VwGH vom 19.12.2018, Ra 2018/15/0044
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des H Ö in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom , Zl. LVwG-361-10/2017-R8, betreffend Gemeindevergnügungssteuer u.a. für Dezember 2014 und April bis November 2015 sowie Säumniszuschlag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Abgabenkommission der Landeshauptstadt Bregenz), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im angefochtenen Umfang (Gemeindevergnügungssteuer für Dezember 2014 und April bis November 2015 sowie Säumniszuschlag) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Bregenz hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Bregenz vom wurde Gemeindevergnügungssteuer für den Zeitraum Februar 2014 bis November 2014 (zwei Wettterminals), Dezember 2014 bis Februar 2015 (drei Wettterminals) und März 2015 bis Dezember 2015 (vier Wettterminals) festgesetzt (insgesamt 48.300 EUR); weiters wurde hiezu ein Säumniszuschlag festgesetzt.
2 Mit Bescheid vom wies die Abgabenkommission der Landeshauptstadt Bregenz die dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab.
3 Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Er machte geltend, er habe im Lokal zeitweise gewöhnliche PCs aufgestellt, dies jedoch nicht zum Zweck des Abschlusses von Wetten durch Dritte, sondern als Service bzw. attraktives Angebot für die Kunden seines Cafes zum Internetsurfen, insbesondere zur Internettelefonie mit Angehörigen im Ausland. Unrichtig sei, dass die Internetseite eines Wettanbieters als Startseite vorinstalliert gewesen sei, dass Guthabenkarten für den Wettabschluss an den PCs ausgegeben worden seien, dass Bons hätten ausgedruckt werden können und dass Gewinnauszahlungen durch den Revisionswerber erfolgt wären. Da diese Voraussetzungen nicht vorlägen, handle es sich bei den PCs nicht um Wettterminals.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde insoweit Folge, als Gemeindevergnügungssteuer (nur) für die Monate Dezember 2014 (3 Wettterminals) und für April 2015 bis November 2015 (4 Wettterminals) festgesetzt wurde (insgesamt 24.500 EUR); weiters wurde dazu ein Säumniszuschlag festgesetzt. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG unzulässig sei.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe in den revisionsgegenständlichen Monaten in der Betriebsstätte "Cafe (X)" in Bregenz gesellschaftliche Veranstaltungen veranstaltet. Der Revisionswerber sei Wettunternehmer und habe im Dezember 2014 sowie von April bis November 2015 technische Einrichtungen für Kunden im frei zugänglichen Bereich aufgestellt und betrieben. Den Wettkunden sei es - nach dem Erwerb einer beladenen Kundenkarte - an diesen technischen Einrichtungen möglich gewesen, den Wettgegenstand und den Wetteinsatz selbst zu bestimmen. Über diese technischen Einrichtungen sei Wettkunden unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglicht worden. Auf den technischen Einrichtungen seien insbesondere Sportwetten angeboten worden.
6 Für die Zeiträume Februar bis November 2014, Jänner bis März 2015 und Dezember 2015 habe nicht festgestellt werden können, dass auf den in der Betriebsstätte vorgefundenen technischen Einrichtungen einem potentiellen Wettkunden unmittelbar die Teilnahme an einer Wette in der Form ermöglicht worden sei, dass dieser den Wettgegenstand und den Wetteinsatz hätte selbständig bestimmen können.
7 Der Revisionswerber habe hinsichtlich dieser technischen Einrichtungen für die revisionsgegenständlichen Monate keine Gemeindevergnügungssteuer entrichtet.
8 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, die Anzahl der in der Betriebsstätte vorgefundenen technischen Einrichtungen sowie der Umstand, dass auf diesen Geräten sowohl der Wetteinsatz als auch der Wettgegenstand durch potentielle Wettkunden habe frei bestimmt werden können, ergebe sich insbesondere aus der Aussage des Zeugen B. Diese Ausführungen seien glaubwürdig und nachvollziehbar. Hinsichtlich der Qualifikation der vorgefundenen technischen Einrichtungen (Terminals) als Wettterminals werde auf "Punkt 5.1" verwiesen.
