VwGH vom 26.06.2018, Ra 2018/16/0068
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, LL.M., über die Revision der Pgesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , Zl. LVwG 61.26-3205/2017-6, betreffend Bauabgabe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Stadt Graz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom wurde der revisionswerbenden Gesellschaft m.b.H. (Revisionswerberin) vom Stadtsenat der Stadt Graz die Bewilligung "zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung eines mehrgeschossigen Wohngebäudes mit 41 Wohneinheiten, einer Tiefgarage mit 61 Pkw-Abstellplätzen, einen Fahrradabstellplatz, Einfriedungen und Geländeveränderungen" auf näher bezeichneten Grundstücken unter einer Reihe von Auflagen erteilt.
2 Mit Bescheid vom schrieb der Stadtsenat der Stadt Graz der Revisionswerberin "aus Anlass der Erteilung der Baubewilligung vom , GZ ..." eine Bauabgabe nach näher angeführter Berechnung in Höhe von 33.288,60 EUR vor und sprach aus, dass die Abgabe binnen einem Monat ab Bescheidzustellung zu entrichten sei.
3 Die Revisionswerberin erhob mit Schriftsatz vom Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend die Bauabgabe und brachte vor, dass näher genannte Nachbarn am gegen die erteilte Baubewilligung Beschwerde erhoben hätten. Die Bauabgabe sei anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung vorzuschreiben, was voraussetze, dass eine Baubewilligung vorliege und rechtskräftig sei. Mit der von den Nachbarn erhobenen Beschwerde sei das Baubewilligungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Die Beschwerde der Nachbarn habe aufschiebende Wirkung. Eine rechtskräftige Baubewilligung liege derzeit nicht vor.
4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies der Stadtsenat der Stadt Graz die Beschwerde betreffend die Bauabgabe als unbegründet ab. Ein Erfordernis der Rechtskraft der Baubewilligung als das die Abgabepflicht auslösende Tatbestandsmerkmal habe in die Regelung des § 15 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 nicht Eingang gefunden.
5 Die Revisionswerberin reichte mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
7 Gemäß § 15 des Steiermärkischen Baugesetzes sei anlässlich der Erteilung der Baubewilligung dem Bauwerber von der Abgabenbehörde eine Bauabgabe vorzuschreiben. Die in Rede stehende Baubewilligung sei der Revisionswerberin am zugestellt worden. Der Bescheid über die Vorschreibung der Bauabgabe sei der Revisionswerberin am , sohin nach Zustellung des Baubewilligungsbescheides zugestellt worden. Damit sei der Revisionswerberin als Bauwerberin anlässlich der Erteilung der Baubewilligung vom die Bauabgabe zu Recht vorgeschrieben worden.
8 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Landesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
9 Die Revisionswerberin erachtet sich im Recht, dass die Bauabgabe erst nach Erteilung einer rechtskräftigen Baubewilligung vorgeschrieben wird, dass die Bauabgabe erst nach Erteilung einer rechtskräftigen Baubewilligung fällig wird und dass die Bauabgabe erst bei Erteilung einer rechtskräftigen Baubewilligung eingehoben wird, verletzt.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Die Revisionswerberin trägt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, was "anlässlich der Erteilung der Baubewilligung" im Sinn des § 15 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes zu verstehen sei, insbesondere ob auf die bloße Zustellung des Baubewilligungsbescheides oder auf das Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung abzustellen sei.
14 Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. 15 § 15 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes (Stmk. BauG)
lautet:
"§ 15
Bauabgabe
(1) Anlässlich der Erteilung der Baubewilligung oder der Genehmigung der Baufreistellung ist dem Bauwerber von der Abgabenbehörde eine Bauabgabe vorzuschreiben. Für die Bauabgabe
samt Nebengebühren haftet auf dem Grundstück, ... ein gesetzliches
Pfandrecht. Wird von der Baubewilligung nicht Gebrauch gemacht, so ist die vorgeschriebene Bauabgabe bei späteren Baubewilligungen auf demselben Grundstück anzurechnen."
16 Gemäß § 15 Abs. 8 Stmk. BauG entfällt die Vorschreibung der Bauabgabe bei der Wiederrichtung von Gebäuden für dasselbe Ausmaß und bei Nebengebäuden.
17 Die Revisionswerberin trägt vor, die vom Landesverwaltungsgericht vertretene Auslegung, wonach ausschließlich die Zustellung der Baubewilligung maßgeblich sei, stehe im Widerspruch zur historischen Entwicklung der Bauabgabe. Die Bauabgabe entspreche dem bereits in § 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (im Folgenden: Stmk BauO) vorgesehenen Aufschließungsbeitrag. Diese Bestimmung habe ausdrücklich auf die Rechtskraft des Widmungsbescheides oder Baubewilligungsbescheides abgestellt. Auch wenn seit Inkrafttreten des Stmk. BauG im Gesetz nicht mehr ausdrücklich auf die Rechtskraft des Bewilligungsbescheides Bezug genommen werde, könne die Bestimmung im Lichte ihrer historischen Entwicklung nur so verstanden und ausgelegt werden, dass der Abgabenanspruch erst mit Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides entstehe. Sonst hätte der Gesetzgeber in den Materialien dargelegt, warum er mit Inkrafttreten des Stmk. BauG plötzlich nicht mehr an die Rechtskraft des Bewilligungsbescheides anknüpfe. Den Erläuterungen zufolge entspreche die Bauabgabe dem bisherigen Aufschließungsbeitrag.
