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VwGH vom 11.03.2010, 2010/16/0028

VwGH vom 11.03.2010, 2010/16/0028

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der A M in W, vertreten durch Mag. Banu Kurtulan, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 29/32, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK - 141/09, betreffend Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Inhalt der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten Bescheides ergibt sich Folgendes:

Die Beschwerdeführerin war zumindest vom bis zum Geschäftsführerin der A. GmbH, über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom der Konkurs eröffnet wurde.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - in teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides - die Beschwerdeführerin für den Rückstand an Dienstgeberabgabe und an Kommunalsteuer samt Nebengebühren für den Zeitraum April 2006 bis Dezember 2007 in der Höhe von insgesamt 13.855,25 EUR haftbar gemacht und sie zur Zahlung dieses Betrages aufgefordert.

Nach der Begründung seien Grund und Höhe dieser Abgabenforderungen sowie die Funktion der Beschwerdeführerin als alleinige handelsrechtliche Geschäftsführerin der A. GmbH im genannten Zeitraum unbestritten. Zwar habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, das Unternehmen sei mit an A. verkauft worden, weshalb sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr für die Geschäftstätigkeit zuständig gewesen sei; es wäre jedoch Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen nachzuweisen, dass ihr die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, widrigenfalls habe angenommen werden können, dass sie ihre Pflichten in schuldhafter Weise nicht erfüllt habe. Die Betrauung einer anderen Person, die nicht Geschäftsführer sei, mit der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten entbinde die Beschwerdeführerin nicht, wenn sie ihren zumutbaren Informations- und Überwachungspflichten nicht nachkomme. Es wäre Sache der Beschwerdeführerin gewesen darzutun, dass sie alles ihr Zumutbare getan habe, um etwaige Versäumnisse dieser Person bei der Abgabenentrichtung festzustellen und die Rückstände unverzüglich zu begleichen. Die Beschwerdeführerin behaupte nicht einmal, überprüft zu haben, ob A. seinen Verpflichtungen, insbesondere der Abgabenentrichtung nachgekommen sei. Mit Abtretungsvertrag vom habe die Beschwerdeführerin ihren Geschäftsanteil an der A. GmbH an den Erwerber des Betriebes abgetreten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtinanspruchnahme einer Haftung mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die am in Kraft getretene und damit im Beschwerdefall für die Haftung für Kommunalsteuer anwendbare Bestimmung des § 6a Kommunalsteuergesetz (BGBl. I Nr. 20/2009) lautet:

"(1) Die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.

(2) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.

(3) Die in Abs. 2 bezeichneten Personen haften für die Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung."

Nach dem im Beschwerdefall für die Haftung für die Dienstgeberabgabe bereits anwendbaren § 9 Abs. 1 BAO (Zustellung des angefochtenen Bescheides am ) haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben u.a. die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Vertreterhaftung - die Bestimmung des § 6a KommStG entspricht insofern der bisherigen Rechtslage nach § 7 WAO sowie der Rechtslage nach §§ 9, 80 BAO - hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung iS des § 7 Abs. 1 WAO annehmen darf. Eine schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten ist anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe darlegen kann, auf Grund derer ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen ist; den Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungspflicht (vgl. für viele das Erkenntnis vom , Zl. 2007/13/0048, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen behindert sieht, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der unbehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden hat. Auch binden im Innenverhältnis erteilte Weisungen den Geschäftsführer insoweit nicht, als sie ihn zur Verletzung zwingender gesetzlicher Verpflichtungen nötigen. Ein für die Haftung relevantes Verschulden liegt aber auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer schon bei der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/15/0163, mwN).

Die Zurücklegung der Geschäftsführungsbefugnis erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Erklärung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH (der Generalversammlung oder allen Gesellschaftern - § 16a GmbHG). Eine solche Niederlegung wirkt unabhängig von der Eintragung im Firmenbuch; dieser Eintragung kommt nur deklarative Wirkung zu (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2005/13/0074, mwN).

Auf der Basis des im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhaltes, wonach die Beschwerdeführerin während des in Rede stehenden Zeitraumes alleinige handelsrechtliche Geschäftsführerin der A. GmbH war, die Geschäftsführungsbefugnis nicht wirksam zurückgelegt wurde und der Beschwerdeführerin die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten nicht unmöglich gewesen ist, ist die belangte Behörde rechtlich zutreffend von einer schuldhaften Verletzung im Sinne des § 7 Abs. 1 WAO ausgegangen.

Als einziges auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides konkret bezogenes Vorbringen finden sich in der vorliegenden Beschwerde unter dem Gesichtspunkt von Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Behauptung, es wäre "notwendig gewesen, einerseits Herrn (Erwerber des Unternehmens der A. GmbH) einzuvernehmen und dahingehend zu befragen, ob es richtig ist, dass er die Geschäfte ab de facto geführt hat und wäre auch Herr (Mitgesellschafter der A. GmbH) dazu einzuvernehmen gewesen, ob er von der Zurücklegung der Geschäftsführerfunktion durch die Beschwerdeführerin Kenntnis erlangt hat bzw. damit einverstanden war."

Die dabei behaupteten Verfahrensfehler - das Vorbringen in der Beschwerde läuft im Übrigen auf einen Erkundungsbeweis hinaus ("ob") - liegen vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund jedoch nicht vor:

Allein die "de facto"- Geschäftsführung durch den Erwerber des Unternehmens hätte die Beschwerdeführerin von ihrer Haftung als handelsrechtliche Geschäftsführerin nur dann befreit, wenn festgestellt worden wäre, dass ihr die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei. Solche Feststellungen hat die belangte Behörde nicht getroffen.

Die in der Beschwerde weiter gerügte Unterlassung der Einvernahme des Mitgesellschafters der A. GmbH ist rechtlich deshalb ohne Bedeutung, weil die Beschwerdeführerin gar nicht behauptet - worauf es aber ankommt -, dass die Zurücklegung der Geschäftsführungsbefugnis gegenüber der Generalversammlung oder den (übrigen) Gesellschaftern erfolgt ist, sondern eben nur die "Kenntnisnahme" bzw. das "Einverständnis" der Zurücklegung.; dies auch ohne irgendwelche näheren Umstände einer solchen Erklärung zu nennen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am