VwGH 25.09.2012, 2008/13/0237
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des Ing. H in W, vertreten durch Mag. Franz Hansi, Wirtschaftsprüfer
u. Steuerberater in 1210 Wien, Donaufelder Straße 2/1/38, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zlen. RV/1802-W/08, RV/1803-W/08, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens und Einkommensteuer 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erklärte für das Streitjahr 2000 u. a. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (Nettoeinnahmen S 550.000, größter Abzugsposten S 315.000 laut Rechnung der S. GmbH über "Beratungsleistung lt. KV", resultierende Einkünfte aus selbständiger Arbeit S 187.132). Die Veranlagung erfolgte insoweit mit Bescheid vom und Berufungsvorentscheidung vom erklärungsgemäß.
Mit Bescheiden des Finanzamts vom wurde das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2000 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen und die Einkommensteuer neu festgesetzt, wobei die Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit einem um S 470.000 höheren Betrag (S 657.132) festgestellt wurden.
Auf Grund der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung ergingen die Berufungsvorentscheidungen vom 7. und , mit denen die Berufung gegen die Wiederaufnahme abgewiesen und der Einkommensteuerbescheid vom zum Nachteil des Beschwerdeführers abgeändert wurde. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit wurden nun mit S 0 und stattdessen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 1,011.168 festgestellt, wobei insbesondere die Rechnung der S. GmbH nicht mehr anerkannt wurde. Weitere Änderungen zum Nachteil des Beschwerdeführers betrafen die geltend gemachten Kosten für Telefon, Werbung, Unfallversicherung und Reisen.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde nach einem Vorlageantrag des Beschwerdeführers im Wesentlichen - mit Abweichungen bei den nicht beschwerdegegenständlichen weiteren Änderungen - im Sinne der Berufungsvorentscheidung über die Berufung.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer vom Beschwerdeführer mit einer Replik beantworteten Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die belangte Behörde hat die vom Sachverhalt her nicht strittige Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mit einem Wiener Spital als rein überwachend und daher nicht dem Berufsbild eines Ziviltechnikers entsprechend nicht unter § 22 EStG 1988 subsumiert, sondern als Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb gewertet, wogegen sich die Beschwerde nicht mehr wendet. Themen der Beschwerde sind die Nichtanerkennung der diese Tätigkeit betreffenden Rechnung der S. GmbH in der Höhe von S 315.000 und die Hinzurechnung weiterer Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe des Bargeldbetrages von S 470.000, dessen Entgegennahme von einem Geschäftsführer der H. GmbH im Juli 2000 der Beschwerdeführer nicht bestreitet. Dieser Betrag wurde der H. GmbH von dem Geschäftsführer, gegen den u. a. deshalb ein gerichtliches Strafverfahren geführt wurde, auf Grund einer Scheinrechnung der S. GmbH entzogen, was dazu beitrug, dass die belangte Behörde auch die auf Tätigkeiten des Beschwerdeführers nicht für die H. GmbH, sondern für das zuvor erwähnte Spital bezogene Rechnung der S. GmbH nicht mehr anerkannte.
An der H. GmbH, die 1999 zur Durchführung eines einzigen Immobilienprojektes gegründet wurde, waren der Beschwerdeführer und seine Ehefrau zu je 10 Prozent und sein Sohn zu 4 Prozent über eine Treuhänderin beteiligt. Die zwei weiteren, zu 52 Prozent und 24 Prozent beteiligten Gesellschafterinnen waren GmbHs. Zusätzlich zu den Stammeinlagen in der Höhe von EUR 3.500, EUR 3.500 und EUR 1.400 hatten der Beschwerdeführer sowie seine Ehefrau und sein Sohn der GmbH im Oktober 1999 und im Februar 2000 Beträge in der Höhe von insgesamt S 1 Mio und S 1,4 Mio zur Verfügung gestellt, die vom Beschwerdeführer als "Gesellschafterdarlehen" und von der belangten Behörde (Seite 15 des angefochtenen Bescheides) als "Einlagen in Form von Gesellschafterzuschüssen" bezeichnet werden. Damit sollte u.a. den Verpflichtungen gegenüber einer das Projekt der H. GmbH mitfinanzierenden Bank, in einem näher beschriebenen Ausmaß Eigenmittel beizubringen, entsprochen werden.
Strittig ist in Bezug auf den im Juli 2000 dem Beschwerdeführer ausgehändigten Betrag von S 470.000, ob es sich dabei - wie der Beschwerdeführer geltend macht - um eine teilweise Rückzahlung dieser "Gesellschafterdarlehen" an den Beschwerdeführer und seine beiden Angehörigen oder - wie die belangte Behörde meint - um eine zur Gänze ihm zuzurechnende, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu wertende Entlohnung des Beschwerdeführers für von ihm der H. GmbH erbrachte Leistungen handelte.
