VwGH vom 19.06.2013, 2010/16/0030
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger, Mag. Dr. Köller, Dr. Thoma und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der Ö Aktiengesellschaft in W, vertreten durch die gmcunitreu Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 1041 Wien, Schwindgasse 7, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK - 194/09, betreffend Vorschreibung und Rückzahlung von Getränkesteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er jeweils den Spruchpunkt I. der erstinstanzlichen Bescheide neu fasst, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er jeweils den Spruchpunkt II. der erstinstanzlichen Bescheide neu fasst, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen, soweit jeweils der Spruchpunkt III. der erstinstanzlichen Bescheide aufgehoben wird, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin gab für ihre elf im Gebiet der Gemeinde Wien befindlichen Gastronomiebetriebe Getränkesteuererklärungen für die Jahre 1998 bis 2000 ab, in welchen sie die Getränkesteuer jeweils getrennt nach "Alkoholfreie Getränke" und "Speiseeis/Alkoholhältige Getränke" samt Bemessungsgrundlagen auswies.
Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Rückzahlung der entrichteten Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für die Jahre 1998 und 1999.
Im Juli 2001 fanden in den Betrieben der Beschwerdeführerin Getränkesteuer-Nachschauen auch über die vom Rückzahlungsantrag umfassten Zeiträume statt.
Der Magistrat der Stadt Wien schrieb der Beschwerdeführerin mit elf Bescheiden jeweils vom jeweils in Spruchpunkt I.) Getränkesteuer für "alkoholfreie Getränke und Speiseeis" in neun Fällen für die Jahre 1998 bis 2000, in einem Fall für die Jahre 1998 und 1999 sowie in einem Fall für die Jahre 1999 und 2000 vor (wobei jeweils ein jährlicher Gesamtbetrag ausgewiesen wurde). In Spruchpunkt II.) wurde jeweils der Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke gem. § 185 Abs. 1 und 3 erster Satz WAO abgewiesen. In Spruchpunkt III.) wurde der Beschwerdeführerin für diese Jahre überwälzte und bisher nicht entrichtete Getränkesteuer zur Zahlung vorgeschrieben. Begründend führte die Abgabenbehörde zu Spruchpunkt I. aus, "die Höhe der nunmehr festgesetzten Getränkesteuer für Speiseeis und alkoholfreie Getränke steht aufgrund des ziffernmäßig nicht bestrittenen Ergebnisses der Revision fest". Soweit eine Abgabenfestsetzung gem. Punkt I. erfolgt sei, könne (nach Spruchpunkt II.) ein Guthaben nicht bestehen und komme schon deshalb eine Rückzahlung der Getränkesteuer nicht in Betracht. Da von den Konsumenten für das (alkoholische) Getränk ein Preis verlangt worden sei, der auch die Getränkesteuer beinhaltet habe, stehe fest, dass die Getränkesteuer wirtschaftlich von jemand anderen als der Beschwerdeführerin getragen worden sei.
In den dagegen erhobenen Berufungen vom 10. und führte die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin jeweils übereinstimmend aus:
"Im Namen und Auftrag unserer oben genannten Mandantin erheben wir gegen den Bescheid vom , mit dem die Getränkesteuer für die Jahre 1998, 1999 und 2000 vorgeschrieben und der Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer abgewiesen wird, das Rechtsmittel der Berufung.
Die Berufung richtet sich gegen die Vorschreibung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für den Zeitraum 1998 und
1999 ... Weiters richtet sich die Berufung gegen die Ablehnung der
Gutschrift bzw Rückerstattung von Getränkesteuern auf alkoholische Getränke".
Die Vorschreibung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke und die "Ablehnung" des Rückerstattungsantrages stütze sich auf die Bestimmung § 185 Abs. 3 WAO, wogegen aber europarechtliche Bedenken bestünden. Die in Spruchpunkt III.) nachgeforderte Getränkesteuer für alkoholische Getränke werde in Spruchpunkt I.) nicht festgesetzt, weil in diesem Spruchpunkt Getränkesteuer nur für alkoholfreie Getränke vorgeschrieben werde. Die Beschwerdeführerin habe daher nur die Getränkesteuer für alkoholfreie Getränke aufgrund der Getränkesteuerprüfung nachzuzahlen. Die Beschwerdeführerin stelle daher den Antrag, diese Steuerschuld jeweils mit dem Guthaben der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke zu verrechnen und Spruchpunkt III.) entsprechend zu ändern.
