenn die Vollmacht unwirksam sein sollte, läge eine Anscheinsvollmacht vor, weshalb jedenfalls aus diesem Grund eine rechtswirksame Vertretung gegeben sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Zollamt Wien die Berufung hinsichtlich des Bescheides vom als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin habe mit 19 Zollanmeldungen zwischen dem 12. und dem als indirekter Vertreter und mit 16 näher bezeichneten Zollanmeldungen zwischen dem 13. September und dem als direkter Vertreter des Empfängers die Überführung der in den Zollanmeldungen angeführten Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr für die T. GesmbH als Empfängerin beantragt. Wie die Erhebungen bei der T. GesmbH ergeben hätten, seien die in Rede stehenden 35 Einfuhren nicht für dieses Unternehmen bestimmt gewesen. Das Versenderunternehmen S. Ltd., China, sowie ein P.I. und die I. KFT seien dort völlig unbekannt. Firmenstempel und Unterschrift auf dem "Datenblatt für Zollanmeldungen" vom an die Beschwerdeführerin seien gefälscht. P.I. habe dem Zollamt Wien gegenüber niederschriftlich zugegeben, die vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin erhaltenen Blankodatenblätter für Zollanmeldungen (zwecks Verrechnung der Einfuhrumsatzsteuer über das Finanzamtskonto des Empfängers) an einen Herrn X weitergeleitet zu haben, von dem er sie ausgefüllt und unterschrieben zurück bekommen habe. Eine Anscheinsvollmacht lasse sich daraus nicht herleiten. Die T. GesmbH habe ein Verhalten, welches den Schutz gutgläubiger Dritter bewirken könnte und gegen sie wirken sollte und aus dem die Abgabenbehörde auf eine Bevollmächtigung der Beschwerdeführerin zur Stellung eines Zollantrages auf Abfertigung zum freien Verkehr hätte schließen dürfen, gar nie gesetzt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Zollamt Wien die Berufung hinsichtlich des Bescheides vom als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin habe mit drei Zollanmeldungen am 30. und als indirekter Vertreter des Empfängers die Überführung der in den Zollanmeldungen angeführten Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr für die K. GesmbH als Empfängerin beantragt. Wie die Erhebungen bei der K. GesmbH ergeben hätten, wisse diese von den drei Einfuhren nichts. Firmenstempel und Unterschrift auf dem "Datenblatt für Zollanmeldungen" vom seien gefälscht. Die K. GesmbH sei nicht Warenempfänger. P.I. habe dem Zollamt Wien gegenüber niederschriftlich zugegeben, die vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin erhaltenen Blankodatenblätter für Zollanmeldungen (zwecks Verrechnung der Einfuhrumsatzsteuer über das Finanzamtskonto des Empfängers) an einen Herrn X weitergeleitet zu haben, von dem er sie ausgefüllt und unterschrieben zurück bekommen habe. Weiters habe er erklärt, auf Bitte von Herrn Z (Anm.: dem bis zum eingetragene handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin), einen Ansprechpartner für Verzollungen der K. GmbH zu benennen, selbst dessen Namen eingetragen zu haben. Eine Anscheinsvollmacht lasse sich daraus nicht herleiten. Die K. GesmbH habe ein Verhalten, welches den Schutz gutgläubiger Dritter bewirken könnte und gegen sie wirken sollte und aus dem die Abgabenbehörde auf eine Bevollmächtigung der Beschwerdeführerin zur Stellung eines Zollantrages auf Abfertigung zum freien Verkehr hätte schließen dürfen, gar nie gesetzt.

