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VwGH vom 02.09.2008, 2005/18/0513

VwGH vom 02.09.2008, 2005/18/0513

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des P C in W, geboren am , vertreten durch Mag. Claudia Steegmüller, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 145/05, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen einen Aufenthaltsverbotbescheid, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde) vom wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Nigeria, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt.

Am langte bei dieser Behörde das Schreiben des Beschwerdeführers vom ein, das er als "Berufung" gegen den genannten Aufenthaltsverbotsbescheid bezeichnete und wozu er lediglich vorbrachte:

"Hiermit berufe ich gegen Bescheid Zahl: (...) über ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot."

Die Erstbehörde legte den Verwaltungsakt an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) zur Entscheidung über die Berufung vor.

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass seine Berufung keinen begründeten Berufungsantrag enthalte und ihm daher Gelegenheit gegeben werde, diesen Mangel binnen der Frist von zwei Wochen zu beheben, "widrigenfalls die in § 13 Abs. 2 AVG normierten Rechtsfolgen eintreten". Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den genannten Aufenthaltsverbotsbescheid gemäß § 13 Abs. 3 AVG mit der Begründung zurück, dass trotz des mit Schreiben vom erteilten Mängelbehebungsauftrages bisher keine Mängelbehebung eingelangt sei.

Am wurde bei der belangten Behörde das Schreiben des Beschwerdeführers vom (als Telefax) eingebracht, in dem er mit der Bezeichnung als "Berufungsergänzung" die Begründung für seine Berufung durch Ausführungen zur Interessenabwägung im bekämpften Aufenthaltsverbotsbescheid und zur Dauer des Aufenthaltsverbotes nachholte und den Antrag stellte, diesen Bescheid, eventuell nach Verfahrensergänzung, aufzuheben.

2. Mit dem vorliegend angefochtenen "Berichtigungsbescheid" vom (dem Beschwerdeführer am zugestellt) sprach die belangte Behörde aus, den vorgenannten Bescheid vom gemäß § 68 Abs. 2 AVG dahingehend abzuändern, dass die gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid vom eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen werde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass ihr Bescheid vom durch die Erstbehörde zugestellt worden sei, obwohl am eine - wenn auch nicht fristgerechte - Mängelbehebung durch den Beschwerdeführer erfolgt sei. Die mit Bescheid vom ausgesprochene Zurückweisung der Berufung nach § 13 Abs. 3 AVG sei daher nicht rechtens erfolgt, weshalb sich die belangte Behörde zu einem Vorgehen gemäß § 68 Abs. 2 AVG entschlossen habe. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG bewirke die von der Behörde veranlasste Mängelbehebung, dass das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht gelte, wenn der Mangel innerhalb der von der Behörde zu bestimmenden angemessenen Frist rechtzeitig behoben werde. Dies liege jedoch hier nicht vor. Erst am , sohin deutlich verspätet, sei der der Berufung anhaftende Mangel behoben und eine Berufungsbegründung nachgereicht worden. Da sohin die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 letzter Satz AVG nicht gegeben gewesen sein, gelte die Berufung erst ab diesem Zeitpunkt als richtig eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch die Berufungsfrist hinsichtlich des Aufenthaltsverbotsbescheides bereits abgelaufen gewesen. Solcherart sei die Berufung als verspätet zurückzuweisen gewesen. Dieser Abänderungsbescheid sei zulässig, weil dadurch die Lage des Beschwerdeführers nicht ungünstiger als durch den abgeänderten Bescheid sei.

3. Gegen diesen Bescheid vom richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Nach § 63 Abs. 5 erster und zweiter Satz AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, und beginnt die Frist für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

§ 13 Abs. 2 und 3 AVG in der hier maßgeblichen Fassung des BGBl. I Nr. 158/1998 lautet:

"§ 13. (...)

(2) Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen.

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat viel mehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht."

§ 13a AVG hat folgenden Wortlaut:

"§ 13a. Die Behörde hat Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren."

2. Entgegen der von der Beschwerde vertretenen Auffassung enthält das Schreiben des Beschwerdeführers vom keinen ausreichend begründeten Berufungsantrag, wird doch mit diesem Schreiben vom Beschwerdeführer lediglich erklärt, dass er gegen den genannten Aufenthaltsverbotsbescheid "hiermit berufe". Zwar darf bei der Auslegung des Begriffes "begründeter Berufungsantrag" im Sinn des § 63 Abs. 3 AVG kein übertriebener Formalismus angewendet werden. Aus der Eingabe muss jedoch ersichtlich sein, aus welchen konkreten Erwägungen die Partei die in Berufung gezogene Entscheidung bekämpft. § 63 Abs. 3 AVG verlangt somit eine Darstellung der Partei, ob und aus welchen Gründen sie den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des von der Behörde angenommen Sachverhaltes oder hinsichtlich der Beurteilung der Rechtslage bekämpft (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/03/0451, mwN).

Da somit dem Schreiben des Beschwerdeführers vom das Mindesterfordernis eines begründeten Berufungsantrages im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG mangelte, war dem Beschwerdeführer als Berufungswerber gemäß § 13 Abs. 3 AVG die Behebung dieses inhaltlichen Mangels aufzutragen.

3. Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass ihm Gelegenheit gegeben werde, den Mangel des begründeten Berufungsantrages binnen vierzehn Tagen zu beheben, "widrigenfalls die in § 13 Abs. 2 AVG normierten Rechtsfolgen eintreten". Dieser Mängelbehebungsauftrag wurde dem - im Verwaltungsverfahren nicht anwaltlich vertretenen - Beschwerdeführer am zugestellt.

Nun ist zwar nicht vorgesehen, dass ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG über die Fristsetzung hinaus noch ausdrücklich darauf hinweisen müsste, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der bestimmten Frist nicht mehr berücksichtigt würde, und ist somit der Eintritt dieser Rechtsfolge nicht von einem dem Auftrag beigefügten Hinweis abhängig. Aus § 13a AVG ist jedoch abzuleiten, dass ein solcher ausdrücklicher Hinweis dann zu erfolgen hat, wenn der Verbesserungsauftrag an eine Person ergeht, die nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/07/0001, mwN).

Der lediglich auf die Rechtsfolgen des "§ 13 Abs. 2 AVG" hinweisende Mängelbehebungsauftrag der belangten Behörde (Schreiben vom ) erfüllte nicht die Anforderungen an einen Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs 3 iVm § 13a AVG, weil sich aus § 13 Abs. 2 AVG nicht ergibt, dass bei nicht fristgerechter Behebung des Mangels das Anbringen des Beschwerdeführers (Schreiben vom ) zurückgewiesen würde.

4. Wenn auch bei einem Auftrag zur Verbesserung eines fristgebundenen Antrages, wie etwa eines Rechtsmittels, nur die rechtzeitige Behebung eines Mangels die ursprünglich rechtzeitige Einbringung der Eingabe bewirkt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/20/0462, mwN) und im Beschwerdefall die Berufungsergänzung des Beschwerdeführers vom erst am , somit nach Ablauf der mit Schreiben der belangten Behörde vom erteilten Mängelbehebungsfrist, eingebracht wurde, so berechtigte dies allein die belangte Behörde nicht zur Zurückweisung der Berufung, weil die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen dem Gesetz entsprechenden Mängelbehebungsauftrag erteilt hatte.

5. Mit ihrer Auffassung, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 3 AVG für eine Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers erfüllt seien, verkannte die belangte Behörde daher das Gesetz, sodass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am