VwGH vom 22.10.2018, Ra 2018/16/0044

VwGH vom 22.10.2018, Ra 2018/16/0044

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des R W in W, vertreten durch Mag. Christian Kras, Rechtsanwalt in 5162 Obertrum/See, Handelsstraße 6/2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/1200019/2016, betreffend Eingangsabgaben und Abgabenerhöhung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Feldkirch Wolfurt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der in der Schweiz ansässige Revisionswerber fuhr am mit seinem in der Schweiz unter dem Kennzeichen ZH ..... zugelassenen Pkw der Marke BMW aus der Schweiz über die Zollstelle Hohenems, ohne das Fahrzeug mündlich oder schriftlich anzumelden, nach Österreich und dann weiter nach Deutschland. Am selben Tag übergab er - wie von vornherein geplant und vereinbart - das Fahrzeug einem deutschen Unternehmer zum Austausch des Fahrwerkes (Tuning). Das solcherart bearbeitete Fahrzeug brachte er später zurück in die Schweiz.

2 Mit Bescheid vom teilte das Zollamt Feldkirch Wolfurt dem Revisionswerber die buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer in näher angeführter Höhe) mit, welche gemäß Art. 202 Abs. 1 erster Anstrich des Zollkodex in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes (ZollR-DG) für ihn entstanden seien, und setzte eine Abgabenerhöhung in näher angeführter Höhe fest.

3 Mit Schriftsatz vom erhob der Revisionswerber dagegen Beschwerde u.a. mit dem Vorbringen der Unzuständigkeit des Zollamtes Feldkirch Wolfurt, weil das in Rede stehende Fahrzeug nicht in Österreich sondern in Deutschland der aktiven Veredelung (Fahrwerkeinbau) unterzogen worden sei.

4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Zollamt Feldkirch Wolfurt die Beschwerde als unbegründet ab. Das in Rede stehende Beförderungsmittel sei von vornherein zur Durchführung von Veredelungstätigkeiten (Ausbau des bestehenden Fahrwerkes und Einbau eines "getunten" Sportfahrwerkes) bei der T. GmbH in Deutschland bestimmt gewesen und sei zu diesem Zweck durch den Zulassungsinhaber, den Revisionswerber, bei der Zollstelle Hohenems auf eigener Achse fahrend in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden. Eine Zweckfahrt zur Durchführung einer Veredelungstätigkeit, einem Vorgang, der nur dem Zollverfahren der aktiven Veredelung zugeordnet werden könne, erfordere eine Bewilligung der aktiven Veredelung. Die Verbringung eines Beförderungsmittels zur aktiven Veredelung im Zollgebiet der Gemeinschaft sei nur im Rahmen eines formell anzumeldenden und zu bewilligenden Zollverfahrens (Versandverfahren, aktive Veredelung) möglich. Daher sei das in Rede stehende Fahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden und die Zollschuld nach Art. 202 Abs. 2 Zollkodex entstanden.

5 Mit Schriftsatz vom reichte der Revisionswerber dagegen einen Vorlageantrag ein.

6 Mit Bescheid vom gab das Zollamt Feldkirch Wolfurt einem Antrag des Revisionswerbers vom auf Erlass der im Bescheid vom angeführten Abgabenbeträge insoweit Folge, als es die Abgaben in näher angeführter Höhe (den im Bescheid vom vorgeschriebenen Zoll zur Gänze, die Einfuhrumsatzsteuer und die Abgabenerhöhung zum Teil) erließ.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde vom als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens stellte das Bundesfinanzgericht fest, der Revisionswerber habe das in Rede stehende Fahrzeug am über die Zollstelle Hohenems auf eigener Achse fahrend in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht. Grund der Einreise sei gewesen, dass der Revisionswerber den Pkw zur Durchführung von Veredelungsarbeiten (Ausbau des bestehenden Fahrwerkes und Einbau eines Sportfahrwerkes) zur T. GmbH nach Deutschland gebracht habe. Nach Durchführung der Reparatur sei der Revisionswerber mit dem Fahrzeug wieder in die Schweiz zurückgekehrt. Die Einbringung und Ausbringung des Fahrzeuges sei ohne Gestellung und Abgabe einer Zollanmeldung zur aktiven Veredelung erfolgt.

