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VwGH vom 25.02.2010, 2010/16/0021

VwGH vom 25.02.2010, 2010/16/0021

Beachte

Serie führend: 2009/15/0172 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des M J in W, vertreten durch Dr. Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 17/20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. FSRV/0104-W/09, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens,

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2. den Beschluss

gefasst:

Der Antrag, die Beschwerde dem Verfassungsgerichtshof abzutreten, wird zurückgewiesen.

Begründung

Dem Inhalt des angefochtenen Bescheides und der vorliegenden Beschwerde ist im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:

Mit Bescheid vom hat das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass er im Zeitraum Jänner bis April 2007 im Bereich des Zollamtes Wien vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren, die zugleich Gegenstände des Tabakmonopols seien, nämlich 36.800 Stück Zigaretten der Marke Chesterfield, hinsichtlich derer zuvor von unbekannten Tätern die Finanzvergehen des Schmuggels in Verbindung mit dem vorsätzlichen Eingriff in die Rechte des Tabakmonopols begangen worden seien, von einer unbekannten Person am Mexikoplatz an sich gebracht und hiermit die Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgaben- und Monopolhehlerei begangen habe.

Dem Einleitungsbescheid lag zu Grunde, dass im Jahr 2007 die Zollfahndung Wien WR verdächtigte, einen illegalen Handel mit Zigaretten zollunredlicher Herkunft zu betreiben. Im Zuge der Observierung an dessen Wohnadresse wurde am beobachtet, dass WR den Beschwerdeführer mit einem Karton in das Wohnhaus hineingelassen hat. Bei einer sofort durchgeführten Anhaltung gaben beide Personen an, dass sich in dem Karton Zigaretten befinden. Bei einer anschließend freiwillig gestatteten Nachschau in der Wohnung und den dazugehörigen Kellerräumlichkeiten von WR wurden 19.760 Stück Zigaretten zollunredlicher Herkunft sowie handschriftliche Aufzeichnungen dazu vorgefunden; die Zigaretten wurden beschlagnahmt. Beim Zigarettenlieferanten handelte es sich um den Beschwerdeführer, der in dem Karton 16.800 Stück (84 Stangen) Zigaretten der Marke Chesterfield herangebracht hatte, die ebenfalls beschlagnahmt wurden. Eine an seiner Wohnadresse freiwillig gestattete Nachschau verlief negativ.

Bei der im Anschluss beim Zollamt Wien durchgeführten Vernehmung führte WR aus, dass er seit Oktober 2005 bis zum Aufgriffstag wöchentlich 50 Stangen Zigaretten angekauft habe. Von Oktober 2005 bis September 2006 habe es sich um die Sorte Memphis, die er von JT bezogen habe, gehandelt. Nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit JT seien ihm mit Ausnahme von zwei Wochen im März 2007 von einer Frau wöchentlich 50 Stangen Zigaretten der Marke Memphis geliefert worden. In dieser Zeit seien ihm vom Beschwerdeführer zwei Mal je 50 Stangen der Marke Chesterfield überbracht worden, weil die Frau diese Sorte nicht liefern habe können. Bei der Aufgriffsmenge habe WR von den 84 Stangen Zigaretten nur 50 vom Beschwerdeführer gekauft. Da dieser die Zigaretten nicht auf der Straße habe aufteilen wollen, sei er zu ihm ins Haus gekommen. Er kenne den Beschwerdeführer aus der Zeit, als er noch mit JT gehandelt habe.

Der Beschwerdeführer führte bei seiner Einvernahme beim Zollamt Wien aus, er habe die 84 Stangen Zigaretten am selben Tag am Mexikoplatz von einem ihm unbekannten Mann gekauft, dem sie seinerseits von einem Unbekannten übergeben worden seien. Er habe für die Zigaretten 1.340 EUR bezahlt. Da er neben seiner Notstandshilfe im Ausmaß von monatlich 580 EUR auch von seiner Mutter finanziell unterstützt werde, könne er sich das leisten. WR habe er im September 2006 in einem Wettbüro kennen gelernt. Bei der heutigen Zigarettenlieferung habe er WR angerufen und ihn gefragt, ob er Zigaretten brauche. 50 der 84 Stangen seien für WR bestimmt gewesen. Schon im Jänner 2007 habe er an WR 20 Stangen Zigaretten der Marke Chesterfield verkauft. Wenn WR eine größere Menge nenne, stamme diese jedenfalls nicht vom ihm, dem Beschwerdeführer.

