VwGH vom 27.04.2011, 2008/13/0162
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2008/13/0062 E
2008/13/0063 E
2008/13/0168 E
2008/13/0165 E
2008/13/0167 E
2008/13/0164 E
2008/13/0163 E
2008/13/0166 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der M in F, vertreten durch Dr. Robert Krasa, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Museumstraße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/2678, 2679-W/06, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2005, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im gemäß § 150 BAO erstellten Bericht vom über das Ergebnis einer Außenprüfung stellte die Prüferin fest, dass die in Frankreich ansässige (in Österreich der beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG 1988 unterliegende) Beschwerdeführerin mit einem im August 2005 abgeschlossenen Kaufvertrag Liegenschaftsanteile verbunden mit Wohnungseigentum in Wien von einer Finanzierungs- und Anlageberatungsgesellschaft um einen Kaufpreis von insgesamt (einschließlich Nebenkosten) rund 140.000 EUR (inklusive rund 22.000 EUR Umsatzsteuer) erworben habe. Dem Kauf sei ein von der Gesellschaft angebotenes, zur Gänze fremdfinanziertes "Vorsorgewohnungsmodell" zu Grunde gelegen. Das Modell habe eine Finanzierung des Wohnungskaufes mittels Fremdfinanzierung über Banken (Fremdwährungskredit in Schweizer Franken) und Aufbau eines zusätzlichen Tilgungsträgers ("Lebensversicherung mit Einmalerlag aus der Rückerstattung der Umsatzsteuer") vorgesehen. Das daraus garantierte Kapital habe den größten Teil der Kreditrückzahlung des endfälligen Kredites abdecken sollen. Der Kapitalaufbau durch Einmalerlag habe die Unternehmereigenschaft des Käufers bei der Vermietung des Objektes unter fremdüblichen Verhältnissen vorausgesetzt.
Darüber, ob das gegenständliche "Vorsorgewohnungsmodell" (Vermietungsmodell) steuerrechtlich als so genannte Liebhaberei zu beurteilen ist, geht der Streit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Im angefochtenen Bescheid wird im Wesentlichen ausgeführt, die Betriebsprüferin habe die vorliegende Betätigung als Liebhaberei nach § 1 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung (LVO) qualifiziert und den geltend gemachten Vorsteuerabzug in Höhe von rund 22.000 EUR nicht anerkannt, weil nach den vorgelegten Prognoserechnungen für einen Beobachtungszeitraum von 20 Jahren kein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwarten gewesen sei. Gegen die auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Abgabenbescheide habe die Beschwerdeführerin in der Berufung vorgebracht, dass sich unter Berücksichtigung einer bisher von der Betriebsprüferin nicht anerkannten beabsichtigten Sondertilgung und einer Indexanpassung von 2,5 % bei den Einnahmen innerhalb von 20 Jahren ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ergebe. Eine Überprüfung der von der Beschwerdeführerin vorgelegten und von der Betriebsprüferin adaptierten Prognoserechnung durch die belangte Behörde habe zu dem Schluss geführt, dass diese nur bedingt zur Beurteilung der Einkunftsquelleneigenschaft der Vermietungstätigkeit geeignet gewesen sei. So seien die Berechnungen offensichtlich fehlerhaft gewesen, sodass die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde mittels Vorhalt im Jahr 2008 aufgefordert worden sei, die Prognoserechnung richtig zu stellen. Dieser Aufforderung sei die Beschwerdeführerin nachgekommen, wobei sie ergänzend zu ihren Berechnungen nunmehr (erstmals) auch Unterlagen über eine geplante Kreditbewirtschaftung bezüglich des aufgenommenen Fremdwährungskredites der belangten Behörde vorgelegt habe.
