VwGH vom 23.05.2014, 2013/04/0100
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ro 2014/04/0021 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Dr. Mayr sowie die Hofrätin Dr. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der M GmbH in K, vertreten durch die Muhri Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in 8010 Graz, Neutorgasse 47, gegen den Bescheid des Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich vom , Zl. ReOrg 242- 54/11/Wa/KS, betreffend Grundumlage nach dem WKG für das Jahr 2011 (weitere Partei: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die von der Beschwerdeführerin für das Jahr 2011 zu entrichtende Grundumlage mit EUR 5.688,-- festgesetzt. Als Rechtsgrundlage wurden die §§ 123 und 128 Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG) sowie der Grundumlagenbeschluss 2011 der steiermärkischen Landesinnung der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure genannt.
In der Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf den erstinstanzlichen Bescheid des Präsidenten der Wirtschaftskammer Steiermark vom , in dem festgestellt worden sei, dass die Beschwerdeführerin an insgesamt 12 näher bezeichneten Standorten berechtigt sei, die gewerblichen Tätigkeiten der Fußpflege und der Kosmetik (Schönheitspflege) auszuüben. Ausgehend davon, dass nach dem genannten Grundumlagenbeschluss 2011 für jede der "12 Berechtigungen" ein Betrag von EUR 474,-- zu entrichten sei, sei die Erstbehörde zu dem im Spruch vorgeschriebenen Gesamtbetrag gelangt.
Nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens der Beschwerdeführerin und der maßgebenden Bestimmungen des WKG führte die belangte Behörde aus, die Beschwerde bestreite nicht, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der genannten Tätigkeiten der Landesinnung Steiermark der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure zuzuordnen sei. Nach dem hier maßgebenden Grundumlagenbeschluss 2011 der Landesinnung vom sei die Grundumlage für das Jahr 2011 "pro Berechtigung" mit EUR 237,--
festzusetzen, wobei aber juristische Personen gemäß § 123 Abs. 12 WKG den doppelten Betrag (EUR 474,--) zu entrichten hätten.
Soweit die Beschwerdeführerin die Gleichheitswidrigkeit der letztgenannten Bestimmung einwende, sei ihr zu entgegnen, dass die belangte Behörde nicht befugt sei, über die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung zu befinden.
Der Einwand, dass § 123 Abs. 12 WKG gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) verstoße, sei nicht zielführend, weil die GRC nach ihrem Art. 51 ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union gelte. Dies treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu.
Soweit die Beschwerdeführerin die Mehrfachbelastung aufgrund ihrer zahlreichen Standorte (Filialen) als ungerechtfertigt erachte, so sei auf die Möglichkeit des § 127 Abs. 7 WKG, einen Antrag auf gänzliche oder teilweise Nachsicht zu stellen, verwiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom , B 847/2012-9, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichthof abgetreten hat.
Im genannten Ablehnungsbeschluss führte der Verfassungsgerichtshof aus, die vom Bundesgesetzgeber in § 123 Abs. 12 WKG, BGBl. I Nr. 103/1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 3/2012, vorgesehene unterschiedliche Behandlung von juristischen Personen - wie der Beschwerdeführerin als GmbH - gegenüber Gesellschaftsformen wie Offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften durch Vorschreibung der Entrichtung der Grundumlage nach § 123 Abs. 12 WKG in doppelter Höhe sei gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Hinweis auf das zu § 57a Abs. 6 Handelskammergesetz idF BGBl. 208/1969 ergangene Erkenntnis VfSlg. 12.175/1989 ) verfassungsrechtlich unbedenklich. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen bestünden auch gegen den Grundumlagenbeschluss 2011 der steiermärkischen Landesinnung der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure vom keine Bedenken.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerde ergänzt, die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Fall sind nachstehende Bestimmungen des Wirtschaftskammergesetzes 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 3/2012 (WKG), maßgebend (Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
" Umlagen
Finanzierung
§ 121. (1) Zur Finanzierung der Organisationen der gewerblichen Wirtschaft haben die Mitglieder nach Maßgabe entsprechender Beschlüsse der zuständigen Organe durch Umlagen im Sinne der nachfolgenden Bestimmungen beizutragen.
...
Grundumlagen
§ 123. (1) Die Mitglieder der Fachgruppen (Fachverbände) haben eine Grundumlage zu entrichten, die
1. zur Bedeckung der in den Voranschlägen vorgesehenen und durch sonstige Erträge nicht gedeckten Aufwendungen der Fachgruppen,
2. im Falle des § 14 Abs. 2 zur Bedeckung des Aufwands der durch sonstige Erträge nicht gedeckten Kosten der Landeskammer, die ihr durch die Vertretung der Interessen der betreffenden Fachverbandsmitglieder erwachsen, ferner
3. zur Bedeckung der in den Voranschlägen vorgesehenen und durch sonstige Erträge nicht gedeckten Aufwendungen der Fachverbände dient.
