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VwGH vom 01.03.2018, Ra 2018/16/0012

VwGH vom 01.03.2018, Ra 2018/16/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision des J M in W, vertreten durch die Mag. Michael Rudnigger Rechtsanwalt GmbH in 1040 Wien, Rechte Wienzeile 31/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , W183 2174633- 1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber hatte von der "N" Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eine mit öffentlichen Förderungsmitteln errichtete Wohnung gemietet und Anspruch auf Übertragung der Wohnung ins Wohnungseigentum nach den §§ 15b ff WGG. Mit Kaufvertrag vom kaufte der Revisionswerber von der Vermieterin als Verkäuferin diese Wohnung um einen Kaufpreis von insgesamt EUR 141.597,52. In § 12 des Kaufvertrages, "Vorkaufsrecht gemäß § 15g WGG", wurde der Revisionswerber über das Vorkaufsrecht der Verkäuferin nach § 15g WGG informiert. Im Falle einer (Weiter-)Übertragung habe der Revisionswerber den Differenzbetrag zwischen dem Kaufpreis (EUR 141.597,52) und dem Verkehrswert, der mit EUR 193.297,52 bekannt gegeben werde, sohin (gerundet) EUR 51.700,-

- an die Verkäuferin zu leisten.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen die Vorschreibung der Eintragungsgebühr für die Verbücherung des Wohnungseigentums des Revisionswerbers auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 193.297,52 gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens, Feststellung des eingangs wiedergegebenen Sachverhaltes und Zitierung des § 26 GGG erwog das Verwaltungsgericht:

"Seit der GGN BGBl. I 2013/1 wird für die Bemessung der Eintragungsgebühr für die Eintragung des Eigentumsrechts oder Baurechts an den Wert des Grundstücks, auf dem das Eigentumsrecht einverleibt werden soll, angeknüpft. Der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei der Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. Auf eine tatsächliche Veräußerung kommt es nicht an. Diese Bemessungsgrundlage ist unabhängig von der Art des Erwerbes für die Berechnung der Eintragungsgebühr heranzuziehen (RV 1984 BlgNR 24. GP). ...

§ 26 Abs. 3 GGG legt fest, dass der Wert der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist, soweit keine außergewöhnlichen Verhältnisse vorliegen, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt haben, sodass die Gegenleistung offenkundig nicht dem auf dem freien Markt erzielbaren Preis entspricht. Als Beispiel kann hier eine gemischte Schenkung zwischen nahen Angehörigen genannt werden. Liegen solche außergewöhnlichen Verhältnisse aber nicht vor, stellt die Gegenleistung eben jenen Wert dar, auf den Abs. 1 abstellt. ...

Bei der Gerichtsgebühr handelt es sich um eine bundesrechtlich geregelte Abgabe, weshalb gemäß § 1 Abs. 1 Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 (in der Folge: BewG), die Bestimmungen des § 10 BewG maßgebend sein können (vgl. ; ÖStZB 2016/97). Allerdings enthält § 26 Abs. 1 GGG eine eigenständige Definition des Werts als Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr, weshalb § 10 BewG nicht anzuwenden ist. ()

Die Regelung des § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG weicht von der Bestimmung des § 10 Abs. 2 BewG ab und entspricht vielmehr dem § 2 Abs. 2 des Liegenschaftsbewertungsgesetzes, BGBl. Nr. 150/1992 (in der Folge: LBG), wonach der Verkehrswert der Preis ist, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann ().

Gegenstand der Gebührenpflicht und damit auch allein maßgebend für die Beurteilung der Bemessungsgrundlage kann immer nur die Rechtsänderung sein, die durch die vorgenommene bücherliche Eintragung bewirkt wird ...

§ 15g Abs. 2 WGG lautet:

...

3.2.3. Für den gegenständlichen Fall hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass zur Errechnung der Bemessungsgrundlage § 26 Abs. 1 GGG heranzuziehen und Abs. 3 leg. cit. nicht anwendbar ist. Aus dem Vergleich der Punkte 2 und 12 des Kaufvertrags ergibt sich, dass die Genossenschaft die Wohnungen an Mieter oder Nutzungsberechtigte offensichtlich zu einem günstigeren Preis verkauft, der unter dem Verkehrswert nach § 15g Abs. 2 Z 1 WGG liegt. Das ergibt sich bereits aus § 15g Abs. 2 WGG, der den Wert nach Z 1 als ‚Verkehrswert' bezeichnet, der ggf. gerichtlich überprüft werden kann. Dass dieser Wert als Wert nach § 26 Abs. 1 GGG anzunehmen ist, ergibt sich auch daraus, dass der BF im Fall einer Weiterveräußerung den Differenzbetrag zwischen diesem Verkehrswert und dem vereinbarten Kaufpreis als nachträgliche Gegenleistung an die Bauvereinigung leisten muss. Da sich somit die Gegenleistung offenkundig nicht am Preis orientiert, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr üblicherweise erzielbar wäre, liegen ‚außergewöhnliche Verhältnisse' im Sinne des § 26 Abs. 3 GGG vor, die eine Heranziehung der mit dem BF vereinbarten geringeren Gegenleistung als Bemessungsgrundlage verhindern. Es ist daher der höhere Verkehrswert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit i. S.d. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anzulasten ist und die Beschwerde daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. TP 9 lit. b Z 1 GGG sowie § 26 Abs. 1 GGG abzuweisen war."

Abschließend begründete das Verwaltungsgericht die Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung sowie seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die von ihm zitierte Judikatur, die auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen sei.

