VwGH vom 18.03.2013, 2010/16/0066

VwGH vom 18.03.2013, 2010/16/0066

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der P GmbH Co KG in W, vertreten durch Frieders Tassul Partner Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stadiongasse 6-8, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , Zl. 100 Jv 7031/09a-33a, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In ihrer Klage vom begehrte die Beschwerdeführerin von der beklagten Partei die Zahlung des ausständigen Mietzinses für Jänner bis März 2008 sowie die Räumung des Mietgegenstandes. Dabei bezifferte sie den Streitwert nach GGG mit insgesamt EUR 1.549,40 (Mietzinsrückstand von EUR 855,40 und Räumung EUR 694,--).

Die Beschwerdeführerin entrichtete dafür eine Pauschalgebühr nach TP 1 GGG von EUR 87,--.

Im Rahmen des Räumungsverfahrens schlossen die Beschwerdeführerin und die beklagte Partei am einen zivilgerichtlichen Vergleich, nach dessen Punkt 1) die beklagte Partei sich verpflichtete, den Mietgegenstand bis längstens geräumt von eigenen Fahrnissen und unter Verzicht auf jeglichen Räumungsaufschub zu übergeben.

Die Punkte 2) und 3) des Vergleiches lauteten:

"2) Die beklagte Partei verpflichtet sich weiters, der klagenden Partei zusätzlich zu den laufenden Mietzinsen EUR 1.708,58 zuzüglich EUR 13,62 an kapitalisierten Zinsen an rückständigen Mietzins für den Zeitraum 1/08 bis 6/08 und die mit EUR 533,25 berechneten Prozesskosten, insgesamt daher EUR 2.255,45 zu Handen des Klagevertreters zu bezahlen; die Bezahlung hat in vier monatlichen Raten a EUR 563,85 beginnend mit , die weiteren Raten am 15. der Folgemonate zu erfolgen.

Bei Verzug mit nur einer Rate wird der dann noch aushaftende Gesamtbetrag sofort fällig. …

3) Bei rechtzeitiger und vollständiger Erfüllung der Zahlungsverpflichtung gem. Punkt 2) dieses Vergleiches verpflichtet sich die klagende Partei, vom Räumungstitel gemäß Punkt 1) dieses Vergleiches keinen Gebrauch zu machen, sodass die entsprechende Räumungsverpflichtung entfällt."

Die Kostenbeamtin schrieb der Beschwerdeführerin für diesen Vergleich mit Zahlungsauftrag vom eine restliche Pauschalgebühr nach TP 1 GGG von EUR 1.104,-- zuzüglich einer Einhebungsgebühr gem. § 6 Abs. 1 GEG von EUR 8,-- zur Zahlung vor.

Die Beschwerdeführerin brachte in ihrem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag vom im Wesentlichen vor, das Klagebegehren sei nur im Ausmaß der ausständigen Mietzinse für die Monate Mai und Juni 2008 (EUR 422,90 und EUR 423,28) ausgedehnt worden. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage habe daher nur hinsichtlich des ausgedehnten Betrages zu erfolgen und nicht - wie im Zahlungsauftrag - im Umfang des zehnfachen Jahreswertes des monatlichen Mietzinses.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge. Der Wert des Klagsgegenstandes sei aufgrund des geschlossenen Vergleichs geändert worden. Der Pauschalgebühr sei aufgrund der unbestimmten Dauer der Leistung nunmehr das Zehnfache der Jahresleistung zu Grunde zu legen. Dem Mietzinsrückstand von insgesamt EUR 1.708,58 sei somit ein laufender Mietzins (EUR 427,45 x 12 x 10) von insgesamt EUR 51.294,-- hinzuzurechnen, sodass sich unter Berücksichtigung der Räumung (EUR 694,--) eine Bemessungsgrundlage von insgesamt EUR 53.679,-- und daher eine Gerichtsgebühr von EUR 1.104,-- ergebe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf "Nichtvorschreibung einer restlichen Pauschalgebühr nach TP 1 GGG bzw. auf Nichtvorschreibung einer überhöhten restlichen Pauschalgebühr nach TP 1 GGG" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 14 des Gerichtsgebührengesetzes - GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Die Bemessungsgrundlage bleibt gem. § 18 Abs. 1 GGG für das ganze Verfahren gleich.

