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VwGH vom 26.05.2014, 2013/03/0153

VwGH vom 26.05.2014, 2013/03/0153

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des F I in W, vertreten durch Dr. Peter Wagner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 34/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl 338253-2013, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung für das Taxi-Gewerbe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A. Sachverhalt

1. Angefochtener Bescheid

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs 1 iVm § 5 Abs 3 Z 1 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996, BGBl Nr 112/1996 idF BGBl I Nr 96/2013 (GelverkG), die Gewerbeberechtigung für das Taxi-Gewerbe, beschränkt auf die Verwendung von 8 Personenkraftwagen im Standort W, entzogen.

Begründend wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer unstrittig mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom rechtskräftig wegen §§ 15, 105 Abs 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden sei. Diese Bestrafung sei weder getilgt noch unterliege sie der beschränkten Auskunft aus dem Strafregister. Mit diesem Urteil sei der Beschwerdeführer schuldig gesprochen worden, am in Wien eine Person mit Gewalt, indem er mit seinem Taxi auf sie zugefahren sei, zu einer Handlung, nämlich zur Freigabe der Ausfahrt aus einem Parkgelände, zu nötigen versucht zu haben. Seitens der Wirtschaftskammer Wien sowie der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien sei die Entziehung der Gewerbeberechtigung auf Grund dieser gerichtlichen Verurteilung befürwortet worden. Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren angegeben, dass die betreffende Dame auf sein Auto zugesprungen sei, als er noch ca 5 m von ihr entfernt gewesen sei. Diese hätte zwar angegeben, dass der Beschwerdeführer sie hätte überfahren wollen, was allerdings nicht stimmen würde. Der Beschwerdeführer habe ausgeführt, dass er unbedingt bei dem (Einfahrts )Schranken des Parkgeländes habe hinausfahren wollen, weil er vier betrunkene Fahrgäste im Fahrzeug gehabt hätte und mit diesen so schnell wie möglich hätte weiterfahren wollen. Im Verwaltungsverfahren habe der Beschwerdeführer ersucht, von der Entziehung abzusehen, weil er noch zwei Kraftfahrzeuge auf Leasing und für zwei Kinder Sorgfaltspflichten hätte. Durch die Entziehung würde ihm die Existenzgrundlage entzogen werden. In den Fällen des § 5 Abs 3 GelverkG sei die Zuverlässigkeit aber jedenfalls zu verneinen, und zwar ohne Beurteilung des Persönlichkeitsbildes. Schon deshalb fehle dem Beschwerdeführer die Zuverlässigkeit. Dem Hinweis des Beschwerdeführers, die Entziehung der Konzession würde seine wirtschaftliche Existenz vernichten, komme kein rechtliches Gewicht zu, weil für die Berücksichtigung eines derartigen Umstandes im Rahmen der hier anzuwendenden Vorschriften des GelverkG die Rechtsgrundlage fehle.

2. Beschwerdeverfahren

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf die weitere Ausübung des Gewerbes: Taxi-Gewerbe, beschränkt auf die Verwendung von 8 Personenkraftwagen, verletzt.

2. Das Verwaltungsgericht Wien legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

B. Rechtslage

1. Nach § 20 Abs 1 GelverkG sind noch nicht abgeschlossene Verfahren nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und nach den gemäß diesem Bundesgesetz anzuwendenden Rechtsvorschriften zu beurteilen, was zur Folge hat, dass im vorliegenden Verwaltungsverfahren die belangte Behörde die Rechtslage nach der mit in Kraft getretenen Novelle BGBl I Nr 32/2013 (ausgegeben am ) zum GelverkG zu beurteilen hatte.

Die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (ausgenommen die gewerbsmäßige Beförderung von Personen im Kraftfahrlinienverkehr auf Grund des Kraftfahrliniengesetzes) darf nur auf Grund einer Konzession nach dem GelverkG ausgeübt werden (vgl §§ 1, 2 leg cit).

Nach § 3 Abs 1 Z 3 GelverkG dürfen Konzessionen für diese gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen ua für folgende Arten des gewerbsmäßigen Gelegenheitsverkehrs erteilt werden:

"3. für die Personenbeförderung mit Personenkraftwagen, die zu jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten bereitgehalten werden oder durch Zuhilfenahme von Fernmeldeeinrichtungen angefordert werden (mit Kraftfahrzeugen betriebenes Platzfuhrwerks-Gewerbe (Taxi-Gewerbe)); diese Gewerbeberechtigung umfaßt auch die alleinige Beförderung von Sachen, die von einer Person ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel getragen werden können;".

Gemäß § 4 Abs 1 leg cit ist die Konzession für eine bestimmte Zahl von Fahrzeugen zu erteilen. Bezüglich der Voraussetzungen für die Erteilung sowie die Entziehung einer Konzession normieren die Absätze 1 und 3 des § 5 GelverkG Folgendes:

"Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession

§ 5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes folgende Voraussetzungen gemäß Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 1071/09 erfüllt sind:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
die Zuverlässigkeit,
2.
die finanzielle Leistungsfähigkeit,
3.
die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) und
4.
eine tatsächliche und dauerhafte Niederlassung in Österreich.
Z 1 bis 4 gilt auch für die nicht von der Verordnung (EG) Nr. 1071/09 erfassten Gewerbe. Der Bewerber hat überdies entsprechend dem beabsichtigten Konzessionsumfang (§ 4) in der in Aussicht genommenen Standortgemeinde oder einer daran unmittelbar angrenzenden Gemeinde über die erforderlichen Abstellplätze außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr zu verfügen. Sämtliche Voraussetzungen müssen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession zu entziehen. Die §§ 87 bis 91 GewO 1994 bleiben hiervon unberührt. Die zuständige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft ist vor der Erteilung der Konzession aufzufordern, zur Frage der Leistungsfähigkeit des Betriebes eine Stellungnahme abzugeben.
...

