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VwGH 24.10.2019, Ra 2018/15/0025

VwGH 24.10.2019, Ra 2018/15/0025

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §60
VStG §44a
VwGG §42 Abs2 Z1
RS 1
Stehen Spruch und Begründung einer Entscheidung zueinander im Widerspruch, erweist sich eine solche Entscheidung als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, sofern sich der vorliegende Widerspruch nicht als bloß terminologische Abweichung darstellt, deren Wirkung sich im Sprachlichen erschöpft (vgl. zur insofern vergleichbaren Rechtslage vor Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 z.B. , mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2017/17/0662 B RS 1
Normen
RS 2
Das Verwaltungsgericht hat die Feststellung getroffen, dass es der Beschuldigte gestattet habe, die verfahrensgegenständlichen Geräte in dem von ihm betriebenen Lokal aufzustellen und dort betriebsbereit zu halten. Zudem habe er durch seine Mitarbeiter die Betriebsbereitschaft der Geräte überprüft. Der Tatvorwurf bezieht sich auf alle erforderlichen Tatbestandselemente des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG und ist somit hinreichend klar (vgl. , mwN).

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2018/15/0026

Ra 2018/15/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revisionen 1. der U s.r.o. in B, 2. des A J in W, 3. des M D in B, alle vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zlen. VGW-002/998/2017, VGW- 002/V/060/999/2017, VGW-002/060/1000/2017, VGW- 002/V/060/7939/2017, VGW-002/V/060/7940/2017, und VGW- 002/060/7941/2017, betreffend Beschlagnahme, Einziehung und Bestrafung nach dem Glücksspielgesetz,

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird

1. im Umfang der Bestätigung der Bestrafung des Drittrevisionswerbers (Spruchpunkt III) und der Vorschreibung der Kosten des Beschwerdeverfahrens (Spruchpunkt IV), und

2. hinsichtlich seines Ausspruchs über die gegen den Zweitrevisionswerber verhängte Strafe (Spruchpunkt V) und die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Spruchpunkt VI)

wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom wurde die Beschlagnahme von drei näher bezeichneten Glücksspielgeräten sowie des noch festzustellenden allfälligen Inhaltes der Gerätekassenladen gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet. Zugleich wurde die Einziehung der Geräte gemäß § 54 Abs. 1 GSpG verfügt. 2 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom wurde der Zweitrevisionswerber der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 3. Fall iVm § 2 Abs. 4 iVm § 4 GSpG schuldig erkannt und über ihn gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 30.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils vier Tagen) verhängt. 3 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom wurde der Drittrevisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der erstrevisionswerbenden Partei der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 4. Fall iVm § 2 Abs. 4 GSpG iVm § 9 Abs. 1 VStG schuldig erkannt und über ihn gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 30.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils vier Tagen) verhängt. Die erstrevisionswerbende Partei wurde gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur Haftung verpflichtet.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht den Beschwerden gegen die beiden Straferkenntnisse teilweise Folge. Es hob die Straferkenntnisse der Landespolizeidirektion hinsichtlich eines Gerätes auf und stellte die Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ein. Die verbliebenen Geldstrafen des Zweitrevisionswerbers wurden mit jeweils 3.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils einem Tag) und des Drittrevisionswerbers mit jeweils 6.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils zwei Tagen) neu bemessen. Den revisionswerbenden Parteien wurde jeweils ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Im Übrigen wurden die erhobenen Beschwerden als unzulässig zurückgewiesen bzw. als unbegründet abgewiesen. Außerdem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei. 5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

8 Liegen - wie im vorliegenden Revisionsfall - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen gerichteten Revision auch getrennt zu prüfen (vgl.  bis 0014, mwN).

A. Zur Bestrafung des Zweit- und Drittrevisionswerbers:

9 Die revisionswerbenden Parteien tragen zur Zulässigkeit der Revision vor, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zu zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach im Spruch eines Straferkenntnisses die richtige Strafnorm anzuführen sei. Weder das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien noch das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes enthielten im Spruch die Strafsanktionsnorm.

