VwGH vom 28.09.2011, 2008/13/0070

VwGH vom 28.09.2011, 2008/13/0070

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der SgmbH in W, vertreten durch Dkfm. Karl Rausch, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 1090 Wien, Liechtensteinstrasse 22 A, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zlen. RV/2348-W/07, RV/2347-W/07, RV/2202- W/07, RV/2203-W/07, RV/2204-W/07, betreffend Wiederaufnahme der Umsatz- und Körperschaftsteuerverfahren 2004 sowie Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer 2004, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betrieb im Streitzeitraum einen Gastgewerbebetrieb. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Prüfer Mängel der Aufzeichnungen, Kalkulationsdifferenzen, das häufige Auftreten deckungsgleicher Tageslosungen und (Geld )Einlagen des Gesellschafter-Geschäftsführers unbekannter Herkunft fest. Er nahm Zuschätzungen bei den erklärten Umsätzen vor und wertete die zugeschätzten Beträge als verdeckte Ausschüttungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer.

Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ nach Wiederaufnahme des Umsatz- und Körperschaftsteuerverfahrens den Prüfungsfeststellungen folgende Umsatz-, Körperschaft-, und Kapitalertragsteuerbescheide 2004. Die angeführten Bescheide vom wurden der Beschwerdeführerin am zugestellt.

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schriftsatz vom die Verlängerung der Berufungsfrist betreffend die Körperschaft-, Umsatz- und Kapitalertragsteuerbescheide 2004 bis zum und berief mit Schriftsatz vom gegen die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer. Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die (weitere) Verlängerung der Berufungsfrist betreffend die Körperschaft-, Umsatz- und Kapitalertragsteuerbescheide 2004 bis zum .

Das Finanzamt trug der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom auf, die der "Berufung vom gegen die Körperschaftsteuer- u. Umsatzsteuerbescheide 2004 u. den Haftungs- u. Abgabenbescheid 1/04-12/04 vom " anhaftenden Mängel (1. Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden, 2. Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, 3. Begründung) bis zum zu beheben.

In den vorgelegten Verwaltungsakten liegt eine Ausfertigung des Bescheides vom ein, die folgenden (mit einem Handzeichen versehenen) Aktenvermerk aufweist: "nach tel. RS Verlängerung bis nach Ostern! T erstreckt ". Eine der Beschwerde beigelegte Ablichtung des Bescheides vom weist folgenden Aktenvermerk auf: "Tel (Sachbearbeiter Finanzamt) am 2.4./11.45 Frist zur Mängelbehebung bis 30.4. d. J. verlängert".

Am langte beim Finanzamt eine mit datierte, am zur Post gegebene "Ergänzung der Berufung vom " betreffend "Körperschaft- und Umsatzsteuerbescheid 2004, sowie den Haftungsbescheid 1 - 12/04" ein. In dieser beantragte die Beschwerdeführerin die erklärungsgemäße Veranlagung zur Umsatz- und Körperschaftsteuer sowie die Festsetzung der Kapitalertragsteuer mit Null und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Zuschätzungen dem Grunde und der Höhe nach ungerechtfertigt seien. Es treffe auch nicht zu, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin Einlagen unbekannter Herkunft getätigt habe. Die eingelegten Gelder stammten aus Krediten, die er aufgenommen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen die Wiederaufnahme der Umsatz- und Körperschaftsteuerverfahren 2004 keine Folge und wies "die in der 'Ergänzung der Berufung' vom beantragten Änderungen der Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2004 und des Haftungsbescheides Kapitalertragsteuer 1-12/2004" (gemeint: der Schriftsatz vom ) als unzulässig zurück. Die Zurückweisung begründete sie wie folgt:

Die mit datierte Berufung richte sich ausschließlich gegen die Wiederaufnahme der Umsatz- und Körperschaftsteuerverfahren 2004. Hinsichtlich der Sachbescheide habe die Beschwerdeführerin mit Schriftsätzen vom und vom um Verlängerung der Berufungsfrist bis zum ersucht. Das Finanzamt habe über die Fristverlängerungsansuchen nicht bescheidmäßig abgesprochen, weshalb die Beschwerdeführerin auf eine stillschweigende Genehmigung habe vertrauen dürfen. Daher wäre eine bis eingebrachte Berufung gegen die Sachbescheide noch als fristgerecht zu werten gewesen.