Ob eine Tätigkeit geeignet sei, innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen Gesamtgewinn bzw. Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten abzuwerfen, sei - so die Ausführungen der belangten Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides - an Hand einer Prognoserechnung zu dokumentieren. Diese müsse den nach der Rechtsprechung geforderten Anforderungen hinsichtlich Plausibilität und Nachvollziehbarkeit genügen. Die Betriebsprüferin habe die Versagung der Einkunftsquelleneigenschaft der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Vermietungstätigkeit auf die Nichtberücksichtigung einer beabsichtigten Sondertilgung nach zehn Jahren und auf eine Indexanpassung in Höhe von 2 % anstelle der von der Beschwerdeführerin angesetzten Indexanpassung von 2,5 % gestützt. Die Überprüfung und Richtigstellung der vorgelegten Prognoserechnung durch die belangte Behörde habe jedoch ergeben, dass selbst bei Berücksichtigung der strittigen Sondertilgung und der Indexanpassung in Höhe von 2,5 % kein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten innerhalb des gemäß § 2 Abs. 4 LVO geforderten absehbaren Zeitraumes zu erzielen gewesen sei. Dies habe sich zweifellos aus den von der Beschwerdeführerin über Vorhalt im Jahr 2008 der belangten Behörde vorgelegten Prognoserechnungen ergeben. In der der belangten Behörde (zuletzt) vorgelegten Prognoserechnung (nur mehr deren Plausibilität sei zu beurteilen, weil diese die bisherigen Prognoserechnungen ersetze), seien die prognostizierten Zinszahlungen "unverändert zu den bisherigen und in diesem Punkt auch von der Abgabenbehörde erster Instanz anerkannten Ansätzen in Höhe von 2,5 % berücksichtigt" worden. Ab dem Jahr 2008 sei jedoch ein jährlicher Bonus aus einer Zinsbewirtschaftung ("erwarteter Effekt 55 %") angesetzt worden, der zu einer erheblichen Verminderung des Zinsaufwandes führen sollte. Eine "möglicherweise zukünftig vorgenommene aber jedenfalls ursprünglich nicht geplante Zinsbewirtschaftung" sei bei der Beurteilung der Frage, ob eine Einkunftsquelle oder Liebhaberei vorliegt, nicht zu berücksichtigen. Der Liebhabereibetrachtung seien nämlich nur Zeiträume gleicher Bewirtschaftungsart zu Grunde zu legen. Entscheide sich die Beschwerdeführerin für die dargelegte Zinsbewirtschaftung, sei ab diesem Zeitpunkt eine neue Beurteilung vorzunehmen. Aus der von der Beschwerdeführerin der belangten Behörde vorgelegten Prognoserechnung "ergibt sich zweifellos der Schluss, dass bei Fortsetzen der Wirtschaftsführung in der ausgeübten Form ein Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) innerhalb eines angemessenen Zeitraumes tatsächlich nicht erwartet werden kann, weshalb von Liebhaberei bis zu einer Änderung der Bewirtschaftung auszugehen ist".
In der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "Recht auf Anerkennung ihrer fremdfinanziert angeschafften und vermieteten Wohnung als ertragssteuerlicher Einkunftsquelle unter Vorsteuerabzugsberechtigung infolge unternehmerischer Tätigkeit verletzt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über das Vorliegen von Einkünften, über die Annahme einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit und über die Erlassung vorläufiger Bescheide, BGBl. Nr. 33/1993 idF BGBl. II Nr. 358/1997 und BGBl. II Nr. 15/1999 (LVO), bestimmt im § 1 Abs. 2, dass Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen ist, wenn Verluste aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten entstehen (§ 1 Abs. 2 Z 3 LVO). Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 LVO ausgeschlossen werden.
Nach § 2 Abs. 4 LVO liegt bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 LVO Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3 LVO) erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 LVO gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen.
Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn kann nach § 6 LVO nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO vorliegen.
Ob eine Tätigkeit objektiv geeignet ist, auf Dauer Einnahmenüberschüsse zu erzielen, ist eine Tatfrage, welche die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu lösen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0318).
Beweispflichtig dafür, dass die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt (§ 2 Abs. 4 LVO), ist der Abgabepflichtige (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2002/15/0170). Diesem obliegt es, die begründete Wahrscheinlichkeit der Erzielung des positiven Gesamtergebnisses innerhalb der Frist des § 2 Abs. 4 letzter Satz LVO nachvollziehbar auf Grund konkreter und mit der wirtschaftlichen Realität einschließlich der bisherigen Erfahrungen übereinstimmender Bewirtschaftungsdaten darzustellen (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , 2002/13/0036, und vom , 2006/15/0055).
