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VwGH vom 30.05.2012, 2008/13/0124

VwGH vom 30.05.2012, 2008/13/0124

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der K AG in K, vertreten durch die Astoria Wirtschaftstreuhand-Steuerberatungs GmbH Co KEG in 3500 Krems, Edmund Hofbauer Straße 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/1130-W/03, betreffend Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer für den Zeitraum bis , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um ein Kreditunternehmen.

Im Bericht vom über das Ergebnis einer Lohnsteuerprüfung (Zeitraum 1997 bis 1999) traf der Prüfer die Feststellung, dass im Dienstvertrag mit den beiden Vorstandsmitgliedern G. und F. mit Wirkung ein Überstundenpauschale zum Gehalt im Umfang von 35 Normalstunden (50 % Zuschlag) pro Monat zwölfmal jährlich vereinbart worden sei. Im Jahr 1998 sei das Überstundenpauschale in einer Ergänzung zum Dienstvertrag dahingehend abgeändert worden, dass dieses nicht mehr 35 Normalstunden betrage, sondern nunmehr "20,33 Normalstunden und 11 SFN-Überstunden". Die Höhe des Pauschalbetrages sei unverändert geblieben. Durch diese Abänderung sei eine Herausschälung von 100 % Überstundenzuschlägen aus einem Pauschale von 35 Normalstunden erfolgt. Dabei sei keine zusätzliche Bezahlung des Arbeitgebers "der 100% Überstundenzuschläge erkennbar". Weiters sei zu beachten, dass ein betriebliches Interesse an einer Sonn- oder Feiertagsarbeit bestehen müsse. Ansonsten hätte es der Arbeitnehmer beispielsweise weitgehend in der Hand, eine begünstigte Besteuerung seines Arbeitslohnes durch Verlagerung seiner (Überstunden )Tätigkeit in begünstigte Zeiträume herbeizuführen. Da keine zusätzliche Bezahlung von 100 % igen Überstundenzuschlägen erkennbar gewesen sei, sondern "nur aus steuerschonenden Gründen aus dem ursprünglichen 35 50% Überstundenpauschale 11 100% Überstundenzuschläge herausgeschält wurden", sei eine Nachversteuerung der 100 %igen Überstundenzuschläge vorzunehmen gewesen (als Basis für die Nachversteuerung wird dazu im Prüfungsbericht für die beiden Vorstandsmitglieder für die Jahre 1997 bis 1999 jeweils ein Betrag von jährlich 59.280 S ausgewiesen).