9 Rechtlich erwog das Bundesfinanzgericht, dass im Rahmen der vorübergehenden Verwendung lediglich Reparaturen und Wartungsarbeiten durchgeführt werden dürften. Anders verhalte es sich jedoch, wenn - wie im Revisionsfall - das Fahrzeug bereits mit der Absicht eingebracht werde, umfassende und nicht bloß der Instandsetzung oder Wartung dienende Arbeiten durchführen zu lassen. Bei einer Zweckfahrt zur Durchführung einer Veredelungstätigkeit sei die Verbringung nur im Rahmen eines zu beantragenden oder zu bewilligenden Zollverfahrens (Versandverfahren, aktive Veredelung) möglich. Die Abgabe einer Zollanmeldung durch andere Form der Willensäußerung sei diesfalls nicht vorgesehen. Da der Revisionswerber das in Rede stehende Fahrzeug formlos und daher vorschriftswidrig (Art. 234 Abs. 2 ZK) in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht habe, sei für dieses Fahrzeug die Zollschuld nach Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a) des Zollkodex entstanden.

10 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

11 Der Revisionswerber erachtet sich im Recht verletzt, die mit Bescheid vom vorgeschriebenen Eingangsabgaben samt Abgabenerhöhung nicht zu schulden und nicht entrichten zu müssen.

12 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); die belangte Behörde erstattete mit Schriftsatz vom eine Revisionsbeantwortung.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Der Revisionswerber wirft zur Zulässigkeit seiner Revision die Rechtsfrage auf, ob er mit Wohnsitz in der Schweiz sein in der Schweiz zugelassenes Fahrzeug im Rahmen der vorübergehenden Verwendung im Sinn des Art. 558 Abs. 1 ZK-DVO in die Union einführen dürfe, um es nach Deutschland zum Tuning zu fahren.

17 Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. 18 Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht

werden, sind vom Verbringer gemäß Art. 38 Abs. 1 Buchstabe a) der im Revisionsfall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) unverzüglich und gegebenenfalls unter Benutzung des von den Zollbehörden bezeichneten Verkehrsweges nach Maßgabe der von diesen Behörden festgelegten Einzelheiten zu der von den Zollbehörden bezeichneten Zollstelle oder einem anderen von diesen Behörden bezeichneten oder zugelassenen Ort zu befördern und gemäß Art. 40 ZK von der Person zu gestellen, die die Waren beim Eingang in das Zollgebiet der Gemeinschaft dorthin verbracht hat oder gegebenenfalls die Verantwortung für eine Weiterbeförderung übernimmt.

19 Gemäß Art. 59 Abs. 1 ZK sind alle Waren, die in ein Zollverfahren übergeführt werden sollen, zu dem betreffenden Verfahren anzumelden.

20 Zollanmeldungen werden gemäß Art. 61 Buchstabe a) ZK schriftlich oder gemäß Art. 61 Buchstabe c) ZK mündlich oder durch eine Handlung abgegeben, mit der der Wareninhaber den Willen bekundet, die Waren in ein Zollverfahren überführen zu lassen, wenn diese Möglichkeit in nach dem Ausschussverfahren erlassenen Vorschriften vorgesehen ist.

21 Gemäß Art. 232 Abs. 1 Buchstabe b) der im Revisionsfall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zu Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 253 vom , (Zollkodex-Durchführungsverordnung - ZK-DVO) können Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung für die im Art. 556 bis 561 ZK-DVO genannten Beförderungsmittel durch Willensäußerung im Sinn des Art. 233 ZK-DVO abgegeben werden.

22 Sind die Voraussetzungen u.a. des Art. 232 ZK-DVO erfüllt, so gelten gemäß Art. 234 Abs. 1 ZK-DVO die betreffenden Waren als im Sinn des Art. 63 des Zollkodex gestellt, die Zollanmeldung als angenommen und die Waren als überlassen, sobald die Willensäußerung im Sinn des Art. 233 erfolgt ist.

23 Ergibt sich bei einer Kontrolle, dass die Willensäußerung im Sinn des Art. 233 erfolgt ist, ohne dass die verbrachten Waren die Voraussetzungen u.a. des Art. 232 erfüllen, so gelten diese Waren gemäß Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO als vorschriftswidrig verbracht.

24 Gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a) ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird.

25 Entsteht - außer in hier nicht interessierenden Fällen eines Eingangsabgabenbetrages von nicht mehr als 400 EUR - eine Zollschuld u.a. nach Art. 202 ZK, dann ist gemäß § 108 Abs. 1 des Zollrechts-Durchführungesetzes (ZollR-DG) in der im Revisionsfall noch anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, eine Abgabenerhöhung in näher angeführter Höhe zu entrichten.