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin (Administrativ )Beschwerde gegen die Berufungsvorentscheidungen des Zollamtes Wien vom 21. und vom . Die Beschwerdeführerin habe - so die Administrativbeschwerde - teils als direkter, teils als indirekter Vertreter jeweils über Auftrag der I. Kft. (dessen Geschäftsführer P.I. gewesen sei) für in W ansässige Unternehmen, nämlich die T. GesmbH und die K. GesmbH, Verzollungen durchgeführt. Sobald die entsprechende Anfrage von P.I. bei der Beschwerdeführerin eingelangt sei, habe die Beschwerdeführerin diesem mitgeteilt, dass zum Zeitpunkt der Abfertigungen sämtliche Unterlagen wie Handelsrechnungen, Packlisten, Ursprungszeugnisse und eine Vollmacht der Anmelderin vorzuliegen hätten. In der Folge habe dann P.I. der Beschwerdeführerin eine "handschriftlich unterschriebene, mit Firmenstempel versehene" Vollmacht der T. GesmbH und einige Tage später eine Vollmacht der K. GesmbH übergeben. Auch die der Beschwerdeführerin bekannt gegebenen UID-Nummern hätten - wie nach einer Überprüfung festgestellt worden sei - "gestimmt". Bestritten werde, dass die entsprechenden Vollmachten der T. GesmbH und der K. GesmbH tatsächlich gefälscht seien. Nicht näher überprüfte Behauptungen der beiden Unternehmen, die Vollmacht nicht ausgestellt zu haben, stellten keinen entsprechenden Nachweis dar.

Weiters sei auch von einer Anscheinsvollmacht auszugehen. Bei der T. GesmbH seien immerhin im Zeitraum von rund sechs Wochen 35 "Versendungen" durchgeführt worden. Auf Grund dieser Vielzahl der Sendungen und der langen Dauer dieser Versendungsweise (und der zwischenzeitlich auch entsprechend erfolgten Verrechnung auf das Konto der T. GesmbH, ohne dass diese irgendwelche Vorbehalte bei der Beschwerdeführerin erhoben hätte), sei von einer entsprechenden Duldung des Verhaltens der Beschwerdeführerin und damit vom Vorliegen einer entsprechenden Duldungs- und Anscheinsvollmacht auszugehen.

Darüber hinaus sei festzuhalten, dass wie aus den vorzulegenden CMR-Frachtbriefen hervorgehe, sämtliche den in Rede stehenden Warenanmeldungen zugrunde liegenden Waren dem jeweiligen Endempfänger in Ungarn zugestellt worden seien. Direktlieferungen seien im Speditionsgewerbe durchaus üblich. Daraus ergebe sich, dass die Waren tatsächlich nicht in Österreich in Verkehr gebracht worden seien und daher auch aus diesem Grund die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer fehl gehe.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde (mit dem angefochtenen Bescheid vom hinsichtlich der Berufungsvorentscheidung vom und mit dem angefochtenen Bescheid vom hinsichtlich der Berufungsvorentscheidung vom ) als unbegründet ab.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid vom fest, die Beschwerdeführerin habe im Zeitraum vom 12. September bis beim Zollamt Wien mit 35 näher bezeichnete Zollanmeldungen Sendungen mit Bekleidung zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr (Verfahrenscode 4000) angemeldet. Im Feld 8 der Anmeldungen sei in 19 Fällen erklärt worden, die Abfertigungsanträge als indirekter Vertreter, in 16 Fällen als direkter Vertreter der Empfängerin, der T. GesmbH, abzugeben. Hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer sei von der Regelung des § 26 Abs. 3 Z 2 UStG Gebrauch gemacht worden, wodurch der jeweilige Einfuhrumsatzsteuerbetrag auf dem Steuerkonto der T. GesmbH gebucht worden sei. Die Verrechnung der Kosten und der vorgeschriebenen Zollbeträge sei mit der I. Kft erfolgt. Die Sendungen seien in der Folge nach Ungarn befördert worden. Die T. GesmbH habe der Beschwerdeführerin nie Vollmacht oder Auftrag zur Vornahme von Einfuhrverzollungen erteilt. Sie habe die mit den angeführten Anmeldungen in den freien Verkehr übergeführten Waren weder bestellt noch geliefert erhalten. Geschäftsbeziehungen mit dem in den Zollanmeldungen als Versender genannten chinesischen Lieferunternehmen hätten nicht bestanden. Auf Grund der schriftlichen Einvernahmen ergebe sich, dass der "Inhalt" des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Datenblattes, welches der Beschwerdeführerin als Nachweis der Vollmacht gedient habe, gefälscht sei. Der auf dem Datenblatt abgebildete Stempel entspreche auch nicht dem tatsächlich von der vermeintlich Vertretenen verwendeten Stampiglie. Außerdem habe die angebliche Warenempfängerin (die T. GesmbH) nicht mit chinesischer Bekleidung gehandelt. Der Beschwerdeführerin sei es auch nicht möglich gewesen, einen plausiblen Grund zu nennen, warum der Vertreter der T. GesmbH sowohl die Empfängereigenschaft als auch eine Vollmachtserteilung leugnen sollte. Die Kosten der Abfertigung als auch die festgesetzten Zollbeträge seien nie der T. GesmbH weiterverrechnet worden.