In der gegen den auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Haftungsbescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass der für die Vorstandsmitglieder geltende Dienstvertrag die Bezahlung eines Überstundenpauschales im Ausmaß von 35 Stunden zuzüglich 50 % Zuschlag regle. Die "Abrechnung" dieses Pauschales erfolge in der Form, dass 20,33 Stunden als Normalüberstunden (Zuschlag 50 %) und 11 Stunden als Sonntag/Feiertag/Nachtstunden (Zuschlag 100 %) ausbezahlt würden. Die Pauschalbeträge für die Vorstandsmitglieder seien jedenfalls wirtschaftlich fundiert. Die Dienstnehmer seien nicht in der Lage, eine beliebige Verlagerung ihrer Tätigkeitszeit auf steuerlich begünstigte Arbeitstage vorzunehmen. So seien sie beispielsweise bei Vortrags-, Klientenveranstaltungen oder Aufsichts- und Vorstandssitzungen an nicht von ihnen gewählte Termine gebunden. Die betrieblichen Erfordernisse zeigten sich auch an Hand der vorliegenden Stundenaufzeichnungen, aus denen ersichtlich sei, "dass in normalen Monaten ohne Urlaub die Zahl an 100 %igen Überstunden sogar überschritten worden ist". Damit erschienen die gewährten Pauschalien "mehr als gerechtfertigt." Zu den Vereinbarungen sei festzuhalten, dass es sich um gesellschaftsrechtlich determinierte Verträge handle. Zur Kritik des Prüfers, wonach die Vorstandsbezüge durch die Aufspaltung der pauschalierten Überstunden nicht erhöht worden seien, sei darauf hinzuweisen, dass dies nicht möglich sei, weil die Bezüge der Vorstandsmitglieder durch den Abschluss des Dienstvertrages auf dessen Dauer fixiert seien. Da "die gegebenen Verhältnisse", wie dies auch aus den vorliegenden tatsächlichen Stundenaufzeichnungen hervorgehe, der gewählten Auszahlungsform in der Regel entsprochen hätten (20,33 Normalstunden, 11 "SFN-Überstunden"), sei der Dienstvertrag seitens des Aufsichtsrates darüber hinaus mit entsprechend angepasst worden, wobei im Rahmen dieser Vereinbarung die bereits mündlich getroffene Vereinbarung der Vorjahre übernommen und fixiert worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides hielt die belangte Behörde fest, den Dienstverträgen vom sei zu entnehmen, dass den Vorstandsmitgliedern neben dem in 14 Teilbeträgen zu bezahlenden Jahresgehalt ein Überstundenpauschale im Umfang des Entgeltes für 35 Normalüberstunden pro Monat zwölfmal jährlich zuerkannt worden sei, womit sämtliche Mehrarbeitsleistungen abgegolten seien. Mit Schreiben vom (unterzeichnet vom Aufsichtsrat) sei den Vorstandsmitgliedern jeweils mitgeteilt worden, dass das im Dienstvertrag vom geregelte Überstundenpauschale derzeit "11 SFN - Überstunden (Sonntag/Feiertag/Nachtstunden), sowie 20,33 Normalüberstunden beträgt". Die Änderung des Überstundenpauschales, welches auch einen Teil des Entgeltes darstelle, sei nicht in einer Sitzung des Ausschusses für Vorstandsangelegenheiten beschlossen worden, weil nach den Ausführungen in einer Vorhaltsbeantwortung die Rechtsabteilung der Beschwerdeführerin die Meinung vertreten habe, dass "keine Änderung in den betraglichen Grundlagen erfolgt sei".

Strittig sei, ob durch die Änderung des Überstundenpauschales von 35 Normalüberstunden in 11 "SFN - Überstunden" (Sonntag/Feiertag/Nachtstunden) und 20,33 Normalüberstunden eine abzulehnende Herausschälung eines Zuschlages erfolgt sei und ob der zwingende betriebliche Grund nachgewiesen worden sei, dass die Vorstandsmitglieder ihre Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen bzw. in der Nacht auszuüben gehabt hätten.

Nach den vorgelegten Lohnkonten sei das Überstundenpauschale zusätzlich zum Vorstandsgehalt monatlich ausbezahlt worden. Den Lohnkonten sei weiters zu entnehmen, dass das Überstundenpauschale aufgeteilt worden sei in "Überstundenpauschale Grundlohn für 20,33 Stunden ('normale Überstunden') und Überstundenzuschlag sowie Überstundenpauschale Grundlohn für 11 Stunden ('qualifizierte Überstunden') und Überstundenzuschlag". Durch diese - im angefochtenen Bescheid näher rechnerisch dargestellte - Aufteilung des in den Dienstverträgen vereinbarten Pauschales für die Abgeltung der Mehrarbeitsleistungen in qualifizierte Überstunden und Normalüberstunden sei keine betragliche Erhöhung des Pauschales erfolgt. Steuerlich habe diese Änderung allerdings eine begünstigte (steuerfreie) Auszahlung des Zuschlages für Überstunden in Höhe von monatlich 4.940 S (jährlich 59.280 S) und somit indirekt eine Erhöhung der Vorstandsgehälter bewirkt.

Aus den übermittelten Monatsabschlusslisten ergebe sich weiters, dass die Anzahl der geleisteten Überstunden von Monat zu Monat unterschiedlich hoch gewesen sei und in einigen Monaten die Anzahl der qualifizierten Überstunden nicht erreicht und in anderen Monaten durch die wahrgenommenen Repräsentationsaufgaben überschritten worden sei. Auch die Anzahl der so genannten "normalen Überstunden" sei in einigen Monaten nicht erreicht worden.

