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VwGH vom 26.02.2020, Ra 2018/13/0104

VwGH vom 26.02.2020, Ra 2018/13/0104

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der A KG in W, vertreten durch Mag. Ulrich Seamus Hiob, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Lazarettgasse 29/12, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7400255/2017, betreffend Gebrauchsabgabe für das Jahr 2017, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der Revisionswerberin, die auf einer näher bezeichneten Liegenschaft ein Geschäftslokal betreibt, gemäß § 9 Abs. 1a iVm 10 Abs. 2 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (in der Folge: GAG) die Gebrauchsabgabe für ein Vordach (23,40 EUR) und sieben Scheinwerfer (a 9,40 EUR) in Höhe von insgesamt 89,20 EUR vorgeschrieben.

2 Die Revisionswerberin erhob mit Schriftsatz vom gegen den Bescheid vom Beschwerde und führte in dieser u.a. aus, das Vordach rage nicht über die gemäß Baubewilligung genehmigten Stufen hinaus und sei nicht mit einer Gebrauchsabgabe zu belegen, weil das Vordach samt Stufen mit der Bausubstanz eine Einheit bilde und von der Behörde in den letzten drei Jahrzehnten keine Gebrauchsabgabe festgesetzt worden sei. Die sieben Scheinwerfer seien auf dem Gesims montiert, ragten nicht darüber hinaus und dienten dazu, den schlecht beleuchteten Gehsteig zu erhellen und die genehmigten Stufen sowie die darauf platzierten Pflanzentröge besser sichtbar zu machen, sie dienten somit der öffentlichen Sicherheit. Laut gängiger Rechtsprechung seien unter dem Gesims angebrachte Beleuchtungskörper nicht der Gebrauchsabgabe zu unterziehen.

3 Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerde keine Folge.

4 Die Revisionswerberin stellte einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte im Vorlageantrag u.a. aus, das Vordach samt Stufen sei nicht von der Revisionswerberin (als Pächterin) errichtet worden und werde von ihr weder gebraucht noch genutzt. Die Einhaltung der damit verbundenen abgabenrechtlichen bzw. sicherheitsrechtlichen Bestimmungen falle daher nicht in ihre Verantwortung. Die Scheinwerfer seien weder von der Revisionswerberin montiert worden noch würden sie benötigt. Sie seien nur für die öffentliche Sicherheit vorteilhaft, weil der Gehsteig schlecht beleuchtet sei.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es stellte fest, die Revisionswerberin sei Pächterin eines auf einer näher bezeichneten Liegenschaft gelegenen Geschäftslokals. Das Geschäftslokal befinde sich in einem eingeschoßigen Gebäude, dessen Fassade durch einen Gehsteig begrenzt werde, der dem öffentlichen Verkehr diene. Der Eingang zum Geschäftslokal sei über Stufen zu erreichen und über dem Eingang, oberhalb dieser Stufen, sei ein Vordach im Ausmaß von 1,2 m x 0,35 m errichtet worden, das in den Luftraum über dem Gehsteig hineinrage. Am Dachvorsprung des Gebäudes, über dem Eingang zum Geschäftslokal und über den in die Fassade des Geschäftslokales integrierten Fenstern sowie den auf der Fassade angebrachten Schildern, auf welchen über das aktuelle Speiseangebot informiert werde, seien sieben Scheinwerfer angebracht. Weder für das Vordach noch für die Scheinwerfer liege eine Gebrauchserlaubnis gemäß § 1 Abs. 1 GAG vor.

6 In rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhaltes führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, dem GAG sei nicht zu entnehmen, dass nur derjenige eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken und eine Gebrauchsabgabe zu entrichten habe, der das in Rede stehende Vordach errichtet bzw. die in Rede stehenden Scheinwerfer montiert habe. Gemäß § 1 Abs. 1 GAG sei derjenige verpflichtet, eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, der den Luftraum gebrauche, der sich über einem dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteig befinde, wenn die Art des Gebrauchs im Tarif angeführt werde, der dem GAG angeschlossenen sei (z.B. Tarif B Post 5 betreffend das Vordach oder Tarif B Post 20 betreffend die Scheinwerfer).

