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VwGH vom 24.02.2010, 2008/13/0228

VwGH vom 24.02.2010, 2008/13/0228

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2008/13/0227 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des ID in W, vertreten durch Dr. Gerhard Ebenbichler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1500- W/08, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Beschwerdeführerin zur hg. Zl. 2008/13/0227, Geschäftsführer der T. GmbH, über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom der Konkurs eröffnet wurde. Mit Beschluss vom wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben.

Mit Bescheid vom zog das Finanzamt den Beschwerdeführer gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der T. GmbH (Umsatzsteuer 12/2002, 01/2003, 02/2003, 03/2003 und Umsatzsteuer 2002) im Ausmaß von insgesamt EUR 558.999,08 heran.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer u.a. die Mitteilung der dem Haftungsbescheid fehlenden Begründung und des Abgabenanspruches, woraufhin ihm das Finanzamt mit Schreiben vom eine "gesonderte Bescheidbegründung" zukommen ließ.

Mit Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen den Haftungsbescheid sowie gegen die an die T. GmbH gerichteten Bescheide betreffend Umsatzsteuer 12/2002, 01/2003, 02/2003 und 03/2003 vom und Umsatzsteuer 2002 vom .

Zu der vom Beschwerdeführer u.a. beantragten Verhandlung über die Berufung gegen den Haftungsbescheid erschien der Vertreter des Beschwerdeführers ohne diesen. Benjamin M., der den Beschwerdeführer und dessen Ehefrau im September 2003 als Geschäftsführer abgelöst hatte, wurde als Zeuge vernommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Haftungsbescheid als unbegründet ab.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht Verjährung geltend und führt aus, gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjähre das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe fällig geworden sei. Die dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Abgaben seien "Ende 2002 und Anfang 2003" fällig geworden und bei Erlassung des Haftungsbescheides vom sei die Verjährung daher "insbesondere für die im Jahr 2002 fälligen Abgaben" schon eingetreten gewesen. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach die der Haftung unterzogenen Abgaben am , , und fällig wurden (vgl. § 21 Abs. 1 UStG 1994), wird dabei nicht eingegangen, sodass die Beschwerde in diesem Punkt nicht erfolgreich sein kann.

Im Vordergrund der Beschwerde steht jedoch das Vorbringen, ein Verschulden des Beschwerdeführers an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten sei deshalb zu verneinen, weil die Geschäftsführung schon während seiner Zeit als Geschäftsführer faktisch von Benjamin M. wahrgenommen worden sei, was dieser in seiner Zeugenaussage selbst bestätigt habe. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, den Beschwerdeführer zu dieser Frage sowie insbesondere auch zu seinem Vorbringen zu vernehmen, wonach er sich bei Übernahme der Geschäftsführertätigkeit in einem Rechtsirrtum befunden habe, den Benjamin M. durch die Zusicherung, dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau könnten aus dieser Tätigkeit keine negativen Folgen erwachsen, verursacht habe.

Es trifft zu, dass Benjamin M. - wie auch im angefochtenen Bescheid erwähnt - in der Berufungsverhandlung als Zeuge aussagte, er sei der faktische Machthaber gewesen, die Geschäftsführer, die er "angeheuert" habe, hätten ohne seine Anweisung "gar nichts" machen dürfen, der Beschwerdeführer und seine Ehefrau hätten keinen Zugriff auf die Buchhaltung und die Finanzgebarung gehabt und sie hätten außerdem fast kein Wort Deutsch gekonnt. Im Anschluss an diese Aussage brachte der Beschwerdevertreter vor, der Beschwerdeführer und seine Frau hätten auf Grund ihrer mangelhaften Deutschkenntnisse die Geschäftsführertätigkeit nicht annehmen dürfen, sie hätten sich in einem Rechtsirrtum über die Konsequenzen einer Geschäftsführertätigkeit befunden und der Rechtsirrtum sei von Benjamin M. durch die erwähnte Zusicherung hervorgerufen worden.

