VwGH vom 26.04.2018, Ra 2018/16/0030
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision von B H, BA, und Mag. M H, beide in W, beide vertreten durch die Dr. Kurt Dullinger Rechtsanwalt GmbH in 1030 Wien, Beatrixgasse 1/11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-AV-1020/001-2017, betreffend Ergänzungsabgabe zur Aufschließungsabgabe nach der NÖ Bauordnung 1996 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Wolkersdorf in 2120 Wolkersdorf, Hauptstraße 28), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadtgemeinde Wolkersdorf hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerber sind Miteigentümer des Grundstückes Nr. X, KG W., auf dem sich ein Wohngebäude befindet. Mit Eingabe vom zeigten sie die Änderung von Grundstücksgrenzen durch Vereinigung der benachbarten Grundstücke Nr. X und Nr. Y, auf welchem ein Schwimmbecken errichtet ist, an. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde bestätigte mit Bescheid vom , dass die angezeigte Änderung der Grundstücksgrenzen (Grundstücksvereinigung nach § 12 Vermessungsgesetz) nicht untersagt worden sei.
2 Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister aufgrund der angezeigten Zusammenlegung der Grundstücke den Revisionswerbern gemäß § 39 NÖ Bauordnung 2014 - NÖ BO 2014 eine Ergänzungsabgabe zur Aufschließungsabgabe in der Höhe von EUR 15.379,24 vor. Wie der Begründung des Bescheides zu entnehmen ist, habe sich die Fläche des Bauplatzes des Grundstückes Nr. X von 207m2 auf 1.540m2 vergrößert.
3 In der dagegen erhobenen Berufung brachten die Revisionswerber vor, das Grundstück Nr. X habe laut Grundbuchsauszug eine Gesamtfläche von 207m2 und eine Baufläche (Gebäude) von 141m2 gehabt. Bereits nach dem Grundbuchsauszug sei das Grundstück zu 68% bebaut gewesen, wodurch die höchstzulässige Bebauungsdichte (60%) überschritten worden sei. Da der Altbestand auch später noch erweitert worden sei, sei davon auszugehen, dass die tatsächlich bebaute Fläche noch größer gewesen sei. Es sei davon auszugehen, dass das Altgebäude auf dem Grundstück Nr. X keinen ausreichenden Abstand zum Grundstück Nr. Y gehabt habe, sodass die Bauvorschriften hinsichtlich des Brandschutzes und des Lichteinfalles nicht eingehalten worden seien. Das Grundstück Nr. X bilde somit seit jeher immer nur gemeinsam mit dem angrenzenden Grundstück Nr. Y einen Bauplatz. Im vorliegenden Fall gelte die Ausnahme des § 39 Abs. 1 dritter Satz NÖ BO 2014, wonach eine Vorschreibung bei der Vereinigung eines nach § 11 Abs. 1 Z 4 leg. cit. bebauten Grundstücks mit unbebauten Grundstücken nicht zu erfolgen habe, wenn das bebaute Grundstück erst mit den an einer oder mehreren Seiten anschließenden unbebauten Grundstücken einen Bauplatz nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplans bilde.
4 In seinem Bescheid vom gab der Stadtrat der Stadtgemeinde der Berufung keine Folge und bestätigte den Abgabenbescheid vom . Für die Anwendung des § 39 Abs. 1 dritter Satz NÖ BO 2014 - so die wesentliche Begründung - müsse lediglich das Kriterium erfüllt sein, dass das bebaute Grundstück erst mit den an ein oder mehreren Seiten anschließenden unbebauten Grundstücken einen Bauplatz nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplans bilde. Die Frage, ob die maximal bebaubare Fläche überschritten sei, spiele hier keine Rolle. Der Abstand des auf dem Grundstück Nr. X vor der angezeigten Grundstücksvereinigung bestehenden Gebäudes in Richtung Grundstücksgrenze des Grundstückes Nr. Y sei als ausreichend im Hinblick auf die Anforderungen an Brandschutz und Lichteinfall nach der NÖ BO 2014 beurteilt worden. Die Prüfung durch die Baubehörde habe ergeben, dass das Grundstück Nr. X vor der angezeigten Grundstücksvereinigung für sich einen Bauplatz nach den Bestimmungen der NÖ BauO und des Bebauungsplanes bilde. Auf dem Grundstück Nr. Y habe - vor der angezeigten Grundstücksvereinigung - kein baubehördlich bewilligtes Gebäude bestanden. Im Jahr 1994 sei dort ein Schwimmbad baubehördlich bewilligt worden. Laut Katasterplan aus dem Jahr 1994 habe das Grundstück Nr. Y zu diesem Zeitpunkt bereits so bestanden wie unmittelbar vor dem Zeitpunkt der angezeigten Grundstücksvereinigung. Das Grundstück Nr. Y sei bis zum Zeitpunkt der angezeigten Grundstücksvereinigung ein Grundstück im Bauland, jedoch kein Bauplatz im Sinne des § 11 NÖ BO 2014 gewesen. Aufgrund der Vergrößerung des Gesamtausmaßes des Bauplatzes des Grundstückes Nr. X durch die angezeigte Vereinigung dieses Grundstückes (bisherige Bauplatzfläche 207m2) mit dem Grundstück Nr. Y (kein Bauplatz) zum Grundstück Nr. X (vergrößerte Bauplatzfläche nach Vereinigung 1.540m2) sei gemäß § 39 Abs. 1 NÖ BauO eine Ergänzungsabgabe für die Bauklasse II mit dem zum Zeitpunkt der Anzeige verordneten Einheitssatz der Stadtgemeinde Wolkersdorf vorgeschrieben worden.
