VwGH vom 23.05.2013, 2010/15/0146
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der J Baugesellschaft mbH Co KG in W, vertreten durch die Held Berdnik Astner Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Schlögelgasse 1 (Kaiser-Josef-Platz), gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0823-G/08, betreffend Feststellung von Einkünften 2003 bis 2005, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende KG bilanziert nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (Bilanzstichtag 31. März). Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung der Jahre 2003 bis 2005 wurde festgestellt, dass (teilweise schon lange) fällige Kommunalsteuer zu den geprüften Bilanzstichtagen wie folgt aushafte:
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Verbindlichkeit KommSt | 192.836,93 | 223.414,23 | 142.336,33 |
Ausbuchung wegen Verjährung laut Bw. | 115.395,09 |
Die Beschwerdeführerin habe die Ausbuchung der Kommunalsteuerschuld im Wirtschaftsjahr 2004 vorgenommen, obwohl einzelne Teilbeträge bereits im Wirtschaftsjahr 2003 und andere Teilbeträge erst im Wirtschaftsjahr 2005 hätten berücksichtigt werden dürfen.
Die steuerliche Vertretung habe ihr Vorgehen mit den im Frühjahr 2005 abgehaltenen Gemeinderatswahlen und der erst bei der Bilanzbesprechung 2004 am erfolgten Festlegung, dass die verjährten Kommunalsteuerschulden nicht mehr bezahlt werden sollen, begründet. Hingewiesen worden sei zudem auf die finanzielle Situation der Beschwerdeführerin, die sich im Wirtschaftsjahr 2004/2005 derart verschlechtert habe, dass die vollständige Tilgung der Kommunalsteuerschuld auch finanziell nicht mehr möglich gewesen wäre.
"Der Argumentation der steuerlichen Vertretung Rechnung tragend und unter Berücksichtigung der angespannten Situation im Unternehmen" kam der Prüfer zum Schluss, dass die jeweils am Bilanzstichtag bereits verjährten Teilbeträge gewinnerhöhend "auszubuchen" seien (2003: 41.494,57 EUR, 2004: 32.951,51 EUR, 2005: 36.101,82 EUR).
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren entsprechend geänderte Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung gegen die Feststellungsbescheide 2003 bis 2005. Darin führte sie aus, dass die Rückstände an Kommunalsteuer ab dem Jahr 1997 durch den Wechsel in der Amtsleitung der Gemeinde entstanden seien. Bis zur Pensionierung des früheren Amtsleiters sei es üblich gewesen, dass die Gemeinde von sich aus fällige Zahlungen aus Aufträgen an die Beschwerdeführerin um die offene Kommunalsteuer gekürzt habe. Ab dem Jahr 2000 sei dies nicht mehr der Fall gewesen. Es seien sämtliche Forderungen der Beschwerdeführerin ungekürzt von der Gemeinde ausbezahlt worden. Durch die Gemeinderatswahl 2005 sei es zu einem Bürgermeisterwechsel gekommen. Der neue Bürgermeister habe Baumeisterarbeiten nicht mehr an die Beschwerdeführerin, sondern an eine auswärtige Baufirma vergeben.
Der Einwand der Verjährung wäre gegenüber dem langjährigen Bürgermeister und Verwandten der Gesellschafter vollkommen undenkbar gewesen, zumal dies auch den Abbruch der langjährigen ausgezeichneten Geschäftsbeziehungen bedeutet hätte. Erst durch die Abwahl des Bürgermeisters und die Vergabe eines bereits mündlich zugesagten Auftrages an eine andere Baufirma sei der Einwand der Verjährung erstmals konkret möglich geworden und seien in der danach erstellten Bilanz zum die Kommunalsteuerschulden ausgebucht worden.
Im Sommer 2005 sei von Seite der Gemeinde bezüglich der Bezahlung der Kommunalsteuer mit der Beschwerdeführerin Kontakt aufgenommen worden. Die Bezahlung der nicht verjährten Beträge sei sodann durch den Verkauf von privaten Aktien und einer Eigentumswohnung der Gesellschafter finanziert worden.
Da die Verjährungseinrede mit dem Wechsel des Bürgermeisters und der Vergabe des Bauauftrages an eine "Fremdfirma" erstmals im Mai 2005 konkretisiert worden sei, sei der früheste Zeitpunkt für eine ertragswirksame Herausnahme aus den Büchern die Bilanz zum gewesen. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Bilanz zum habe man das Ergebnis der Bürgermeisterwahl nicht absehen können. Die Vergabe von Bauaufträgen der Gemeinde an eine auswärtige Firma sei zu diesem Zeitpunkt undenkbar gewesen, zumal die Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Bürgermeister ein näher bezeichnetes Projekt umgesetzt habe, das zu einer deutlichen Zunahme der Kommunalsteuereinnahmen der Gemeinde geführt habe. Die Ausbuchung zum sei somit nicht aus steuerlichen Erwägungen - wie vom Prüfer unterstellt - erfolgt, sondern durch die geschilderten Vorgänge bedingt gewesen.
