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VwGH vom 27.01.2011, 2010/16/0142

VwGH vom 27.01.2011, 2010/16/0142

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der F GmbH in F, vertreten durch die Janezic Schmidt Rechtsanwälte OG in 8020 Graz, Lagergasse 57a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. ZRV/0057-Z3K/09, betreffend Mineralölsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin einen an das Zollamt Graz gerichteten Antrag auf "Rückerstattung von Mineralölsteuer" für das Jahr 2007. Sie gab an, im genannten Zeitraum zwei Luftfahrzeuge zum Zwecke der gewerblichen Luftfahrzeugvermietung und der gewerblichen Zivilluftfahrerausbildung betrieben, dafür 8.205,48 Liter Mineralöle (EN228) bezogen und dabei (im Rahmen des Preises) an die jeweiligen Lieferanten Mineralölsteuer bezahlt zu haben. Entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes, wonach nur der Inhaber des Steuerlagers (als Lieferant) erstattungsberechtigt sei, stehe auch ihr als Bezieherin des Mineralöls ein "direkter Erstattungsanspruch" zu. Eine Geltendmachung des durch die Verweigerung von Erstattungsanträgen durch die Lieferanten entstandenen Schadens im Zivilrechtsweg sei für die Beschwerdeführerin nicht zumutbar. Der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 4 MinStG, wonach auch der "Verwender" des Mineralöls antragsbefugt sei, sei daher auf den vorliegenden § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG auszudehnen.

Mit Bescheid vom wies das Zollamt Graz den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erstattung der Mineralölsteuer gemäß § 5 Abs. 3 iVm § 4 Abs. 1 Z 1 Mineralölsteuergesetz (MinStG) zurück, weil dazu nur der Steuerschuldner (Inhaber des Steuerlagers) berechtigt sei. Die Beschwerdeführerin sei nicht Steuerschuldnerin und daher auch nicht antragslegitimiert.

In der dagegen erhobenen Berufung ergänzte die Beschwerdeführerin ihr bisheriges Vorbringen, indem sie ausführte, dass die nationalen Bestimmungen der Richtlinie 2003/96/EG des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom widersprechen würden. Österreich verstoße gegen seine gemeinschaftlichen Verpflichtungen, weil es die in der Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung unterlaufe.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung vom erhob die Beschwerdeführerin Administrativbeschwerde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Administrativbeschwerde als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei nicht Inhaberin eines Steuerlagers und daher nicht Steuerschuldnerin. Sie habe das für den Betrieb ihrer Flugzeuge verwendete Mineralöl von ihren Lieferanten versteuert bezogen. Für gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG von der Mineralölsteuer befreites Mineralöl sei eine Antragstellung durch den Verwender nicht vorgesehen. Mangels Gesetzeslücke scheide eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 4 MinStG auf den gegebenen Sachverhalt aus.

Da die Richtlinie 2003/96/EG hinsichtlich der Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt keine Vorgaben über das begünstigte Subjekt enthalte, obliege diese Ausgestaltung den Mitgliedstaaten.

Finde die Steuerfreiheit bereits bei der Steueranmeldung Berücksichtigung, so komme die Begünstigung dem Steuerschuldner zugute. Es sei daher konsequent und auch geboten, nur dem Steuerschuldner einen Antrag auf Erstattung entrichteter Steuern zuzugestehen, um eine einfache und korrekte Anwendung der Befreiung sicherzustellen und Missbrauch zu verhindern. Sollte die Antragslegitimation auch auf den Verwender ausgedehnt werden, so könnte beispielsweise bei einer Betankung eines Flugzeuges außerhalb des Steuergebietes nur sehr schwer sichergestellt werden, dass die Erstattung nur für in Österreich versteuertes Mineralöl beantragt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend macht. Sie erachtet sich in ihrem Recht auf "Rückerstattung der von ihr bereits geleisteten Mineralölsteuer" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Mineralölsteuergesetzes 1995 (MinStG), BGBl. Nr. 630/1994 (§ 4 Abs. 1 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 24/2007) lauten:

"§ 4.