Im Bescheid vom hielt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges fest, die Beschwerdeführerin habe am 30. und die Überführung von Bekleidungssendungen in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr (Verfahrenscode 4000) beantragt. Als Warenempfängerin sei im Feld 8 der jeweiligen Anmeldung die K. GesmbH angegeben gewesen. Außerdem sei erklärt worden, die Beschwerdeführerin trete als direkte Vertreterin der Empfängerin auf. Auf Grund des Antrages nach § 26 Abs. 3 UStG sei die Einfuhrumsatzsteuer auf dem Steuerkonto des angegebenen Empfängers gebucht worden. Die Sendungen seien in der Folge nach Ungarn befördert worden. Die K. GesmbH habe der Beschwerdeführerin nie Vollmacht zur Vornahme von Einfuhrverzollungen erteilt. Sie habe die mit den angeführten Anmeldungen in den freien Verkehr übergeführten Waren weder bestellt noch geliefert erhalten. Der Geschäftsführer der angeblichen Empfängerin, der K. GesmbH, habe schlüssig und nachvollziehbar (mit Schreiben vom auf Befragen durch die belangte Behörde) angegeben, dass der Beschwerdeführerin niemals eine Vollmacht für Zollabfertigungen erteilt worden sei, das in Rede stehende "Datenblatt" weder von ihm noch von einer anderen zeichnungsberechtigten Person des Unternehmens unterfertigt worden sei und der Stempel eine Fälschung sei, sohin dass der "Inhalt" des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Datenblattes, welches der Beschwerdeführerin als Nachweis der Vollmacht gedient habe, gefälscht sei. Die K. GesmbH habe weder mit der in den Anmeldungen genannten chinesischen Lieferfirma noch mit der Beschwerdeführerin und ihrem Auftraggeber, der I. Kft., Geschäftsbeziehungen unterhalten. Außerdem - so die belangte Behörde weiter - sei im maßgeblichen Zeitraum auch nicht mit Bekleidung gehandelt worden. Der auf dem Datenblatt abgebildete Stempel entspreche auch nicht dem tatsächlich von der vermeintlich Vertretenen verwendeten Stampiglie. Der Beschwerdeführerin sei es auch nicht möglich, einen plausiblen Grund zu nennen, warum der Vertreter der K. GesmbH sowohl die Empfängereigenschaft als auch eine Vollmachtserteilung leugnen sollte. Die Kosten der Abfertigung wie auch des festgesetzten Zollbetrages seien auch nie der K. GesmbH weiterverrechnet worden.