5 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Beschwerde, in der sie im Wesentlichen ihren Standpunkt aufrecht erhielten, nach dem Bebauungsplan sei eine höchstzulässige Bebauungsdichte von "60", somit von 60% verordnet gewesen, die jedoch durch den Altbestand auf dem Grundstück Nr. X überschritten worden sei. Der (damals) existente Baubestand hätte daher auf dem Grundstück Nr. X nicht neu errichtet werden dürfen. Die Voraussetzungen für eine Bewilligung des alten Baubestanden nach den Bestimmungen des Bebauungsplans seien erst durch die Vereinigung mit dem Grundstück Nr. Y erfüllt worden. Ob die maximal bebaubare Fläche durch den Altbestand überschritten worden sei, sei jedoch im gegenständlichen Fall genau die Frage, um die es gehe, wenn zu beurteilen sei, ob eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben sei oder nicht. Der Stadtrat habe dazu lediglich ausgeführt, dass der Abstand (des Altbestandes) als ausreichend beurteilt worden sei, ohne dies näher zu begründen.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet ab und bestätigte den dort angefochtenen Bescheid vom .
Weiters sprach das Gericht aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
7 Begründend erwog das Gericht nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung aus der BAO sowie aus der NÖ BO 2014:
"3.1.1.
In der Sache ist eingangs festzuhalten, dass die von den Abgabenbehörden der mitbeteiligten Marktgemeinde der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Berechnungen außer Streit stehen. Das Beschwerdevorbringen lässt sich vielmehr auf die Frage reduzieren, ob dem Grunde nach für das gegenständliche Grundstück eine Ergänzungsabgabe zur Aufschließungsabgabe vorgeschrieben werden durfte, da nach Ansicht der Beschwerdeführer die Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 3. Satz NÖ BauO 2014, LGBl. 1/2015 idF LGBl. Nr. 89/2015, zur Anwendung komme.
3.1.2.
Die belangte Behörde hat zu Recht angenommen, dass es sich bei Grundstück Nr. X um einen Bauplatz im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 4 NÖ Bauordnung 2014 handelte. Bauplatz im Sinne dieser Bestimmung ist ein Grundstück im Bauland, das am bereits als Bauland gewidmet und mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude oder Gebäudeteil, ausgenommen solche nach § 15 Abs. 1 Z. 1 und § 23 Abs. 3 letzter Satz, bebaut war (...).
Die Annahme der belangten Behörde, dass sich das Grundstück Nr. X (207 m2) im Bauland befand und auch am bereits als Bauland gewidmet war, wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Ebenso wenig bestreiten diese, dass das Grundstück Nr. X am mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude bebaut war. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich bei diesem Grundstück um einen Bauplatz im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 4 NÖ Bauordnung 2014 handelte (...). Ebenfalls ist davon auszugehen, dass das Grundstück Y (1.379 m2) kein Bauplatz im Sinne des § 11 NÖ BauO 2014 war.
3.1.3.
Mit der Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 dritter Satz NÖ Bauordnung 2014, in der verfahrensrelevanten Fassung LGBL. Nr. 89/2015, sollte ein Anreiz geschaffen werden, Bauplätze nach § 11 Abs. 1 Z. 4 leg. cit., deren Bebauung nicht den Anforderungen der geltenden NÖ Bauordnung 1996 bzw. den Bebauungsplänen der Gemeinden entspricht (z.B. wegen der nunmehr einzuhaltenden Abstandsbestimmungen), mit angrenzenden unbebauten Grundstücken zu vereinigen und derart einen den genannten Bestimmungen entsprechenden Zustand herzustellen. Auch aus dem in den Materialien genannten Beispielsfall der fehlenden Brandwände an den Grundstücksgrenzen wird deutlich, dass der Ausnahmetatbestand dazu dient, eine Bebauung von Grundstücken, die nach der geltenden Rechtslage nicht in dieser Form hätte erfolgen dürfen, durch die Vereinigung dieser Grundstücke mit unbebauten Grundstücken zu ‚sanieren'. Demzufolge hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0052, die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung bei der Vereinigung einer Punktparzelle, die mit einem Gebäude ohne Brandschutzwände bebaut ist, mit einem unbebauten Grundstück bejaht (...).