Wenn der Eintritt der Verjährung der einzige Grund des Vorgehens des Prüfers gewesen sei, wäre es zudem unverständlich, dass die Verbindlichkeiten aus dem Wirtschaftsjahr 1996/1997 ausgerechnet im ersten Prüfungsjahr ausgebucht worden seien, zumal die Verjährung dieser Schulden schon in der Bilanz zum zu berücksichtigen gewesen wäre.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Nach § 185 Abs. 1 Stmk. LAO verjähre das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist. Dies erhelle, dass - anders als bei zivilrechtlichen Verbindlichkeiten, die auch nach Ablauf der Verjährungsfrist noch als Naturalobligationen bestehen blieben - bei öffentlichrechtlichen Verbindlichkeiten der Abgabenanspruch nach Ablauf der Einhebungsverjährungsfrist erlösche. Damit könne der Gläubiger dieser Verbindlichkeiten den Anspruch von sich aus nicht mehr geltend machen. Wenn aber der Abgabengläubiger von sich aus den Anspruch auf Kommunalsteuer gegenüber der Beschwerdeführerin abschreiben müsse, da er rechtlich erloschen sei, könne ab diesem Zeitpunkt auch keine Verbindlichkeit mehr bestehen. Eine Verschiebung des Zeitpunktes der Ausbuchung wegen Rücksichtnahme auf bestehende gute Geschäftsbeziehungen mit der Gemeinde und verwandtschaftliche Beziehungen zum Bürgermeister sei daher willkürlich, weil ab Eintritt der Verjährung mit der Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr gerechnet werden könne.
Zum weiteren Berufungseinwand der früheren Verjährung der Kommunalsteuer 1996/1997 bemerkte die belangte Behörde, dass die Kommunalsteuer für 1996 laut Mitteilung der Gemeinde bereits in den Wirtschaftsjahren 1997 und 1998 entrichtet bzw. gegenverrechnet worden sei. Damit sei Gegenstand der Ausbuchung nur die Kommunalsteuer 1997 gewesen, die zum noch nicht verjährt gewesen sei.
Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ergibt sich aus der die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen berücksichtigenden Auslegung des § 4 Abs. 1 und des § 6 Z 3 EStG 1988 die zwingende einkommensteuerliche Regelung, dass im Betriebsvermögen, welches für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich ist, nur solche negative Wirtschaftsgüter berücksichtigt werden dürfen, die mit einer Belastung des Steuerpflichtigen verbunden sind, damit also nicht Verbindlichkeiten, mit deren Geltendmachung durch den Gläubiger nicht mehr zu rechnen ist (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0108).
Steuerschulden sind dann auszuweisen, wenn sie entstanden sind und zwar in Höhe des Abgabenanspruches der anspruchsberechtigten Gebietskörperschaft, der sich auf Grund der Abgabengesetze ergibt (vgl. Doralt/Mayr , EStG14, § 6 Tz. 268).
§ 185 Abs. 1 Steiermärkische Landesabgabenordnung verbietet es ebenso wie § 238 Abs. 1 BAO, eine fällige Abgabe nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren, die ab dem Ende des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die Fälligkeit eingetreten ist, einzuheben. Daraus folgt, dass Abgaben mit Eintritt der Verjährung regelmäßig nicht mehr das Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen belasten.
Dass Steuerpflichtige auf Grund ihrer privatrechtlichen Geschäftsbeziehungen zur einhebungsberechtigten Gebietskörperschaft "freiwillig" verjährte Abgaben entrichten, stellt einen ungewöhnlichen Sachverhalt dar, zu dessen Glaubhaftmachung es mehr als der bloßen Behauptung des Steuerpflichtigen bedarf.
Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin auf das verwandtschaftliche Naheverhältnis zum früheren Bürgermeister und auf laufende Beauftragungen durch die Gemeinde hingewiesen. Bis zum Jahr 2000 sei es üblich gewesen, dass die Gemeinde von sich aus fällige Zahlungen aus Bauaufträgen um offene Kommunalsteuerbeträge gekürzt habe. Dass es sich auch dabei schon um verjährte Abgaben gehandelt habe, deren Gegenverrechnung die Beschwerdeführerin widerspruchslos akzeptiert habe, behauptete sie nicht. In der Folge sind Gegenverrechnungen unterblieben und die offenen Abgaben von der Beschwerdeführerin ungeachtet ihrer (seinerzeit noch) guten finanziellen Lage nicht entrichtet worden. Zu einem Abbruch der ausgezeichneten Geschäftsbeziehungen ist es dennoch nicht gekommen. Wenn die belangte Behörde bei diesem Sachverhalt keine betrieblichen Umstände erkannt hat, dass die Beschwerdeführerin verjährte Abgaben aus geschäftlichen Rücksichtnahmen hätte entrichten "müssen", war dies im Ergebnis nicht rechtswidrig. Auf den behaupteten Charakter der verjährten Steuerschuld als Naturalobligation kam es bei dieser Sachlage nicht an (vgl. dazu auch Ritz , BAO4, § 238 Tz. 6).
Das unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften erstattete Vorbringen, durch die Bewilligung von Zahlungserleichterungen sei zum noch keine Verjährung von Kommunalsteuerschulden eingetreten gewesen, stellt eine gemäß § 41 VwGG unbeachtliche Neuerung dar. Dass die Beschwerdeführerin diesbezügliche Einwendungen im Berufungsverfahren erhoben hätte, behauptet sie auch in ihrer Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde vom nicht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am