In der gegen den Einleitungsbescheid an die belangte Behörde erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er habe 16.800 Stück Zigaretten vor einer Trafik gekauft und habe daher annehmen können, dass die Zigaretten aus dieser Trafik stammten. Die Menge von 36.800 Stück Zigaretten sei aus der Luft gegriffen, der Tatzeitpunkt sei lediglich der gewesen. Der Beschwerdeführer sei als Raucher in seinem Menschenrecht verletzt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diese Beschwerde mit einer hier nicht maßgeblichen Änderung abgewiesen.

Nach der Begründung reiche das Vorliegen einer Verdachtslage für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens aus. Auf Grund der Aussagen des Beschwerdeführers und jener von WR sowie der sonstigen Ermittlungsergebnisse sei der Tatverdacht hinsichtlich der genannten Zigarettenmenge hinreichend begründet. Der Beschwerdeführer selbst habe angegeben, schon im Jänner 2007 Zigaretten an WR geliefert zu haben, die angelastete Menge entspreche der präzisen Aussage von WR. Das Zollamt habe nachvollziehbar zum Verdacht gelangen können, dass der Beschwerdeführer in Tateinheit eine vorsätzliche Abgaben- und Monopolhehlerei mit 184 Stangen Zigaretten verwirklicht habe, sodass beim derzeitigen Verfahrensstand die Einleitung des Finanzstrafverfahrens zu Recht erfolgt sei.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

§ 82 FinStrG lautet:

"(1) Die Finanzstrafbehörde erster Instanz hat die ihr gemäß §§ 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen.

(2) Ergibt diese Prüfung, dass für die Ahndung des Finanzvergehens das Gericht zuständig ist, so hat die Finanzstrafbehörde das Strafverfahren nach den Bestimmungen des Dritten Unterabschnittes zu führen.

(3) Ergibt die Prüfung gemäß Abs. 1, daß die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung eines Strafverfahrens hat sie nur dann abzusehen und darüber einen Aktenvermerk mit Begründung aufzunehmen,

a) wenn die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann,


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b)
wenn die Tat kein Finanzvergehen bildet,
c)
wenn der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, welche die Tat rechtfertigen, die Schuld des Täters ausschließen, die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben,
d)
wenn Umstände vorliegen, welche die Verfolgung des Täters hindern, oder
e)
wenn die Tat im Ausland begangen und der Täter dafür schon im Ausland gestraft worden ist und nicht anzunehmen ist, daß die Finanzstrafbehörde eine strengere Strafe verhängen werde."
Nach der Rechtsprechung geht es bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe im Sinn des § 82 Abs. 1 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind, nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens (dem unter anderem auch die Beweiswürdigung vorbehalten bleibt) gleichsam vorweg zu nehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen für einen Verdacht ausreichen oder nicht. Ob jemand das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat oder nicht, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 115 ff FinStrG vorbehalten. Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Ein Verdacht - der mehr ist als eine bloße Vermutung -

besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2009/16/0052).


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Tatsächlich durfte die belangte Behörde vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung auf Grund der Aussage von WR sowie der wechselnden und schwer nachvollziehbaren Verantwortung des Beschwerdeführers und auf Grund des Ergebnisses der am durchgeführten Anhaltung vom Vorliegen eines begründeten Verdachtes der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Finanzvergehen ausgehen.
Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde zwar gegen die Annahme der belangten Behörde, er habe 36.800 Zigaretten gekauft, bringt aber nicht vor, es habe dahin keine Verdachtslage bestanden. Er bestreitet auch nicht die Grundlagen, die zur Annahme der Verdachtslage geführt haben.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Mit Rücksicht darauf war auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.
Eine Abtretung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sieht das VwGG nicht vor, weshalb der darauf gerichtete Antrag zurückzuweisen war.
Wien, am