Mit Teil "A) Berufungsvorentscheidung" des Bescheides vom entschied der Magistrat der Stadt Wien über die Berufungen der Beschwerdeführerin. Mit Teil "B) Bescheid" wies er die Anträge der Beschwerdeführerin vom 10. und gemäß § 185 Abs. 1 WAO ab.
Die Beschwerdeführerin stellte einen als "Berufung" bezeichneten Vorlageantrag. Die (vormalige) Berufung habe sich ausschließlich gegen die Abweisung des Rückzahlungantrages der Getränkesteuer (Spruchpunkt II. der erstinstanzlichen Bescheide) und die Vorschreibung der nicht entrichteten Getränkesteuer (Spruchpunkt III. der erstinstanzlichen Bescheide) gerichtet . Die bereits entrichtete Getränkesteuer 1998 bis 2000 auf alkoholische Getränke sei zurückzuerstatten bzw. auf dem Abgabenkonto gutzuschreiben. Der in Spruchpunkt III. vorgeschriebene Nachzahlungsbetrag sei entsprechend abzuändern. Spruchpunkt I., der eine Getränkesteuer für alkoholfreie Getränke bzw. Speiseeis vorgeschrieben habe und die Getränkesteuer für alkoholische Getränke mit EUR 0,00 festgesetzt habe, sei hingegen nicht durch die Berufung bekämpft worden. Spruchpunkt I. sei sohin in Rechtskraft erwachsen.
Mit dem angefochtenen Bescheid behob die belangte Behörde Spruchpunkt III. der Bescheide des Magistrats vom und änderte die übrigen Spruchpunkte dahingehend ab, dass jeweils mit Spruchpunkt I. die Getränkesteuer (getrennt nach den elf Gaststättenbetriebe der Beschwerdeführerin) für Abgabenzeiträume der Jahre 1998 bis 2000 festgesetzt wurde, wobei die Bemessungsgrundlagen für alkoholische Getränke, alkoholfreie Getränke und Speiseeis (jeweils unter Angabe der jeweiligen Steuersätze) getrennt ausgewiesen und in Spruchpunkt II. die Anträge auf Rückzahlung der Getränkesteuer1998 bis 2000 abgewiesen wurden. Im Übrigen wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Berufungen hätten ihrem Wortlaut nach auch jeweils den Spruchpunkt I. der Bescheide des Magistrats vom bekämpft. Im Übrigen könne im Abgabenverfahrensrecht - von hier nicht anzuwendenden Ausnahmen abgesehen - eine Teilrechtskraft nicht eintreten. Es sei jeweils von einer Bewirtungstätigkeit der Beschwerdeführerin auszugehen. Die Höhe der Getränkesteuer stehe auf Grund des ziffernmäßig nicht bestrittenen Ergebnisses der Revision fest. Die Spruchabänderung habe auch der Einbeziehung der Bemessungsgrundlagen und Steuerbeträge betreffend die Getränkesteuer für alkoholische Getränke gedient, weil diese Beträge im Spruch der angefochtenen Bescheide nicht enthalten gewesen seien. Die Getränkesteuer sei in Spruchpunkt I. zur Gänze festzusetzen gewesen. Daher habe die noch nicht entrichtete Abgabe für alkoholische Getränke nicht nach § 185 Abs. 3 WAO gesondert vorgeschrieben werden müssen, weshalb Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide zu entfallen habe.
Zu seinem Spruchpunkt II. führte der angefochtene Bescheid aus, dass die Getränkesteuer rechtmäßig festgesetzt worden sei, sodass im Umfang dieser Festsetzung auch kein Guthaben bestehen könne, zumal auch keine diese Festsetzung übersteigenden Zahlungen erfolgt seien. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Rückzahlungssperre nach § 185 Abs. 3 WAO sei daher nicht mehr relevant.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für die Jahre 1998 bis 2000, auf Unterbleiben einer neuerlichen Entscheidung einer bereits entschiedenen Sache (ne bis in idem) und auf Rückzahlung der ohne Rechtsgrundlage entrichteten Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für die Jahre 1998 bis 2000 verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist im Beschwerdefall, ob die belangte Behörde im Instanzenzug zu Recht die Getränkesteuer festgesetzt und deren Rückzahlung verweigert hat.
