VwGH 19.06.2013, 2010/16/0183
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | B-VG Art130 Abs2; GEG §9 Abs2; |
RS 1 | Bei § 9 Abs. 2 GEG handelt es sich um eine Ermessensvorschrift, doch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen einer der beiden im Gesetz genannten Alternativvoraussetzungen abhängig. Hinsichtlich des Tatbestandselementes der "besonderen Härte" kommt nach der hg. Rechtsprechung sowohl eine besondere Härte infolge einer sachlichen Unbilligkeit der Einbringung als auch eine solche infolge Vorliegens individueller Gründe in Betracht, die die Einbringung der gesetzmäßig vorgeschriebenen Gerichtsgebühren als besondere Härte erscheinen ließen. Diese Voraussetzung hat die Justizverwaltungsbehörde in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen (Hinweis E , 93/17/0265; E , 98/17/0180; E , 2001/17/0176). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 99/17/0029 E RS 1 |
Norm | GEG §9 Abs2; |
RS 2 | Der Gebührenschuldner macht die Uneinbringlichkeit der Gebührenschuld geltend, wenn er vorbringt, dass es ihm unmöglich wäre, etwas zu bezahlen, weil er bereits auf das Existenzminimum gepfändet werde. Daraus folgt, dass im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vom Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne des § 9 GEG auszugehen ist, weil die Gewährung des beantragten Nachlasses keinen Sanierungseffekt zur Folge gehabt hätte (vgl. dazu die bei Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, E. 107 zu § 9 GEG zitierte hg. Rechtsprechung). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des W in L, vertreten durch Dr. Christoph Arbeithuber, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Gerstnerstraße 12, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom , Zl. Jv 53400-33a/10, betreffend Nachlass von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit seinem an das Bezirksgericht Linz gerichteten Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer "Einspruch gegen eine Zahlungsaufforderung" betreffend Gerichtsgebühren im Betrag von EUR 215,10. Die Forderung sei verjährt und es sei unklar, ob diese Kosten berechtigt (notwendig) seien. Er lebe unter dem Existenzminimum und werde "ohnehin gepfändet". Er ersuche "in Eventu um Ausbuchung des Betrages". Es sei ihm "wirklich unmöglich Etwas zu bezahlen".
Die belangte Behörde behandelte dieses Schreiben als Ansuchen auf Nachlass gem. § 9 Abs. 2 GEG und forderte den Beschwerdeführer auf, dieses Ansuchen zu präzisieren und Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen.
In der Folge gab der Beschwerdeführer an, sein Nettoeinkommen werde bis auf ca. EUR 850,-- gepfändet. Weiters habe er Schulden bei seinem Bruder.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Nachlass der ihm vorgeschriebenen Gerichtsgebühren von EUR 215,10 nicht statt. Sie führte begründend aus, am sei ein Konkursverfahren gegen den Beschwerdeführer gem. § 139 KO aufgehoben worden. Das Nettoeinkommen sei mit EUR 972,61 bescheinigt worden, wobei derzeit weitere Abzüge von EUR 154,51 erfolgt seien. Der Beschwerdeführer habe angegeben, Frühpensionist zu sein und erhöhte Kosten durch eine Stoffwechselerkrankung zu haben. Weiters habe er Schulden bei seinem Bruder, ohne aber deren Höhe zu bezeichnen. Die belangte Behörde führte in ihrer rechtlichen Beurteilung wörtlich aus:
"Gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962 können - von dem hier schon vornherein nicht in Betracht kommenden Fall des öffentlichen Interesses abgesehen - Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre. Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass in Anbetracht der gegebenen Einkommensverhältnisse des Antragstellers (er bezieht eine Nettopension von EUR 972,61) in der Einbringung eines einmaligen Betrags von EUR 215,10 keine besondere Härte im Sinne des § 9 Abs. 2 GEG 1962 erblickt werden kann; daran ändern auch die im Zuge des Nachlassverfahrens mitgeteilten Kosten für eine Stoffwechselerkrankung (Unterlagen wurden keine vorgelegt) nichts.
Ausgehend vom monatlichen Nettoeinkommen von EUR 972,61 bleiben nach der Tabelle 1 a m der Existenzminimumverordnung 2010 EUR 836,10 unpfändbar, somit wären im Falle einer Gehaltsexekution EUR 136,51 abschöpfbar. Ein Nachlass wäre zu gewähren, wenn sonst der nötige Unterhalt für den Antragsteller gefährdet wäre. Der notwendige Unterhalt liegt über dem Existenzminimum, darf aber den standesgemäßen Unterhalt nicht erreichen (MGA JN-ZPO 15. Aufl. § 63 ZPO E 26, EFSlg. 98.097, 101.815).
Berücksichtigt man nun, dass bei Einschränkung auf das Existenzminimum der aushaftende Betrag von EUR 215,10 innerhalb von 2 Monaten abgedeckt wäre, so rechtfertigt dieser Umstand keinen Nachlass."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nachlass der Gerichtsgebühren verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift. Sie beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Bei der Vorschrift des § 9 Abs. 2 GEG handelt es sich um eine Ermessensvorschrift, doch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen einer der beiden im Gesetz genannten Alternativvoraussetzungen abhängig. Hinsichtlich des Tatbestandselements der "besonderen Härte" kommt nach der hg. Rechtsprechung sowohl eine besondere Härte infolge einer sachlichen Unbilligkeit der Einbringung als auch eine solche infolge Vorliegens individueller Gründe in Betracht, die die Einbringung der gesetzmäßig vorgeschriebenen Gerichtsgebühren als besondere Härte erscheinen ließen. Diese Voraussetzung hat die Justizverwaltungsbehörde in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2005/16/0025).
Dass der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen sei, kann im vorliegenden Fall außer Betracht bleiben. Eine sachliche Unbilligkeit der Einbringung wurde vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer ein Nettoeinkommen von EUR 972,61 bescheinigt hätte, von dem jedoch "derzeit" weitere Abzüge von EUR 154,51 erfolgt seien. Damit ging sie jedoch von der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehenden Unpfändbarkeit seines Einkommens und damit von der Uneinbringlichkeit der Gebührenschuld aus.
Auch der Beschwerdeführer macht die Uneinbringlichkeit der Gebührenschuld geltend, wenn er vorbringt, dass es ihm unmöglich wäre, etwas zu bezahlen, weil er bereits auf das Existenzminimum gepfändet werde.
Daraus folgt aber, dass im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vom Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne des § 9 GEG auszugehen ist, weil die Gewährung des beantragten Nachlasses keinen Sanierungseffekt zur Folge gehabt hätte (vgl. dazu die bei Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, E. 107 zu § 9 GEG zitierte hg. Rechtsprechung). Ein solcher Sanierungseffekt wird von der Beschwerde auch nicht behauptet.
Darüber hinaus hat die belangte Behörde auch die Lage bei Beendigung der Vornahme der Abzüge, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung zum Erreichen des unpfändbaren Existenzminimums geführt haben, geprüft und ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass in diesem Fall die Gebührenschuld innerhalb von zwei Monaten abgetragen werden könnte. Dieser Feststellung ist die Beschwerde auch nicht entgegengetreten. Der Beschwerde ist auch kein Vorbringen zu entnehmen, wonach darin eine besondere Härte zu erblicken wäre.
Die Beschwerde hat somit keine Gründe aufgezeigt, wonach die belangte Behörde die begehrte Nachsicht zu Unrecht verwehrt hätte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | B-VG Art130 Abs2; GEG §9 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2013:2010160183.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAE-79078