In beiden angefochtenen Bescheiden vertritt die belangte Behörde sodann die Ansicht, dass nicht das Zollamt die Fälschung der Vollmacht nachzuweisen habe, sondern dass die Beschwerdeführerin das Vorliegen einer Vollmacht über Verlangen vom Vertreter nachzuweisen habe. Es möge dahingestellt bleiben, ob für Abfertigungen zur Überführung in den freien Verkehr im Hinblick auf das grundsätzliche Erfordernis der Schriftlichkeit eine Anscheinsvollmacht zulässig sei. Auf eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht könne sich die Beschwerdeführerin allein schon deshalb nicht berufen, weil es auf den gegenüber dem Zollamt erzeugten Rechtsschein ankomme, den sich der Vertretene zurechnen lassen müsse. Die vermeintlichen Warenempfänger hätten aber kein derartiges Verhalten gesetzt. Im Gegenteil seien nach Zugang der entsprechenden Kontrollliste sofort die zuständigen Behörden kontaktiert und um Aufklärung ersucht worden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin im Recht auf "Nichtvorschreibung von Eingangsabgaben" und im Recht darauf verletzt erachtet, dass die belangte Behörde das "Ermessen richtig auszuüben" habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a) der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wird. Die Zollschuld entsteht gemäß Art. 201 Abs. 2 ZK in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird.

Zollschuldner ist gemäß Art. 201 Abs. 3 ZK der Anmelder. Im Falle der indirekten Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird. Liegen einer Zollanmeldung für ein Verfahren im Sinne des Art. 201 Abs. 1 ZK Angaben zugrunde, die dazu führen, dass die gesetzlich geschuldeten Abgaben ganz oder teilweise nicht erhoben werden, so können gemäß Art. 201 Abs. 3 ZK in der Fassung der Berichtigung ABlEG Nr. L 79 vom nach den geltenden innerstaatlichen Vorschriften auch die Personen als Zollschuldner angesehen werden, die die für die Abgabe der Zollanmeldung erforderlichen Angaben geliefert haben, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie unrichtig waren.

Gemäß § 71 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes (ZollR-DG) entsteht nach Maßgabe des Art. 201 Abs. 3 zweiter Unterabsatz ZK die Zollschuld in dem nach Art. 201 Abs. 2 ZK genannten Zeitpunkt auch für jeden, der dem Anmelder unrichtige oder unvollständige Angaben oder Unterlagen geliefert hat, die der Anmeldung zugrunde gelegt wurden.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 ZK kann sich - unter hier unstrittig gegebenen Voraussetzungen - jedermann gegenüber den Zollbehörden bei der Vornahme der das Zollrecht betreffenden Verfahrenshandlungen vertreten lassen.

Die Vertretung kann gemäß Art. 5 Abs. 2 ZK sein:


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direkt, wenn der Vertreter im Namen und für Rechnung eines anderen handelt;
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indirekt, wenn der Vertreter in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt.

Gemäß Art. 5 Abs. 4 ZK muss der Vertreter erklären, für die vertretene Person zu handeln; er muss ferner angeben, ob es sich um eine direkte oder indirekte Vertretung handelt, und Vertretungsmacht besitzen. Personen, die nicht erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, oder die erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, aber keine Vertretungsmacht besitzen, gelten als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd.

Die Zollbehörden können gemäß Art. 5 Abs. 5 ZK von einer Person, die erklärt, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, den Nachweis für ihre Vertretungsmacht verlangen.

Gemäß § 38 Abs. 2 ZollR-DG hat der direkte Vertreter durch eine schriftliche Vollmacht und der indirekte Vertreter durch einen schriftlichen Auftrag seine Vertretungsmacht nachzuweisen, wenn sie nicht amtsbekannt ist oder für den betreffenden Vertreter eine abweichende gesetzliche Regelung gilt. Für die indirekte Vertretung zur Angabe einer Anmeldung genügt die Glaubhaftmachung der Vertretungsmacht durch Vorlage der auf den Vertretenen lautenden Frachtpapiere und sonstigen die Waren betreffenden Papiere.

Gemäß § 2 Abs. 1 ZollR-DG gilt das Zollrecht der Union und das ZollR-DG auch in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit im ZollR-DG oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.

Gemäß § 26 Abs. 1 UStG 1994 gelten für die Einfuhrumsatzsteuer, soweit im UStG nichts anderes bestimmt ist, die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß. Für die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer sind nach § 26 Abs. 3 Z 1 UStG die Zollämter zuständig.