10 Die Revision erweist sich in diesem Punkt als zulässig und begründet.

11 Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes räumt den Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch u.a. die richtige Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG aufscheint. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl.  bis 0014, mwN). In den vorliegenden Fällen kommt bei Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG in Betracht. 12 Das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des strafbehördlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil etwa die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen oder richtigzustellen (vgl. dazu erneut bis 0014, mwN). 13 Dies ist im Revisionsfall unterblieben. Das Verwaltungsgericht hat die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen zwar herabgesetzt, die Strafsanktionsnorm jedoch trotz des fehlerhaften Abspruchs im Straferkenntnis nicht korrigiert.

14 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit weiters vor, das angefochtene Erkenntnis weise hinsichtlich des Drittrevisionswerbers einen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung auf. Die Revision ist auch in diesem Punkt zulässig und begründet.

15 Stehen Spruch und Begründung einer Entscheidung zueinander im Widerspruch, erweist sich eine solche Entscheidung als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, sofern sich der vorliegende Widerspruch nicht als bloß terminologische Abweichung darstellt, deren Wirkung sich im Sprachlichen erschöpft (vgl. , mit weiteren Nachweisen). 16 Das Verwaltungsgericht führt in den Entscheidungsgründen aus, die erstrevisionswerbende Partei habe die Geräte auf eigene Rechnung und Gefahr betrieben und sei somit Veranstalterin der verbotenen Ausspielungen. Dem Drittrevisionswerber sei als nach außen Vertretungsbefugtem eine Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1

1. Fall GSpG anzulasten. In dem vom Verwaltungsgericht bestätigten Spruch des Straferkenntnisses wurde der Drittrevisionswerber allerdings als handelsrechtlicher Geschäftsführer der erstrevisionswerbenden Partei wegen des 4. Falls (unternehmerisch beteiligen) bestraft, wodurch sich insoweit ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ergibt.

17 Soweit die Revision auch hinsichtlich der Bestrafung des Zweitrevisionswerbers einen Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG geltend macht, unterlässt sie es konkret darzulegen, dass die Tatumschreibung so unpräzise gewesen wäre, dass der Zweitrevisionswerber seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder er der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt gewesen wäre (vgl. ). Das Verwaltungsgericht hat die Feststellung getroffen, dass es der Zweitrevisionswerber gestattet habe, die verfahrensgegenständlichen Geräte in dem von ihm betriebenen Lokal aufzustellen und dort betriebsbereit zu halten. Zudem habe er durch seine Mitarbeiter die Betriebsbereitschaft der Geräte überprüft. Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen bezieht sich der Tatvorwurf auf alle erforderlichen Tatbestandselemente des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG und ist somit hinreichend klar (vgl. , mwN). Die Revision erweist sich daher in diesem Punkt nicht als zulässig.

18 Das angefochtene Erkenntnis war demnach im Umfang der Bestrafung des Drittrevisionswerbers und dem davon abhängigen Ausspruch über die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens sowie im Umfang des Ausspruches über die verhängten Strafen und dem diesbezüglichen Kostenspruch hinsichtlich des Zweitrevisionswerbers gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Soweit die Revision den Schuldspruch des Zweitrevisionswerbers betrifft, war sie hingegen gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

B. Zur Beschlagnahme und Einziehung:

19 Zum übrigen Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl.  Dickinger und Ömer, C 347/09, Rn. 83 f; , Pfleger, C 390/12, Rn. 47 ff; , Admiral Casinos & Entertainment AG, C 464/15, Rn. 31, 35 ff; , Sporting Odds Ltd., C 3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie , Gmalieva s.r.o. u.a., C 79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom , Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Pfleger, C 390/12. 20 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom , Online Games Handels GmbH u.a., C 685/15, Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch Sporting Odds Ltd., C 3/17, Rn. 55; sowie , 0049, Rn. 24 ff ). 21 Auch sonst wirft das Vorbringen zum Einziehungs- und Beschlagnahmebescheid (Spruchpunkt II) keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

22 Die Revision war daher, soweit sie sich gegen die Bestätigung des Einziehungs- und Beschlagnahmebescheides richtet, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen. 23 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Normen
AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §60
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
VStG §44a
VStG §44a Z1
VwGG §42 Abs2 Z1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150025.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAE-78605