1. Zur Festsetzung der Getränkesteuer
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung der Getränkesteuer durch die belangte Behörde mit dem Vorbringen, dass sich ihre Berufung nicht gegen die Festsetzung der Getränkesteuer in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gewendet habe und dass diese daher in Rechtskraft erwachsen sei.
Die bescheidmäßige Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe hat sich auf die gesamte im Bemessungszeitraum zu entrichtende Abgabe und nicht bloß auf eine restliche und nur bestimmte Sachverhalte in Betracht ziehende Abgabenforderung zu erstrecken. Die Abgabe stellt sich als eine einheitliche Steuer dar, die jeweils für einen bestimmten Abgabenbemessungszeitraum entsteht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse jeweils vom , 2007/16/0101 und 2007/16/0123, mwN).
Im Beschwerdefall hat die Abgabenbehörde erster Instanz in Spruchpunkt I. ihrer erstinstanzlichen Bescheide die Getränkesteuer für alkoholfreie Getränke und Speiseeis jeweils für Jahre des Zeitraums 1998 bis 2000 festgesetzt. In Spruchpunkt III. schrieb sie für denselben Zeitraum jeweils einen ziffernmäßig bestimmten Betrag für überwälzte und bisher nicht entrichtete Getränkesteuer vor.
Bei letzterem handelt es sich nicht um eine Festsetzung der Getränkesteuer iSd (im Beschwerdefall von der Abgabenbehörde erster Instanz noch anzuwendenden) § 149 Abs. 2 WAO, sondern um eine Vorschreibung nach § 185 Abs. 3 WAO, welche als eine Einhebungsmaßnahme zu verstehen ist (vgl. die Überschrift des 6. Abschnitts der WAO). Daraus ergibt sich aber, dass die Getränkesteuerfestsetzung in Spruchpunkt I. der erstinstanzlichen Bescheide abschließend erfolgt ist. Daran vermag auch der Umstand, dass die Getränkesteuer für alkoholische Getränke nicht ausdrücklich mit Null festgesetzt wurde, nichts zu ändern. Aus dem Wortlaut der Berufung ergibt sich, dass sich diese ausschließlich gegen die "Vorschreibung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke" sowie die "Ablehnung der Gutschrift bzw. Rückerstattung von Getränkesteuern auf alkoholische Getränke", somit nur gegen die Aussprüche in den Spruchpunkten II. und III. der angefochtenen Bescheide wendet. Spruchpunkt I. der erstinstanzlichen Bescheide blieb somit unbekämpft und ist daher jeweils in Rechtskraft erwachsen.
Da die Festsetzung der Getränkesteuer durch die erstinstanzlichen Bescheide nicht Gegenstand der Berufung war, war die belangte Behörde nicht zuständig, über diese im Berufungswege neuerlich zu entscheiden. Der angefochtene Bescheid war daher - soweit er jeweils Spruchpunkt I. der erstinstanzlichen Bescheide neu gefasst hat - wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.
2. Zur Abweisung des Rückzahlungsantrages
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im Ergebnis auch jeweils den Spruchpunkt II. der erstinstanzlichen Bescheide über die Rückzahlungssperre nach § 185 Abs. 3 erster Satz WAO beseitigt und die neuerliche Verweigerung der Rückzahlung ausschließlich auf den Umstand des fehlenden Guthabens gestützt. Sie hat sich dabei auf die Festsetzung der Getränkesteuer durch den von ihr jeweils neu gefassten Spruchpunkt I. der erstinstanzlichen Bescheide bezogen. Diese Neufestsetzung war aber wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, weswegen sich auch die Neufassung des Spruchpunktes II. der erstinstanzlichen Bescheide durch den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig erweist. Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich der Abweisung des Rückzahlungsantrages wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
3. Zur Nachforderung
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde Spruchpunkt III. der erstinstanzlichen Bescheide (betreffend die Vorschreibung nicht entrichteter überwälzter Getränkesteuer) aufgehoben. Durch diese Aufhebung wurde die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt, weswegen die Beschwerde diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am