VwGH vom 30.04.2019, Ra 2018/15/0029

VwGH vom 30.04.2019, Ra 2018/15/0029

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des J R in Z, vertreten durch Mag. Marco Kunczicky und Mag. Amelie Kunczicky, Rechtsanwälte in 6290 Mayrhofen, Laubichl 121/2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/3100582/2017, betreffend Umsatzsteuer 2012, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer des Revisionswerbers für das Jahr 2012 abweichend von der Erklärung mit 157,21 EUR fest und führte aus, im Jahr 2012 sei die Umsatzsteuer für den landwirtschaftlichen Betrieb gemäß § 22 Abs. 1 UStG 1994 (Pauschalierung) zu ermitteln, weil bis zum keine Erklärung eingereicht worden sei, dass die Umsätze ab Beginn des Kalenderjahres 2012 nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1994 versteuert werden sollen (§ 22 Abs. 6 UStG 1994). Der in der Erklärung angeführte Betrag in Höhe von 157,21 EUR werde gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldet.

2 In der dagegen erhobenen Beschwerde vom führte der Revisionswerber u.a. aus, er habe sich Anfang April 2012 - nach einer ausführlichen Beratung durch die Landwirtschaftskammer - dazu entschieden, mit seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb aus der Umsatzsteuerpauschalierung auszusteigen und gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 gegenüber dem Finanzamt zu erklären, dass seine Umsätze von Beginn des Kalenderjahres 2012 an nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes besteuert werden sollten. Dem Revisionswerber seien von der Landwirtschaftskammer auch der Regelbesteuerungsantrag und der Antrag auf Zuteilung der Umsatzsteueridentifikationsnummer ausgefüllt und zur Unterschrift vorgelegt worden. Nachdem der Revisionswerber diese Anträge unterschrieben habe, seien sie in ein - an das Finanzamt adressiertes - Kuvert gegeben worden. Am sei das Kuvert beim Postamt aufgegeben worden und am sei es beim Finanzamt eingelangt.

3 Der Revisionswerber habe durch die Aufgabe des Kuverts (das beim Finanzamt nachweislich am eingegangen sei) die Voraussetzungen des § 22 Abs. 6 UStG 1994 erfüllt. Dass sich die schriftliche Erklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 (Regelbesteuerungsantrag) - aus welchen Gründen auch immer - nicht im Steuerakt des Revisionswerbers befinde, liege nicht in der "Schuld" des Revisionswerbers. "Dass unser Mandant (Anm: Revisionswerber) den Regelbesteuerungsantrag in das besagte Kuvert gab, kann auch durch seine Gattin bestätigt werden."

4 § 85 BAO sei nicht zu entnehmen, dass schriftliche Eingaben an die Behörde eingeschrieben zur Post gegeben werden müssten. Im Revisionsfall hätte selbst die Aufgabe des Kuverts mittels Einschreiben nichts am Sachverhalt geändert, weil das in Rede stehende Kuvert nachweislich am beim Finanzamt eingelangt sei. Laut Angaben des Finanzamtes befinde sich jedoch der Regelbesteuerungsantrag nicht im Steuerakt des Revisionswerbers.

5 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. 6 Mit Schriftsatz vom beantragte der Revisionswerber die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und präzisierte das Beschwerdevorbringen dahingehend, dass Mag. Johannes P, ein Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer, anlässlich eines Beratungsgespräches am den Regelbesteuerungsantrag ausgefüllt habe. Am sei der Revisionswerber bei Sigrid P, einer Mitarbeiterin der Bezirkslandwirtschaftskammer, vorstellig geworden, welche den Antrag auf Zuteilung der Umsatzsteueridentifikationsnummer sowie das Formular Verf24 ausgefüllt habe. Der Revisionswerber habe die Anträge unterschrieben und gemeinsam mit dem Regelbesteuerungsantrag, den er zu diesem Termin im Original mitgenommen habe, in ein Kuvert gesteckt. "Dass unser Mandant (Anm: Revisionswerber) den Regelbesteuerungsantrag in das besagte Kuvert gab, kann auch durch seine Gattin bestätigt werden."

7 Weiters wurde im Vorlageantrag vorgebracht, "dass es immer wieder vorkommt, dass bei Finanzämtern nachweislich eingereichte Anträge, Erklärungen etc., nicht im jeweiligen Steuerakt aufliegen und diese nach Aufforderung durch das Finanzamt nochmals nachgereicht werden müssen". Unter Vorlage diverser Unterlagen wurde vom steuerlichen Vertreter ein derartiger - nicht das Finanzamt des Revisionswerbers betreffender - Fall geschildert und die Einvernahme von Mag. Johannes P, Sigrid P sowie der Ehefrau des Revisionswerbers als Zeugen beantragt.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde - nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens und einer mündlichen Verhandlung - keine Folge. Es stehe fest, dass Mag. Johannes P für den Revisionswerber am einen Regelbesteuerungsantrag ausgefüllt habe. Unstrittig sei auch, dass der Revisionswerber am bei der Bezirkslandwirtschaftskammer vorstellig geworden sei, wo Sigrid P für den Revisionswerber einen Fragebogen (Vordruck Verf 24) und den Antrag auf Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ausgefüllt habe. Tatsache sei, dass im Steuerakt des Revisionswerbers der Fragebogen und der Antrag auf Vergabe einer UID-Nummer einliegen würden. Dass beim Finanzamt bis zum eine schriftliche Erklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 (Regelbesteuerungsantrag) eingelangt sei, sei für das Bundesfinanzgericht hingegen nicht erwiesen.