...
(3) Die Grundumlage ist nach Maßgabe des Abs. 5 von der Fachgruppentagung unter Zugrundelegung des Anteils des Fachverbandes an der Grundumlage zu beschließen. Der Beschluss der Fachgruppentagung über die Grundumlage bedarf der Genehmigung des Präsidiums der Landeskammer. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
...
(7) Die Grundumlage ist für jede Berechtigung nach § 2 zu entrichten . Dies gilt auch, wenn die Mitgliedschaft zu mehreren Fachgruppen (Fachverbänden) durch nur eine Berechtigung begründet ist. Der Erlangung einer Berechtigung nach § 2 ist die Begründung einer weiteren Betriebsstätte gleichzuhalten . ...
...
(9) Die Grundumlage ist unbeschadet der Bestimmung des letzten Satzes des Abs. 14 eine unteilbare Jahresumlage; sie ist auch für das Kalenderjahr zu entrichten, in dem die Berechtigung erworben wird oder erlischt.
(10) Die Grundumlage kann festgesetzt werden:
1. ausgehend von einer allgemein leicht feststellbaren Bemessungsgrundlage (zum Beispiel Brutto-Lohn- und Gehaltssumme, Umsatzsumme, durchschnittliche Zahl der Beschäftigten oder von Betriebsmitteln, Rohstoffeinsatz, Sozialversicherungsbeiträge, Betriebsvermögen, Anzahl der Betriebsstätten oder der Berechtigungen) in einem Hundert- oder Tausendsatz der Bemessungsgrundlage oder mit festen Beträgen,
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2. | in einem festen Betrag, |
3. | in einer auch mehrfachen Kombination der Varianten nach |
Z 1 und Z 2. | |
... |
(12) Wird die Grundumlage mit einem festen Betrag festgesetzt, so ist dieser von physischen Personen, offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften sowie von eingetragenen Erwerbsgesellschaften in einfacher Höhe (Normalsatz), von juristischen Personen in doppelter Höhe zu entrichten .
...
Feststellung der Umlagenpflicht bei Grundumlagen und bei
Gebühren für Sonderleistungen
§ 128. (1) Der Präsident der Landeskammer hat über Art und Ausmaß der Grundumlagepflicht einen Bescheid zu erlassen, wenn dies vom Zahlungspflichtigen spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.
...
(3) Gegen den Bescheid des Präsidenten der Landeskammer nach Abs. 1 und 2 sowie gegen den Bescheid des Obmannes des Fachverbandes nach Abs. 2 steht binnen zwei Wochen die Berufung an den Präsidenten der Bundeskammer offen, gegen dessen Entscheidung kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig ist.
...
(5) Auf das Verfahren nach Abs. 1 bis 4 sind die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991, sinngemäß anzuwenden.
...
Umlagenordnung
§ 129. (1) Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer hat in Ausführung der Bestimmungen der §§ 121 bis 127 eine Umlagenordnung zu erlassen, um eine möglichst niedrige und unter Bedachtnahme auf die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmungen verhältnismäßige Inanspruchnahme der zahlungspflichtigen Unternehmungen zu gewährleisten. ...
(2) In der Umlagenordnung der Bundeskammer wird auch bestimmt, an welche der darin getroffenen Regelungen die Landeskammern bei der Erlassung ihrer Umlagenordnung gebunden sind. Darüber hinaus kann die Umlagenordnung der Bundeskammer Rahmenbestimmungen für die Umlagenordnungen der Landeskammern vorsehen.
...
(5) Die Fachgruppen sind an die Umlagenordnung der Landeskammer, die Fachverbände an jene der Bundeskammer gebunden. ...
...
2. Abschnitt
Gebarung und Kontrolle Gebarungsgrundsätze
§ 131. Die Gebarung der nach diesem Bundesgesetz gebildeten Organisationen hat nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu erfolgen. Die in den §§ 122 bis 125 vorgesehenen Kammerumlagen, Grundumlagen und Gebühren für Sonderleistungen sind innerhalb der in diesen Bestimmungen festgelegten Höchstgrenzen nur in solcher Höhe festzusetzen, dass ihr Aufkommen zusammen mit allfälligen sonstigen Erträgen einschließlich der Leistungsentgelte den in den genehmigten Jahresvoranschlägen festgelegten Aufwand deckt und unter Bedachtnahme auf die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Zum Ausgleich von unvorhergesehenen Schwankungen bei den Erträgen und Aufwendungen sowie zur Bedeckung bestimmter Vorhaben sind angemessene Rücklagen zu bilden."
