VwGH vom 08.09.2010, 2010/16/0144
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des G L in R, vertreten durch Gerhard Friedl, Steuerberater in 4707 Schlüßlberg, Marktplatz 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. FSRV/0029-L/10, miterledigt FSRV/0030- L/10, betreffend Antrag auf Strafaufschub (§ 177 Abs. 1 FinStrG) und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dieses Antrages (§ 177 Abs. 2 FinStrG), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist Folgendes zu entnehmen:
In dem gegen den Beschwerdeführer durchgeführten Finanzstrafverfahren wurde nach Schluss der am in Anwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat das Erkenntnis verkündet, womit der Beschwerdeführer der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG hinsichtlich näher genannter Zeiträume schuldig erkannt wurde. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses wurde dem Beschwerdeführer am an dessen Wohnanschrift zugestellt. Eine Berufung dagegen erhob der Beschwerdeführer nicht.
Am stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufschub des Strafvollzuges des noch offenen Teiles der über ihn verhängten Ersatzfreiheitsstrafe mit der Begründung, dass das Spruchsenatserkenntnis vom mangels gesetzmäßiger Zustellung nicht in Rechtskraft erwachsen sein könne. Gleichzeitig beantragte der Beschwerdeführer, seinem Antrag auf Strafaufschub aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Diese Anträge wies das Finanzamt mit dem Verteidiger des Beschwerdeführers zugestellten Bescheid vom als unbegründet ab.
In der dagegen erhobenen Administrativbeschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses des Spruchsenates an ihn selbst sei deshalb nicht wirksam, weil das Erkenntnis seinem zustellbevollmächtigten Steuerberater hätte zugestellt werden müssen. Eine gesetzeskonforme Zustellung an den Verteidiger des Beschwerdeführers stehe noch aus.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde als unbegründet ab. Da keine wirksame Zustellungsbevollmächtigung vorgelegen sei, sei die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses zu Recht dem Beschwerdeführer selbst an dessen Wohnanschrift zugestellt worden. Dieses Erkenntnis sei - da kein Rechtsmittel dagegen erhoben worden sei - in Rechtskraft erwachsen. Berücksichtigungswürdige Gründe für einen Strafaufschub finde die belangte Behörde nach näherer Begründung keine. Insbesondere habe die Zeit zwischen Eintritt der Rechtskraft des Straferkenntnisses und dem nunmehr bevorstehenden Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe den Beschwerdeführer in die Lage versetzt, entsprechende Vorkehrungen zu treffen.
Eine aufschiebende Wirkung des Antrages auf Strafaufschub sei begrifflich nur solange möglich, als eine Endentscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung nicht ergangen sei. Damit könne mit der Entscheidung der belangten Behörde über den Antrag auf Strafaufschub nur mehr eine Abweisung des Antrages auf aufschiebende Wirkung des Strafaufschubantrages ausgesprochen werden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 134 FinStrG hat im Verfahren vor dem Spruchsenat der Vorsitzende nach Schluss der mündlichen Verhandlung auf Grund der Ergebnisse der Beratung und Abstimmung das Erkenntnis öffentlich zu verkünden und hiebei die wesentlichen Entscheidungsgründe bekannt zu geben. Nach § 141 Abs. 1 FinStrG ist das Erkenntnis schriftlich auszufertigen und sind Ausfertigungen des Erkenntnisses u.a. dem Beschuldigten zuzustellen.
Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat gemäß § 9 Abs. 3 des Zustellgesetzes (ZustG) in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 10/2004 die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen.
Geldstrafen werden nach § 171 Abs. 1 FinStrG mit Ablauf eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung fällig.
Auf Antrag des Bestraften kann die Finanzstrafbehörde erster Instanz nach § 177 Abs. 1 FinStrG bei Vorliegen triftiger Gründe den Strafvollzug von Freiheitsstrafen aufschieben. Nach § 177 Abs. 2 leg. cit. kommt Anträgen auf Aufschub des Vollzuges eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Die Finanzstrafbehörde hat jedoch auf Antrag des Bestraften die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn durch den sofortigen Vollzug ein nicht wiedergutzumachender Schaden eintreten würde und nicht öffentliche Rücksichten einen Vollzug gebieten.
Die Bestimmungen für den Vollzug von Freiheitsstrafen gelten nach § 179 Abs. 1 FinStrG auch für den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen.
Der Beschwerdeführer geht davon aus, dass die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Spruchsenatserkenntnisses (§ 141 Abs. 1 FinStrG) nicht wirksam zugestellt worden sei, weil sie entgegen der Anordnung des § 9 Abs. 3 ZustG in der zitierten Fassung nicht dem Zustellungsbevollmächtigten, sondern ihm selbst zugestellt worden sei.
Träfe diese Annahme des Beschwerdeführers zu, dann wäre die Rechtskraft des Erkenntnisses und davon abhängig die Fälligkeit der verhängten Geldstrafe (§ 171 Abs. 1 FinStrG) nicht eingetreten. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe wäre dann unzulässig.
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Annahme des Beschwerdeführers zutrifft, ob der Antrag auf Strafaufschub zurückzuweisen gewesen wäre und ob die belangte Behörde deshalb - statt die Administrativbeschwerde abzuweisen - mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers auf Strafaufschub hätte zurückweisen müssen.
Der Beschwerdeführer erachtet sich nämlich in Ausführung des Beschwerdepunktes "durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Zurückweisung einer Beschwerde als verletzt".
Der Beschwerdeführer schließt auch die Begründung der vorliegenden Beschwerde mit
"Hätte die Finanzstrafbehörde nicht nur erkannt, dass ein bevollmächtigter Vertreter vorhanden ist, sondern von diesem auch ein konkret und spezieller Auftrag zu erfüllen war, so wäre das Erkenntnis des Spruchsenats vom zu Handen des Verteidigers zuzustellen gewesen und die in Beschwerde gezogene Beschwerdeentscheidung hätte auf Zurückweisung einer Beschwerde lauten müssen, da mangels einer wirksamen Zustellung des Erkenntnisses des Spruchsenates von der bekämpfte Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe nich im Raum sünde bzw. der rechtliche Boden fehlt."
Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Beschwerde u.a. die bestimmte Bezeichnung des Rechtes zu enthalten, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom , 2009/16/0132, und vom , 2000/14/0185, VwSlg 7.971/F) kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Bescheides dem Beschwerdepunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden ist, sondern nur ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Beschwerdeführer behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. dazu Steiner, in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen, 61ff).
Wird der Beschwerdepunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (vgl. etwa das erwähnte hg. Erkenntnis vom mwN).
Dass die Administrativbeschwerde unzulässig gewesen wäre, etwa weil der vor der belangten Behörde bekämpfte Bescheid der Finanzstrafbehörde erster Instanz nicht wirksam zugestellt worden wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht.
Im ausdrücklich geltend gemachten Recht auf Zurückweisung seiner (Administrativ)Beschwerde wurde der Beschwerdeführer durch den über die Administrativbeschwerde meritorisch absprechenden angefochtenen Bescheid daher nicht verletzt.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am