Nach § 26 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 sind abweichend von § 26 Abs. 3 Z 1 leg. cit. für die Einhebung und zwangsweise Einbringung der Einfuhrumsatzsteuer unter folgenden Voraussetzungen die Finanzämter zuständig:


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Die Einfuhrumsatzsteuerschuld ist nach Art. 201 Zollkodex entstanden und es handelt sich um keine nachträgliche Berichtigung,
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der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist Unternehmer, im Inland zur Umsatzsteuer erfasst und die Gegenstände werden für sein Unternehmen eingeführt und
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der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer erklärt in der Zollanmeldung, dass er von dieser Regelung Gebrauch macht.

Gemäß § 26 Abs. 5 lit. e UStG 1994 ist im Fall der indirekten Vertretung der Anmelder nicht Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer, wenn dem Anmelder ein schriftlicher Auftrag des Vertretenen zur Anwendung der Regelung des Abs. 3 Z 2 vorliegt. Dies gilt nicht, wenn der Zollanmeldung unrichtige Angaben zugrunde liegen und der Anmelder wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Angaben unrichtig sind

Zur Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden, die Beschwerdeführerin könne keine schriftliche Vollmacht der K. GmbH und der T. GmbH nachweisen, räumt die Beschwerde ein, dass die von ihr verwendeten Vollmachten "nicht gültig" seien. Die Beschwerdeführerin führt jedoch ins Treffen, dass zumindest Anscheinsvollmacht vorgelegen sei. Die I. Kft habe den Anschein erweckt, sie sei für die genannten Unternehmen, die K. GesmbH und die T. GesmbH, handlungsberechtigt. Von P.I. sei eine "handschriftlich unterschriebene", mit Firmenstempel versehene Vollmacht der T. GesmbH mit der richtigen UID-Nummer übergeben worden. Dies sei in der Branche aus Gründen des Kundenschutzes eine absolut übliche Vorgangsweise. Die Beschwerdeführerin habe daher jedenfalls im guten Glauben gehandelt.

Mit der Anscheinsvollmacht soll der Dritte zum Nachteil des Vertretenen geschützt werden, weil der Anschein für die Vollmacht gesprochen hat und dieser Schein überdies von jenem gesetzt wurde, gegen den er jetzt wirken soll (dem Vertretenen). Dem Dritten muss das Verhalten des Vertretenen bekannt sein und dieses muss Grundlage für den Geschäftsabschluss gewesen sein (vgl. etwa Kletecka in Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I (2006), 207).

Zutreffend hat die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt, dass die T. GesmbH und die K. GesmbH kein Verhalten gesetzt haben, aus denen die Beschwerdeführerin den Anschein der Vollmacht hätte entnehmen dürfen. Dieses Verhalten wurde von der I. Kft. oder deren Geschäftsführer gesetzt, die - den unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde zufolge - ihrerseits wieder in keinem Verhältnis zur K. GesmbH und zur T. GesmbH gestanden sind. Eine Anscheinsvollmacht scheidet, wie die belangte Behörde zutreffend bemerkt, sohin schon deshalb aus.

Hat die Beschwerdeführerin die T. GesmbH und die K. GesmbH deshalb weder direkt noch indirekt vertreten, so galt sie nach Art. 5 Abs. 4 letzter Satz ZK als im eigenen Namen und für eigene Rechnung handelnd, sohin als Anmelder und dementsprechend nach Art. 201 Abs. 3 erster Satz ZK als Zollschuldner. Mangels wirksamer indirekter Vertretung und mangels eines wirksamen schriftlichen Auftrages des Vertretenen ist die Beschwerdeführerin als Anmelder auch nicht nach § 26 Abs. 5 lit. e UStG von der Steuerschuldnerschaft ausgeschlossen.

