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VwGH vom 26.06.2014, 2013/03/0055

VwGH vom 26.06.2014, 2013/03/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des R K in I, vertreten durch Janezic Schmidt Rechtsanwälte OG in 8020 Graz, Lagergasse 57a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl uvs-2013/13/0332-1, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung vom wurde dem Beschwerdeführer als Verantwortlichem des C Flugrettungsvereins im Sinne des § 9 VStG 1991 vorgeworfen, er habe es zu verantworten, dass der Verein als Beförderer ein gefährliches Gut befördert und es im Rahmen des § 7 Abs 1 GGBG unterlassen habe, sich durch Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Ladung den gemäß § 2 Z 1 GGBG in Betracht kommenden Vorschriften entsprach. In weiterer Folge wurden im Bescheid die einzelnen Mängel näher dargelegt.

Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung zugestellt.

Am erhob der Beschwerdeführer gegen die Strafverfügung Einspruch und bestritt den Tatvorwurf. Im Einspruch gab er an, dass ihm der Bescheid am zugestellt worden sei und der Einspruch daher binnen offener Frist erfolgt sei. Mit Bescheid vom wies die Erstbehörde den Einspruch gemäß § 49 Abs 1 iVm Abs 3 VStG als verspätet zurück. Begründend führte sie aus, dass die gegenständliche Strafverfügung am - nach einem Zustellversuch am - beim zuständigen Postamt hinterlegt worden sei. Der Einspruch sei erst am erhoben worden. Der Beschwerdeführer habe damit die gesetzlich festgelegte Frist versäumt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass er sich berufsbedingt von Montag bis Freitag grundsätzlich nicht an seinem Wohnort aufhalte, wobei er immer erst freitags dorthin zurückkehre und das Postamt zu dieser Zeit meist schon geschlossen sei. Dies sei auch im gegenständlichen Fall so gewesen. Die Strafverfügung sei am Mittwoch, dem , hinterlegt worden. Der Beschwerdeführer sei erst am Freitag nach Geschäftsschluss zu seinem Wohnort zurückgekehrt und habe das Schriftstück daher erst am Montag, übernommen. Aufgrund der Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Abgabestelle sei das Schriftstück gemäß § 17 Abs 3 ZustellG erst am Montag, dem , zugestellt worden. Der Einspruch sei daher rechtzeitig erfolgt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers entschieden. Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet wörtlich:

"Gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als verspätet zurückgewiesen".

In der Begründung des angefochtenen Bescheides setzt sich die belangte Behörde mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers auseinander. Nach Ansicht der belangten Behörde sei es nicht erforderlich, dass dem Empfänger in allen Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung stets die volle Frist für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss. In Fällen, in denen dem Empfänger die Abholung der hinterlegten Sendung nachweislich am ersten Tag der Abholfrist nicht möglich ist, gelte dennoch dieser Tag als Zustelltag. Es sei zwar richtig, dass durch die Rückkehr des Beschwerdeführers dieser erst am Freitag nach der Hinterlegung von der Zustellung Kenntnis erlangt hätte und sich auch seine Einspruchsfrist dadurch verkürzt hätte. Dem Beschwerdeführer seien jedoch trotz dieses Umstandes noch zehn Tage und somit ein angemessener Zeitraum zur Verfügung gestanden, um einen Einspruch zu erheben. Die Zustellung sei daher am erfolgt. Der Einspruch sei daher zu Recht zurückgewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge den angefochtenen Bescheid "aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen", in eventu den angefochtenen Bescheid "aufheben, aussprechen, dass der vom Beschwerdeführer erstattete Einspruch rechtzeitig erfolgte und die gegenständliche Verwaltungsstrafsache zur inhaltlichen Entscheidung über den Einspruch an (die Erstbehörde) zurückverweisen."

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass ein Widerspruch zwischen dem Spruch des angefochtenen Bescheides und dessen Begründung vorliege. Weiters hält der Beschwerdeführer an seiner Rechtsansicht fest, wonach die Zustellung der Strafverfügung entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes nicht bereits am , sondern erst am wirksam geworden sei, da er erst an diesem Tag das Schriftstück habe abholen können.

