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VwGH vom 15.12.2014, 2013/04/0007

VwGH vom 15.12.2014, 2013/04/0007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des Dipl. Ing. M W in W, vertreten durch Mag. Michael Löschnig-Tratner, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchner Straße 17, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft) vom , Zl. BMWFJ-37.348/0027-I/5a/2011, betreffend Nichtigerklärung gemäß § 363 Abs. 1 Z 3 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 68 Abs. 4 Z 4 AVG iVm § 363 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 der Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wr. N. vom , mit welchem dem Beschwerdeführer die Bewilligung zur Ausübung des Gewerbes "Baumeister gemäß § 94 Z. 5 der GewO 1994" an dem von ihm beantragten Standort erteilt worden war, für nichtig erklärt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Baumeister (Baumeister-Verordnung) vom , BGBl. II 30/2003, verlange neben den in § 1 Abs. 1 Z 1 lit. a genannten Voraussetzungen (erfolgreicher Abschluss der Studienrichtung Architektur und eine mindestens dreijährige fachliche Tätigkeit, davon zwei Jahre als Bauleiter oder Polier) gemäß Z 2 leg. cit. als weitere Zugangsvoraussetzung die erfolgreiche Ablegung der Befähigungsprüfung für das Baumeistergewerbe.

Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Z 1 lit. a der Baumeister-Verordnung erfüllt, nicht jedoch die der Z 2. Der Aufforderung der erstinstanzlichen Behörde, das Befähigungsprüfungszeugnis für das Baumeistergewerbe vorzulegen, habe der Beschwerdeführer nicht entsprochen, weshalb die Voraussetzung betreffend die Erbringung des Befähigungsnachweises ursprünglich falsch beurteilt worden sei.

Bezugnehmend auf den Hinweis des Beschwerdeführers, wonach dieser in der Slowakei zur Ausübung des Baumeistergewerbes berechtigt sei, entgegnete die belangte Behörde, der Ausspruch einer Anerkennung gemäß § 373c Abs. 1 GewO 1994 sei nur für die Ausübung des Baumeistergewerbes hinsichtlich ausführender Tätigkeiten gesetzlich vorgesehen. Zudem könne ein im "Inland erworbenes Diplom" nicht dem Befähigungsnachweis für das Baumeistergewerbe hinsichtlich der Planung, Berechnung und Leitung von Bauten gemäß § 373d Abs. 1 GewO 1994 gleichgehalten werden.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er beim Magistrat der Stadt Wr. N. einen Antrag auf Feststellung seiner individuellen Befähigung für das Baumeistergewerbe eingebracht habe, hielt die belangte Behörde entgegen, dass gemäß § 99 Abs. 3 GewO 1994 die Befähigung für das Baumeistergewerbe hinsichtlich der Planung, Berechnung und Leitung von Bauten nur im Wege eines Befähigungsnachweises gemäß § 18 Abs. 1 GewO 1994 (Befähigungsprüfung) erbracht werden könne.

2. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom , B 1354/11-14, lehnte dieser die Behandlung der zunächst dort erhobenen Beschwerde ab und trat diese unter einem gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Die über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofs ergänzte Beschwerde beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

3.1. Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden sind. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

3.2. Gemäß § 363 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 in der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 42/2008 sind Bescheide, die auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassen worden sind, mit Nichtigkeit iSd § 68 Abs. 4 Z 4 AVG bedroht, wenn (u.a.) der Befähigungsnachweis (§§ 18 und 19 GewO 1994) zu Unrecht als erbracht beurteilt worden ist und der Mangel noch andauert.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Rechtsansicht zu Grunde, dass die Gewerbebehörde bei Erlassung des Bescheides vom zu Unrecht vom Vorliegen des Befähigungsnachweises gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Baumeister-Verordnung ausging.

3.3. Die bei Erlassung des Bescheides vom in Geltung gestandenen Bestimmungen der GewO 1994 in der damals geltenden Fassung BGBl. I Nr. 66/2010 lauteten auszugsweise wie folgt:

"Befähigungsnachweis für reglementierte Gewerbe

§ 18. (1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat für jedes reglementierte Gewerbe, (...), durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege - für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander - die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind. ...

(...)

§ 94. Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

(...)

5. Baumeister, Brunnenmeister

(...)

Baumeister

§ 99. (1) Der Baumeister (§ 94 Z 5) ist berechtigt, 1.Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten zu

planen und zu berechnen,


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2.
Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten zu leiten,
3.
Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten nach Maßgabe des Abs. 2 auch auszuführen und Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten abzubrechen,
4.
Gerüste aufzustellen, für die statische Kenntnisse erforderlich sind,
5.
zur Projektentwicklung, -leitung und -steuerung, zum Projektmanagement sowie zur Übernahme der Bauführung,
6.
im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung zur Vertretung seines Auftraggebers vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts.

