VwGH vom 12.06.2013, 2013/04/0064
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Zirm, über die Beschwerde des X in Wien, vertreten durch Dr. Michael Mathes, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. M63/008643/2011, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung ergibt sich Folgendes:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) die Gewerbeberechtigungen "Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe, zu welchen insbesondere der Handel mit Medizinprodukten, Waffen und pyrotechnischen Artikeln zählen" sowie "Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung (Handwerk)" in einem näher bezeichneten Standort in Wien entzogen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, über den Beschwerdeführer sei mit rechtskräftiger Strafverfügung des Zollamtes Wien vom wegen der Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz und der vorsätzlichen Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz eine Geldstrafe von EUR 1.200,-- verhängt worden. Da seit der Rechtskraft des Strafbescheides noch nicht fünf Jahre vergangen seien, sei der Ausschlussgrund nach § 13 Abs. 2 GewO 1994 nach wie vor gegeben.
Dieser Bestrafung sei zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer am im Bereich des Zollamts Wien vorsätzlich Sachen, welche zugleich auch Monopolgegenstände seien, nämlich 10.000 Stück Zigaretten einer näher bezeichneten Marke, hinsichtlich derer von bislang unbekannten Personen die Finanzvergehen des Schmuggels und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols (§ 35 Abs. 1 lit. a und § 44 Abs. 1 Finanzstrafgesetz) begangen worden seien, in Wien gekauft und somit an sich gebracht habe.
An diese von der Strafbehörde rechtskräftig festgestellten und im Beschwerdefall unstrittigen Tatsachen sei die Gewerbebehörde gebunden.
Der Beschwerdeführer habe bei der Niederschrift vom inhaltlich bestätigt, dass er unter Einbeziehung seiner Stieftochter als Auskunftsperson und Vermittlerin aktiv auf der Suche nach "günstigen Zigaretten" gewesen sei. Zur Frage nach der Zweckbestimmung der Zigaretten habe der Beschwerdeführer angegeben, er habe vorgehabt, diese Zigaretten aus sozialen Gründen an die in seinen beiden Firmen beschäftigten Arbeiter gratis zu verteilen. Es sei sehr schwer gute Arbeiter zu finden und der Beschwerdeführer habe auf diese Weise sein Personal "bei Laune halten wollen". In Anbetracht dieser Aussage sei das im Entziehungsverfahren erstattete (und schon auf Grund der Menge der bezogenen Zigaretten unglaubwürdige) Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe die Ware "für seinen persönlichen Gebrauch" erworben, nicht nachvollziehbar.
Im Hinblick auf die Eigenart der strafbaren Handlung führte die belangte Behörde aus, es könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass nahezu jedes Gewerbe auf Grund des damit notwendig verbundenen vielseitigen Geschäftsverkehrs zahlreiche Gelegenheiten biete, geschäftlich oder privat motivierte Delikte gegen finanzrechtlich geschützte Werte wie die Leistung von Abgaben im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Warenverkehr und damit allenfalls verbundene Monopolrechte zu begehen bzw. derartige Übertretungen durch Hehlerei weiter zu fördern bzw. zu unterstützen. Die Tatsache, dass die Tat entgegen dem Berufungsvorbringen sehr wohl im Zusammenhang mit einer (noch dazu einschlägigen) Gewerbeausübung gestanden habe, sei als verstärkendes Indiz für eine Wiederholungsgefahr zu werten.
Zur Persönlichkeit des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dieser habe die Tat - wie sich aus der Niederschrift vom ergebe - im Zusammenhang mit seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer begangen, um sich den Umgang mit seinen Mitarbeitern durch das Verteilen eines entsprechend großen Kontingents von günstig (da illegal) erworbenen Schmuggel- und Monopolgütern zu erleichtern. Gerade dieses der Straftat zugrunde liegende Motiv gebe Anlass zur Befürchtung, der Beschwerdeführer werde wiederum einen Ausweg in einer ähnlichen Straftat suchen. Die verhängte Strafe liege trotz der Berücksichtigung mildernder Umstände noch wesentlich über der im § 13 Abs. 2 GewO 1994 festgelegten Strafgrenze. Die von der Strafbehörde mildernd gewährten Umstände stünden in keinerlei Zusammenhang mit dem weiteren Verhalten des Beschwerdeführers bei der Gewerbeausübung. Seine sonstige Unbescholtenheit könne mangels Hinzutretens weiterer bestärkender Umstände keine positive Prognose bewirken.