9 Der verwiesene Punkt 5.1 enthält allgemeine rechtliche Ausführungen zur Bundesabgabenordnung. In Punkt 5.2 des angefochtenen Erkenntnisses wird ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die in der Betriebsstätte aufgestellten technischen Einrichtungen für einen potentiellen Wettkunden die Möglichkeit eröffnet hätten, sowohl den Wettgegenstand als auch den Wetteinsatz selbständig zu bestimmen, wodurch diesem unmittelbar die Wettteilnahme ermöglicht worden sei. Diese technischen Einrichtungen seien weder (ausschließlich) durch das Personal des Wettunternehmens bedient worden, noch seien diese in einem Bereich aufgestellt gewesen, der für Wettkunden nicht bestimmt und nicht zugänglich gewesen sei. Diese technischen Einrichtungen seien somit als Wettterminals zu qualifizieren.
10 Da der Revisionswerber trotz Fälligkeit keine Vergnügungssteuer für die verfahrensgegenständlichen Wettterminals abgeführt habe, sei die Gemeindevergnügungssteuer gemäß § 201 BAO sowie Säumniszuschlag gemäß § 217 BAO vorzuschreiben gewesen.
11 Die Revision sei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei.
12 Gegen dieses Erkenntnis - soweit der Beschwerde nicht Folge gegeben worden war - wendet sich die Revision.
13 Nach Einleitung des Vorverfahrens haben sowohl die belangte Behörde (Abgabenkommission) als auch die weitere Partei (Vorarlberger Landesregierung) Revisionsbeantwortungen erstattet.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision geltend, die Frage, ob es für die Einstufung einer technischen Einrichtung als Wettterminal iSd § 1 Abs. 5 Wettengesetz auch darauf ankomme, dass die technische Einrichtung zum Zwecke des Ermöglichens von Wetten aufgestellt bzw. betrieben werde, sei eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung. Käme es nicht auf diesen Zweck an, wäre jede technische Einrichtung in einer Betriebsstätte mit Zugang zum Internet - etwa auch ein in der Betriebsstätte zur freien Telefonie aufliegendes Smartphone - vom Begriff des Wettterminals umfasst und somit abgabepflichtig. Eine derartige Regelung mit einem so weiten und unzureichend bestimmten Steuerobjekt wäre verfassungswidrig. In Entsprechung des Vorbringens des Revisionswerbers wäre es erforderlich gewesen, Feststellungen zu treffen, die eine Zuordnung der technischen Einrichtungen als Wettterminals (oder die Verneinung dieser Zuordnung) ermöglicht hätten.
16 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision aufgezeigt; sie ist auch begründet.
17 Gemäß § 1 Abs. 1 Vorarlberger Gemeindevergnügungssteuergesetz (GVStG) haben Gemeinden, die auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung durch Beschluss der Gemeindevertretung Lustbarkeitsabgaben ausschreiben, diese Steuer nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben. Nach § 2 Abs. 3 lit. L GVStG sind Vergnügungen insbesondere das Aufstellen oder der Betrieb von Wettterminals.
18 In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu LGBl. Nr. 10/2011, mit dem u.a. in § 2 Abs. 3 GVStG die lit. l angefügt worden war, wird ausgeführt, Wettterminals seien dem Wettengesetz unterliegende technische Einrichtungen, die einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglichten (118 BlgLT 29. GP 3).
19 Nach § 1 Abs. 5 Vorarlberger Wettengesetz ist ein Wettterminal (im Sinne dieses Gesetzes) eine technische Einrichtung in einer Betriebsstätte, die geeignet ist, einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette zu ermöglichen.
20 In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu LGBl. Nr. 9/2012 (135 BlgLT 29. GP 13 f) wird hiezu u.a. ausgeführt:
"Zu Z. 5 (§ 1 Abs. 2):
(...) Daneben liegt eine Vermittlung von Wettkunden auch dann vor, wenn eine Person gewerbsmäßig - ohne dass eine entsprechende vertragliche Beziehung mit einem Buchmacher oder Totalisateur besteht - einer anderen Person die Teilnahme an einer Wette ermöglicht (z.B. wenn eine Person in einer Betriebsstätte einen Computer zum Zweck der Ermöglichung der Wettteilnahme und der Erzielung von Einnahmen aufstellt; ein zu diesem Zweck aufgestellter Computer ist als Wettterminal im Sinne des § 1 Abs. 5 anzusehen; Näheres dazu s. unten Z. 7). (...)