7 Die Revisionswerberin habe, als Pächterin des verfahrensgegenständlichen Geschäftslokales, das an der Gebäudefassade errichtete Vordach und die auf den Dachvorsprung montierten Scheinwerfer belassen. Sie habe das Vordach als Wetterschutz für ihre Gäste und die Scheinwerfer zum Ausleuchten der Lokalfassade sowie des daran angrenzenden Gehsteiges benutzt. Da Vordach und Scheinwerfer in den Luftraum oberhalb des an die Fassade angrenzenden öffentlichen Gehsteiges hineinragten, sei die Revisionswerberin gemäß § 1 Abs. 1 GAG vor Benutzung dieser Gegenstände zur Erwirkung einer Gebrauchserlaubnis verpflichtet gewesen. Eine Gebrauchserlaubnis sei unbestrittener Maßen nicht erwirkt worden, weshalb die Revisionswerberin gemäß § 9 Abs. 1a iVm Tarif B Post 5 und 20 GAG zur Entrichtung der jährlichen Gebrauchsabgabe für das Vordach mit einer Fläche von 1,2 m x 0,35 m im Betrag von 23,40 EUR sowie für die sieben Scheinwerfer im Betrag von insgesamt 65,80 EUR verpflichtet sei.

8 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil die Festsetzung der Gebrauchsabgabe auf den im angefochtenen Erkenntnis angeführten Gesetzesbestimmungen beruhe.

9 Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete Revision führt zu deren Zulässigkeit aus, das Bundesfinanzgericht habe das Vorbringen der Revisionswerberin, "das Vordach würde nicht weiter als die unmittelbar darunter liegenden, zum Gebrauch bewilligten Stufen hinausragen, daher eine Einheit mit diesen Stufen bilden und somit nicht einer zusätzlichen Gebrauchsabgabe unterliegen", nicht näher geprüft. Es habe ohne weitere Prüfung und Begründung angenommen, dass gegenständliche Rechtsgrundlagen des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes zur Anwendungen kämen und das Vordach sowie die Scheinwerfer über die darunter liegenden Stufen und sohin auf öffentlichen Grund ragten und daher eine Gebrauchsabgabe zu erheben sei. Die Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, die zur außerordentlichen Revision berechtige, liege darin, wann ein Gegenstand im Sinne des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes eine "Einheit mit einem anderen Gegenstand" bilde und somit keine zusätzliche Gebrauchsabgabe zu erheben sein.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

12 Gemäß § 1 Abs. 1 GAG in der für das Streitjahr geltenden Fassung LGBl. Nr. 61/2016 ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Auf die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis besteht kein Rechtsanspruch.

13 § 9 Abs. 1 und Abs. 1a GAG in der für das Streitjahr

maßgeblichen Fassung lauten wie folgt:

"§ 9

Abgabepflicht, Anzeigepflicht und Haftung

(1) Der Träger einer Gebrauchserlaubnis für öffentlichen Grund in der Gemeinde gemäß § 1, der Träger einer Erlaubnis zum Gebrauch von Bundesstraßengrund und derjenige, der Bundesstraßengrund auf eine im angeschlossenen Tarif angegebene Art gebraucht, für die nach der Straßenverkehrsordnung ausdrücklich keine Bewilligung erforderlich ist, haben eine Gebrauchsabgabe zu entrichten.

(1a) Derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes gemäß angeschlossenem Tarif benutzt ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, hat - unbeschadet der § 6 und 16 - die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten. Die Abgabe ist durch Bescheid festzusetzen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten sinngemäß. Wird die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt, so ist die vom Abgabepflichtigen nach diesem Absatz bereits entrichtete Abgabe anzurechnen."

14 Gemäß § 10 Abs. 2 GAG richten sich Form und Höhe der Gebrauchsabgabe nach dem angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Tarif.

15 Der dem GAG angeschlossene Tarif in der für das Streitjahr

maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:

"Tarif über das Ausmaß der Gebrauchsabgaben

A. Einmalige Abgaben

(...)

2. für Zierverputz und sonstige Zierglieder, Gitter, Hauptgesimse, Dachvorsprünge u. dgl., die über das im § 83 Abs. 1 der Bauordnung für Wien angegebene Ausmaß hinausreichen, je begonnenen auf die Frontlänge projizierten Längenmeter 7,80 Euro;

(...)

4. für Stufenanlagen oder Radabweiser außerhalb des Sockelvorsprunges pro Anlage je begonnenen auf die Frontlänge projizierten Längenmeter 59,70 Euro;

(...)

B. Jahresabgaben je begonnenes Abgabenjahr

(...)

5. für Wetterschutz und Vordächer 23,40 Euro für den ersten begonnenen m2 der Grundrissfläche, für jeden weiteren begonnenen m2 15,10 Euro; die Abgabe erhöht sich für beleuchtete Vordächer um 15,10 Euro je begonnenen m2 der beleuchteten Fläche;

(...)

20. für eine Lampe oder einen Scheinwerfer 9,40 Euro;

(...)"