26 Im Revisionsfall hat der Revisionswerber bei seiner Einreise, beim Verbringen des in Rede stehenden Fahrzeuges in das Zollgebiet, eine Zollanmeldung durch Willensäußerung im Sinne des Art. 233 ZK-DVO abgegeben.

27 Das Bundesfinanzgericht geht im angefochtenen Erkenntnis davon aus, dass für den Revisionswerber die Zollschuld nach Art. 202 Abs. 1 ZK entstanden ist, weil das in Rede stehende Fahrzeug gemäß Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO als vorschriftswidrig in die Gemeinschaft verbracht gilt.

28 Zu prüfen ist somit, ob die Voraussetzungen für die vom Revisionswerber in Anspruch genommene konkludente Anmeldung im Sinn des Art. 233 ZK-DVO für den in Rede stehenden Pkw erfüllt waren, ob nämlich die Ware zulässigerweise gemäß Art. 232 ZK-DVO in die vorübergehende Verwendung hat übergeführt werden können.

29 Art. 1 Buchstabe a des mit Beschluss 93/329/EWG des Rates vom , ABl. L 130 vom , genehmigten, vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens (nunmehr Weltzollorganisation) ausgearbeiteten und am in Istanbul unterzeichneten Übereinkommens über die vorübergehende Verwendung (im Folgenden: Istanbul-Übereinkommen) lautet:

"Artikel 1

Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet

a) vorübergehende Verwendung:

das Zollverfahren, nach dem bestimmte Waren (einschließlich Beförderungsmittel) unter Aussetzung der Eingangsabgaben und frei von Einfuhrverboten und Einfuhrbeschränkungen wirtschaftlicher Art für einen bestimmten Zweck in ein Zollgebiet verbracht werden dürfen, um innerhalb einer bestimmten Frist und, von der normalen Wertminderung der Ware infolge ihrer Verwendung abgesehen, in unverändertem Zustand wieder ausgeführt zu werden."

30 Art. 137 ZK lautet:

"Artikel 137

Im Verfahren der vorübergehenden Verwendung können Nichtgemeinschaftswaren, die zur Wiederausfuhr bestimmt sind, ohne daß sie, abgesehen von der normalen Wertminderung aufgrund des von ihnen gemachten Gebrauchs, Veränderungen erfahren hätten, unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben im Zollgebiet der Gemeinschaft verwendet werden."

31 In welchen Fällen und unter welchen besonderen Voraussetzungen das Verfahren der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben in Anspruch genommen werden kann, wird gemäß Art. 141 ZK nach dem Ausschussverfahren festgelegt.

32 Im Verfahren der vorübergehenden Verwendung befindliche Waren müssen gemäß Art. 553 Abs. 4 ZK-DVO im gleichen Zustand bleiben. Jedoch sind Reparaturen und Wartungen einschließlich Instandsetzungen und Einstellarbeiten, sowie Maßnahmen zum Erhalt der Waren und solche, die die Einhaltung der für sie hinsichtlich ihrer Verwendung geltenden technischen Vorschriften sicherstellen, zulässig.

33 Gemäß Art. 558 Abs. 1 ZK-DVO wird die vorübergehende Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben u. a. für im Straßenverkehr eingesetzte Beförderungsmittel bewilligt, die

a) außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sind und

b) von hier nicht interessierenden Fällen abgesehen von einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person verwendet werden.

34 Das Bundesfinanzgericht sieht es als erforderlich an, dass Waren, die im Zollgebiet in das Zollverfahren der aktiven Veredelung (Art. 114 ff ZK) übergeführt werden sollen, im Versandverfahren (Art. 91 ff ZK) zum Ort der Veredelung zu befördern sind, sofern sie nicht aufgrund einer einzigen Bewilligung (Art. 500 ZK-DVO) bereits bei der Eingangszollstelle in das Verfahren der aktiven Veredelung übergeführt und im Rahmen dieser Bewilligung nach Art. 511 und 512 ZK-DVO befördert werden.

35 Das Bundesfinanzgericht sieht dieses Erfordernis auch für Beförderungsmittel, die "auf eigener Achse befördert" werden.