Der Ansicht des Beschwerdeführers, dass letzteres im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar begründet wurde, ist beizupflichten. Der angefochtene Bescheid leidet in diesem Punkt an dem unaufgelösten Widerspruch, dass es sich einerseits um einen "veruntreuten Betrag" handeln soll, für dessen Aushändigung an den Beschwerdeführer "kein Rechtsgrund" bestanden haben soll (Seite 17 des Bescheides), was ebenso wie die vom Beschwerdeführer selbst behauptete Rückzahlung keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb bedeuten würde, und andererseits - mit der Folge einer Besteuerung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb - davon ausgegangen wird, mit dem Betrag seien tatsächlich erbrachte Leistungen des Beschwerdeführers für die H. GmbH entlohnt worden (Seiten 23 bis 25 des Bescheides). Zu diesem Widerspruch kommt hinzu, dass für die Annahme der belangten Behörde, diese vom Beschwerdeführer bestrittenen Leistungen seien im Wesentlichen die gleichen gewesen, die der Beschwerdeführer im Rahmen seines Vertragsverhältnisses mit dem Spital erbracht habe, jede Grundlage in den Verfahrensergebnissen zu fehlen scheint, und auch das Argument der belangten Behörde, der strafgerichtlich verfolgte Geschäftsführer der H. GmbH habe sich mit der Behauptung einer solchen Widmung selbst belastet, weshalb seine Aussage glaubwürdig sei, nicht nachvollzogen werden kann. Nachvollziehbar ist vielmehr das Argument des Beschwerdeführers, der Geschäftsführer, der nicht zu den Gesellschaftern gehörte, aber auch Beträge an sich selbst abführte, habe sich mit der Behauptung, es seien jeweils Leistungen vergütet worden, zu entlasten versucht. Die "Rechtswidrigkeit" der von ihm behaupteten Vorgangsweise hat der Beschwerdeführer, der nunmehr auch davon spricht, es habe "der Bank ein höheres Investitionsvolumen vorgetäuscht werden" sollen, schon in der Berufung zugestanden, weshalb ihm auch mit den Argumenten der belangten Behörde, die Gesellschafterzuschüsse seien nicht rückzahlbar gewesen, der Beschwerdeführer könne nicht gutgläubig gewesen sein und er habe mit der u.a. in seinem Namen erstatteten Selbstanzeige und Rückzahlung des Betrages "gewissermaßen" eingeräumt, "zu Unrecht Geldmittel erhalten zu haben" (Seite 17 des Bescheides), nicht wirksam begegnet werden kann.
Die Ausführungen der belangten Behörde zu diesem Thema sind aber auch insoweit nicht nachvollziehbar, als sie sich auf die Entwicklung des Vorbringens des Beschwerdeführers beziehen. Der Beschwerdeführer, der sich im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer offenbar der Aussage entschlug, hat im zeitlichen Zusammenhang damit, worüber die belangte Behörde freilich keine näheren Feststellungen getroffen hat, die Entgegennahme des Betrages von S 470.000 "bestätigt", was er auch in der Beschwerde nicht in Abrede stellt. Die Selbstanzeige vom - die vom gemeinsamen steuerlichen Vertreter namens der H. GmbH sowie des Beschwerdeführers, seiner Ehefrau und seines Sohnes erstattet wurde und daher, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, auch ihm zuzurechnen ist - enthielt aber schon die Behauptung, der Betrag sei von den drei treuhändig vertretenen Gesellschaftern erhalten worden und "sie" würden ihn nunmehr "als tätige Reue und zur Wiederauffüllung der vereinbarten Gesellschafterleistungen" auf das Steuerkonto der H. GmbH rückerstatten, womit die Umsatzsteuerschuld, auf die sich die Selbstanzeige bezog, getilgt sei. Diese Widmung ist auch bei der Würdigung des Umstandes zu berücksichtigen, dass als Auftraggeber der gleichzeitigen Banküberweisung nur der Beschwerdeführer aufschien.
Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht gefolgt werden, wenn sie beweiswürdigend darauf Bezug nimmt, der Beschwerdeführer habe in dieser Selbstanzeige zugegeben, dass "er" den Betrag erhalten habe, er habe dies erst "nach Ergehen eines neuen Einkommensteuerbescheides" (gemeint: vom ) "entgegen der Darstellung in der Selbstanzeige" revidiert und der Senat folge "den Angaben in der Selbstanzeige" (Seite 14 des Bescheides). Diese Angaben bezogen sich schon eindeutig auf die Rückzahlung vereinbarter "Gesellschafterleistungen" der drei Gesellschafter, deren abermalige Zufuhr als "Wiederauffüllung" bezeichnet wurde, und nicht auf eine Vereinnahmung des gesamten Betrages durch den Beschwerdeführer, auch wenn er es war, der ihn in Empfang nahm und später zurücküberwies. Mangels näherer Feststellungen darüber ist dem angefochtenen Bescheid aber auch nicht entnehmbar, dass der Beschwerdeführer die Entgegennahme des Betrages zuvor in einer Weise "bestätigt" hatte, die der spätestens in der Selbstanzeige vorgebrachten Behauptung, es habe sich um die (heimliche) teilweise Rückerstattung von Einzahlungen der drei Gesellschafter gehandelt, widersprach.
Angesichts dieser Mängel in der Begründung der Annahme, der Beschwerdeführer habe im Streitjahr weitere S 470.000 an Einkünften aus Gewerbebetrieb erzielt, war der angefochtene Bescheid ohne Auseinandersetzung mit den - zumindest im Ansatz wohl berechtigten - Bedenken der belangten Behörde gegen die dem Beschwerdeführer ausgestellte Rechnung der S. GmbH und somit derselben GmbH, deren Scheinrechnung an die H. GmbH der Auszahlung der S 470.000 zugrunde lag, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
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Normen | |
Schlagworte | Begründung Begründungsmangel |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2012:2008130237.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAE-78841