16 Im Revisionsfall ist strittig, ob die Gebrauchsabgabe für die in Tarif B Post 5 angegebene Sondernutzung für Vordächer auch dann zu entrichten ist, wenn sich das Vordach über einer in Tarif A Post 4 angegebenen Stufenanlage befindet, für die bereits eine einmalige Gebrauchsabgabe entrichtet wurde. Strittig ist auch die Vorschreibung der Gebrauchsabgabe für Scheinwerfer (Tarif B Post 20), die auf einem Dachvorsprung (Tarif A Post 2) angebracht sind, für den bereits eine einmalige Gebrauchsabgabe entrichtet worden ist.

17 In § 1 Abs. 1 GAG wurde vom Landesgesetzgeber normiert, dass für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken ist, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.

18 Nach § 9 Abs. 1 GAG hat der Träger einer Gebrauchserlaubnis für öffentlichen Grund in der Gemeinde gemäß § 1 eine Gebrauchsabgabe zu entrichten. § 9 Abs. 1a GAG bestimmt, dass eine Gebrauchsabgabe auch derjenige zu entrichten hat, der öffentlichen Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes gemäß angeschlossenem Tarif benutzt, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben.

19 Form und Höhe der Gebrauchsabgabe richtet sich gemäß § 10 Abs. 2 GAG nach dem Tarif, der dem GAG angeschlossenen ist.

20 Wie bereits aus § 1 Abs. 1 GAG hervorgeht, hat der Landesgesetzgeber dem Umstand, dass sich das in Rede stehende Vordach über einer Stufenanlage befindet, für die bereits eine einmalige Gebrauchsabgabe entrichtet wurde, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, zumal dort davon die Rede ist, dass für den Gebrauch von öffentlichem Grund einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken ist. Die Erwähnung des Untergrunds und des über dem öffentlichen Grund befindlichen Luftraumes wäre überflüssig, wenn mit der Gebrauchserlaubnis für z.B. eine Stufenanlage automatisch die Erlaubnis zum Gebrauch des unter dieser Anlage befindlichen Grunds und des darüber befindlichen Luftraumes verbunden wäre.

21 Noch deutlicher geht dies aus dem Tarif hervor, der dem GAG angeschlossen ist. Dort wird etwa geregelt, dass für Erker, Aufzugsschächte oder Kellerräume "je Geschoß" eine Gebrauchsabgabe zu entrichten ist (Tarif A, Post 3). Zu verweisen ist auch auf die im Tarif A angeführten Verbreiterungen von Keller- und Grundmauern sowie Gebäudesockeln (Post 1), Stufenanlagen, Radabweiser und Sockelvorsprünge (Post 4), Zierverputze, Gitter, Hauptgesimse und Dachvorsprünge (Post 2) sowie auf die im Tarif B angegebenen Licht-, Luft-, Füll- und Kellereinwurfschächte (Post 1), Rollbalkenkasten und einziehbaren oder lamellenartigen Sonnenschutzvorrichtungen (Post 2), Ladenvorbauten, portalartigen Verkleidungen, Schaukästen an Gebäuden (Post 3), Windfänge (Post 4), Wetterschutz und Vordächer (Post 5) sowie Lampen und Scheinwerfer (Post 20). Alle diese Gegenstände unterliegen einer einmalig oder jährlich zu entrichtenden Gebrauchsabgabe, obwohl sie vielfach über- und untereinander situiert sind.

22 Der Umstand, dass ein der Jahresabgabe nach Tarif B unterliegendes Vordach unmittelbar über einer Stufenanlage liegt, für die bereits eine einmalige Abgabe nach Tarif A entrichtet wurde, ist daher nicht von Relevanz und steht einer Erhebung der Gebrauchsabgabe für das Vordach nicht entgegen. Nichts anderes kann für Scheinwerfer gelten, die nach Tarif B einer Jahresabgabe unterliegen und an einem Dachvorsprung angebracht sind, für den bereits eine einmalige Abgabe zu entrichten war. Die Scheinwerfer ragen, auch wenn sie am Dachvorsprung angebracht sind, in den über dem öffentlichen Grund befindlichen Luftraum hinein. Anhaltspunkte dafür, dass das in Rede stehende Vordach und der Dachvorsprung, an dem die in Rede stehenden Scheinwerfer angebracht sind, nicht in den öffentlichen Grund bzw. in den darüber befindlichen Luftraum hineinragen, liegen nicht vor.

23 Die Revision erweist sich aus diesen Gründen schon ihrem Inhalt nach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen war.

24 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018130104.L00

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