3 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich der Revisionswerber in seinem Recht darauf verletzt, dass die Eintragungsgebühr im Falle der nachträglichen Einräumung von Wohnungseigentum an einer bis dahin von einer gemeinnützigen Bauvereinigung gemieteten Wohnung gemäß § 15b ff. WGG auf Basis des Kaufpreises bemessen werde, der nach den §§ 15d f. iVm § 23 WGG als Fixpreis festgelegt und vereinbart werde. Die Zulässigkeit seiner Revision erblickt er darin, es fehle zur Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung Rechtsprechung, ob die gerichtliche Eintragungsgebühr nach dem GGG im Falle einer nachträglichen Übertragung des Eigentums an einer Wohnung nach dem WGG auf den bisherigen Mieter auf Basis des nach den gesetzlichen Regeln des WGG gebildeten fixen Kaufpreises oder auf Basis eines (im Regelfall höheren) sogenannten Verkehrswertes zu berechnen sei, der nur unter bestimmten Bedingungen und jedenfalls zeitlich später tragend werde und überdies nicht als Kaufpreis zu verstehen sei. Er beantragt, nach Abschluss des Vorverfahrens und Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 VwGG in der Sache selbst zu entscheiden, dass die Eintragungsgebühr unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von EUR 141.597,52 zur Gänze beglichen sei, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die vorliegende Revision erweist sich im Hinblick auf die aufgeworfene Rechtsfrage der Bedeutung sondergesetzlicher Regelungen zur Kaufpreisermittlung für die Bemessungsgrundlage nach § 26 GGG als zulässig, jedoch als nicht berechtigt.

5 Der Revisionswerber nimmt für sich in Anspruch, dass bei

der Kaufpreisbemessung keine außergewöhnlichen Verhältnisse im

Sinn des § 26 Abs. 3 GGG vorgelegen seien, sondern schlicht die

rechtlichen Regeln des WGG für die Errechnung eines Kaufpreises

angewendet worden seien. Damit komme für die Gebührenbemessung

§ 26 Abs. 3 GGG zur Anwendung, worunter der nach § 15d iVm

§ 23 WGG zu ermittelnde Fixpreis zu verstehen sei.

6 Zur Darstellung der Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2

zweiter Satz VwGG auf das - schon von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zitierte - Erkenntnis vom , Ra 2016/16/0037, verwiesen.

Die ErläutRV zur Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 1/2013, führen zur Neufassung des § 26 GGG, 1984 BlgNR 24. GP 6, aus:

"In Zukunft soll entsprechend dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs für die Bemessung der Eintragungsgebühr für die Eintragung des Eigentumsrechts oder Baurechts an den Wert des Grundstücks, auf dem das Eigentums- oder Baurecht einverleibt werden soll, angeknüpft werden (Abs. 1). Der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei der Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. Auf eine tatsächliche Veräußerung kommt es nicht an. Diese Bemessungsgrundlage ist unabhängig von der Art des Erwerbes für die Berechnung der Eintragungsgebühr heranzuziehen.

...

Abs. 3 legt fest, dass der Wert der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist, soweit keine außergewöhnlichen Verhältnisse vorliegen, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt haben, sodass die Gegenleistung offenkundig nicht dem auf den freien Markt erzielbaren Preis entspricht. Als Beispiel kann hier eine gemischte Schenkung zwischen nahen Angehörigen genannt werden.

..."

7 Im zitierten Erkenntnis vom führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Regelung des § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG von der Bestimmung des § 10 Abs. 2 BewG abweiche und vielmehr dem § 2 Abs. 2 Liegenschaftsbewertungsgesetz entspreche. Fallbezogen könnten demgemäß bei der Ermittlung des Verkehrswerts Abschläge vom Sachwert für ein auf der Liegenschaft lastendes Wohnrecht vorzunehmen sein. Der Verkehrswert könne wegen der auf einer Liegenschaft ruhenden Belastung und damit erschwerten Veräußerbarkeit unter dem Sachwert liegen.

8 Im Revisionsfall ist unbestritten, dass die Ermittlung des Kaufpreises von EUR 141.597,52 aus der besonderen Konstellation der Mietereigenschaft des Revisionswerbers gegenüber einer gemeinnützigen Bauvereinigung anhand der besonderen Bestimmungen des § 15d iVm § 23 WGG heraus erfolgte. Der Revisionswerber zieht nicht in Zweifel, dass der in § 12 des Kaufvertrages genannte, gemäß § 15g WGG ermittelte "Verkehrswert" zumindest dem Wert entspricht, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr einer Veräußerung der Wohnung üblicherweise zu zahlen wäre. Die zitierten ErläutRV betonen, es komme auf eine tatsächliche Veräußerung zum Verkehrswert (i.e. der Preis, der nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei der Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre) nicht an. Damit war aber die besondere Stellung des Käufers als Mieter der geförderten Wohnung für die Ermittlung der Gegenleistung mit dem geringeren Betrag von EUR 141.597,52 bestimmend, womit außergewöhnliche Verhältnisse im Sinn des § 26 Abs. 3 erster Satz GGG vorlagen, sodass der Wert dieser Gegenleistung als Bemessungsgrundlage gerade nicht herangezogen werden kann. Zufolge § 26 Abs. 1 GGG ist der Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. Dass der in § 12 des Kaufvertrages genannte Verkehrswert zu hoch angesetzt wäre, behauptet der Revisionswerber nicht.

9 Da schon der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die vom Revisionswerber behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ist die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung nach § 39 Abs. 1 Z 6 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160012.L00

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