36 Die Beförderung eines Fahrzeuges auf eigener Achse ist durchaus eine Verwendung dieses Fahrzeuges als Beförderungsmittel. Mit einem Fahrzeug können sohin nicht lediglich Personen oder andere Waren befördert werden, sondern, wenn es auf eigener Achse fährt, auch das Fahrzeug selbst. Wird beispielsweise ein unbeladener Lkw oder Anhänger durch das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht, wird er nicht für Zwecke der Personenbeförderung (etwa des Fahrers) oder der Beförderung anderer Waren, sondern zur Beförderung des Lkw oder Anhängers selbst als Beförderungsmittel verwendet.

37 Selbst wenn schon bei der Einreise die Absicht bestehen sollte, das Fahrzeug nicht ausschließlich als Beförderungsmittel zu benutzen, sondern nach der Beförderung zu einem bestimmten Ort im Zollgebiet dort eine andere vorübergehende Verwendung als die als Beförderungsmittel vorgesehen ist, hindert dies nicht die Zulässigkeit der vorübergehenden Verwendung als Beförderungsmittel. So ist bei einer sog. Zweckfahrt, um ein Fahrzeug an einem Ort innerhalb des Zollgebietes zu einer anderen vorübergehenden Verwendung als als Beförderungsmittel (zB als Gegenstand von Tests, Experimenten oder Vorführungen - Art. 573 ZK-DVO oder zur Ausstellung - Art. 576 ZK-DVO) zu verwenden, die Verwendung des Fahrzeuges im Rahmen der vorübergehenden Verwendung als Beförderungsmittel bis zum Ort der anderweitigen Verwendung zulässig.

38 Auch die Absicht, das Fahrzeug als Beförderungsmittel zu verwenden, ohne die sich aus dem Verfahren der vorübergehenden Verwendung ergebenden Pflichten erfüllen zu wollen, verhindert nicht, dass eine Willensäußerung iSd Art. 233 ZK-DVO zur Anmeldung zulässig ist und die vorübergehende Verwendung als Beförderungsmittel so lange zulässig bleibt, bis die entsprechenden Pflichten nicht mehr erfüllt werden. Auf eine allenfalls bereits bei der Einreise bestehende Absicht, etwa das Fahrzeug im Zollgebiet einer außerhalb des Zollgebietes ansässigen Person zur Verwendung als Beförderungsmittel zu übergeben, welche die Voraussetzungen des Art. 558 Abs. 1 Buchstabe b ZK-DVO nicht erfüllt, oder das Fahrzeug im Zollgebiet gewerblich im Binnenverkehr (Art. 555 Abs. 1 Buchstabe c ZK-DVO) zu verwenden und die Pflicht des Art. 558 Abs. 1 Buchstabe c ZK-DVO nicht erfüllen zu wollen, kommt es nicht an (vgl. auch das in der Revisionsbeantwortung zitierte Urteil des deutschen Bundesfinanzhofes vom , VII R 44/02).

39 Eine vorübergehende Verwendung ist allerdings nur zulässig, wenn die Ware (beim Verbringen ins Zollgebiet, bei der Einreise) zur Wiederausfuhr bestimmt ist, ohne dass die Ware - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - Veränderungen erfahren hätte (Art. 137 ZK; vgl. auch in der englischen Fassung "goods intended for re-export without having undergone any change" oder in der französischen Fassung: "marchandises destinees a etre reexportees, sans avoir subi des modifications").

40 Im Revisionsfall bestand nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes bereits beim Verbringen des Pkw ins Zollgebiet die Absicht, das Fahrzeug nach einem "Tuning" (Ausbau des Fahrwerkes und Einbau eines Sportfahrwerkes) in Deutschland, sohin nicht unverändert, wieder auszuführen.

41 Damit war der Revisionswerber nicht berechtigt, den in Rede stehenden Pkw auf eigener Achse im Verfahren der vorübergehenden Verwendung an den Ort der aktiven Veredelung zu befördern und dazu gemäß Art. 232 Abs. 1 Buchstabe b) ZK-DVO eine Zollanmeldung durch andere Form der Willensäußerung im Sinn des Art. 233 ZK-DVO abzugeben.

42 Somit hat das Bundesfinanzgericht zu Recht angenommen, dass das in Rede stehende Fahrzeug im Sinn des Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO als vorschriftswidrig verbracht gelte und für dieses Fahrzeug gemäß Art. 202 ZK die Zollschuld entstanden sei.

43 Der Revisionswerber führt ins Treffen, nach der Rechtsprechung des EuGH sei eine Einfuhrmehrwertsteuer (Einfuhrumsatzsteuer) nicht entstanden, weil der in Rede stehende Pkw nicht in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt sei.