3.1.4.
Im vorliegenden Fall ist nun der Rechtsansicht der Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde nicht entgegen zu treten, wenn diese die Vereinigung der Grundstücke Nr. X und Nr. Y als Abgabentatbestand für die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Aufschließungsabgabe (Vergrößerung des Gesamtausmaßes der Bauplätze) gewertet hat.
Für die Anwendbarkeit der von den Beschwerdeführern angesprochenen Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 3. Satz NÖ BauO 2014 i.d.F. LGBL. Nr. 89/2015, fehlt die Voraussetzung der Vereinigung eines nach § 11 Abs. 1 Z. 4 bebauten Grundstücks mit unbebauten Grundstücken, indem das nach § 11 Abs. 1 Z. 4 leg.cit. bebaute Grundstück X nicht mit einem unbebauten Grundstück vereinigt wurde (das Grundstück Nr. Y, KG W war zum Zeitpunkt der Vereinigung und ist nach wie vor mit einem baubehördlich bewilligten Schwimmbecken bebaut - baubehördlicher Bewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Wolkersdorf vom , Zl. 19940069). ...
Die Erlassung des Abgabenbescheides vom erfolgte somit grundsätzlich zu Recht. Weder werden die Richtigkeit der Bemessungsgrundlage bzw. der Abgabenberechnung von den Beschwerdeführern konkret in Abrede gestellt, noch erkennt das Verwaltungsgericht Unrichtigkeiten der Abgabenberechnung.
3.1.5.
In diesem Zusammenhang ist ferner darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Festsetzung von Abgaben nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat (...). Diesen Überlegungen folgt, dass für das gegenständliche Verfahren die im Dezember 2015 (Zeitpunkt der Anbringung der Bestätigung der Nichtuntersagung gemäß § 39 Abs. 1
2. Satz NÖ BauO 2014, idF LGBL. Nr. 89/2015) geltende Rechtslage sowie der in der maßgeblichen Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Wolkersdorf vom festgelegte Einheitssatz von EUR 495,- heranzuziehen war.
..."
Abschließend begründete das Gericht seine Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung und seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision: Insbesondere weiche das angefochtene Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab und liege eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung vor, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt werde.
8 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachten sich die Revisionswerber in ihrem Recht auf Anwendung des § 39 Abs. 1 dritter Satz NÖ BO 2014 verletzt, demzufolge keine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben sei.
Die Zulässigkeit ihrer Revision begründen sie damit, das Gericht gehe - zu Unrecht - davon aus, dass ein Schwimmbecken (auf dem Grundstück Nr. Y) dazu führe, dass ein Grundstück als bebautes im Sinn des § 39 Abs. 1 dritter Satz NÖ BO 2014 gelte und zur Frage, ob ein baubehördlich bewilligtes Schwimmbecken, somit eine bauliche Anlage auf einem sonst unbebauten Grundstück dazu führe, dass dieses Grundstück zu einem bebauten im Sinn des § 39 Abs. 1 dritter Satz leg. cit. oder ob ein bebautes Grundstück nur dann vorliege, wenn dieses mit einem baubewilligten Gebäude oder Gebäudeteilen im Sinn des § 11 Abs. 1 Z 4 leg. cit. bebaut sei, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Auch weiche das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Steiermärkischen Baugesetz sowie zum Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz ab, nach der ein bebautes Grundstück nur dann vorliege, wenn auch diesem ein Gebäude errichtet sei und nicht schon dann, wenn eine bauliche Anlage bestehe.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Revision gemäß § 36 VwGG das Vorverfahren eingeleitet, in dessen Rahmen der Stadtrat der Stadtgemeinde Wolkersdorf eine Revisionsbeantwortung erstattete, in der erkennbar die Abweisung der Revision als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
10 Die Revision ist aus folgenden Gründen zulässig und auch berechtigt:
Das Verwaltungsgericht versagte die Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 39 Abs. 1 dritter Satz NÖ BO 2014 schon deshalb, weil das Grundstück Nr. 2408 mit seinem Schwimmbecken nicht unbebaut sei.