Der Beschwerdevertreter hatte im Zusammenhang mit den fehlenden Einflussmöglichkeiten des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau allerdings vorgebracht, aus diesem Grund treffe sie "kein Verschulden oder höchstens leichte Fahrlässigkeit", worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erwiderte, für die Haftung nach § 9 BAO genüge leichte Fahrlässigkeit und ein Vertreter, der an der Erfüllung seiner Pflichten gehindert sei, müsse die ungehinderte Ausübung seiner Funktion erzwingen oder diese niederlegen.

Einen Antrag auf Erstreckung der Berufungsverhandlung zum Zweck der Einvernahme des nicht erschienenen Beschwerdeführers und seiner Ehefrau über den behaupteten Rechtsirrtum hatte der Beschwerdevertreter nicht gestellt. Der belangten Behörde ist aber auch beizupflichten, wenn sie in der Gegenschrift darauf verweist, eine Rechtfertigung, die zu einem anderslautenden Bescheid hätte führen können, sei nicht vorgebracht worden. Die bloße - auch in der Beschwerde nicht weiter konkretisierte - Behauptung einer Zusicherung des faktischen Geschäftsführers, aus der Übernahme der Geschäftsführung könnten "keine negativen Folgen erwachsen", konnte dafür nicht ausreichen, sodass es auch keiner Beweisaufnahme darüber bedurfte (vgl. zu "blindem Vertrauen" bei der Bestellung zum "Geschäftsführer auf dem Papier" zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/13/0024).

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, er habe im Berufungsverfahren vorgebracht, während der Zeit seiner Geschäftsführung seien alle ein- und ausgehenden Rechnungen ordnungsgemäß verbucht und die Umsatzsteuern ordnungsgemäß vorangemeldet worden. Das Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil die belangte Behörde den dazu beantragten Zeugenbeweis nicht aufgenommen habe. Dem steht entgegen, dass bei der Verschuldensprüfung im Haftungsverfahren - wie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dargelegt - von der objektiven Richtigkeit vorliegender Abgabenbescheide auszugehen ist (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis vom ). Deren Bekämpfung, zu der der Haftungspflichtige gemäß § 248 BAO legitimiert ist, ist Gegenstand des Verfahrens über die vom Beschwerdeführer ohnehin erhobene Berufung gegen diese Bescheide. Inwiefern sich aus der Behauptung "ordnungsgemäßer" Buchungen und Voranmeldungen vor diesem rechtlichen Hintergrund - bei gleichzeitiger Geltendmachung der Einflusslosigkeit des Beschwerdeführers - im Haftungsverfahren ergeben soll, dass ihm keine schuldhafte Verletzung den Vertretern auferlegter Pflichten zur Last liegt, ist nicht erkennbar und wird auch in der Beschwerde nicht näher dargelegt.

Die Kausalität der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen für die Uneinbringlichkeit der Abgaben bestreitet der Beschwerdeführer - wie schon im Berufungsverfahren - mit dem Argument, die aus der Aufhebung des Konkurses mangels Kostendeckung ableitbare Uneinbringlichkeit sei erst drei Jahre nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer eingetreten. Hiezu ist, wie schon im angefochtenen Bescheid, darauf zu verweisen, dass die Haftung des Beschwerdeführers zeitlich daran anknüpft, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären, womit sich die Frage ihrer späteren Einbringlichkeit nicht mehr gestellt hätte, und ein Verschulden am späteren Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft nicht Haftungsvoraussetzung ist (vgl. dazu etwa die Nachweise bei Ritz , BAO3, § 9 Tz 10).

Der zeitliche Abstand zwischen dem Ausscheiden des Beschwerdeführers als Geschäftsführer und dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ist im vorliegenden Fall auch kein Gesichtspunkt, auf den die belangte Behörde bei der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens besonders Bedacht zu nehmen gehabt hätte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am