44 Gemäß § 1 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994 (im Folgenden: UStG) unterliegt die Einfuhr von Gegenständen der Einfuhrumsatzsteuer und liegt eine Einfuhr vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg, gelangt.

45 Für diese Einfuhrumsatzsteuer gelten gemäß § 2 Abs. 1 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes in der im Revisionsfall noch anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2010, BGBl. I Nr. 34/2010, und des § 26 Abs. 1 UStG in der im Revisionsfall noch anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 756/1996 - von hier nicht interessierenden ausdrücklich abweichend normierten Fällen abgesehen - die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß. Für das Entstehen der Einfuhrumsatzsteuerschuld verweist § 19 Abs. 5 UStG auf § 26 Abs. 1 leg.cit.

46 Demnach ist mit dem Entstehen der Zollschuld gemäß Art. 202 ZK für das in Rede stehende Fahrzeug auch die Einfuhrumsatzsteuer entstanden.

47 Nichts anderes gebieten die unionsrechtlichen Bestimmungen zur Einfuhrumsatzsteuer:

48 Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchstabe d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. L 347 vom , (im Folgenden MwSt-RL) unterliegt der Mehrwertsteuer u.a. die Einfuhr von Gegenständen.

49 Als "Einfuhr eines Gegenstandes" gilt gemäß Art. 30 der MwSt-RL die Verbringung eines Gegenstandes, der sich nicht im freien Verkehr im Sinn des Art 24 des Vertrages (nunmehr Art. 29 AEUV) befindet, in die Gemeinschaft.

50 Gemäß Art. 60 MwSt-RL erfolgt die Einfuhr in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet sich der Gegenstand zu dem Zeitpunkt befindet, in dem er in die Gemeinschaft verbracht wird.

51 Abweichend von Art. 60 MwSt-RL erfolgt bei einem Gegenstand, der sich nicht im freien Verkehr befindet und der vom Zeitpunkt seiner Verbringung in die Gemeinschaft u.a. in einem Verfahren oder einer sonstigen Regelung im Sinne des Art. 156 MwSt-RL, der Regelung der vorübergehenden Verwendung bei vollständiger Befreiung den Einfuhrabgaben oder dem externen Versandverfahren unterliegt, gemäß Art. 61 MwSt-RL die Einfuhr in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Gegenstand nicht mehr diesem Verfahren oder der sonstigen Regelung unterliegt.

52 Der Steuertatbestand und der Steueranspruch treten gemäß Art. 70 MwSt-RL zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Einfuhr des Gegenstandes erfolgt.

53 Unterliegt der Gegenstand vom Zeitpunkt seiner Verbringung in die Gemeinschaft u.a. einem Verfahren oder einer sonstigen Regelung im Sinne des Art. 156 MwSt-RL, der Regelung der vorübergehenden Verwendung bei vollständiger Befreiung von Einfuhrabgaben oder dem externen Versandverfahren, treten gemäß Art. 71 MwSt-RL Steuertatbestand und Steueranspruch erst zu dem Zeitpunkt ein, zu dem der Gegenstand dieser Regelung nicht mehr unterliegt.

54 Das vom Revisionswerber zitierte , "Latvijas Dzelzcels" VAS, betraf Waren, von denen ein Teil vernichtet oder zerstört oder unwiederbringlich zerstört wurde, während sich die Waren im externen Versandverfahren befanden. Dieser Sachverhalt unterscheidet sich grundlegend vom vorliegenden, bei welchem das Fahrzeug in das Zollgebiet verbracht wurde, ohne dass es einem Zollverfahren (etwa der vorübergehenden Verwendung) unterlegen wäre.

55 Das vom Revisionswerber zitierte , Wallenborn Transports SA, betraf Waren, die innerhalb einer Freizone der zollamtlichen Überwachung entzogen wurden, und betrifft ebenfalls einen mit dem vorliegenden keinesfalls vergleichbaren Sachverhalt.

56 Wurde der in Rede stehende Pkw in die Gemeinschaft verbracht und dabei eine Willensäußerung im Sinne des Art. 233 ZK-DVO abgeben, ohne dass die Voraussetzungen dafür erfüllt waren, und wurde der Pkw somit nicht in das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung übergeführt, dann ist mit der Zollschuld nach Art. 202 Abs. 1 ZK auch die Einfuhrumsatzsteuerschuld entstanden.

57 Der Revisionswerber zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf; die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

58 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160044.L00

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