zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 14.08.2018, Ra 2018/16/0075

VwGH vom 14.08.2018, Ra 2018/16/0075

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und Hofrat Dr. Thoma sowie Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision des RS in W, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen Spruchpunkt IV. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes Wien vom , VGW-002/084/644/2017, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das Erkenntnis wird im Umfang seiner Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom wurde der Revisionswerber als zur Vertretung einer näher bezeichneten Gesellschaft nach außen Berufener der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 dritter Fall iVm § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz iVm § 9 Abs. 1 VStG mit drei Eingriffsgegenständen sowie einem "E-Kiosk" schuldig erkannt; es wurden über ihn vier Geldstrafen in der Höhe von je EUR 15.000,-

sowie Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde ab (Spruchpunkt IV. 1.) und erlegte dem Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auf (Spruchpunkt IV. 2.).

Weiters sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei (Spruchpunkt V.).

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der E-Kiosk diene als Ein-/Auszahlungsgerät zum Erwerb bzw. zur Einlösung eines Spielguthabens. Der E-Kiosk und dessen Funktion als Einzahlungsgerät, womit Banknoten und Münzen in elektronisch auf den drei im Lokal vorhandenen PCs verwendbare Credits "umgewandelt" würden, sei essentiell dafür, dass auf diesen PCs Glücksspiele durchgeführt werden hätten können. Es handle sich daher bei dem "E-Kiosk" um einen Eingriffsgegenstand im Sinne des GSpG.

4 Gegen dieses Erkenntnis, und zwar offenbar nur gegen den den Revisionswerber betreffenden Spruchpunkt IV., richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung das angefochtene Erkenntnis aufzuheben.

Der Revisionswerber bringt unter anderem vor, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts sei rechtswidrig, da der bloße Betrieb eines "E-Kiosk" noch keine Ausspielung darstelle und damit allein auch nicht gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verstoßen werde, sodass sich eine Bestrafung nach § 52 Abs. 2 GSpG als rechtswidrig erweise.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Das Verwaltungsgericht ist - wie auch die belangte Behörde -

von vier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG ausgegangen und hat die Verhängung von vier Geldstrafen dem Grunde und der Höhe nach bestätigt. Dagegen wendet sich die vorliegende Revision, die in ihrem Zulässigkeitsvorbringen unter anderem geltend macht, dass der Revisionswerber für den "E-Kiosk" nicht gesondert hätte bestraft werden dürfen.

6 Schon mit diesem Vorbringen erweist sich die Revision als zulässig; sie ist auch berechtigt:

7 Nach § 2 Abs. 1 GSpG sind Ausspielungen solche Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

8 Verbotene Ausspielungen sind nach § 2 Abs. 4 GSpG Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 GSpG ausgenommen sind.

9 Nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG (i.d.F. BGBl. I Nr. 13/2014) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. daran beteiligt.

10 Bei Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist nach § 52 Abs. 2 GSpG für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro zu verhängen.

11 § 52 Abs. 2 GSpG findet nur dann Anwendung, wenn eine Übertretung nach Abs. 1 Z 1 leg. cit. mit einem Glücksspielautomaten oder einem anderen Eingriffsgegenstand erfolgt. Diese Bestimmung wurde durch das Abgabenänderungsgesetz 2014 (AbgÄG 2014), BGBl. I Nr. 13/2014, eingefügt. Nach dem Wortlaut und den Materialien zum AbgÄG 2014 soll mit Abs. 2 leg. cit. aus Gründen der General- und Spezialprävention eine Staffelung der zu verhängenden Strafen je nach Schwere des Eingriffes erfolgen und dabei insbesondere auf die Anzahl der Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstände abgestellt werden (vgl. die ErläutRV 24 BlgNR XXV. GP 22 zum AbgÄG 2014). Je mehr Eingriffsgegenstände beim Verstoß nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verwendet werden, desto schwerer wiegend ist der Eingriff in das Glücksspielmonopol und desto höher ist die Strafdrohung. Eine verbotene Ausspielung, bei der beispielsweise in einem Lokal gleichzeitig zehn Glücksspielautomaten bespielt werden können, stellt jedenfalls einen stärkeren Eingriff in das Monopol dar als die Einzelaufstellung eines Glücksspielautomaten und soll daher insgesamt zu einer höheren Strafe führen (vgl. ).

12 Unbeschadet des Fehlens einer Legaldefinition ist unter "Eingriffsgegenstand" als Oberbegriff jedenfalls eine körperliche Sache zu verstehen, mit der in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, indem damit verbotene Ausspielungen veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich gemacht werden. Darunter fallen etwa Glücksspielautomaten (§ 2 Abs. 3 GSpG), Video Lotterie Terminals (VLT, § 12a Abs. 2 GSpG), Roulettetische, Glücksräder oder Kartenspiele (vgl. ; , Ra 2017/17/0969).

13 Nicht unter den Begriff des "Eingriffsgegenstandes" fallen hingegen Sachen, die lediglich als Komponente einer (technischen) Vorrichtung Verwendung finden, mit der einem Kunden die Teilnahme an einem Glücksspiel ermöglicht wird, wie etwa Bildschirme, Stromkabel oder Graphikkarten. Diese Komponenten (Bestandteile, Zubehör, etc.) einer solcher Vorrichtung können nicht als selbstständige Eingriffsgegenstände einer Bestrafung nach § 52 Abs. 2 GSpG zugrunde gelegt werden. Vielmehr wird insoweit von einem einheitlichen Eingriffsgegenstand auszugehen sein. Am Unrechtsgehalt einer verbotenen Ausspielung vermag der Umstand, dass ein Eingriffsgegenstand allenfalls aus mehreren Komponenten besteht, nichts zu ändern (vgl. ; , Ra 2017/17/0969).

14 Im Revisionsfall wurde der Revisionswerber als zur Vertretung nach außen Berufener einer Gesellschaft wegen vier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 dritter Fall GSpG mit insgesamt vier Glücksspielgeräten bzw. Einziehungsgegenständen bestraft. Weder aus dem Straferkenntnis noch aus dem angefochtenen Erkenntnis ergeben sich aber Hinweise, wonach mit dem sogenannten "E-Kiosk" (Gerät Nr. 4) selbst Glücksspiele durchgeführt werden konnten. Vielmehr hat dieses Gerät ausschließlich dazu gedient, Guthaben aufzubuchen und auszuzahlen sowie als Bondrucker/leser zu dienen. Da der bloße Betrieb dieses "E-Kiosk" demnach noch keine Ausspielung darstellt, konnte damit allein auch nicht gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verstoßen werden, sodass sich eine diesbezügliche Bestrafung nach § 52 Abs. 2 GSpG als rechtswidrig erweist.

15 Das angefochtene Erkenntnis ist daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

16 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160075.L00

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.