Von der im § 13 Abs. 2 GewO 1994 festgelegten fünfjährigen Ausschlussfrist seien nunmehr erst knapp zwei Jahre verstrichen. Dass in diesem Zeitraum (seit der rechtskräftigen Bestrafung) unter Beweis gestellte Wohlverhalten sei noch zu kurz, um daraus die Erwartung ableiten zu können, die zutage getretene Einstellung des Beschwerdeführers habe sich geändert, sodass die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei weiterer Ausübung der beiden Gewerbe noch zu befürchten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361 GewO 1994) zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 GewO 1994 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Gemäß § 13 Abs. 2 GewO 1994 ist von der Ausübung des Gewerbes ausgeschlossen, wer wegen der Finanzvergehen des Schmuggels, der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben, der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes, BGBl. Nr. 129/1958, in der jeweils geltenden Fassung, der Hinterziehung von Monopoleinnahmen, des vorsätzlichen Eingriffes in ein staatliches Monopolrecht oder der Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes von einer Finanzstrafbehörde bestraft worden ist, wenn über ihn wegen eines solchen Finanzvergehens eine Geldstrafe von mehr als EUR 726,-- oder neben einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe verhängt wurde und wenn seit der Bestrafung noch nicht fünf Jahre vergangen sind.
2. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass über den Beschwerdeführer rechtskräftig wegen der Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz und der vorsätzlichen Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz eine Geldstrafe von EUR 1.200,-- verhängt worden ist, seit der rechtskräftigen Bestrafung noch nicht fünf Jahre vergangen sind und somit der Ausschlussgrund nach § 13 Abs. 2 GewO 1994 verwirklicht ist.
3. Die Beschwerde wendet sich allerdings gegen die Prognose der Gewerbebehörde, nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers sei die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten (§ 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994).
Für den Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist es erforderlich, dass die Gewerbebehörde auf Grundlage des Verhaltens in der Vergangenheit eine begründete und nachvollziehbare Prognose über das zukünftige Verhalten einer Person anstellt. Die Prognose nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 setzt daher die Feststellung der Tathandlungen voraus, die der (den Ausschlussgrund nach § 13 Abs. 1 GewO 1994 bildenden) Verurteilung konkret zugrunde gelegen sind und von denen die Gewerbebehörde in Bindung an die rechtskräftige Verurteilung bei ihrer Prognose auszugehen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0197, mwN). Gleiches gilt für den Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 2 GewO 1994.
Eine solche Prognose hat die Gewerbebehörde im Beschwerdefall vorgenommen.
Wenn die Beschwerde gegen diese Prognose vorbringt, der Beschwerdeführer habe die Straftat nicht in Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit, sondern als Privater vorgenommen und sich im Anlassfall nicht an eine Kontaktperson aus dem Geschäftsverkehr, sondern an seine Stieftochter gewandt und somit seine Privatsphäre klar von der Geschäftssphäre getrennt, ist darauf hinzuweisen, dass nach dem - insoweit in der Beschwerde unbestrittenen - Feststellungen der belangten Behörde die Straftat im Zusammenhang mit der Funktion des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer begangen worden ist, um sich den Umgang mit seinen Mitarbeitern durch das Verteilen von günstig erworbenen Schmuggel- und Monopolgütern zu erleichtern. Von einer Handlung als Privater kann daher keine Rede sein.
Die Beschwerde weist weiters darauf hin, der konkrete Unrechtsgehalt der zugrundeliegenden Finanzstrafvergehen sei nicht gravierend, zumal die Finanzstrafbehörde nur knapp ein Fünftel des möglichen Strafausmaßes ausgeschöpft habe. Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen hat, dass die von der Finanzstrafbehörde verhängte Strafe wesentlich über der in § 13 Abs. 2 GewO 1994 festgelegten Strafgrenze liegt, und dies in nicht unvertretbarer Weise bei ihrer Prognose berücksichtigt hat.
Auch der Hinweis der Beschwerde, bei der vorliegenden Tat handle es sich um eine einmalige Verfehlung des Beschwerdeführers und seit der Tat seien bereits 3,5 Jahre vergangen, zeigt eine Rechtswidrigkeit der von der Gewerbebehörde nachvollziehbar vorgenommenen Prognose nicht auf. Angesichts der von der belangten Behörde festgestellten konkreten Tatumstände ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde das zwischenzeitliche Wohlverhalten als noch zu kurz angesehen hat, um eine positive Prognose im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 zu ermöglichen.
Wenn die Beschwerde zuletzt vorbringt, die belangte Behörde habe die Existenzbedrohung der vorliegenden Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht berücksichtigt, ist darauf hinzuweisen, dass eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nach dem Gesetz keinen Grund darstellt, von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/04/0134, mwN).
4. Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am