Im Beschwerdefall kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführerin in Bezug auf die in Rede stehende Vermietungstätigkeit nach § 1 Abs. 2 Z 3 LVO die Widerlegung der Liebhabereivermutung im Sinne des § 2 Abs. 4 LVO (Entstehen eines Gesamtüberschusses der Einnahmen über die Werbungskosten innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung) nicht gelungen sei.
In der Beschwerde wird in erster Linie die Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehörs gerügt, weil die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren angegebene Zinsenbewirtschaftung als nachträgliche Änderung der Bewirtschaftungsart gewertet habe, ohne der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Es sei ihr damit die Möglichkeit genommen worden, "dieser nachteiligen Annahme entgegenzutreten und darzutun, dass eine Zinsenbewirtschaftung schon a priori beabsichtigt und geplant war, womit sich die Begründung der angefochtenen Berufungsentscheidung als unhaltbar erweist".
Wird ein Verfahrensmangel geltend gemacht, führt dies nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn es der Beschwerde gelingt, die Relevanz des gerügten Verfahrensmangels aufzuzeigen. Dies ist gegenständlich nicht der Fall.
Abgesehen davon, dass die Beschwerde in keiner Weise erläutert, weshalb das Vorbringen betreffend eine beabsichtigte Zinsenbewirtschaftung erst im Zuge des Berufungsverfahrens gegenüber der belangten Behörde erfolgte, wenn diese Zinsenbewirtschaftung bereits "a priori" geplant gewesen sei, ist das Vorbringen zur Einbeziehung einer Zinsenbewirtschaftung in die Prognoserechnung selbst nach dem Beschwerdevorbringen nicht plausibel.
In der Beschwerde wird u.a. vorgebracht, dass Zinsenbewirtschaftungsprogramme "nur in Zeiten entsprechend hohen Zinsenniveaus Sinn machen". Dazu ist festzuhalten, dass - wie auch im angefochtenen Bescheid festgestellt - die der belangten Behörde vorgelegte Prognoserechnung ab 2008 von einem Zinssatz im Prognosezeitraum von rund 20 Jahren in Höhe von jährlich lediglich 2,5 % ausgeht. Dass bei diesem Zinsniveau die Sinnhaftigkeit eines (fiktiv) angenommenen - nach den der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen außerdem mit Kosten und Währungsrisiken verbundenen - Zinsenbewirtschaftungsprogramms gegeben gewesen wäre, macht die Beschwerde, die eine tatsächliche Inanspruchnahme von Zinsenbewirtschaftungsprogrammen im Übrigen ohnedies nicht behauptet, nicht einsichtig. Der belangten Behörde kann damit schon deshalb nicht entgegen getreten werden, wenn sie den von der Beschwerdeführerin ab dem Jahr 2008 angesetzten "Bonus aus der Zinsbewirtschaftung" nicht bei ihrer Beurteilung berücksichtigte. Auf die Frage, ob ein Zinsenbewirtschaftungsprogramm an sich als eine Änderung der Bewirtschaftung anzusehen wäre, war dabei nicht mehr näher einzugehen.
In der Beschwerde wird schließlich auch nicht dargestellt, dass aus der strittigen Vermietungstätigkeit unter Ausblendung des Bonus aus der Zinsenbewirtschaftung ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten in einem absehbaren Zeitraum von 20 Jahren im Sinn des § 2 Abs. 4 LVO zu erwarten gewesen wäre. Damit wird aber mit der Beschwerderüge, die belangte Behörde habe den aus der Überprüfung der ihr vorgelegten (letzten) Prognoserechnung gezogenen Schluss, dass sowohl unter Berücksichtigung der im Raum stehenden Sondertilgung als auch der Berechnung der Indexanpassung mit 2,5 % kein "Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten innerhalb des gemäß § 2 Abs. 4 LVO maßgeblichen Zeitraums" zu erzielen gewesen sei, nicht "mit entsprechenden Berechnungen in der angefochtenen Entscheidung" belegt, ebenfalls noch kein wesentlicher Verfahrensmangel aufgezeigt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am