(1) Von der Mineralölsteuer sind befreit:

1. Mineralöl, das als Luftfahrtbetriebsstoff an

Luftfahrtunternehmen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen oder für sonstige gewerbsmäßige Dienstleistungen, die mittels eines Luftfahrzeuges entgeltlich erbracht werden, aus Steuerlagern oder Zollagern abgegeben wird;

...

§ 5.

...

(3) Wurde für Mineralöle, Kraftstoffe oder Heizstoffe, die nach § 4 Abs. 1 Z 1 bis 9 steuerfrei sind, die Mineralölsteuer entrichtet, so ist sie, außer in den Fällen des § 4 Abs. 1 Z 5, 6, 7 und 9 auf Antrag des Steuerschuldners zu erstatten.

(4) Wurde für Mineralöle, Kraftstoffe oder Heizstoffe, die nach § 4 Abs. 1 Z 5, 6, 7 und 9 steuerfrei sind, die Mineralölsteuer entrichtet, so ist sie auf Antrag des Verwenders zu erstatten oder zu vergüten. Im Falle der nach § 4 Abs. 1 Z 5 steuerfreien Waren hat die Inanspruchnahme durch die betreffende Vertretung und im Falle einer Begünstigung des Personals einer internationalen Einrichtung durch diese Einrichtung unter Anschluss der Belege zu erfolgen.

6. Entstehung, Anmeldung und Fälligkeit der Steuer

Steuerschuld

§ 21. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, entsteht die Steuerschuld dadurch,

1. daß Mineralöl aus einem Steuerlager weggebracht

wird, ohne daß sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren oder Zollverfahren gemäß § 30 Abs. 1 Z 3 anschließt, oder dadurch, daß es in einem Steuerlager zum Verbrauch entnommen wird (Entnahme in den freien Verkehr);

Steuerschuldner

§ 22. Steuerschuldner ist

1. in den Fällen des § 21 Abs. 1 Z 1 der Inhaber des Steuerlagers;

…"

Durch die Novelle BGBl. I Nr. 24/2007 wurde in § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG (für Waren, für welche die Steuerschuld nach dem entstanden ist) das Wort "entgeltlich" gestrichen.

Art. 6 und 14 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABl. EG L 283/51 vom (im Folgenden: Richtlinie 2003/96/EG), lauten:

" Artikel 6

Den Mitgliedstaaten steht es frei, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen zu gewähren, und zwar entweder:

a) direkt

b) über einen gestaffelten Steuersatz

oder

c) indem sie die entrichteten Steuern vollständig oder

teilweise erstatten.

...