(2) (...)

(3) Die Befähigung für Tätigkeiten gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 kann nur im Wege eines Befähigungsnachweises gemäß § 18 Abs. 1 erbracht werden.

(...)"

3.4. In der aufgrund des § 18 Abs. 1 GewO 1994 erlassenen Baumeister-Verordnung, BGBl. II 30/2003, hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Baumeister festgelegt, zu denen u. a. das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung zählt (§ 1 Abs. 1 Z 2 der Verordnung). Inwiefern diese Verordnung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (RL 2005/36/EG) widerspreche, wird von der Beschwerde nicht konkret dargetan.

3.5. Festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt vorbrachte, über den geforderten Nachweis betreffend die Ablegung der Befähigungsprüfung zu verfügen. Insofern die Beschwerde ins Treffen führt, der Beschwerdeführer verfüge über die für die Ausübung des angestrebten Gewerbes erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, um eine Feststellung der individuellen Befähigung erlangen zu können, ist ihr zu entgegnen:

Beim "individuellen Befähigungsnachweis" im Sinn des § 19 GewO 1994 wird der gemäß § 18 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschriebene Befähigungsnachweis durch sonstige Nachweise ersetzt, die jene Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegen, die für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes erforderlich sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/04/0180, mwN). Dass der Beschwerdeführer im Besitz eines Feststellungsbescheides betreffend seine individuelle Befähigung gemäß § 19 GewO 1994 wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet.

3.6. Das ausführliche Vorbringen der Beschwerde zu den Fähigkeiten und Kenntnissen des Beschwerdeführers, welche im angefochtenen Bescheid unzureichend berücksichtigt worden seien, und zum Vorliegen seiner Berechtigung, das Baumeistergewerbe in der Slowakei auszuüben, die dazu führe, dass die belangte Behörde gemäß § 373c Abs. 1 GewO 1994 verpflichtet sei, der Niederlassungsfreiheit entsprechend die Ausbildungsnachweise auf Antrag anzuerkennen, geht insofern ins Leere, als dem vorliegenden Bescheid kein Antrag auf Anerkennung der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Ausbildungsnachweise zugrunde liegt, zumal der Beschwerdeführer nicht vorbringt, zu irgendeinem Zeitpunkt einen Antrag im Sinne des § 373c GewO 1994 gestellt zu haben.

Ebenso ist der vorgebrachte Widerspruch des angefochtenen Bescheides zur RL 2005/36/EG schon deshalb zu verneinen, weil das vorliegende Verfahren gerade nicht die beantragte Anerkennung von in einem (anderen) Mitgliedstaat erworbenen Berufsqualifikationen zum Gegenstand hat. Aus demselben Grund ist auch die Frage, ob die in der Beschwerde dargestellte Berufspraxis des Beschwerdeführers eine Anerkennung der Berufsqualifikation im Sinne des § 373c Abs. 1 GewO 1994 oder eine Gleichhaltung im Sinne des § 373d Abs. 1 GewO 1994 rechtfertige (die Beschwerde behauptet nicht, dass der Beschwerdeführer über einen Anerkennungsbescheid nach der erstgenannten Bestimmung oder über einen Gleichhaltungsbescheid nach der zweitgenannten Norm verfüge), hier nicht zu beantworten.

3.7. Der Beschwerdeführer bringt in verfahrensrechtlicher Hinsicht - zusammengefasst - vor, die belangte Behörde sei verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer eine Verbesserungsfrist einzuräumen sowie den Beschwerdeführer rechtlich zu belehren.

Zutreffend verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf § 13a AVG, wonach die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren hat. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten war, umfasst die in § 13a AVG geregelte Manuduktionspflicht nicht die Verpflichtung der Behörden, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten ist, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte ( Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anm. 3a zu § 13a AVG, 296). Der in diesem Zusammenhang von der Beschwerde als mögliche Antragsgrundlage angeführte § 28 GewO 1994 wurde bereits mit der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 aufgehoben.

3.8. Zusammenfassend ist festzuhalten: Zum Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung für das Baumeistergewerbe an den Beschwerdeführer lag der Befähigungsnachweis für das Baumeistergewerbe (§§ 18, 19 GewO 1994) nicht vor - das Vorliegen eines solchen wurde seitens des Beschwerdeführer auch nie behauptet - und der Mangel dauerte bis zum Erlass des bekämpften Bescheides an. Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Bescheid der Gewerbebehörde als nichtig iSd § 68 Abs. 4 Z 4 AVG angesehen.

Die Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3.9. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2013, BGBl. II Nr. 518 idF BGBl. II Nr. 8/2014 - auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am