11 § 4 der NÖ BauO 2014, LGBl. Nr. 1/2015, enthält Begriffsbestimmungen und definiert in Z 6 als bauliche Anlagen alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind, und in Z 7 als Bauwerk ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist.
Nach Z 9 leg. cit. gilt als bebaute Fläche als solche die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden oder raumergänzenden Vorbauten (z. B. Erker, Loggien) auf eine waagrechte Ebene, wobei als raumbildend oder raumergänzend jene Bauteile gelten, die wenigstens 2 Wände und ein Dach (Bedeckung) aufweisen.
Nach § 4 Z 15 leg. cit. gilt als Gebäude ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens zwei Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen.
12 § 11 NÖ BO 2014, LGBl. Nr. 1/2015, lautet auszugsweise:
"§ 11 Bauplatz
(1) Bauplatz ist ein Grundstück im Bauland, das
...
4. seit dem ununterbrochen als Bauland gewidmet und am mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude oder Gebäudeteil, ausgenommen solche nach § 18 Abs. 1a Z 1, § 17 Z 8 und § 23 Abs. 3 vorletzter Satz, bebaut war, oder
...."
13 § 39 Abs. 1 NÖ BO 2014 lautet auszugsweise:
"Bei der Änderung der Grenzen von Bauplätzen (§ 10) ist für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird.
Der Abgabentatbestand ist erfüllt, wenn ...
Eine Vorschreibung hat bei der Vereinigung eines nach § 11 Abs. 1 Z 4 bebauten Grundstücks mit unbebauten Grundstücken nicht zu erfolgen, wenn das bebaute Grundstück erst mit den an einer oder mehreren Seiten anschließenden unbebauten Grundstücken einen Bauplatz nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplans bildet.
Die Höhe der Ergänzungsabgabe (EA) wird wie folgt berechnet:
..."
14 Die NÖ BauO 2014 enthält weder in ihrem § 4 noch an anderer Stelle eine allgemeine Bestimmung der Begriffe "bebaut" oder "unbebaut", wie sie in § 39 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. verwendet werden.
Die Befreiungsbestimmung des § 39 Abs. 1 dritter Satz NÖ BO 2014 setzt die Vereinigung eines nach § 11 Abs. 1 Z 4 bebauten Grundstücks mit einem unbebauten Grundstück voraus: sie stellt einem nach § 11 Abs. 1 Z 4 bebauten Grundstück ein unbebautes Grundstück gegenüber.
15 § 39 Abs. 1 dritter Satz leg. cit. verwendet ohne weiteres das begriffliche Gegensatzpaar "bebaut" und "unbebaut"; es ist kein Grund zu ersehen, dass der Begriff "unbebaut" im selben Satz nicht bloß die Negation des Begriffes "bebaut" im Sinn des § 11 Abs. 1 Z 4 leg. cit. sein soll.
Aus dem systematischen Zusammenhang, nämlich der Gegenüberstellung von "bebauten" zu "unbebauten" Grundstücken in § 39 Abs. 1 dritter Satz NÖ BO 2014, mit § 11 Abs. 1 Z 4 leg. cit. ist daher zu schließen, dass unbebaute Grundstücke im Sinn dieser Bestimmung solche sind, die (abgesehen von den sonstigen Voraussetzungen) nicht mit einem - baubehördlich bewilligten - Gebäude oder Gebäudeteil bebaut waren.
16 Im Einklang mit den wiedergegebenen Begriffsbestimmungen des § 4 Z 6, 7 und 15 NÖ BO 2014 stellt daher eine bloße bauliche Anlage wie etwa ein Schwimmbecken nicht das Erfordernis "bebaut" im Sinn des § 39 Abs. 1 dritter Satz NÖ BO 2014 her (vgl. zum Begriff "unverbaut" in § 13 Abs. 1 des Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetzes auch ).
17 Damit entbehrt die Versagung der Befreiung nach § 39 Abs. 1 dritter Satz NÖ BO 2014 einer tragfähigen Begründung, insbesondere auch hinsichtlich des Einwandes der Revisionswerber, dass erst durch die Vereinigung des bebauten Grundstückes Nr. X mit dem unbebauten Grundstücke Nr. Y die Voraussetzungen für eine Bewilligung der Bebauung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplans erfüllt worden seien; denn die im Bescheid vom etwa hiefür gegebene Begründung, die Prüfung durch die Baubehörde habe ergeben, dass das Grundstück Nr. X vor der angezeigten Grundstücksvereinigung für sich eine Bauplatz nach den Bestimmungen der NÖ BO 2014 und des Bebauungsplanes gebildet habe, entzieht sich, insbesondere in Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, der Nachvollziehbarkeit.
18 Das angefochtene Erkenntnis ist daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
19 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160030.L00 |
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