§ 18 Abs. 2 GGG normiert davon bestimmte Ausnahmen. Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist nach Z 2 dieser Bestimmung die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

Als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen ist gemäß § 58 Abs. 1 JN bei unbestimmter Dauer - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - das Zehnfache der Jahresleistung anzunehmen.

Tarifpost (TP) 1 GGG sieht Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz in einer nach dem Wert des Streitgegenstandes abgestuften Höhe vor.

Nach Anmerkung 2 zu TP 1 GGG ist die Pauschalgebühr nach TP 1 u. a. auch für prätorische Vergleiche (§ 433 ZPO) zu entrichten. In diesen Fällen ermäßigt sich die Pauschalgebühr nach TP 1 auf die Hälfte.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung richtet sich in Anwendung des § 58 Abs. 1 JN die Gerichtsgebühr im Falle gerichtlicher Räumungsvergleiche dann, wenn eine zeitlich nicht genau begrenzte Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages übernommen wird, nach dem Zehnfachen des Jahreswertes. In Fällen, in denen einerseits ein Räumungstermin und andererseits ein bestimmter, regelmäßig zu zahlender Mietzins ohne zeitliche Begrenzung vereinbart wird, wird eine Verpflichtung auf unbestimmte Zeit begründet, weil in solchen Fällen dem Vergleich selbst nicht entnommen werden kann, dass die Leistungsverpflichtung für den Fall der nicht fristgerechten Räumung mit dem in Aussicht genommenen Räumungstermin erlöschen soll (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0101, und die umfangreiche bei Stabentheiner, Gerichtsgebühren9, E 53 bis E 77 zu § 18, angeführte hg. Rechtsprechung). Dabei ist zu beachten, dass das Wort "Verpflichtung" im Vergleichstext nicht ausdrücklich genannt sein muss (vgl. die bei Stabentheiner, aaO, E 29 zu § 18, angeführte hg. Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall ist Gegenstand des Vergleiches, dass neben der Räumung und der Zahlung des bis zum Vergleichszeitpunkt aufgelaufenen Rückstandes (in Monatsraten) auch die "laufenden Mietzinsen" entrichtet werden. Der Beschwerdefall gleicht insoweit dem dem hg. Erkenntnis vom , 2009/16/0248, zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem die Verpflichtung zur pünktlichen Begleichung der "laufenden Mietzinsvorschreibungen" bis zur (tatsächlichen) Rückgabe - und damit nicht bis zum bestimmten, vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt der Rückgabe - des Bestandgegenstandes vereinbart wurde (vgl. auch die dort angeführte hg. Rechtsprechung).

Auch die im Beschwerdefall von den Parteien des Vergleichs gewählte Formulierung, dass der ausstehende Rückstand zusätzlich zu den laufenden Mietzinsen zu entrichten sei, vermag zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Es ergibt sich nämlich daraus auch die Verpflichtung zur Zahlung der laufenden Mietzinse. Eine zeitliche Begrenzung dieser wiederkehrenden Leistungen wurde hingegen nicht vereinbart, sodass diese Beträge bis zur tatsächlichen Räumung zu zahlen sind. Der tatsächliche Endtermin für die Bezahlung des Mietzinses im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses blieb unbestimmt. Dass im gerichtlichen Vergleich auch die Entrichtung des Rückstandes in Form von Ratenzahlungen vereinbart wurde, vermag nichts daran zu ändern, dass Gegenstand des Vergleiches eben auch eine auf unbestimmte Dauer vereinbarte Leistung war, die im Klagebegehren nicht enthalten war.

Die belangte Behörde konnte daher zutreffend davon ausgehen, dass sich im Beschwerdefall aus dem Vergleichstext eine zeitlich unbeschränkte Verpflichtung zur Entrichtung des Mietzinses ergibt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin waren somit auch die "laufenden Mietzinsen" in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am