VwGH vom 27.09.2012, 2010/16/0088
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der M in A, vertreten durch Dr. Inge Margreiter und Mag. Margit Markl, Rechtsanwältinnen in 6230 Brixlegg, Herrnhausplatz 9, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Innsbruck vom , Zl. 20 Jv 5253-33/09, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom brachte der ehemalige Ehemann der Beschwerdeführerin beim Landesgericht Innsbruck im elektronischen Rechtsverkehr Klage gegen die Beschwerdeführerin auf Leistung eines Geldbetrages von 55.000 EUR s.A. ein. Die dafür angefallenen Gerichtsgebühren (TP 1 GGG) in Höhe von 1.191 EUR wurden durch Abbuchung und Einziehung vom Konto des Klagsvertreters entrichtet.
Die Beklagte (die Beschwerdeführerin) bestritt das Klagebegehren und beantragte unter Vorlage eines Vermögensbekenntnisses vom die Bewilligung der Verfahrenshilfe.
Mit Urteil vom erkannte das Landesgericht Innsbruck die Beschwerdeführerin schuldig, dem Kläger einen näher aufgeschlüsselten Betrag an Zinsen sowie die mit 3.405,34 EUR bestimmten Prozesskosten (darin enthalten 1.191 EUR an Pauschalgebühren) zu ersetzen. Den eingeklagten Geldbetrag von 55.000 EUR habe die Beklagte am bezahlt. Gleichzeitig beschloss das Landesgericht Innsbruck, den Antrag der Beklagten auf Gewährung der Verfahrenshilfe abzuweisen.
Über einen mit Schriftsatz vom gegen den Beschluss über die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags eingebrachten Rekurs entschied das Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluss vom , hob den angefochtenen Beschluss des Landesgerichts auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag auf.
Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die Rückerstattung der Pauschalgebühr in Höhe von 1.191 EUR. Ihr sei mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom nachträglich die Verfahrenshilfe in vollem Umfang bewilligt worden. Sie habe jedoch auf Grund der Stattgebung des Klagebegehrens sämtliche Prozesskosten, sohin auch die Pauschalgebühr in Höhe von 1.191 EUR dem Kläger ersetzt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Rückzahlungsantrag der Beschwerdeführerin zurück. Die in Rede stehende Pauschalgebühr sei vom Kläger entrichtet worden, die Beklagte (die Beschwerdeführerin) sei daher nicht berechtigt, deren Rückerstattung zu beantragen. Der Antrag sei mangels Legitimation der Rückzahlungswerberin zurückzuweisen gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Stellung eines Rückzahlungsantrages sowie auf Rückzahlung der "von ihr entrichteten Gerichtsgebühren bei bewilligter Verfahrenshilfe" verletzt erachtet.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die Gerichtsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren im Sinne des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) unterliegt nach § 1 Abs. 1 GGG die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben.
Tarifpost 1 (TP 1) GGG legt Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz in abgestufter Höhe nach dem Wert des Streitgegenstandes fest.
Gemäß Anmerkung 1 zu TP 1 GGG unterliegen der Pauschalgebühr nach TP 1 u.a. alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen.
Hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz entsteht gemäß § 2 Z 1 lit a GGG der Anspruch des Bundes auf die Gebühr mit der Überreichung der Klage.
Zahlungspflichtig ist gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GGG bei zivilgerichtlichen Verfahren der Antragsteller, im Falle der Pauschalgebühr nach TP 1 leg. cit für die Einbringung einer Klage sohin der Kläger.
Gemäß § 4 Abs. 4 GGG können sämtliche Gebühren auch durch Abbuchung und Einziehung entrichtet werden, wenn näher angeführte Voraussetzungen erfüllt sind. Wird eine Eingabe im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht, so sind die Gebühren durch Abbuchung und Einziehung zu entrichten.
Gemäß § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO kann die Verfahrenshilfe für einen bestimmten Rechtsstreit und ein nach Abschluss des Rechtsstreits eingeleitetes Vollstreckungsverfahren u.a. die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren umfassen.
Gemäß § 41 Abs. 1 ZPO hat die in dem Rechtsstreite vollständig unterliegende Partei ihrem Gegner alle durch die Prozessführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu ersetzen.
Gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 GGG sind Gebühren zurückzuzahlen, wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde.
