TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 21.12.2010, 2010/15/0179

VwGH vom 21.12.2010, 2010/15/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Bregenz in 6900 Bregenz, Brielgasse 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0065-F/08, betreffend Einkommensteuer 2005 (mitbeteiligte Partei: HS, L), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der in Österreich wohnhafte Mitbeteiligte stand im Streitjahr in einem Dienstverhältnis zu einem Schweizer Arbeitgeber, der Schienenfahrzeuge entwickelt. An 118 Tagen des Streitjahres übte der Mitbeteiligte seine Arbeit in der Schweiz wie ein Grenzgänger aus, an 103 Tagen wurde er von seinem Arbeitgeber zur Dienstverrichtung nach Italien entsendet, davon übte er ununterbrochen an 38 Arbeitstagen in der Zeit vom 17. März bis eine Tätigkeit aus, die abgesehen davon, dass der Mitbeteiligte nicht von einem österreichischen Betrieb, sondern von seinem Schweizer Arbeitgeber mit der Durchführung der Auslandstätigkeit beauftragt wurde, alle Voraussetzungen für eine steuerfreie Behandlung nach § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 erfüllte.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten insoweit Folge, als sie für den Lohn, der auf die Zeit von 17. März bis dauernden Entsendung nach Italien entfällt, die Steuerfreiheit gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 anerkannte.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde gemäß § 292 BAO.

Indem die belangte Behörde die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der ihrer Ansicht nach gemeinschaftsrechtlich gebotenen Modifikation anwandte, erwies sich die Bestimmung für den Verwaltungsgerichtshof im gegenständlichen Verfahren als präjudiziell. Auf Grund verfassungsrechtlicher Bedenken stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , A 2010/0015, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, BGBl. Nr. 400, als verfassungswidrig aufzuheben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung des zitierten Beschlusses verwiesen.

In Entsprechung des vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Gesetzesprüfungsantrages hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 33/10-6, u.a. § 3 Abs. 1 Z 10 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der (im Beschwerdefall einschlägigen) Stammfassung als verfassungswidrig auf. Hiebei sprach er aus, dass frühere Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdefall bildete einen der Anlassfälle für die Aufhebung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988.

Art. 140 Abs. 7 erster und zweiter Satz B-VG lauten:

"Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht mit seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht."

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist nach ständiger Rechtsprechung daher so vorzugehen, als ob bei dessen Erlassung die aufgehobene Bestimmung nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/17/0401).

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die Einkommensteuer des Mitbeteiligten im Instanzenzug festgesetzt und dabei den vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der ihrer Ansicht nach gemeinschaftsrechtlich gebotenen Modifikation angewendet. Sie hat damit den angefochtenen Bescheid auf eine Gesetzesbestimmung gestützt, die nach dem Gesagten im Beschwerdefall nicht (mehr) anzuwenden ist.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am