Art. 7 Abs. 4 UStG lautet:

"Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung dennoch als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer. In Abholfällen hat der Unternehmer die Identität des Abholenden festzuhalten."

Die Beschwerdeführerin führt ins Treffen, die Vertrauensschutzregelung des Art. 7 Abs. 4 UStG sei im Beschwerdefall zumindest analog anzuwenden, auch wenn es sich nicht um eine umsatzsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung handle. Dem ist entgegenzuhalten, dass die vorgesehene Analogie schon deshalb scheitert, weil Art. 7 Abs. 4 UStG von unrichtigen Angaben des Abnehmers spricht, während in den Beschwerdefällen gerade nicht unrichtige Angaben des Empfängers (der K. GesmbH und der T. GesmbH) vorliegen, sondern unrichtige Angaben von dritter Seite.

Nach § 72a ZollR-DG hat die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Einfuhrumsatzsteuer gemäß Art. 220 ZK in Verbindung mit Art. 201 ZK sowie die Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer in Bescheiden gemäß § 201 BAO und die Abänderung der Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer im Rechtsbehelfsweg zu unterbleiben, soweit der Empfänger für diese Abgabe nach den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, es sei denn, dass der Steuerschuldner ausdrücklich anderes verlangt.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, sofern keine Analogie des Art. 7 Abs. 4 UStG zum Tragen kommen sollte, sei die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer nach § 72a ZollR-DG unzulässig, weil die tatsächlichen Warenempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt seien. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, dass nach den Feststellungen der belangten Behörde zwar die K. GesmbH und die T. GesmbH nicht die tatsächlichen Empfänger der Waren seien, wer jedoch tatsächlich Empfänger der in Rede stehenden Waren gewesen ist, hat die belangte Behörde nicht festgestellt und zeigt die Beschwerdeführerin auch nicht auf. Da sohin die Voraussetzung, dass der Empfänger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, nicht als gegeben angenommen werden kann, ist mit dem Hinweis auf § 72a ZollR-DG für die Beschwerdeführerin schon deshalb nichts gewonnen.

Zu dem in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin erwähnten guten Glauben, in welchem sie sich befunden habe, und zum Vorbringen, die von die von der Beschwerdeführerin gepflogene Vorgangsweise sei "in der Branche aus Gründen des Kundenschutzes" eine "absolut übliche", ist zu bemerken, dass die Verantwortung des der Zollbehörde gegenüber als Vertreter des Anmelders auftretenden Unternehmens, das sich seine Vertragspartner frei wählen kann, mit sich bringt, sich gegenüber seinen unmittelbaren Vertragspartnern im Hinblick auf die von diesen gelieferten Angaben abzusichern (vgl. auch etwa aus der Rsp des EuGH dessen Urteil vom in der Rs. C-367/09 (SGS Belgium NV u. a.), Rn 59). Im Beschwerdefall fällt auf, dass ein unmittelbarer Kontakt der Beschwerdeführerin mit den von ihr als vertreten geglaubten Unternehmen nicht einmal behauptet wird.

Schließlich bemängelt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe die in Rede stehende Einfuhrumsatzsteuer ihr vorgeschrieben, obwohl ein anderer Gesamtschuldner (wohl die I. Kft oder deren Geschäftsführer) nach § 71 ZollR-DG als Zollschuldner heranzuziehen sei. Einen bei der Ermessensprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Ermessensmissbrauch zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf. Die Zollbehörde hat die Beschwerdeführerin, die nach den in Rede stehenden Normen (Art. 201 Abs. 3 erster Satz ZK) als primärer Zollschuldner und damit als Einfuhrumsatzschuldner in Betracht kommt, herangezogen und nicht einen anderen nur in Ausnahmefällen wie im vorliegenden hinzutretenden Gesamtschuldner.

Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe die Einvernahme des (früheren) Geschäftsführers der Beschwerdeführerin unterlassen, unterlässt es anzuführen, zu welchem Beweisthema wann ein entsprechender Beweisantrag gestellt worden wäre.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am