9 Wie dem Bundesfinanzgericht im Zuge von Telefongesprächen mit Sachbearbeitern mitgeteilt worden sei, entspreche es nicht den Arbeitsabläufen am Finanzamt, dass Schriftstücke, die mit derselben Postsendung eingingen und vom Informationszentrum weitergeleitet würden, getrennt bearbeitet würden. Zudem habe die als Zeugin einvernommene Ehefrau des Revisionswerbers angegeben, sie habe den Revisionswerber anlässlich der Vorsprache bei der Bezirkslandwirtschaftskammer begleitet. Sie persönlich habe in der Folge zu Hause alle drei Anträge, den Fragebogen zur Betriebseröffnung (Verf 24), den Antrag auf Ausstellung einer UID-Nummer (U 15), die Optionserklärung (§ 22 Abs. 6 UStG 1994) sowie eine Kopie des Führerscheins, ohne dass dabei jemand anderer anwesend gewesen sei, in ein Kuvert gegeben, beschriftet, zugeklebt und beim Postamt eingeschrieben aufgegeben. Diese Angaben stützten das bisherige Beschwerdevorbringen nicht, wonach der Revisionswerber selbst alle Anträge in ein Kuvert gegeben und per Post an das Finanzamt versandt habe. Zeugen dafür, dass nicht der Revisionswerber, sondern seine Ehefrau alle Anträge in ein Kuvert gegeben und per Post an das Finanzamt versandt habe, gebe es nicht.

10 Ein Begleitschreiben mit detaillierter Auflistung der an die Abgabenbehörde übermittelten Erklärungen und Anträge sei nicht erstellt und den eingereichten Unterlagen nicht beigeschlossen worden. Das Finanzamt habe daher keine Möglichkeit gehabt, die einlangenden Schriftstücke auf Vollständigkeit zu kontrollieren und fehlende Beilagen zu urgieren. Schon deshalb lasse sich mit dem Vorbringen, es komme bei Finanzämtern immer wieder vor, dass eingereichte Aktenstücke im Steuerakt des jeweiligen Abgabepflichtigen nicht mehr auffindbar seien, im Revisionsfall nichts gewinnen.

11 Der Vertreter des Finanzamtes habe in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass alle am neu angelegten Akten dahingehend überprüft worden seien, ob der hier in Rede stehende Regelbesteuerungsantrag dort abgelegt sei, was nicht der Fall gewesen sei. Dass die Erstellung der diversen Anträge durch die Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer erfolgt sei, sei unstrittig. Von der beantragten Einvernahme dieser Personen als Zeugen habe schon deshalb abgesehen werden können, weil weder Mag. Johannes P noch Sigrid P die Frage, wer, wann, was in das am beim Finanzamt eingelangte Kuvert gegeben habe, beantworten könne.

12 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig.

13 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , E 652/2018-6, ab.

14 In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit im Wesentlichen ausgeführt, das Bundesfinanzgericht habe den Umstand, dass Anträge beim Finanzamt in Verstoß geraten können, überhaupt nicht berücksichtigt und die Beweismittel dazu nicht aufgenommen. Als wesentlicher Verfahrensmangel wird gerügt, dass das Bundesfinanzgericht im Zuge von Telefongesprächen mit Sachbearbeitern des Finanzamtes Beweise erhoben habe. Eine solche "Beweiswürdigung" sei "prozessrechtlich" überhaupt nicht zulässig und stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Grundsätze des Verfahrensrechts dar, der bereits für sich eine außerordentliche Revision rechtfertige. Aktenwidrig sei die Feststellung des Bundesfinanzgerichts, dass das Vorbringen der Ehefrau des Revisionswerbers den Ausführungen des steuerlichen Vertreters in der Beschwerde widerspreche, wonach der Revisionswerber selbst alle Anträge in ein Kuvert gegeben habe. In der Beschwerde vom werde ausgeführt: "Nachdem unser Mandant diese unterschrieb, wurden beide Anträge in ein - an das do Finanzamt adressierte - Kuvert gegeben". Von wem stehe in dieser Beschwerde nicht, zumal der Satz in der Passiv-Form gehalten sei. 15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18 Die Revision ist nicht zulässig.

19 Die in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur insofern zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, sie somit den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechen. Ob die Beweiswürdigung in dem Sinne materiell richtig ist, dass die Ergebnisse mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen, entzieht sich der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. ). Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. ).

20 Ob ein Antrag beim Finanzamt eingelangt ist oder nicht, ist eine Tatfrage, die vom Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung zu beurteilen ist.

21 Eine die Zulässigkeit der Revision begründende grobe Fehlerhaftigkeit der Beweiswürdigung wird in der Revision nicht aufgezeigt. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, zumal in der Beschwerde vom und im Vorlageantrag vom immer wieder davon die Rede ist, dass der Revisionswerber selbst und nicht seine Ehefrau die hier in Rede stehenden Anträge in das Kuvert gegeben hat. Im Vorlageantrag wird etwa ausgeführt: "Nachdem Frau (...) den Antrag auf Zuteilung der Umsatzsteueridentifikationsnummer sowie das Formular Verf24 ausfüllte, unterschrieb Herr (Revisionswerber) auch diese beiden Anträge und gab sämtliche Anträge in das besagte Kuvert". 22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150029.L00

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