18 Der Revisionswerberin ist entgegenzuhalten, dass die von ihr herangezogene Bestimmung des § 6a der Stmk BauO vorsah, einen Aufschließungsbeitrag "gleichzeitig" mit der Erteilung der Baubewilligung vorzuschreiben. Lediglich für die Fälligkeit dieses Aufschließungsbeitrages stellte § 6a leg. cit. auf die Rechtskraft der Baubewilligung ab. Weder war für die Aufschließungsabgabe nach der Stmk BauO noch ist für die Bauabgabe nach dem Stmk. BauG die Rechtskraft der Baubewilligung als Voraussetzung für die Festsetzung der Abgabe im Gesetz vorgesehen.
19 Die Revisionswerberin führt ins Treffen, würde das Grundstück auf Grund der Nachbarbeschwerde tatsächlich nicht bebaut werden können, könnte die zweckgewidmete Bauabgabe unter Umständen nie mehr ihrem eigentlichen Zweck zugeführt werden und wäre die Gemeinde in grob gleichheitswidriger Weise bereichert. Dazu genügt es, an die Bestimmung des § 295 Abs. 3 BAO zu erinnern, wonach im Falle der Änderung oder Aufhebung des Baubewilligungsbescheides durch das Verwaltungsgericht ein zuvor erlassener Bescheid über die Festsetzung der Bauabgabe dementsprechend zu ändern oder allenfalls aufzuheben wäre.
20 Der Hinweis der Revisionswerberin auf die "herrschende Lehre" vermag daran nichts zu ändern. So wird in der einen von der Revisionswerberin zitierten Stelle im Schrifttum (Eisenberger/Hödl, Einführung in das Steiermärkische Bau- und Raumplanungsrecht3 (2014), 59) lediglich ohne nähere Begründung ausgeführt: "Die Baubehörde schreibt anlässlich der Erteilung der Baubewilligung eine Bauabgabe vor. Sie ist mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig." Dass die Festsetzung der Bauabgabe eine Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides voraussetze, wird dort nicht gefordert.
21 Eine andere von der Revisionswerberin zitierte Stelle im Schrifttum (Trippl/Schwarzbeck/Freiberger, Steiermärkisches Baurecht5 (2013), § 15 Stmk. BauG, Anmerkung 3) verweist zum Wort "anlässlich" in § 15 Abs. 1 Stmk. BauG auf die Anmerkung 3 zu
§ 16 leg.cit. und führt ohne weitere Begründung an, dass unter "Erteilung der Baubewilligung" wohl die rechtskräftige Erteilung der Baubewilligung zu verstehen sein werde. In der Anmerkung 3 zu
§ 16 Stmk. BauG, wonach aus Anlass der Erteilung einer Baubewilligung der Bauwerber zum Ersatz der Kosten für die erstmalige Herstellung des Gehsteiges entlang des Bauplatzes zu verpflichten sei, führt dieser Kommentar an, dass die Wendung "aus Anlass" als Festlegung des Zeitpunktes für das Entstehen des Anspruches zu verstehen sei, aber keine darüber hinausgehende Bedeutung etwa für die Frage habe, wann die bescheidmäßige Vorschreibung erfolgen könne. In Anmerkung 6 zu § 16 Stmk. BauG führt dieser Kommentar jedoch an, dass der "Verpflichtungsbescheid (Spruchteil in der Baubewilligung oder gesonderter Bescheid, jedenfalls im Fall der Genehmigung einer Baufreistellung)" die Vorschreibung des Kostenersatzes bereits enthalten könne, wenn zu diesem Zeitpunkt der Gehsteig fertiggestellt sei. Dieser Kommentar meint daher, dass der Verpflichtungsbescheid betreffend die Kosten der Gehsteigherstellung als Spruchteil der Baubewilligung die Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides gerade nicht voraussetzt.
22 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in einem Erkenntnis zur Aufschließungsabgabe nach der Stmk BauO - wenn auch die Bauabgabe betreffend nicht tragend - ausgesprochen, dass so wie beim Aufschließungsbeitrag nach § 6a der Stmk BauO auch nach der (im Zeitpunkt jenes Erkenntnisses bereits geltenden) Bestimmung des § 15 Stmk. BauG bei der Bauabgabe für die Abgabenvorschreibung grundsätzlich der Zeitpunkt maßgeblich ist, in dem der Abgabentatbestand erfüllt ist, und dass der Abgabentatbestand nach § 15 Stmk. BauG mit der Zustellung der Baubewilligung erfüllt ist ().
23 Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Festsetzung der Bauabgabe nach § 15 Stmk. BauG eine wirksame Baubewilligung voraus, ohne auf die Rechtskraft des Bewilligungsbescheides abzustellen (zum Unterschied zwischen Wirksamkeit und Rechtskraft vgl. etwa ).
24 Kann somit die Bauabgabe festgesetzt werden, ohne dass auf die Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides abgestellt werden muss, so ist eine - mangels ausdrücklicher Anordnung der Fälligkeit im Stmk. BauG - aus § 210 Abs. 1 BAO abgeleitete Fälligkeit (mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides) allenfalls auch vor Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides nicht systemwidrig. Eine Abgabe entrichten zu müssen, obwohl die Möglichkeit besteht, dass es später zu einer Herabsetzung und allfälligen Rückzahlung der entrichteten Abgabe kommt (etwa nach § 295 Abs. 3 BAO; vgl. auch die vorläufige Abgabenfestsetzung nach § 200 Abs. 1 BAO) ist dem Abgabenrecht nicht fremd.
25 Da somit der Inhalt der Revision bereits erkennen lässt, dass die von der Revisionswerberin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160068.L00 |
Schlagworte: | Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 |
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