Der Grundumlagenbeschluss 2011 der steiermärkischen Landesinnung der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure vom , kundgemacht in "Steirische Wirtschaft" vom , lautet auszugsweise:
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"Die Grundumlage setzt sich zusammen aus einem Sockelbetrag (Festbetrag) pro Berechtigung in der Höhe von ............................... | EUR | 237,00 |
und einem Promillesatz der an die Stmk. Gebietskrankenkasse zu leistenden Gesamtsumme an Sozialversicherungsbeiträgen. Dieser Promillesatz beträgt 0. | ||
Für jede weitere Betriebsstätte .......................................................... | EUR | 237,00 |
(....) | ||
Juristische Personen zahlen das Doppelte des Sockelbetrages .......... | EUR | 474,00 |
ruhende Berechtigung .................................................................... .... | EUR | 118,50 |
Beschluss der Fachgruppentagung vom: . Der gefasste Beschluss gilt ab 2011 und bis auf weiteres für die Folgejahre." |
1.1. Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Beschwerde vor, sie betreibe an mehreren Standorten Friseursalons, in denen auch die Dienstleistungen der Fußpflege, Kosmetik und Massage erbracht würden. Gegen die gesondert ergangene Vorschreibung der Grundumlage an die Landesinnung der Friseure habe sie keine Rechtsmittel erhoben.
1.2. Was die verfahrensgegenständliche Vorschreibung der Grundumlage an die Landesinnung der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure wegen der entsprechenden Dienstleistungen der Beschwerdeführerin betrifft, so lässt die Beschwerdeführerin unbekämpft, dass sie den im Grundumlagenbeschluss 2011 festgelegten Betrag für jede Betriebsstätte zu entrichten habe. Auch beim Verwaltungsgerichtshof bestehen dagegen angesichts des § 123 Abs. 7 erster und dritter Satz WKG keine Bedenken.
2.1. Die Beschwerde wendet sich vielmehr gegen den Umstand, dass ihr der im Grundumlagenbeschluss 2011 festgesetzte Betrag von EUR 273,-- pro Betriebsstätte nur wegen ihrer Rechtsform als juristische Person in doppelter Höhe vorgeschrieben worden sei. Soweit die Beschwerdeführerin darin eine unzulässige Ungleichbehandlung bzw. das Fehlen einer sachlichen Rechtfertigung erblickt, ist sie auf den genannten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 847/2012-9, mit dem dieser die Behandlung der Beschwerde der Beschwerdeführerin abgelehnt hat, und den darin zitierten Beschluss vom , B 1878/88, VfSlg. 12.175, zu verweisen, in welchem der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Auswahl der Rechtsform als Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung von Grundumlagen hatte.
2.2. Die Beschwerde bringt in diesem Zusammenhang vor, dass mit dem bloßen Abstellen auf die Rechtsform ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Verhältnismäßigkeit nicht berücksichtigt worden seien, was gegenständlich jedoch gemäß § 131 WKG geboten gewesen wäre. Mit diesem Einwand ist die Beschwerdeführerin auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/04/0165, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof dargelegt hat, dass eine Rücksichtnahme auf die unterschiedliche "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmungen" im WKG nur bei der Erlassung der Umlagenordnung gemäß § 129 Abs. 1 WKG eine Deckung findet. Hingegen ist nach dem zitierten Erkenntnis ein Abstellen auf die Leistungsfähigkeit des einzelnen Unternehmens im Verfahren nach § 128 Abs. 1 WKG nicht vorgesehen (vgl. daran anknüpfend auch das Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0170).
2.3. Schließlich meint die Beschwerdeführerin, im vorliegenden Fall hätte ihre Rechtsform als juristische Person auch deshalb nicht zur Verdoppelung der Umlage führen dürfen, weil dies gemäß § 123 Abs. 12 WKG voraussetze, dass die Grundumlage in einem festen Betrag festgesetzt wurde. Diese Voraussetzung treffe gegenständlich nicht zu, weil im Grundumlagenbeschluss 2011 der steiermärkischen Landesinnung der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure vom nicht nur ein fester Betrag, sondern zusätzlich auch noch die Gesamtsumme an Sozialversicherungsbeträgen, somit eine Kombination iSd § 123 Abs. 10 Z 3 WKG, als Berechnungsgrundlage genannt seien.
Auch dieser Einwand ist nicht zielführend. Die Vorschreibung in doppelter Höhe ist gegenüber juristischen Personen gemäß § 123 Abs. 12 WKG dann zulässig, wenn die Grundumlage "mit einem festen Betrag festgesetzt wird". Dies ist im vorliegenden Fall gegeben, weil sich die Grundumlage - wie der oben wiedergegebene Grundumlagenbeschluss 2011 zeigt - nach einem Festbetrag, nicht aber nach einem Promillesatz der Gesamtsumme an Sozialversicherungsbeiträgen (dieser Promillesatz ist im genannten Grundumlagenbeschluss 2011 ausdrücklich mit Null festgelegt) bestimmt.
3. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Ein Zuspruch von Kosten an die belangte Behörde als obsiegende Partei gemäß den §§ 47 ff VwGG entfällt mangels eines diesbezüglichen Antrages.
Wien, am
Fundstelle(n):
RAAAE-79091