Artikel 14

(1) Über die allgemeinen Vorschriften für die steuerbefreite Verwendung steuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und - vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der Steuer:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
b)
Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung
als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt.
Im Sinne dieser Richtlinie ist unter der 'privaten nichtgewerblichen Luftfahrt' zu verstehen, dass das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird.
Die Mitgliedstaaten können die Steuerbefreiung auf Lieferungen von Flugturbinenkraftstoff (KN-Code 2710 19 21) beschränken;
…"
Die Beschwerdeführerin gesteht in ihrer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu, dass nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 MinStG ausschließlich der Steuerpflichtige (das ist im Beschwerdefall der Inhaber des Steuerlagers, welcher der Beschwerdeführerin Mineralöl liefert), nicht jedoch der Verwender des Mineralöls erstattungsberechtigt ist. Sie vertritt jedoch die Auffassung, dass die Bestimmung des § 5 Abs. 3 MinStG "unter dem Aspekt der offenbaren Gleichheitswidrigkeit unangewendet zu bleiben" habe und die Bestimmungen des § 5 Abs. 4 MinStG "in gleichheitskonformer Anwendung auf den Fall des § 4 Abs. 1 Z 1 auszudehnen" sei.
Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass diese (von der Beschwerdeführerin als verfassungskonform erachtete) Interpretationsmethode - wie auch jede andere - ihre Grenze im eindeutigen Wortlaut des Gesetzes findet (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2005/12/0240, mwN). Der Wortlaut der Bestimmungen des § 5 Abs. 3 und Abs. 4 MinStG steht aber eindeutig einer Antragslegitimation des Verwenders auf Erstattung von Mineralölsteuer für nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG befreites Mineralöl entgegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hegt auch keine Bedenken, dass § 5 Abs. 3 MinStG verfassungswidrig sein könnte. Es kann nämlich nicht als unsachlich erachtet werden, wenn der Gesetzgeber für einzelne, taxativ angeführte Bereiche (z.B. für diplomatische und konsularische Vertretungen und deren Personal iSd § 4 Abs. 1 Z 5 MinStG) eine Verfahrensvereinfachung dergestalt, dass der Verwender erstattungsberechtigt ist, vorgesehen hat (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 311 BlgNR 21. GP 250, betreffend § 5 Abs. 3 MinStG idF der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000), während in den sonstigen Fällen ausschließlich dem Steuerschuldner eine Erstattungsberechtigung eingeräumt wird. Im Allgemeinen wird bei letzterem nämlich am einfachsten überprüft werden können, ob die Voraussetzungen für eine Erstattung, etwa die tatsächliche vorherige Entrichtung der Mineralölsteuer, vorliegen.
Für eine Analogie besteht mangels planwidriger Lücke kein Erfordernis.
Die Beschwerdeführerin rügt auch, dass die Regelung des § 5 Abs. 3 MinStG dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere dem Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96/EG, widerspreche.
Der Beschwerdeführerin ist zunächst darin beizupflichten, dass das Unionsrecht eine ihr entgegenstehende innerstaatliche Norm verdrängt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2005/16/0172, mwN).
Allerdings hat Art. 6 der Richtlinie 2003/96/EG den Mitgliedstaaten freigestellt, bestimmte näher geregelte Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen entweder direkt, über einen gestaffelten Steuersatz oder so zu gewähren, indem sie die entrichteten Steuern vollständig oder teilweise erstatten.
Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit dem in § 4 Abs. 1 Z 1 genannten Mineralöl von dieser Wahlmöglichkeit insofern Gebrauch gemacht, als er zunächst den Weg der direkten Steuerbefreiung gewählt hat. Dies ergibt sich aus § 23 Abs. 3 MinStG, wonach der Steuerschuldner bei seiner monatlichen Anmeldung über Mineralölmengen, die im vorangegangenen Monat aus dem Steuerlager weggebracht oder zum Verbrauch entnommen wurden, u.a. jene in der Gesamtmenge enthaltenen Mengen abzuziehen hat, die gemäß § 4 von der Mineralölsteuer befreit sind. Von den nach Vornahme dieser Abzüge verbleibenden Mengen hat der Steuerschuldner die Mineralölsteuer zu berechnen.
Darüber hinaus sieht § 5 Abs. 3 MinStG vor, dass in bestimmten Fällen, in denen Mineralölsteuer entrichtet wurde, obwohl für diese Mineralöle eine Steuerbefreiung u.a. nach § 4 Abs. 1 Z 1 vorgesehen ist, diese entrichtete Mineralölsteuer erstattet werden kann. Dass dabei die Antragslegitimation auf den Steuerpflichtigen beschränkt wurde, kann schon deswegen nicht als der Richtlinie 2003/96/EG widersprechend angesehen werden, als diese Richtlinie überhaupt keine Bestimmungen über den Erstattungsberechtigten enthält. Solches behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht. Den Mitgliedstaaten steht es somit frei, unter Beachtung der "Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch" die jeweils begünstigen Personen zu bestimmen.
Eine allfällige Verpflichtung des Steuerschuldners und Erstattungsberechtigten, den durch die Steuerbefreiung oder Erstattung entstehenden Steuervorteil dem Luftfahrtunternehmen weiterzugeben, kann nicht im Verwaltungswege geltend gemacht werden.
Das von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Recht auf "Rückerstattung der von ihr bereits geleisteten Mineralölsteuer" wurde daher durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt.
Im Hinblick auf den Umstand, dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt, war die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Artikel 267 AEUV nicht erforderlich (vgl. das , C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, 3415 ff).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am