2. Der Beschwerde ist einzuräumen, dass der Wortlaut des Spruchs des angefochtenen Bescheides mit seiner Begründung in Widerspruch steht.

Aus der gesamten Begründung des angefochtenen Bescheides geht jedoch eindeutig hervor, dass die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers materiell geprüft und darüber eine inhaltliche Entscheidung getroffen hat. Anhaltspunkte dafür, dass eine Zurückweisung ausgesprochen werden sollte, lassen sich der Begründung nicht entnehmen, zumal nirgends von einer Unzulässigkeit oder einer verspäteten Einbringung der Berufung die Rede ist. Im Hinblick auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Rechtzeitigkeit des Einspruches gegen die Strafverfügung bzw mit der Wirksamkeit der Zustellung der Strafverfügung ist offenkundig, dass sich die Behörde im Spruch, wonach die Berufung als verspätet zurückgewiesen werde (anstatt die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem der Einspruch als verspätet zurückgewiesen wurde, abzuweisen), lediglich im Ausdruck vergriffen hat und der Wortlaut des Spruchs den Gedanken, den die belangte Behörde offenbar aussprechen wollte, unrichtig wiedergibt (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zl 97/11/0267, und vom , 2005/03/0028). Da der Spruch des angefochtenen Bescheides daher im Sinne des § 62 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG berichtigungsfähig ist, ist er, auch wenn die Berichtigung unterblieben ist, in der bereinigten Fassung - hier:

dass die Berufung abgewiesen wurde - zu lesen (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2011/07/0111).

3. § 17 Zustellgesetz (ZustG) lautet wie folgt:

" Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus- , Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Die durch den dritten Satz des § 17 Abs 3 ZustG normierte Zustellwirkung wird nicht - wie der Beschwerdeführer offenbar annimmt - durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2006/07/0101, mwN).

"Rechtzeitig" im Sinne des § 17 Abs 3 ZustG ist dahingehend zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung steht, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden (vgl dazu die hg Erkenntnisse vom , Zl 91/16/0091, und vom , Zl 2004/05/0078). In anderen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs wurde darauf abgestellt, ob der Partei nach den Verhältnissen des Einzelfalles noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieb; dabei wurde bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von zehn Tagen (bei einer Rechtsmittelfrist von zwei Wochen) noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist gesehen (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zl 2000/02/0027, und vom , Zl 2001/03/0284).

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung das Vorbringen des Beschwerdeführers zugrunde, wonach er - als "Wochenpendler", der sich von Montag bis Freitag grundsätzlich nicht an seinem Wohnort, an dem zugestellt worden sei, aufhalte - von der am Mittwoch, dem , erfolgten Hinterlegung der Strafverfügung erst am Freitag, dem , Kenntnis erlangt habe, und dass die Abholung erst am Montag, dem , möglich gewesen sei. Dass der Beschwerdeführer sich nicht im Sinne des § 17 Abs 1 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte, macht er nicht geltend; davon ist angesichts seines Vorbringens auch nicht auszugehen (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 99/06/0049, wonach vorübergehende berufsbedingte regelmäßige Abwesenheiten von der Abgabestelle zu bestimmten Stunden oder an bestimmten Werktagen, zB im Falle von beruflichen Pendlern, die Annahme einer Regelmäßigkeit der Anwesenheit an der Abgabestelle nicht unzulässig machen).

Dem Beschwerdeführer standen für die Erhebung eines Einspruchs noch zehn Tage zur Verfügung, sodass die belangte Behörde zu Recht davon ausging, dass der Beschwerdeführer im Sinne des § 17 Abs 3 ZustG rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis nehmen konnte. Die Rechtsmittelfrist zur Einbringung eines Einspruchs begann daher mit zu laufen und der Einspruch des Beschwerdeführers war von der Erstbehörde zutreffend als verspätetet zurückgewiesen worden.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 iVm § 79 Abs 11 VwGG als insgesamt unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455 (vgl § 79 Abs 11 VwGG iVm § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, idF BGBl II Nr 8/2014).

Wien, am