VwGH vom 30.06.2005, 2005/20/0166
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des S in W, geboren 1986, vertreten durch Dr. Elmar Kresbach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4/29, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 253.270/0-IX/49/04, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Asylangelegenheit (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom gemäß § 7 AsylG abgewiesen, seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt und gemäß § 8 Abs. 2 AsylG die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet verfügt.
Dieser Bescheid war wie folgt adressiert: "S.L. (Beschwerdeführer) ( geb.) SOS-Mitmensch, Zollergasse 15, 1070 Wien". In Bezug auf diese Anschrift hatte der Beschwerdeführer am eine Meldebestätigung vorgelegt, wonach er an dieser Anschrift mit der "Wohnsitzqualität obdachlos" gemeldet war. Die Sendung wurde am (nach zwei erfolglosen Zustellversuchen) beim Zustellpostamt hinterlegt und in der Folge als "nicht behoben" an das Bundesasylamt zurückgesandt.
Über Ersuchen des Beschwerdeführers und einer Mitarbeiterin des "Vereins Menschenrechte Österreich" wurde dem Beschwerdeführer am eine Bescheidkopie übermittelt, worauf der Beschwerdeführer am beim Bundesasylamt eine Berufung gegen den Bescheid vom einbrachte.
Mit Schreiben vom hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die verspätete Erhebung der Berufung vor und forderte ihn zur Stellungnahme auf. Nach Einholung einer zentralen Melderegisterauskunft - die keine aktuellen Meldedaten des Beschwerdeführers erbrachte - wurde dieses Schreiben am von der belangten Behörde gemäß § 8 Abs. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 ZustG im Akt hinterlegt. Bis langte bei der belangten Behörde keine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen. In der Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde aus, der Bescheid des Bundesasylamtes sei dem Beschwerdeführer "nachweislich am durch Hinterlegung zugestellt" worden, weshalb die Berufung bis längstens entweder beim Bundesasylamt oder bei der belangten Behörde einzubringen bzw. der Post zur Beförderung an eine dieser beiden Behörden zu übergeben gewesen wäre. Die Berufung sei jedoch unbestritten erst am eingebracht worden und daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides erfolgte am durch Hinterlegung an der Anschrift 1070 Wien, Zollergasse 15. Einer von der belangten Behörde am eingeholten Anfrage aus dem zentralen Melderegister ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer unter der genannten Anschrift von bis mit der "Wohnsitzqualität obdachlos" gemeldet war. Eine Zustellvollmacht hatte der Beschwerdeführer damals nicht erteilt.
Der Beschwerdeführer war an der Zustellanschrift, an die der erstinstanzliche Bescheid adressiert war (Zollergasse 15, 1070 Wien), als Obdachloser gemeldet. Da sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob diese Anschrift im Zeitpunkt der Zustellung eine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes war und damit für Zustellungen an den Beschwerdeführer zur Verfügung stand, steht nicht fest, ob die am erfolgte Hinterlegung des erstinstanzlichen Bescheides wirksam war, sodass eine Zurückweisung der Berufung wegen Verspätung erfolgen konnte. Insofern gleicht der vorliegende Beschwerdefall in seinen wesentlichen Sach- und Rechtsfragen dem mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/01/0621, entschiedenen Fall. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Aus den im zitierten Erkenntnis genannten Gründen war der angefochtene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am
Fundstelle(n):
GAAAE-78814