Die Rückzahlung hat der Kostenbeamte gemäß § 30 Abs. 3 leg. cit. von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Gebühr entrichtet hat, zu verfügen. Hält der Kostenbeamte den Rückzahlungsanspruch nicht für begründet, dann entscheidet über den Rückzahlungsantrag der Präsident des Gerichtshofes erster Instanz mit Bescheid.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, der Kläger habe bei Klagseinbringung die Pauschalgebühr vorzuschießen. Gewinne er- wie im Beschwerdefall - den Prozess, so werde die Beklagte zur Bezahlung der gesamten, auf der Gegenseite angelaufenen Kosten verpflichtet, somit auch zur Bezahlung der vom Kläger vorgeschossenen Pauschalgebühr.
Darin verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage. Der Kläger hat gegenüber dem Gericht die Pauschalgebühr nach TP 1 nicht vorzuschießen, sondern die mit der Überreichung der mit der Klage entstandenen Gebührenschuld zu entrichten. In einer solchen Entrichtung, welche die Gebührenschuld an den Bund als Gebührengläubiger erlöschen lässt, liegt keine Vorläufigkeit.
Schuldner dieser Gerichtsgebühren im Sinne des GGG ist der Kläger. Die Beklagte, die Beschwerdeführerin, ist weder Schuldnerin der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG für die Einreichung der Klage noch hatte sie diese Gebühr dem Gericht zu entrichten.
Der Umstand, dass der Beklagten Verfahrenshilfe bewilligt worden war, ändert an der Rechtmäßigkeit des Entstehens und der Entrichtung der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG für die Einreichung der Klage durch den Kläger nichts.
Somit liegt im Beschwerdefall der Tatbestand des § 30 Abs. 2 Z 1 GGG nicht vor, dass die Pauschalgebühr ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurde, sich aber in der Folge ergeben hätte, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet worden wäre.
Die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Pauschalgebühren hatte sie auf Grund des Urteilsspruches nach § 41 Abs. 1 ZPO dem Kläger zu ersetzen. In der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Bezahlung dieses Betrages an den obsiegenden Kläger liegt aber keine Entrichtung der Pauschalgebühr im Sinn des GGG an den Bund als Gebührengläubiger, sondern die Erfüllung einer im Urteil ausgesprochenen Verpflichtung gegenüber dem Kläger, dessen Aufwendungen zu ersetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/16/0207).
Die der Beschwerdeführerin bewilligte Verfahrenshilfe bezieht sich auf die Befreiung von der Entrichtung von ihr geschuldeter Gerichtsgebühren (an den Bund), aber eben nicht auf den Prozesskostenersatz, auf den Ersatz der dem Kläger durch dessen Entrichtung der Gerichtsgebühren entstandenen Kosten.
Die Beschwerdeführerin vergleicht ihre Lage mit der eines unterlegenen Klägers, dem Verfahrenshilfe bewilligt worden war, und sieht sich gegenüber einem solchen Kläger, der einen von ihm angestrengten Prozess verliert, aber keine Pauschalkosten zu tragen habe, ungleich behandelt. Der Beschwerdeführerin ist dazu beispielsweise entgegenzuhalten, dass auch ein Kläger, dem Verfahrenshilfe bewilligt wurde und der den Prozess erst nach Einlegen eines Rechtsmittels des Beklagten gegen eine für den Kläger zunächst günstige Entscheidung verliert, die dem letztlich obsiegenden Beklagten, dem nicht Verfahrenshilfe bewilligt worden war, entstandenen Pauschalgebühren zu ersetzen hat. Die Verfahrenshilfe betrifft eben nur die Entrichtung der von der Person, welcher die Verfahrenshilfe bewilligt wurde, dem Bund geschuldeten Gerichtsgebühren und nicht die Zahlung der für den Prozessgegner angefallenen Pauschalgebühren als Prozesskostenersatz an diesen.
Daraus erklärt sich, dass der Gesetzgeber einer Beklagten kein Recht einräumt, einen Antrag auf Rückzahlung von ihr gar nicht entrichteter Pauschalgebühren zu stellen.
Da § 30 Abs. 3 GGG einen Antrag einer Person, welche die Gebühr nicht entrichtet hat, nicht vorsieht, hat die belangte Behörde den Antrag der Beklagten (der Beschwerdeführerin) auf Rückzahlung der vom Kläger entrichteten Pauschalgebühren im Einklang mit der Rechtslage als unzulässig zurückgewiesen (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am