VwGH vom 30.04.2019, Ra 2018/15/0112
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der V G in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom , Zl. KLVwG- 845-858/6/2018, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Kärnten),
1. zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit, als es die Beschlagnahme des Bargelds in Höhe von 2.993 EUR betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom ordnete die Landespolizeidirektion Kärnten die Beschlagnahme von elf näher bezeichneten Glücksspielgeräten, 26 dazugehörigen Schlüsseln, einer Fernbedienung und Bargeld in Höhe von EUR 2.993 gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) an.
2 Die Behörde führte in ihrem Bescheid u.a. aus, dass sie "die aus dem Betrieb der aufgestellten Glücksspiele erzielten Gewinne bzw. die zur Auszahlung bereitgehaltenen Bargeldbeträge in einem Gesamtausmaß von Euro 2.993,00 beschlagnahmt" habe. 3 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom Beschwerde.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten die Beschwerde als unbegründet ab, bestätigte die Beschlagnahme und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig. 5 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu prüfen (vgl. ).
9 Die Revision erweist sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zur Beschlagnahme von Bargeld als zulässig und begründet. 10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfasst die Beschlagnahme des Glücksspielapparates gemäß § 53 GSpG den Automat samt seinem Inhalt und somit auch das darin befindliche Geld (vgl. ; , Ra 2015/17/0143, mit weiteren Nachweisen).
11 Im Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0077, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, wesentlich sei, dass das Geld Bestandteil des beschlagnahmten Glücksspielgerätes war und sich zum Zeitpunkt des Ausspruchs der vorläufigen Beschlagnahme in der Verfügungsmacht der einschreitenden Organe befunden hat. 12 Diesbezügliche Feststellungen hat das Landesverwaltungsgericht offenbar in Verkennung der Rechtslage nicht getroffen. Die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach es sich bei dem beschlagnahmten Bargeld um "aus dem Betrieb der Glücksspielgeräte erzielte(n) Gewinne bzw. zur Auszahlung bereitgehaltene(n) Bargeldbeträge i.H.v. EUR 2993,--" gehandelt habe, sprechen dafür, dass sich die Anordnung nicht ausschließlich auf den Kasseninhalt der beschlagnahmten Glücksspielgeräte bezogen hat. Für eine Beschlagnahme separater Geldbeträge - laut Revisionsvorbringen habe sich das beschlagnahmte Bargeld in einer im Lokal aufgefundenen Geldtasche befunden - besteht keine gesetzliche Grundlage (vgl. ). 13 Das angefochtene Erkenntnis war daher insoweit, als es die Beschlagnahme des Bargeldes betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. 14 Im Übrigen erweist sich die Revision hingegen als unzulässig.
15 Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin sind die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f;
, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; , Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff;
, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie , Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom , Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Pfleger, C-390/12. 16 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom , Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. auch Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie bis 0049, Rz. 24 ff). 17 Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin steht das in § 14 Abs. 3 GSpG statuierte Erfordernis eines Sitzes im Inland bzw. der davon normierten Ausnahme, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare Lotterienkonzession verfügt und einer vergleichbaren staatlichen Glücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 19 GSpG der österreichischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt, nicht mit Unionsrecht im Widerspruch (vgl. näher bis 0049, Rz. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
18 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
19 Die Revision war daher hinsichtlich der Beschlagnahme der verfahrensgegenständlichen elf Glücksspielgeräte, der 26 dazugehörenden Schlüssel und der Fernbedienung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
20 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150112.L00 |
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