Der Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes vom sei mangels einer einem Mängelbehebungsauftrag zugänglichen Berufung gegen die Sachbescheide ins Leere gegangen. Dass der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin die am eingebrachte, mit datierte Eingabe als "Ergänzung der Berufung vom " bezeichnet habe, "mag dem Umstand geschuldet sein, dass dieser demselben Irrtum unterlegen ist, wie das Finanzamt in seiner Mängelbehebung". Daher erscheine es angebracht, die telefonisch im Zusammenhang mit der Mängelbehebung erteilte Fristverlängerung sinngemäß auf den Antrag auf Erstreckung der Rechtsmittelfrist vom zu beziehen, dessen Endtermin gleichfalls der gewesen sei. "Es wird also zugunsten der (Beschwerdeführerin) unterstellt, dass diese im Ergebnis zu Recht davon ausgehen konnte, dass die Frist zur Einbringung einer Berufung seitens des Finanzamtes bis zum erstreckt wurde". Die mit datierte "Ergänzung der Berufung" sei allerdings erst mit (Poststempel) zur Post gegeben worden. Zu diesem Zeitpunkt seien die Sachbescheide bereits in Rechtskraft erwachsen gewesen.

Die "Ergänzung" einer nicht eingebrachten Berufung gegen die Sachbescheide sei denkunmöglich. Da besagte Ergänzung konkrete Anträge enthalte, sei über diese abzusprechen. "Die Abänderung bereits in Rechtskraft erwachsener Beträge, wie sie die (Beschwerdeführerin) in ihrer 'Ergänzung der Berufung' beantragt, ist unzulässig, es war daher insoweit spruchgemäß zu entscheiden".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Erstattung einer Gegenschrift und Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

In der Beschwerde macht die Beschwerdeführerin als Beschwerdepunkt geltend, dass sie sich "in ihrem Recht auf richtige Ermittlung der Umsatzsteuer und der Körperschaftsteuer und der Kapitalertragsteuer 2004 nach steuerlichen Vorschriften" sowie in ihrem Recht "auf ein ordentliches Verfahren, insbesondere da die Finanzbehörde Ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung der Abgabenerhebung nicht nachgekommen ist und vor allem die Zurückweisung zu Unrecht erfolgte", verletzt erachtet.

Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 2007/13/0064). Die angeführten Beschwerdepunkte umfassen - soweit sie dem Bestimmtheitsgebot des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG überhaupt genügen - nicht die Wiederaufnahme des Umsatz- und Körperschaftsteuerverfahrens 2004. Der im angefochtenen Bescheid vorgenommene Abspruch über die Wiederaufnahme der Verfahren war damit von der Prüfungskompetenz des Verwaltungsgerichtshofes nicht umfasst.

Soweit die Beschwerde vorbringt, dass die "Zurückweisung zu Unrecht" erfolgt sei und rügt, "dass seitens des Finanzamtes erstinstanzlich keine Berufungsmängel festgestellt wurden, die Anlass zu einer Zurückweisung gegeben hätten", ist auf Folgendes zu verweisen:

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat. Die Berufungsfrist kann nach § 245 Abs. 3 BAO aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.

Ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist nach § 245 Abs. 3 BAO ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO (vgl. Ritz , BAO3, § 245 Tz 12). Diese Bestimmung sieht telefonische Anbringen nicht vor, sodass telefonische Mitteilungen auch keine "mündlichen" Anbringen im Sinne des § 85 BAO sind. Eine telefonische Mitteilung stellt weiters keinen für eine Bescheiderlassung hinreichenden Formalakt dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0279, VwSlg. 8085/F, mwN).

Die hier in Rede stehenden Sachbescheide wurden der Beschwerdeführerin am zugestellt. Mit Schriftsätzen vom und vom beantragte die Beschwerdeführerin die Verlängerung der Berufungsfrist bis zum bzw. . Durch die oben wiedergegebenen Aktenvermerke wurden zwar "telefonische Rücksprachen" betreffend weitere Verlängerungen der Rechtsmittelfrist bis zum bzw. beurkundet, denen aber im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung keine Rechtswirksamkeit zukam. Die Frist für die Einbringung der Berufung gegen die Sachbescheide war daher am abgelaufen. Durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Zurückweisung der in der "Ergänzung der Berufung" vom beantragten Änderungen wurde damit die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am