(3) Die Zuverlässigkeit ist, abgesehen von den in Art. 6 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1071/09 geregelten Fällen, insbesondere dann nicht gegeben, wenn

1. der Antragsteller, Gewerbeberechtigte oder der Verkehrsleiter von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt wurde, solange die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt (§§ 1 bis 6 Tilgungsgesetz 1972, BGBl. Nr. 68), oder

...

rechtskräftig bestraft wurde."

2. § 87 GewO 1994 in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Geltung stehenden Fassung BGBl I Nr 125/2013 lautete auszugsweise:

"§ 87. (1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn (...)

3. der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt

(...)

Schutzinteressen gemäß Z 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung ...

(...)

(3) Die Behörde kann die Gewerbeberechtigung auch nur für eine bestimmte Zeit entziehen, wenn nach den Umständen des Falles erwartet werden kann, daß diese Maßnahme ausreicht, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Gewerbeinhabers zu sichern."

C. Erwägungen

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Nach der Rechtsprechung geht das GelverkG - wie sich aus seinem § 1 Abs 2 ergibt - vom Grundsatz aus, dass für den Bereich der nichtlinienmäßigen gewerbsmäßigen Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen die GewO 1994 nur mit der Maßgabe gilt, dass das GelverkG nicht besondere Bestimmungen trifft. Dieser Grundsatz erfährt hinsichtlich der Entziehung der Gewerbeberechtigung in § 5 Abs 1 GelverkG mit der Wendung "unbeschadet der §§ 87 bis 91 GewO 1994" seine spezifische Ausformulierung (vgl , mwH). Das GelverkG fasst im § 5 Abs 1 im Zusammenhang mit § 5 Abs 3 leg cit unter dem Begriff der Zuverlässigkeit nicht nur (iSd GewO 1994) Zuverlässigkeitsregelungen, sondern auch Tatbestände über die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben zusammen und geht in diesem Sinn von einem weiten Begriff der Zuverlässigkeit aus; ferner hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 5 Abs 3 GelverkG gegenüber § 87 Abs 1 Z 1 und 3 GewO 1994 - abschließend - besondere Bestimmungen getroffen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kommt dem Wort "insbesondere" im Einleitungssatz des § 5 Abs 3 GelverkG die Bedeutung zu, dass in den Fällen des § 5 Abs 3 GelverkG die Zuverlässigkeit jedenfalls, und zwar ohne Beurteilung des Persönlichkeitsbildes, zu verneinen ist, ansonsten aber (als allgemeine Regel) zu prüfen ist, ob der Bewerber oder Gewerbeinhaber dem gesetzlichen Erfordernis der Zuverlässigkeit genügt (vgl , mwH).

1.2. Im Fall einer verurteilenden Entscheidung durch ein Strafgericht besteht eine bindende Wirkung für die Verwaltungsbehörde in der Frage, ob ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand erfüllt wurde. Durch die gerichtliche Verurteilung wurde in einer für die Verwaltungsbehörde bindenden Weise über die Begehung der Tat abgesprochen; eine eigene Beurteilung durch die Behörde ist damit nicht mehr zulässig, diese ist verpflichtet, die so entschiedene Frage ihrem Bescheid zu Grunde zu legen (vgl , mwH). Damit ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, wenn er in der Beschwerde das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten in Abrede stellt.

Der Beschwerdeführer bestreitet weder die festgestellte rechtskräftige Verurteilung aus dem Jahr 2011 noch den Umstand, dass diese Verurteilung nicht getilgt ist und nicht der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt. Schon aus diesem Grund verneinte die belangte Behörde auf dem Boden der dargestellten Rechtslage die Zuverlässigkeit zu Recht.

Der Beschwerdeführer hat zudem das seiner strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten unstrittig in Ausübung seines Gewerbes gesetzt. Dieses konkrete Fehlverhalten lässt erkennen, dass er bei der Ausübung dieses Gewerbes in schwierigen Situationen nicht vor versuchter Gewaltanwendung gegen Personen zurückschreckt, weshalb bei ihm nach der Eigenart des Gewerbes eine Zuverlässigkeit in der Bedeutung von "sich verlassen können" nicht mehr vorhanden ist. Wenn er vorbringt, er sei zu seinem Verhalten gewissermaßen von seinen Fahrgästen gedrängt und angetrieben worden, vermag dies nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers auszuschlagen. Vor diesem Hintergrund kann der Beschwerdeführer (der darauf hinweist, er sei seit mehr als 15 Jahren hindurch als Taxilenker tätig und habe die letzten sechs Jahre hindurch die ihm erteilte Gewerbebefugnis korrekt und anstandslos ausgeübt) nichts mit dem Vorbringen gewinnen, dass er sich seit Erlangung der Gewerbeberechtigung korrekt und zuverlässig verhalten hätte und es sich beim in Rede stehenden Fehlverhalten um einen einmaligen Vorfall handeln würde. Ebensowenig erweist sich das Vorbringen als zielführend, dass sich die Behörde, wenn sie auf § 5 Abs 3 Z 1 GelverkG abgestellt habe, auf einen rein formalen Standpunkt zurückgezogen hätte, zumal die besagte Verurteilung auch nur um ein Monat höher ausgefallen sei als die vom Gesetz genannte Dreimonatsgrenze.

2. Ergebnis

2.1. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 iVm § 79 Abs 11 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.2. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 (vgl § 79 Abs 11 VwGG iVm § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl II Nr 8/2014).

Wien, am