Zu Z. 7 (§ 1 Abs. 4 und 5):
(...) Als Wettterminal ist jede technische Einrichtung in einer Betriebsstätte des Wettunternehmers anzusehen, die (aufgrund ihrer Art und Beschaffenheit) geeignet ist, einer Person unmittelbar - d.h. grundsätzlich ohne Dazwischentreten einer anderen Person in der Betriebsstätte - die Teilnahme an einer Wette zu ermöglichen. Ein Wettterminal hat die Eignung, unmittelbar die Wettteilnahme zu ermöglichen, wenn der Kunde an der technischen Einrichtung den Wettgegenstand und den Wetteinsatz bestimmen kann. (...)
Wenn eine technische Einrichtung die Eigenschaften besitzt, die eine Wettteilnahme (Bestimmung des Wettgegenstandes und des Wetteinsatzes) durch den Wettkunden selbst ermöglicht, so handelt es sich um ein Wettterminal im Sinne dieser Bestimmung. Das Abstellen auf die abstrakte Eignung einer solchen Einrichtung zur Wettteilnahme ist notwendig, um eine Umgehung durch ein technisch nicht erforderliches Dazwischentreten einer anderen Person zu vermeiden. (...)"
21 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es - in Übereinstimmung mit den zitierten Erläuterungen - für das Vorliegen eines Wettterminals (iSd GVStG) maßgeblich, dass die technische Einrichtung die Eignung besitzt, dem Wettkunden unmittelbar die Wettteilnahme zu ermöglichen, was dann der Fall ist, wenn der Kunde an der technischen Einrichtung den Wettgegenstand und den Wetteinsatz (selbst) bestimmen kann (vgl. ; , Ra 2017/15/0079, mwN).
22 Zwar reicht für das Vorliegen eines Wettterminals die abstrakte Eignung der technischen Einrichtung zur Wettteilnahme aus. Es entspricht aber der - aus den zitierten Erläuterungen hervorgehenden - Absicht des Gesetzgebers, dass ein für viele verschiedene Zwecke einsetzbares Gerät, wie es ein Computer oder auch ein in der Revision angesprochenes Mobiltelefon ist, nicht jedenfalls als Wettterminal zu behandeln ist. Hiefür ist es notwendig, dass die technische Einrichtung (auch) zum Zweck der Ermöglichung der Wettteilnahme (und der Erzielung von Einnahmen daraus) aufgestellt wurde.
23 Nach den Sachverhaltsannahmen des Bürgermeisters war auf den Geräten die Internetseite eines Wettanbieters als Startseite vorinstalliert. Diese Sachverhaltsannahme wurde vom Revisionswerber bestritten. Im Bescheid der belangten Behörde wurde dazu nur mehr ausgeführt, dass auf diesen Geräten auch Seiten von Wettanbietern aufgerufen werden konnten. Der Wetteinsatz habe mit Guthabenkarten des Wettanbieters entrichtet werden können, welche vom Revisionswerber an die Kunden verkauft worden seien. Auch diese Sachverhaltsannahme wurde vom Revisionswerber bestritten. Im angefochtenen Erkenntnis führte das Verwaltungsgericht nur mehr aus, den Wettkunden sei es nach dem Erwerb einer beladenen Kundenkarte möglich gewesen, an diesen technischen Einrichtungen den Wettgegenstand und den Wetteinsatz selbst zu bestimmen.
24 Mangels konkreter Feststellungen kann fallbezogen nicht abschließend beurteilt werden, ob die technischen Einrichtungen vom Revisionswerber auch zur Ermöglichung der Wettteilnahme (und zur Erzielung von Einnahmen daraus) aufgestellt wurden oder - wie vom Revisionswerber behauptet - nur zum Zweck des Internetsurfens und insbesondere zur Internettelefonie für Kunden aufgestellt wurden.
25 Das angefochtene Erkenntnis war daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
26 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018150044.L00 |
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