Zum Nachweis der qualifizierten Überstunden (Überstunden an Sonn- und Feiertagen und in der Nachtzeit) sei im Zuge des Verwaltungsverfahrens eine Zusammenstellung seitens der Beschwerdeführerin übermittelt worden. Ein betriebliches Interesse, beispielsweise an Sonn- und Feiertagen Büroarbeit zu verrichten oder Repräsentationstermine zu absolvieren, könne nach Ansicht der belangten Behörde aus der übermittelten Aufstellung und aus den nachgereichten Unterlagen allerdings nicht abgeleitet werden.

In der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf gesetzmäßige Besteuerung von qualifizierten Überstunden gemäß § 68 EStG verletzt". Die Rechtsverletzung bestehe darin, dass das Finanzamt und die belangte Behörde "einerseits die Dokumentation und andererseits die Notwendigkeit der Überstunden in Frage stellen und in diesem Zusammenhang eine begünstigte Auszahlung verneinen, obwohl die Voraussetzungen diesbezüglich mehrmals vorgelegt und dokumentiert wurden".

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie einer Replik der Beschwerdeführerin erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind unter anderem Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis (für die Streitjahre 1997 bis 1999 jeweils) 4.940 S monatlich steuerfrei.

Schon die eigentümliche Bedeutung des Wortes "Zuschlag", mit dem ein zusätzlicher Lohnbestandteil angesprochen wird, macht deutlich, dass das Tatbestandsmerkmal des Vorliegens einer Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit für sich allein noch nicht dazu führt, dass ein Teil des für diese Arbeiten bezahlten Lohnes steuerfrei ist. Vielmehr muss die Art der Entlohnung darauf schließen lassen, dass in ihr tatsächlich Zuschläge der genannten Art enthalten sind (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 94/13/0026, und vom , 99/13/0029).

Bereits an dieser Voraussetzung mangelt es im Beschwerdefall. Schon der Lohnsteuerprüfer hat in seinem Bericht darauf hingewiesen, dass "keine zusätzliche Bezahlung von 100% Überstundenzuschlägen" erkennbar gewesen sei. Die in einer Ergänzung zum Dienstvertrag aus dem Jahr 1998 fest gehaltene Abänderung des ursprünglichen Überstundenpauschales für 35 Normalstunden in nunmehr "20,33 Normalstunden und 11 SFN-Überstunden" habe nur eine unzulässige Herausschälung von "100% Überstundenzuschlägen" aus dem - der Höhe nach unverändert gebliebenen - "Pauschale von 35 Normalstunden" bedeutet.

Auch in der Beschwerde wird nicht erläutert, weshalb die Abänderung des Überstundenpauschales und die damit verbundene Reduktion der insgesamt bisher laut den Dienstverträgen abgegoltenen 35 Überstunden auf (exakt) 31,33 Überstunden ("20,33 Normalstunden und 11 SFN-Überstunden") nicht nur eine den steuerlichen Gegebenheiten (Ausnützung des Freibetrages nach § 68 Abs. 1 EStG 1988) Rechnung tragende bloße Änderung in der Abrechnung der Pauschalbeträge darstellte, sondern ihr auch die konkrete Bezahlung von 100%igen Überstundenzuschlägen für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zu Grunde lag, wobei eine steuerlich anzuerkennende Pauschalvereinbarung außerdem eine (von vornherein) klare und wirtschaftlich fundierte Vereinbarung über eine Pauschalabgeltung von Überstundenleistungen (auch in Bezug auf deren Leistung an Sonn- und Feiertagen oder in der Nachtzeit) voraussetzte (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beispielsweise die Erkenntnisse vom , 87/14/0131, vom , 94/13/0237, und vom , 97/15/0206). In sich widersprüchlich erscheint in diesem Zusammenhang im Übrigen auch das Beschwerdevorbringen, das einerseits (unter Bezugnahme auf "Jakom EstG, 1. Auflage, § 68 Tz. 17) davon spricht, dass für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge ein "eigenes" Pauschale bezahlt worden sei, und andererseits eine "Splittung der Überstundenpauschalien, d.h. ein Herausschälen von qualifizierten Überstunden aus den Normalüberstunden" für "sehr wohl möglich" erachtet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am