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VwGH vom 21.01.2019, Ra 2018/17/0009

VwGH vom 21.01.2019, Ra 2018/17/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Mag. Liebhart-Mutzl sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RM/5100003/2017, betreffend Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Linz; mitbeteiligte Partei: A N in L, vertreten durch Dr. Günter Schmid, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Hafferlstraße 7/2. Stock), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Am wurde von Organen des Finanzamtes Linz in einem näher bezeichneten Lokal eine Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) durchgeführt. Im Rahmen der Kontrolle wurde gemäß § 52 Abs. 1 GSpG die vorläufige Beschlagnahme eines näher bezeichneten Glücksspielgerätes verfügt.

2 Der Mitbeteiligte erhob daraufhin die mit datierte Maßnahmenbeschwerde, die auch an diesem Tag beim Bundesfinanzgericht einlangte.

3 Mit dem mit datierten Beschlagnahmebescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich wurde gegenüber dem Mitbeteiligten die Beschlagnahme des genannten Glücksspielgerätes angeordnet. Zu welchem Zeitpunkt die Zustellung dieses Bescheides an den Mitbeteiligten erfolgte, ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen, die Zustellung an die Finanzpolizei erfolgte am .

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom wurde - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - der Maßnahmenbeschwerde stattgegeben und festgestellt, dass die Beschlagnahme des in der Geldlade des Glücksspielgerätes beinhalteten Geldes rechtswidrig gewesen sei. Die Beschlagnahme dieses Geldes wurde aufgehoben und ausgesprochen, dass es auszufolgen sei. Weiters wurde die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt. Darüber hinaus verpflichtete das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde zum Ersatz der Kosten nach § 35 VwGVG in der Höhe von EUR 737,60.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision des Bundesministers für Finanzen mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

6 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung. Soweit der Mitbeteiligte eine Verspätung der Revision des Bundesministers für Finanzen geltend macht, weil auf Maßnahmenbeschwerden § 50 Abs. 7 GSpG nicht anzuwenden sei, genügt der Hinweis auf . In diesem Erkenntnis bejahte der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich mit näherer Begründung die Anwendung dieser Bestimmung auch im Verfahren betreffend Maßnahmenbeschwerden, welche wegen einer Maßnahme in Vollziehung des Glücksspielgesetzes erhoben wurden. Ist aber - wie im hier vorliegenden Revisionsfall unbestritten - eine Zustellung an den Bundesminister für Finanzen entgegen der Anordnung des § 50 Abs. 7 GSpG (noch) nicht erfolgt, hat auch die für diesen in Betracht kommende Frist für die Erhebung einer Revision noch nicht zu laufen begonnen. Eine Zustellung an das Finanzamt vermag daher den Lauf der Revisionsfrist für den Bundesminister für Finanzen nicht in Gang zu setzen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Amtsrevision ist schon aufgrund der im Zulässigkeitsvorbringen aufgeworfenen Rechtsfrage, ob von einer (vorläufigen) Beschlagnahme des in der Kassenlade eines Glücksspielautomaten befindlichen Geldes auszugehen ist, wenn sich die Kassenlade im Zeitpunkt des Ausspruchs der (vorläufigen) Beschlagnahme nicht im Glücksspielautomaten befunden hat, zulässig und berechtigt.

8 Zunächst ist zu prüfen, ob das Bundesfinanzgericht im Revisionsfall überhaupt eine inhaltliche Entscheidung zu treffen gehabt hätte. Wird nämlich nach Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde die vorläufige Beschlagnahme durch einen Beschlagnahmebescheid nachträglich bestätigt, tritt dadurch Gegenstandslosigkeit der Maßnahmenbeschwerde ein und das Verfahren ist einzustellen. Nach einer solchen Einstellung gibt es keine obsiegende Partei iSd § 35 VwGVG, sodass es auch keinen Kostenersatz nach dieser Bestimmung gibt (vgl. , mwN).

9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegen der Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz sämtliche Komponenten bzw. Bestandteile des Glücksspielgerätes, die bei Durchführung der verbotenen Ausspielungen verwendet wurden, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 GSpG vorliegen (; , 2011/17/0248). Der Ausspruch der (vorläufigen) Beschlagnahme eines Glücksspielgerätes umfasst daher bei der gebotenen gesetzeskonformen Auslegung sämtliche Bestandteile dieses Glücksspielgerätes. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfasst die Beschlagnahme des Glücksspielgeräts das Gerät samt seinem Inhalt und somit auch das darin befindliche Geld (vgl. z.B. , mwN).

10 Dass alle Bestandteile des Glücksspielgerätes und auch allenfalls im Glücksspielgerät befindliches Geld von der angeordneten (vorläufigen) Beschlagnahme umfasst sind, gilt unabhängig davon, ob die Bestandteile des Glücksspielgerätes in der für den Betrieb vorgesehenen Weise zusammengesetzt bzw. verbunden sind. Wesentlich ist, dass sie sich zum Zeitpunkt des Ausspruchs der vorläufigen Beschlagnahme in der Verfügungsmacht der einschreitenden Organe befunden haben.

11 Es ist daher im Revisionsfall nicht entscheidungsrelevant, ob sich zum Zeitpunkt des Ausspruchs der vorläufigen Beschlagnahme die Kassenlade samt dem darin enthaltenen Geld allenfalls zeitweilig nicht im Glücksspielgerät befand. Dass die Kassenlade samt dem darin enthaltenen Geld zu diesem Zeitpunkt der Verfügungsmacht der Kontrollorgane entzogen gewesen wäre, wurde nicht behauptet, dafür gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte.

12 Entgegen der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes war daher die Kassenlade samt dem darin enthaltenen Geld sowohl von der vorläufigen Beschlagnahme als auch vom Beschlagnahmebescheid vom umfasst.

13 Indem das Bundesfinanzgericht in Verkennung der Rechtslage das Verfahren über die Maßnahmenbeschwerde nicht wegen Gegenstandslosigkeit einstellte, sondern inhaltlich über die Maßnahmenbeschwerde entschied, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhalts.

14 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018170009.L00

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